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Der St.Anz. enthält eine Verfügung des Finanzministeriums, betreffend die Beschränkung des Postdienstes an Sonn- und Festtagen. Dieselbe enthält im Wesentlichen : das Schließen der Schalter an den Bureaur der Postämter und das Unterbleiben des AuStragens der Post­sendungen während des Gottesdienstes.

Ferner enthält der St.Anz. eine Bekannt­machung in Postsachen, wornach die um 8'/- Uhr Ibends aus Stuttgart für die Pariser Route abgehenden Briefe schon nach 32 Stunden in Paris ankommen.

DieWiirt. Ztg." bringt einen Art. über Bürgerausschußwahlen, dem wir Folgendes auch für unfern Leserkreis passende entnehmen:Mit dem Eintritt des neuen Verwaltungsjahres 1. Juli sollen überall im Lande die Bürger-Ausschüsse durch neue Wahlen ergänzt seyu ober ergänzt werden. Bei der in der politischen Thätigkeir des Bürgers im Allgemeinen eingeiretenen Lauigkeit wird kaum die Aussicht vorhanden seyn, daß sich die Wahlberechtigten stark herbeidrängcn werden. Und doch ist Jeder gleich bei der Hand, die ge- sezlichen Vertreter der Gemeinde streng zu tadeln, wenn ihm ihr Beschluß nicht gefällt, und doll- weiß Jeder, daß ihre Wirksamkeit auf das Wohl der Einzelnen und des Ganzen nicht unbedeutenden Einfluß ausübt. Dieses Widerspruchs zwischen je­ner Theilnahmlosigkeit und zwischen diesen an die öffentliche Sache zu machenden Ansprüchen, jenes Verläugnens des Bürgerrechts und der Bürger­pflicht sollte sich kein selbstständiger Mann, kein Bürger schuldig machen, dem an einem Ncchts- zustand überhaupt noch etwas gelegen ist. Er sollte bedenken, daß wenn man sich auch einen Augen­blick der Theilnahme an lezterem entschlagen will, alsbald wieder die Zeit zurückkchrt, welche zu dieser Theilnahme gebieterisch auffordert. Wie viele un­serer Mitbürger haben z. B. der Wirksamkeit unserer jczigen Stände allen Werth abgesprochen, und schon klammern sie sich wieder an dieselben an, weil es sich davon handelt, eine höhere Wein- und Liersteuer, die Schlachtaccise wieder cinzu- führen. Wer sich nicht selbst aufgeben will, wer sich mit seiner und der Seinigen Existenz, mit seinem Vermögen rc. an das Gemeinde- und Staatsleben angeschlossen weiß, der sollte ver­nünftigerweise auch nie den Versuch machen, sich für dasselbe nimmer interessiren zu wollen. Wer sich aber um dasselbe bekümmert und be­kümmern muß, der sollte sich auch den gesezli- chen, vom Interesse des öffentlichen Wohls ge­botenen Rechten und Pflichten, nämlich der Aus­übung der gemeinde- und staatsbürgerlichen Wah­len nicht entziehen."

In der Nacht vom 2l. wurde auf der Straße zwischen Dunningen und Schramberg der Knecht des Schramberger Boten King in der Nähe seines sechsspännigen Frachtwagens, auf gräßliche Weise zugerichtet, wdt gefunden. Der Kopf war so zusammengedrückt, daß die Augen aus ihren Höhlen herausgetreten sind.

Nach den Spuren an seiner Blouse und weite­ren Umständen ist fast als sicher anzunehmen, daß der Verunglückte auf der Deichsel schlafend saß, rücklings hinunterstürzte und so unter das Rad kam. Gründe einer absichtlichen Gewalt- that liegen nirgends vor. Die sechs Pferde am Wagen, ohne Zweifel durch den Hund des Ei- genthümers bald zum Stehen gebracht, hatten sich so in die »stricke des Geschirres verwickelt, daß sie nicht mehr von der Stelle konnten; in diesem Zustande wurde das Fuhrwerk von den Bewohnern eines nahen Hofes, die durch das anhaltende Bellen des Hundes aufmerksam wur­den, gefunden.

Ausland.

Schweiz.

Der neue Post-Eurö über den Splügen ist auch für Deutschland, insbesondere für Würt­temberg und Bayern, von nicht geringem Werth. Es paßt derselbe nämlich genau in das Curs- system der württembergischen und bayerischen Eisenbahnen, und eröffnet auf diese Weise für diejenigen Länder, deren Verkehr mit Italien durch diese Bahnen und die an dieselben sich anreihenden weiiern Dienste vermittelt wird, zur Sommerszeit eine ununterbrochene tägliche Doppelverbindung mit Mailand auf der kürzesten Route.

MTr stellen.

Gin Christfest auf der Ostsee.

(Fortsezung und Schluß.)

Und wieder waren mehre Tage vergangen, ohne daß auch nur die kleinste Hoffnung auf nahe Errettung unfern Unglücklichen sich gezeigt hätte. Wohl konnten sie an manchem Tage, wenn der Nebel nicht so stark war, deutlich es gewahren, wie am Meeresstrande der Menschen viele sich versammelten, und unter diesen erkannten sie auch an der Kleidung und am Zuwinken ihre drei an's Land gesczten Gefährten, aber niemals zeigte sich ein rettendes Boot, denn die See blieb fortwährend stürmisch und der Wind ungünstig. Vier­zehn Tage waren bereits vergangen, und die schreckliche Lage der Verunglückten blieb dieselbe. Sie mochten wohl noch niemals eine Sylvesternacht so traurig ver­lebt haben, als gerade diese, und das scheidende Jahr nahm auch ihre lezte Hoffnung mit in's Grab: denn allmälig glaubten sie sich gänzlich verlassen und unrett­bar verloren. Wie viel des edelsten Weines wurde nicht vielleicht in dieser Neujahrsnacht allenthalben nnzloS vergeudet, während hier die Unglücklichen ver­gebens nach einem Trünke Wasser schmachteten und statt der frohen Beglückwünschungen zum neuen Jahre sich nur stumm und traurig die Hände drückten, als wollten sie sagen: »bald ist's aus! wir haben nichts mehr zu erwarten » Und in der That schienen sie nur Bilder des Todes zu seyn, so eingefallen und bleich waren ihre Wangen, so matt und tiefliegend waren ihre Augen, und die Füße hatten kaum mehr Kraft, den siechen, lebensmüden Körper zu tragen.

Seit einigen Tagen batten sie ihre Gefährten nicht mehr am Ufer erblickt. Es war auch wohl zu neblicht gewesen. Die Jahreszeit wurde immer ungünstiger, die See stürmischer und die Hoffnung auf Hülse immer kleiner.

Am Morgen des dritten Januar stand Domanski, in seinen Pelz eingehüllt, auf dem Verdecke, mit dem Rücken an das Wachthaus gelehnt, und schaute über