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Stuttgart, 12. Sept. Von den Berich­ten der Finanzkommiffion sind weiter die über die Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten, des Kirchen- und Schulwesens und der Finanzen auögegeben. In dem ersteren ist beantragt, der für 1851 bis 1852 angesonnenen Erhöhung der Existenz für Gesandschaftcn von 9600 fl. (Be- soldungserhöhungen der Gesandten in Wien und München und Wiederaufstellung eines Geschäfts­trägers in Karlsruhe) die Zustimmung nicht zu ertheilen. Die Erigenz für 185051 für die deutsche Flotte wird von der Commission zur Genehmigung empfohlen und folgender Antrag angeknüpft: Was die Zukunft betrifft, so wür­den wir das Aufhören der deutschen Flotte, so klein sie sezt ist, höchlich bedauern, fast mehr aber noch eine Dreitheilung derselben in ein östreichisches, preußisches und ein dem übrigen Deutschland verbleibendes bayern-hannöversches Geschwader. Wir halten darum für angemes­sen, gegen die hohe Staatsregicrung die Erwar­tung auszusprechen, daß, wenn die Verschie­denheit der Interessen das Zustandekommen einer allgemeinen deutschen Flotte, wie wahrscheinlich, nicht gestattet, sie die ungetheilte Erhaltung der jezt bestehenden Flotte und ihre fernere Ausbil­dung für Rechnung der Gesammtheit derjenigen Staaten, mit deren Mitteln sie ursprünglich geschaffen wurde, anstreben, daß sie nur für eine solche ungetheilte Flotte zu ferneren Bei­trägen sich verstehen und gleichzeitig darauf hin­wirken werde, die Bcitragspflicht nach dem grö­ßeren oder geringeren, direkten und indirekten Nuzen, den die Existenz der Flotte den einzel­nen betheiligten Staaten verspricht, bemessen zu lassen. (S.M.)

Baden.

Pforzheim, 10- Sept. Es befindet sich nunmehr von hier kein in Folge der politischen Ereignisse der lezten Jahre Verurtheilter mehr in Haft. (Fr.J.)

Ausland.

Frankreich.

Das bunte Gemälde der französischen Zustände bringt uns zahlreiche Verhaftungen in Folge eines sogenanntenfränkisch-deutschen" Complots (in weiterer Folge strenge Polizeimaß- rcgeln in Bezug auf Fremde,) die schließlich oft widerwärtrgen Fehden der Presse über die verschiedenen Präsidentschaftskandidaturen, die sich täglich zu vermehren scheinen, Vota der Generalräche (zumeist für legale Revision,) Staatsstreichgerüchte, Alles in einer Weise, daß cs unmöglich ist, ein bestimmtes Resultat zu erblicken.

Amerika.

Die Unternehmungen der nordamerckanischen, Freischärler auf Cuba scheinen weniger ernste Folgen zu haben, als es mit der standrechtli­chen Erschießung von 52 derselben durch die Spanier in Havannas», die in den Vereinigten

Staaten eine furchtbare Aufregung hervorgeru- sen, der Fall seyn könnte. Die lezte Folge für Spanien s der Verlust Euba's, früher oder spä­ter) kann dabei nicht zweifelhaft sepn. (Fr.J.)

Die Ueberzähligen in London.

In den »Streifblicken durch London« kommt die Bemerkung vor, daß es bei einer Wanderung durch die dortigen Straßen nicht das Auge eines Lavaters bedürft, um den Vorübergehenden ihren Beruf anzu- sehen, den Kaufherrn vom Krämer, den Schneider vom Schuhmacher, den Zimmermann vom Drechsler, den Maschinenbauer vom Maurer zu unterscheiden. Alle Industriellen sind mehr oder weniger an einem körperlichen Merkzeichen zu erkennen. Selbst die Bett­ler zählen insofern zu denselben, als in London das Betteln ein besonderer Zweig der Industrie, ein eige­nes Gewerbe ist. Daher der Unterschied zwischen dem stationären und dem wandernden, dem ehrlichen und dem betrügerischen Bettler. Hat man aber die ganze lange Liste der Industriellen beschaut, so bleibt immer noch eine zahlreiche und geschäftige Menschenklaffe übrig, welche in keines der Kapitel gehört oder das unver­meidliche Kapitel «Insgeheim" bildet. Es find dies Menschen, welche kein Gewerbe, kein Handwerkszeug, keine Meister und keine Herren haben und doch aus freiem Willen nie müsste gehen, welche keine Heimath, keine Familie, keine Freunde und doch selten keine Mahlzeit und kein Bett haben, welche kein Amt be­kleiden, dennoch aber integrircnde Theile der Staats- gemetnde ausmachen und auf die mannigfaltigste Weise mit ihren Ncbenmenschen in sociale und Geschäftsbe­rührung kommen. Es find dies die Ueberzähligen, wie sie fich in jeder großen Stadt, in London auf jeder Straße umbertreiben.

Die Londoner Ueberzähligen bilden nur eine Frak­tion derjenigen Menschheit, deren Zahl Legion ist, eines Geschlechts, das Morgens aufsteht, ohne zu wisse», wo und wie es frühstücken soll. Jene Menschheit um­faßt Bettler, Diebe und die ganze Masse derer, welche von den Wechsclfällen des Tags ihren unehrenhafte» Erwerb erwarte». Das Beiwort »unehrenhaft« scheidet sich von den Ueberzähligen. Es ist bei lcztereu keines­wegs Lebensbedingung, unehrlich oder liederlich z» ftpn und keinem bestimmten Berufe zu folgen. Zwar haben auch sie nichts Bestimmtes zu thun, aber sie sind zu Allem bereit, was sich mit dem Ehrlichkeitsbegriffe verträgt. Sic müssen nirgends hingehen, gehen aber überall hin, wohin sie geschickt werden. Auch sie ver­trauen wegen ihres täglichen BrodS auf die Zufällig­keiten des Tags; legen sie fich aber des Abends schla­fen, ohne Geld in der Tasche und ohne ein über den nächsten Morgen Hinausreichendes Recht auf das Kissen unter ihrem Kopfe, so find sie demungeachtet glückliche Menschen, glücklich in dem Bewußtsepn, gegessen und getrunken und Speise und Trank redlich verdient zu haben.

Wenn ich sagte, es sey bei ihnen nicht Lebensbe- dingung, unehrlich zu ftp», so schließt dies nicht aus,