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dauerte länger als man erwartet hatte, da man sich bloß zur Abstimmung über das Senats kon- sult versammelt hatte. Allein es herrschte eine solche Uneinigkeit über manche einzelne Punkte unter den Senatoren, daß sich eine Diskussion entspann und die Abstimmung um 2'/, Uhr noch nicht vollendet war, obschon die Ankunft der Senatoren in St. Cloud verabredetermaßen um kV, Uhr startfinden sollte. Hr. Mesnard, welcher präsidirte, wußte sich denn auch nicht anders zu helfen, als daß er die Sizung rasch aushob und dadurch von der Diskuss-on zur Abstimmung übergehen ließ. Alle 87 anwesenden Senatoren Unterzeichneten das Protokoll, obschon einer derselben gegen das Senatskonsult gestimmt hatte. - Louis Napoleon empfing den Senat in demselben Saale, in welchem der Kaiser Napoleon im Jahre 1804 die Bestätigung seiner neuen Gewalt erhalten hatte.
Hr. v. Lamartine hat die ihm angebotene Stelle eines Senators ausgcschlagen.
Großbritannien.
London, 9. Nov. Ein amerikanisches Dampfschiff brachte uns heute aus New-Jork die Nachricht, daß Herr Webster, der noch kur; zuvor wegen seines schwankenden Gesundheitszustandes auf die Candidatur für die Präsidentschaft verzichtet hatte, am 24. Oktober gestorben ist.
Miszellen.
(Schicksal einer deutschen Auswandererfamilie.) Aus Amerika wird der .-Speyer. Ztg.» ein Blatt der zu Meeting erscheinenden Virginischen Staatszeitung mitgetheilt, worin folgende furchtbare Schilderung, die ihr speciell noch als leider nur allzuwahr bezeichnet wird: Vor einigen Wochen kam ein Mann, Namens Christian Schcllhase aus Rcichensachsen, Kreis Eschwege in Kurheffen. mit seiner Familie hier an und bezog, da er Verwandte in hiesiger Stadt hat, eine Wohnung hinter dem Glashause in Ost- Wheeling. Armuth und Entbehrung auf der Reite, besonders aber der Wechsel des Klimas und die Lebensweise auf dem Schiffe scheinen den Keim des Todes in diese unglückliche Familie gelegt zu haben; eine Art Typhusfieber raffte Eines nach dem Andern hinweg. Am vorlezten Mittwoch kehrte der Todesengel zum erstenmale ein: ein lOjähriger Knabe, Valentin, starb an jenem Tage troz aller angewandten ärztlichen Hülfe; am nächsten Tage ging der Vater aus und kaufte Bretter, um seinem Liebling selbst einen Sarg zu zimmern; allein auch ihn erfaßte die Krankheit und noch in derselben Nacht war er eine Leiche; den Schmerz der unglücklichen Familie zu schildern, ist unsere Feder zu schwach; die betrübte Mutter stand verwaist mit ihren noch lebenden Kindern. Dies war am Donnerstag den 26. August und schon am Samstag den 28. starb aus derselben Familie ein hoffnungsvolles ^jähriges Mädchen, Namens Magdalena, dem am nächsten
Montag, den 30., noch der älteste Sohn Georg in einem Alter von IB /2 Jahren in das Grab nachfolgte, die Mutter mit den vier lezten Kleinen allein zurück- laffend, von denen das jüngste noch ein Säugling ist. Hier hätte man glauben sollen, der Tod wäre gesättigt; allein, andern Tages erkrankte auch die Mutter, und ehe noch die Nacht hereinbrach, war sie eine Leiche! — Gestern vernahmen wir noch, daß drei der überlebenden Kinder erkrankten und wahrscheinlich derselben bösartigen Seuche zum Opfer fallen werden, und alle Hoffnung, die man hegt, ist nur darauf beschränkt, daß man den Säugling wird retten können. Fasse solches Unglück, wer kann; wir vermögen es nicht zu fassen. Eine ganze Familie von neun Personen binnen acht Tagen weggerafft! DaS ist das Schrecklichste, was uns noch je vorgekommen!
Am 12. Okt- saßen mehrere junge Leute, Söhne angesehener Familien, im Cafee Suizo in Burgos gemächlich beisammen. Die Rede kam vom Hundertsten auf's Tausendste, und so auch auf's Branniweintrinken. In dieser Beziehung wurde den Polen, Russen und Norddeutschen die Suprematie zuerkannt. Einer der jungen Leute, der 17jährige Sohn eines hohen Beamten, meinte jedoch, er wolle auch 20 Glas Branntwein trinken und hinterher noch eine Cigarre rauchen. Die Anderen widersprachen ihm. »Ich will sic in Einem Zuge leeren I was wettet Ihr?» erwiderte etwas piquirt der junge Mann. »Ich wette meinen herrlichen Anda- lusier, den ich erst für 6000 Realen erstanden habe,« fiel ihm der Sohn des Grafen G. in die Rede. »Und ich seze dagegen meinen Mecklenburger!» sagte der Herausforderer. Die Wette wurde angenommen, und der junge Mann goß 20 Glas Branntwein in einen Humpen und leerte diesen mit Einem Zuge, nahm dann eine Cigarre und war im Begriffe, diese mit einem brennenden Fidibus anzuzünden, als eine blaue Flamme aus seinem Munde schlug. In diesem schrecklichen Zustande taumelte er ungefähr zwei Sekunden im Zimmer umher und stürzte dann entseelt nieder. Durch das Anhalten des brennenden Papiers hatte der mit Alkohol geschwängerte Hauch sich entzündet, und der junge, hoffnungsvolle, einzige Sohn einer achtbaren Familie fiel als Opfer seines Frevelmuthes.
Von den neuen in Nottingham aus feinstem Eisendraht gewebten Spizen sind Muster nach Wien gelangt. Der Draht wird auf der Bobbinet- maschine so leicht verarbeitet, wie Baumwollengarn. Die Spizen sehen vortrefflich aus und sind besonders für Fenster- und Bettvorhänge, für Häubchen und viele andere Gegenstände verwendbar. Man verspricht dieser neuen Industrie Erfolg und will nächstens Kleiderstoffe aus Eisen weben.
Die erste Frage eines Mädchens ist gewiß: wen liebt er? — die erste einer Frau: wie viel Kinder hat er? — die erste einer gesezten Jungfrau: ach, er ist gewiß noch ledig, der Arme? — und die erste eines Criminalisten ist: war er schon im Zuchthaus?
Redaktion, Druck und Verlag der M e eh'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.