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Baden.

Von der badischen Bergstraße. 5. Sept. Im Laufe dieses Jahres mögen cheils aus dem badischen Odenwalde, theils aus den oberen Theilen unseres Großherzogthums, na­mentlich aus dem Amte Säckingen, im Ganzen etwa tausend Personen auf Kosten der Negie­rung nach Nordamerika ausgewandert scyn. War diese Sache nun auch für unsere Regie­rung mit nicht unbedeutenden Kosten verbunden (sie betrugen über 50,000 fl.,) so ist das Re­sultat ein um so erfreulicheres. Nach offiziellen Berichten, welche durch Briefe von Auswande­rern bestätigt werden, ist ihr Zustand sehr be­friedigend. Sie wurden von der deutscheifGe- sellschast in Nordamerika in Folge eines mit der gr. badischen Regierung abgeschlossenen Ver­trags, unmittelbar nach ihrer Ankunft in Ame­rika, in solche Gegenden befördert, wo Arbeits­kräfte willkommen waren und sie ihr Unterkom­men fanden. (Fr.J.)

O e ft r e i ch.

Wien, 5. Sept. Aus Konstantinopel wird von einer merkwürdigen Finanzoperation be­richtet. In einer Sizung des Divans, in wel­cher über Abhilfe der bedauerlichrn Finanzzu­stände rathlos verhandelt wurde, erhob sich der Großvezir Neschid Pascha, und stellte im Namen seiner Anhänger seine wie die sämmtlichen Or­denszeichen derselben dem Sultan ^ur Dispo­sition. Diesem Anträge schloß sich das gesammte Beamtenkorps an, und der Werth der Dekora­tionen, über welche die Pforte jezt schon verfü­gen kann, wird auf 30 Millionen Piaster ge- fchäzt. Die Operation wird auch bei andern Branchen fortgesezt und dürfte gegen 80 Milli­onen Piaster abwerftn. Mit derselben ist der Beschluß verbunden, keine Ordeuszeichen mebr zu ertheilen, sondern nur Diplome, durchweiche der Betheilte zur Anschaffung des Ordens be­rechtigt ist. (Wien.Blr.)

Ausland.

Großbritannien.

London, 6. Sept. Die englische Presse beschäftigt sich sehr lebhaft mit den Angelegen­heiten -auf Cuba. Wie leicht begreiflich, will England nicht, daß diesePerle der Antillen" in amerikanische Hände falle, weil noihwendig die übrigen Inseln des Archipels derselben Nach­folgen würden. Nachdem mehrere Blätter zu­erst ihre eben so scharfen als richtigen Bemer­kungen über das lächerliche Geschrei der Ame­rikaner über die Hinrichtungen, ihrer Landsleute ausgesprochen, stimmen, sie meistentheils darin überein, daß Cuba , selbst- nicht einmal auf friedlichem Wege, um die Abfindungssumme von 50 Millionen Dollars., 'welche der große Staatsmann, Herr Daniel Webster, der spa­nischen Negierung geboten habe, ohne Englands Zustimmung in nordamerikanische Hände kommen dürfte. (St.Anz.)

Spanien.

Madrid, 3. August. Seit vier Monaten hat es hier keinen Tropfen geregnet. (St.Anz.)

An der Verbreitung der Bibel unter Christen und Nichtchristen arbeiten gegenwäctig 5000 Gesellschaften. Es gibt iezt, wie der »kirchl. Anzeiger« berichtet, 32 Millionen Bibeln in 200 verschiedenen Sprachen, wäh­rend man noch vor 50 Jahren nur 4 Millionen Bibeln in 50 Sprachen zählte; die ganze Zeit von 1440 bis 1800 hatte nur 2 Millionen hervorgebracht. Zur »Heiden-Miffion» trägt Berlin iährlich 4000 Thlr. bei und in der ganzen Provinz Brandenburg kommen für diesen Zweck 8000 Thlr. auf.

Gützlaffhat dem Berliner Missionsblatte für China eine interessante Abhandlung unter dem Titel: «Das Missionsfeld in China« zur Veröffentlichung übersandt. Auch das Tagebuch des von Berlin zur Unterstüzung Gützlaffs entsandten Missionärs Neumann erscheint in diesem Blatte. Nach den Berichten des Leztern sind die Chinesen sehr begierig auf die Predigten der evan­gelischen Missionäre. Sie bilden häufig AttroupementS aus den Straßen um die Predigenden und müssen, wie es in Viktoria auf Hong-Kong geschah, von Konstab­lern mit der Knute auseinander geprügelt' werden. Neumanns lezter Bericht datirt vom 23. Avril.

Justinus Kerner theilt in einer medizinischen Bro­schüre über daS Fettgift folgendes Gebot des im Jahre 889 bis 971 regierenden Kaisers Leo gegen die damals aufkommende Bereitung von Blutwürsten mit: »Wir haben in Erfahrung gebracht, daß die Menschen gera­dezu so toll geworden sind, theils des Gewinnstes, theils der Leckerei wegen, Blut in eßbare Speisen zu verwandeln. Es ist uns zu Ohren gekommen, daß man Blut in Eingeweide, wie in Röcke cinpackt, und so als.ein ganz gewöhnliches Gericht dem Magen zu­schickt. Wir können nicht länger ausstehcn und zuge­ben, daß die Ehre unseres Staates durch eine so fre­velhafte Erfindung blos aus Schlemmerei freßlustiger Menschen geschändet werde. Wer Blut zur Speise umschafft, er mag nun dergleichen kaufen oder verkau­fen, der wird hart gegeißelt, zum Zeichen der Ehrlo­sigkeit bis auf die Haut geschoren und auf ewig aus dem Vaterlande verbannt. Auch die Obrigkeit der Städte sind wir nicht geneigt, frei ausgchen zu lassen : denn hätten sie ihr Amt wachsamer geführt, so wäre eine solche Unthat nie begangen worden. Sie sollen ihre Nachlässigkeit mit 10 Pfund Goldes büßen.«

In Washington hat ein Chevalier Clauffen Patent darauf genommen, gewöhnlichen Flachs so zu bereiten, daß er wie Wolle oder Baumwolle bearbeitet und selbst mit diesen Stoffen verarbeitet werden kann. Die aus diesem Präparat (klLx-ootton) gewebten Stoffe sollen wollene ganz ersezen (?) und bei Weitem billiger als dieselben, ja, fast so billig wie Baumwollevzeuge sepn.

Redaktion, Druck und Verlag der M eeh'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.