Als im Juni 1848 Eavaignac den kommunistischen Aufstand niederwarf, tönten »dem Netter Frankreichs« begeisterte Zurufe entgegen.
Als eS im Dezember 1848 zur Wahl des Präsidenten der Republik kam, fiel das Volk von Eavaignac ab, und wendete sich demselben Louis Napoleon zu, der sich durch die Attentate von Boulvgnc und Straßburg unter Louis Philipp — berühmt gemacht hatte.
Als im Dezember 185! der Prinz-Präsident die republikanische Verfassung über den Haufen stürzte und Cavaignac u. s. w. verhaftete, wurde er als der Netter Frankreichs gepriesen.
Als derselbe Prinz im Januar 1852 zum zehnjährigen Präsidenten der »Republik« erwählt wurde — lebhafteste Zustimmung des französischen Volks, gemischt mit Kaiserrufen.
Jezt ist der Kaiser fertig, und zwar der Erbkaiser. Am 4. November 1852 wird ihm die lezte Weihe cr- theilt werden. Frankreich jubelt von einem Ende zum andern über den Untergang der Republik, und offenbart beispiellose, nie gesehene, nie gehörte, nie dagewesene Begeisterung für die kaiserliche Monarchie, für Napoleon 111-, Kaiser der Franzosen, König von Algerien u. s. w. u. s. w.
Die Friedensrcde von Bordeaux hat auch das sricdcnslustige Ausland mit behaglicher Befriedigung erfüllt, und bei deni bekannten Ernste der Franzosen und der bekannten Zuverlässigkeit Louis Napoleons ist nichts gewisser, als daß die Stabilität, die Ruhe Europa's für lange Zeiten gesichert ist. Wenn Frankreich zufrieden ist, ist Europa ruhig. — Amen.
Ml iszellen.
Ein Reiseabenteuer.
(Fortsezung.)
An der Thüre ward Halt gemacht, und von dem zulezt angekommenen Gaste mit ungeduldig rascher Stimme Einlaß gefordert.
Auf einen Anfall gefaßt, hatten wir vorsichtigerweise die Thüre, so gut wir konnten, mit einem einzigen Riegel verschlossen und alle Mobilien wie eine Brustwehr aufgepflanzt, hinter welcher wir, im Falle man die Thüre mit Gewalt öffnen wollte, auf unsre Feinde feuern konnten.
Wir verweigerten den Eintritt und fragten, warum sie uns aus unserer Ruhe rissen. Da erfolgte ein lebhaftes Gespräch, oder besser, eine Berqthung unter den Angreifenden; der Amerikaner aber redete den Alderman und mich folgendermaßen an:
Meine Freunde, wenn sie die Thüre sprengen, wie das nur zu wahrscheinlich ist, so feuert ja nicht zu schnell ab! Wir müssen wo möglich keinen Schuß verschwenden. Laßt uns mit kaltem Blute ein Jeder seinen Mann fassen, dann werden wir mit Hülfe unserer drei Paar Pistolen sechs Feinde niederschmettern, ehe sie uns zu Leibe gehen können.
Noch schwebte das lezte Wort auf den Lippen des Amerikaners, und schon wurde die Aufforderung um Einlaß noch dringender erneut, aber, wie sich von selbst versteht, auch nochmals abgeschlagen.
Alles waS wir aus der Antwort des Redenden verstanden, war: Sie spielen mit Ihrem Leben! Die Thüre auf, oder es ist aus mit Ihnen Allen!
Nicht ohne Lebensgefahr würdet ihr eintreten l war die Antwort des Amerikaners.
Wahnsinnige, hieß es, ihr wißt nicht, was ihr thut! Hier Wilhelm, Rudolph, Schwarz!
Unmittelbar darauf wurden Anstalten getroffen, die Thüre zu sprengen. Ein paar schwere Schläge wurden auf die Thüre gethan, welche, obwohl sie nicht neu war, dem Angriff widerstand. Sodann wurde ein Hebel angebracht, den Riegel zu sprengen oder ihn aus der Diele zu reißen; aber Eisen und Thürpfosten waren hartnäckig, und unsre Feinde wurden getäuscht. Während dieser Operationen warf ich einen Blick auf meine Gefährten. Die Dame, welche wir zu besserem Schuze hinter das größte und stärkste Stück Möbel in der Stube gestellt hatten, lag aus ihren Knieen, die Hände gefaltet und die Augen nach Ihm gerichtet, von dem sie wußte, daß er ein Helfer in der Noth ist.
Der Alderman zeigte, wie aufgeregt er auch war, den Muth einer Löwin, die ihre Jungen vertheidigt. Der Amerikaner war auffallend kalt und entschlossen. Er untersuchte die Schlösser seiner Pistolen und brachte sie in Ordnung mit derselben Gleichgültigkeit, als ob er die Wache beziehen wolle. Die Sorge um die Rettung der jungen Dame theilte er mit dem Vater. Wordlep's Augen waren beständig nach ihr gewendet, und sehend, daß sie durch das vor ihr stehende Möbel noch nicht hinlänglich beschüzt wäre, stellte er sich so, daß ein nach dieser Richtung gefeuerter Schuß ihn eher, als den Gegenstand seiner Besorgniß getroffen haben würde. Sein großmüthiges Verfahren entging weder dem Vater, noch der Tochter. Ich bemerkte, daß sie ihm mit den Augen dankten.
Was mich beirifft, so kann ich nicht sagen, daß ich sehr aufgeregt war; nur so viel weiß ich, daß ich mich aus der Gefahr wünschte.
Ein Brecheisen ward nun gebraucht, und die Thüre fiel endlich nach uns zu mit lautem Geräusch und zeigte uns eine Gruppe wildblickendcr Menschen, von unserem Wirthe und einem großen schwärzlichen Manne angeführt, der bis auf die Schenkel eingestiefelt war, und dessen Stimme der des Reiters glich, der zulezt in der Schenke angekommen war.
Jeder von ihnen war fürchterlich bewaffnet; der gestiefelte Held hielt uns eine Phiole, dem Anscheine nach mit Gift gefüllt, vor, und der Wirth einen Krug heißes Wasser.
Da wir, Wordley und ich, nicht darauf gefaßt waren, mit Feinden, die auf solche Weise gerüstet erschienen, einen Handel zu bestehen, so feuerten wir unsere gespannten Pistolen nicht ab. Der militärische Muth des Aldermans aber, der früher gedient hatte, ließ sich nicht so leicht befangen, und kaum war die Thüre gesprengt, so feuerte er auf das runde, schildähnliche Gesicht des Wirthes ab. Zu meinem Leidwesen muß ich berichten, daß Einer im Gefolge — ein unglücklicher Spiz, der seinem Herrn nachsprang — getroffen wurde.
(Schluß folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag der M e eh'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.