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eingetroffen und am Bahnhof vom Kaiser und dem Prinzen Adolf v. Schaumburg-Lippe empfangen worden. Beide Kaiser umarmten und küßten sich und fuhren darauf unter lebhaften Hochrufen der Volksmenge in das Schloß. In den Straßen bildeten Truppen Spalier. Der Kaiser trug russische Admirals« uniform, Kaiser Nikolaus die Uniform des zweiten großherzogl. hessischen Leibdragoner-Regiments Nr. 34. Im Schlöffe fand Dejeuner statt, zu welchem die Gefolge geladen waren. Bei der Tafel brachte der Kaiser das Wohl des Zaren aus, worauf der Zar in französischer Sprache dankte. Nach dem Esien hatte der Zar eine längere Unterredung mit dem deutschen Botschafter v. Bülow. Der Zar und der Großherzog von Hessen verließen Wiesbaden gegen 3 Uhr.
Berlin. 21. Okt. Die „Nordd. Allg. Ztg." berichtet, nach neuerdings eingegangenen Meldungen ist der königl. Landeshauptmann v. Hagen von einem Bukacingeborenen im Dorfe Manlangant erschossen worden. Der Mörder war wegen der Ermordung des Weltreifenden Ehlers und seiner Begleiter verhaftet worden, aber unter Mitnahme eines Gewehrs und Munition aus dem Gefängnis ausgebrochen und Hagen hatte denselben verfolgt. Am selben Tage traf der Kreuzer „Falke" beim Thatorte ein. Hagen wurde mit den militärischen Ehren bestattet. Die allgemeine Ruhe scheint nicht gefährdet.
Vermischtes.
— Der Gewinn einer Polarreise wird anläßlich Nansen's Durchreise nach Amerika von der „Daily News" folgendermaßen zusammengestellt: Ein Telegramm für ein Londoner Morgenblatt 1000 L, ein Artikel für ein Londoner Morgenblatt 4000 L., Betrag der für das englische und amerikanisch« Verlagsrecht seines Buches bezahlten Summe 10000 L-, Betrag der für das deutsche, norwegische, schwedische, holländische, österreichische und französische Verlagsrecht bezahlten Summen nach Voranschlag 10000 L., Ergebnis der Vorlesungsreise in England (nach Voranschlag) 7000 L., Ergebnis der. Vorlesungsreise in Amerika (150 Vorlesungen nach Voranschlag) 13000 L., zusammen 45000 L, was für jedes der drei Jahre allerdings unerhörter Mühen und Anstrengungen 15000 L. ergiebt.
Ein kühnesWagnis. Ein unternehmungslustiger Erfinder Kapitän William Oldham in London beabsichtigt, schon im Verlaufe der nächsten Tage die weite Reise über den launenhaften Atlantischen Ozean ganz allein in einem eigenartigen Miniaturfahrzeuge zurückzulegen, das er sich zu diesem Zwecke erbauen ließ. Dieses Schiffchen, das kleinste, in dem man je eine so lange gefahrvolle Reife wagte, ist ganz auS Stahl hergestellt. Es ist kaum 3 Meter lang und nicht ganz einen Meter breit und tief. Eine zweiflügelige Schraube treibt cs vorwärts, und der Fahrende selbst liefert durch ein Arrangement, das der Pedalvorrichtung beim Fahrrade ähnelt, die notwendig« Kraft hiezu. Am originellsten sind die Vorbereitungen, die im Angesichte eines Sturmes getroffen werden können. In einem solchen Falle ist der alleinige Paffagier im stände, sein Boot wind- und wasserdicht, nach allen Seiten abzuschließen. Die Wogen mögen dann haushoch stürmen; er sitzt ruhig, wie Jonas im Bauche des Walfisches und sieht
dem Treiben der Elemente zu. Die notwendige frische Luft führt ihm eine automatisch arbeitende Luftpumpe stets von neuem zu. Das Boot hat Raum für die Einlagerung von Proviant auf fünfzig Tage. Innerhalb dieser Zeit denkt der Erfinder von Liverpool nach New-Aork zu gelangen, denn er mutet seinem Schiffchen bei normalem Wetter eine Fahrgeschwindigkeit von 7 Kilometern per Stunde zu. Kapitän Oldham hätte seine Reise am vergangenen Samstag von Liverpool aus antrcten sollen und eine große Menschenmenge hatte sich am Quai eingefunden, um der Abfahrt beizuwohnen. Diese unterblieb aber noch, da ein Gebrechen an der Einrichtung konstatiert wurde, das aber, wie es heißt, in kürzester Zeit behoben sein wird.
Die Rabenplage.
Vom Schwarzwald, im Herbst.
