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Orte, zumal wenn ein Festtag alles Volk aus den Häusern lockt, und die bunten fröhlichlauten Gruppen zu den Thoren Hinausströmen, und dann der Fremdling einsam in der öden Gaststube hinter dem schaal gewordenen Wein und dem zehnmal durchlescnen Zeitungsblatt sizt, so gern mit den Frohen froh seyn möchte, und kerne Seele kennt, an die er sich anschließen darf, kerne, die sich seiner in der Verlassenheit annimmt. Dann empfindet er troz seines Geldes recht bitter, wie wehmüthig eS dem Armen, dem Dienstboten um's Herz sepn muß, wenn diesem die wochenlang erharrte Festtagslust durch ungerechten Machtspruch verkümmert wird, und er als verbitterter Bodensaz zurücksinkt, während die übrige freudesprudclnde Bewohnerschaft des Hauses überschäumen und ausschwärmen darf.
Dieses widrige Gefühl war es, welches an jenem Lage den jungen Grafen Rodrich bewältigte. Nach wenigen Gängen hatte er die damals noch spärlichen Denkwürdigkeiten Münchens gemustert. Einsame Spazierfahrten nach den fürstlichen aber eisigkalten Anlagen Nymphenbnrgs und dem Park voll allzuzahmen Wildes, oder nach dem Lustschloß von Schleißheim und dessen Bilderschäzen, lockten ihn, eben weil er sie allein hatte unternehmen müssen, nicht sonderlich zur Wiederholung. Von Bekannten hatte er seines Wissens Niemanden in München, und seine Abreise stand zu nahe, als daß er hätte versuchen mögen, auf's Ungefähr hin neue Verbindungen anzuknüpfen. Sich in das Volksgewühl zu stürzen und an dessen Freude sorglos Theil zu nehmen, verhinderte ihn eine, theils in seiner aristokratischen Erziehung, theils in den norddeutschen Vorurteilen wurzelnde Scheu. Der heimliche Verdruß aber, diese nicht bewältigen zu können und am fremden Orte die alten Fesseln mitschleppen zu müssen, vollendete sein Mißbehagen. — Möglich sprang er auf und Pochte hastig an's Fenster. Ein vorübergehender junger Mann blickte auf, erwiederte freudig den ihm zugewinkten Gruß und stürmte mit dem herzlichen Ruf: Willkommen in meiner Vaterstadt! in's Zimmer. Es war Baron Mar von Hardy, dessen Bekanntschaft Gras Rodrich vor Kurzem in Wien erneuert hatte.
Gleichheit des Standes, Vermögens und Alters hatte die jungen Männer schneller genähert als die ziemlich divergirendcn LebenSanflchten — nichts desto weniger war die Freude des Wiedersehens von beiden Theilen eine aufrichtige, lebendiger freilich gefühlt und geäußert von Seiten des Theilnahme bedürftigen Grafen.
-/Durfte ich Sie denn, bester Hardp, nach unserer lezten Verabredung schon jezt in München erwarten?" rief Amberg, als der Baron ihm Vorwürfe machte, weßhalb er ihn nicht augenblicklich aufgesucht habe. »Wie können Sie denken, daß ich gesäumt haben würde, Ihrer freundlichen Einladung Folge zu leisten, gesezt auch, ich hätte mich minder isolirt gefühlt und weniger an Ueberschwang der Zeit zu leiden gehabt, als gerade hier."
Dev Megenfchwamm.
(Giftpflanzen.)
> Der Fliegenfchwamm gehört, wie alle Pilze, zu den Kryptogamen, d. i. Pflanzen mit verborgenen Blüthentheilen ; er steht demnach bei Oken in der ersten Pflanzenklasse und zwar in der 16. Zunft und V. Ordnung.
Diese Pflanze ist in manchen Gegenden Deutschlands eine Seltenheit, in den meisten aber ziemlich häufig anzutreffen, am häufigsten in Nadelwäldern, aber auch im Laubholz, besonders Buchenwaldungen, zur Herbstzeit und im Spätsommer. Der Pilz ist anfänglich in einem gelblichweißen Balge eingeschloffen, aus welchem endlich der Hut hervorbricht und jenen als einen zerschlissenen Wulst am Strunke zurückläßt. Dieser ist ziemlich hoch, weiß oder gelblich; der Hut selbst aber hat jung eine mennigrothe Farbe, auf welcher die gelbweißen Flecken sich sehr schön ausnehmen. Diese Flecken verlieren sich im Alter mehr und mehr, bis sie ganz verschwunden sind, der Hut dehnt sich mehr aus und wird flacher, und an den ältesten Exemplaren geht seine Farbe häufig in Gelb über. Der Stiel (Strunk) werd 4 bis 8 Zoll hoch, der Hut eben so breit und ungefähr einen Zoll dick. Die unteren Blättchen, an dem durchschnittenen Theil sind weiß und wechseln gewöhnlich vier lange mit einem kürzeren ab.
Dieser schöne Pilz ist sehr giftig und wird mit Milch zusammengekocht als Gift für die Fliegen gebraucht, daher sein Name. Sein Genuß tödtet aber nicht blos Fliegen, sondern Thiere und Menschen, wenn er in Menge in den Magen kommt. Das Gift besteht in einem gelblichen, weder in Wasser noch Weingeist zu zersezenden Safte, der Amanitin heißt und schon kurze Zeit nach dem Genüsse seine Wirkungen äußert. Diese bestehen in Ohnmächten, Gliederzittern, Berauschung, heftigen Durst, verbunden mit Zusammenschnürungen der Kehle, Raserei und Wuth. Der Leib wird gewöhnlich stark aufgetrieben, Nase, Lippen und Fingerspizen blau. Brechmittel und schleimige einhüllende Getränke sind allgemeine Mittel bei einer Vergiftung, welche oft schon nach 24 Stunden den Tod herbeiführt.
Obgleich ein heftiges Gift, so wird es doch von den Aerzten zweckmäßig auf den menschlichen Körper angewendet, auswendig als Pulver bei hartnäckigen Geschwüren, innerlich besonders gegen Fallsucht.
Die ausgezeichnete Färbung dieses Schwamms verhindert hauptsächlich Verwechslungen mit andern eßbaren Schwämmen. Sein Geruch ist schwach, der Geschmack scharf. Am wenigsten schadet er dem Vieh.
Die Kamtschadalen sollen sich seiner bei ihren Festen, wie die Chinesen des Opiums, zur Berauschung bedienen, welche in Schlaf und Betäubung übergehe; allein dies ist wahrscheinlich eine andere Gattung. Auch sollen ihn die alten schwedischen Helden gebraucht haben, um sich in Kampf-Wuth zu versezen.
(Fortsezung folgt.)
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