Es ist leider eine unbestreitbare Thatsache, daß die Zahl unserer gefiederten Sänger, die Zierde und Seele in Wald und Flur, seit einigen Jahren unaufhaltsam abnimmt, so daß der in unserer Poesie so häufig wiederkehrende Ausdruck der Freude am Gesang der Vögel in nicht allzu ferner Zeit nur »och dem Gebiete der Illusionen anzugehören droht. Wie still und öde sind jetzt schon die schönen Wälder, die noch vor einigen Jahren von einem munteren zahlreichen Völkchen bunter, singend und flötend von Ast zu Ast hüpfender Vöglein so anheimelnd belebt waren; nur schauriger Rabengekrächze trifft noch das lauschende Ohr.
Es arbeiten mannigfache Umstände an einer Dezimierung unserer Singvögel. Man bedenke, wie I viele Zugvögel auf ihrem Zuge nach dem Süden den schonungslosen Vogelstellern in Italien rc. zu Zwecken des Gaumenkitzels oder der Mode zum Opfer fallen. Dazu bedrohen Frost und Brütezeit, Hagelschlag und heftige Gewitterregen ebenfalls den Bestand. Ferner ist aber auch bei uns das Fangen mit Leimruten und einem Lockvogel anscheinend weit verbreitet. Hier und dort an entlegeneren, freien Plätzen im Waldkann man mit einiger Erfahrung zahlreiche Fang- utensilisn finden, wie z. B. hohe Stangen mit Einschnitten zum Befestigen der Leimruten, sowie letztere selbst mit noch daran klebenden Federchen u. dergl. niehr. Manche Leute haben sich den Vogelfang so zur Leidenschaft werden lassen, daß sie zur Zeit des Hauptfanges, vor der Brut, nur dieser Beschäftigung nachgehen. Andere wieder, die ohnehin im Walde arbeiten, treiben den Fang als lohnenden Nebenverdienst, und mancher uns zu dieser Zeit, Februar, März, bezw. auch noch April im Walde Begegnende scheint mit seinem Säckchen in der Hand ein biederer Holzhauer oder dergleichen zu sein, der sein Essen im Säckchen bei sich trägt, während dieser in Wirklichkeit den Käfig mit den Lockvögeln und den unglücklichen Gefangenen birgt. Mögen diese Winke der Gendarmerie auf dem Schwarzwalde dazu behilflich fein, der zahlreichen Zunft der Vogelsteller in ihrem Distrikt energisch zu Leibe zu gehen und sie ihrer wohlverdienten Strafe zuzusühren.
Ein unerbittlicher Feind unserer Singvögel, vielleicht ihr gefährlichster, ist der Rabe (Oorvus corax I,.) Dieser listige Räuber mit seinem mächtigen Schnabel und seinem scharfen Auge ist nicht nur an sich einzeln schon schädlich, sondern wird da,
wo er in Scharen auftritt, für die Gegend geradezu verhängnisvoll in verschiedener Hinsicht. Seine Schädlichkeit für den Wildbestand ist allgemein bekannt. Junge Hasen, Rebhühner rc. sind ihm willkommene Beute; in Compagnie schreckt er auch vor dem Angriff auf angeschossene ausgewachsene Hasen und selbst auf schwächere Rehe- nicht zurück. Fehlt es ihm an fleischiger Nahrung, so nimmt er auch mit Pflanzenkost vorlieb, und der Landwirt kann von manchem Feldschaden an Kartoffeln, Rüben rc. durch diesen diebischen Gesellen erzählen. Daneben stellt er eifrig den Singvögeln nach, die ihm keinen Widerstand ent- gegenzusetzen vermögen. Mit seinem durchdringend scharfen Blick fällt ihm die Entdeckung eines Nestchens nicht schwer, dessen Inhalt, womöglich mit den Alten (?), ihm unerbittlich -anh'eimfällt. In welchem Rufe er bei denselben steht, zeigt sich am besten, wenn er seine Stimme erschallen läßt. Da verstummen denn die wenigen Sänger, die sich noch hören ließen, und es herrscht dieselbe Todesstille wie bei der Nähe eines Habichts -oder Sperbers. Es ist ja im Schwarzwalde schon hier und da vorgekommen (die „Straßb. Post" erzählte unlängst einen gleichen Fall aus Lothringen), daß ein Rade direkt bei einem Bauernhause trotz der Nähe eines Menschen auf ein junges Huhn stieß und dasselbe forttrug!
Wer möchte unter solchen Umständen an der Raubvogelnatur und Gemeinschädlichkeit dieses frechen Gesellen billig zweifÄn? Es soll nicht bestritten werden, daß der Rabe uns Menschen durch Beseitigung von Aas und Wegfangen von Mäusen nützlich ist; aber was ist dieser Nutzen im Vergleich zu den mannigfachen Schädigungen, die er verursacht?
Und während andere Raubvögel nur vereinzelt oder in Paaren auftreten, trifft man auf Scharen von Hunderten dieser unheimlichen Gäste, und das eben macht die Raben zu einer wahren Landplage, die sich noch stetig zu vermehren droht, wenn nicht energischere Maßregeln seiner Vermehrung wirksam Einhalt thun.
Es bleibt den maßgebenden Kreisen überlassen, welche weiteren Mittel sie gegen diese Landplage zu ergreifen gedenken. Der Zweck dieser Zeilen war lediglich der, auf den durch die Raben in der Singvogelwelt, als auch unter dem Wilde und in der Landwirtschaft angerichteten und noch mehr drohenden Schaden, und auf die Ohnmacht der jetzt dagegen zu Gebote stehenden Mittel hinzuweisen. Mögen diese Worte ihren Zweck nicht verfehlen, allein schon im Interesse unserer kleinen Vogelwelt. (Enzth.)
Standesamt Hak«.
Geborene:
18. Okt. Eine Tochter des Konrad Krauß, Fabri
kanten hier.
19. „ Marie Luise, To chter des Friedrich Hermann,
Schuhmacher hier.
Gestorbene
15. Okt. Ernst Ludwig Bodmer, Schäfer von Alt- _ bürg, 71 Jahre alt. _
Gottesdienste
am 1». Sonntag nach Trinit., 24. Oktober.
Vom Turm: 84. Predigtlicd 88: „Wer ist wohl wie Du?". 9'/- Uhr Vorm--Predigt: Herr Dekan Roos. 1 Uhr Christenlehre mit den Söhnen. 2 Uhr Bibel- stunde im Vereinshaus: Herr Stadtpfarrer Schund. Donnerstag, 28. Okt. Jeiertag Simon und Andas.
9'/- Uhr Predigt: Herr Stadtpfarrer Schund, zugleich Vorbereitungspredigt und Beichte.
Amtliche Kekavstmachuustu
Revier Stammheim.
Meistgverkauf
am Dienstag, 26. Oktober, aus Staatswald Felsenweg, Kentheimerberg, Dickemerschlößle, BaierSbach, Hirschloch: ca. 40 Flächenlose gehauenes Nadelholzreisig, geschätzt zu 6000 Wellen. Zusammenkunft auf der Hcrrschafts- steige bei den Brunnentrögen zum Vorzeigen 8 Uhr, zum Verkauf 10 Uhr.
Stadt Calw.
Wegbau-Accord.
Die Erd- und Chaussierungsarbeiten bei Erbreiterung des TeichelwegS im Betrag von zus. 1500^k sollen in Accord vergeben werden.
Pläne, Kostrnvoranschlag und Bedingungen liegen auf dem Stadtbauamt
zur Einsicht auf, woselbst auch diesbezügl. Offerte bis
Donnerstag, den 28. Oktober, abends V Uhr, einzureichen sind.
Den 32. Oktober 1897.
Stadtbauamt.
Hohnecker.
Aerkauf.
Im Vollstreckungswege verkaufe ich am
Donnerstag, den 38. ds. Mts.» in Agenbach
1 Maar schöne Zngstiere,
" ea. 4U Ztr. He« und einen älteren Leiterwagen
gegen Barzahlung, wozu Liebhaber eingeladen werden. Zusammenkunft beim Rathaus daselbst vormittags 11 Uhr.
Gerichtsvollzieher
Schumacher.
Stammheim.
Verkauf.
Im Vollstreckungswege werden am Mittwoch, de« 37. Oktober, nachmittags 1 Uhr, gegen Barzahlung versteigert:
eine Kuh (Rotscheck),
ein Mntterschwein, ---«-ck^ea. 25 Ztr. Ke«, rn. 230 Garben Korn, ra. 150 Garben Haber,
4 Stück Faß, von 150 bis 350 Ltr. haltend,
ein doppelter Kleiderkasten, ein einfacher dto., eine Dfeilertrominode.
Zusammenkunft beim Rathaus.
Gerichtsvollzieher
Schier.
Krivat-Arrzeigeu.
Sonntag Abend
Lrbauungs stunde
im Verein-Hans
von 8—9 Uhr.
Jedermann ist freundlich eingeladen.
^stsrLnen-Verein Ls-In.
Morgen Sonntag nach- 3 Uhr
- beim Vorstand.
Wegen wichtiger Besprechung ist zahlreiches Erscheinen erwünscht.
Nächst« Woche backt
Kaitgenvretzekn
Bäcker Lntz jr>, Badgaff«.