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^s 124 . Amts- und Nnreigeblatl für den Bezirk Calrv. 72 . Jahrgang.
Erscheint DtenStaqs, Donnerstags und Samstags. Die EinrücknrgSgeLühr beträgt im Bezir? und in nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, weiter entfernt 12 Pfg^
Donnerstag»
den 21. Oktober 1897
Vierteljährlicher Abonnementipreis in der Stadl M. I. ll> ins Haus gebracht, Mk. l. iS durch die Post bezogen im Bezirk. Außer Bezirk Mk. 1. SS.
Amtlich; Aekarrutmachnnge«
Die gemeinsch. Aemter
werden unter Bezugnahme auf den Erlaß vom 22. Juli d. I., Wochenblatt Nr. 87, betreffend die Einleitung von Sammlungen zu Gunsten der bedürftigen Gewitterbeschadigte« des Landes, nunmehr, nachdem die Ernte beendigt ist, veranlaßt, in ihren Gemeinden Sammlungen, insbesondere auch von Naturalien, zu veranstalten, soweit dies nicht schon geschehen ist. Die ersammelten Geldbeiträge wollen an die Amtspflege abgelisfert werden.
Ueber die gezeichneten Natnralgaben wollen die verlangten summarischen Verzeichnisse an das Gemeinsch. Oberamt vorgelegt werden, worauf über die Absendung der Naturalien an die Beschädigten weitere Entschließung erfolgen wird.
Calw, den 9. Oktober 1897.
Kgl. gemeinsch. Oberamt.
Voelter. I. V.:Schmid.
Kekanntumchrmg,
betr. die Schonzeit für Fluh- und Bachforellen re.
ES wird hiemit in Erinnerung gebracht, daß die Schonzeit für Fluh- und Bachforellen, sowie für Bach- und Kreuzungssaiblinge am 10. Oktober d. I. begonnen hat und für die Nagold und ihre sämtlichen Seitenbäche lt. bezirkspolizeilicher Vorschrift vom 27. März d. I. (Calwer Wochenbl. Nr. 83) bis 1. Februar 1888 dauert.
Die Schonzeit hat die Wirkung, daß während derselben die geschützten Fische weder gefangen, noch feilgeboten, noch verkauft oder in Wirtschaften verabreicht werden dürfen.
Sollten solche Fische zufällig gefangen werden, so sind sie sofort wieder in dasselbe Wasser frei einzusetzen.
Während der Schonzeit und während weiterer 6 Wochen nach beendigter Laichzeit dürfen ferner keine
Enten in solche Fischwaffer zugelaffen werden, in welchen die betreffenden Fische sich vorherrschend aufhalten, sofern diese Fischwaffer nicht Gemeinden zur Benützung stehen und von der Gemeindebehörde hiezu Erlaubnis erteilt ist.
Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen werden nach Art. 39 Z. 2 Pol.-St.-G- mit Geldstrafe bis zu 45 ^ bestraft.
Calw, den 19. Oktober 1897.
K. Oberamt.
Gottert, Amtm.
Tagesneuitzkeiten.
Enzklösterle, 15. Oktbr. In dem benachbarten badischen Jagdgebiet Kaltenbronn wurden am gestrigen Tage nicht weniger als 21 Hirsche erlegt.
Nagold, 19. Oktbr. Zur Beschaffung eines Kronleuchters für die neu einzurichtende elektrische Beleuchtung der hiesigen Stadtkirchs spendete Herr Gottlob Knödel, Privatier hier, 300 — Die
Stadt verpachtete ein seither 32 ^ emtragsndr» Fischwasser in der Nagold zu 300 ein schöner Mehrbetrag für die Stadtkaffe.
Vom Echatzthal, 18. Oktbr. Die überaus freundlichen Herbsttage sind dem Landmann höchst willkommen. Noch sind viele Hackfrüchte im Freien, da die größere Halste des Septembers wenig Feldarbeit erlaubte. Ja, noch Oehmd wird in diesen Tagen gemacht. Schade, daß die warme Witterung den Trauben nicht mehr zu gut kommen kann. Heuer trifft ein Teil der alten Winzerregel zu: Sankt Michael Herrenwein, Sankt Gallus — er war vorgestern — Bauernwein. Letzteres schon insofern als die Weingärtner ihren Ertrag meist selbst trinken müssen, ein gewisser Ersatz für den fehlenden Obstmost.
1' Feuerbach, 18. Oktbr. Weinlese be
endigt. Käufe zu 142, 144, 145, 146, 148, 150 und 155 pr. 3 bl. Noch ziemlich Vorrat. Käufer erwünscht.
Cannstatt, 16. Oktbr. (Man muß sich nur zu helfen wissen.) Den Rekruten ist es seit einigen Jahren verboten, in hiesiger Stadt zu singen. Bei der gestrigen Einstellung nun kam ein langer Zug künftiger Vaterlandsverteidiger vom Bahnhof in Reih und Glied gegen den Sammelplatz beim Oberamt marschiert und die bekannten Rekruten- und Abschiedslieder pfeifend, was allgemeine Heiterkeit erregte.
Cannstatt, 19. Oktbr. Gestern vormittag fand in den hiesigen Knabenvolksschulgebäuden eine Entleerungsprobe statt. Auf ein gegebenes Glockenzeichen hatten sämtliche Klaffen in einer vorher bestimmten Ordnung das betreffende Schulhaus möglichst schnell zu verlassen. Jedes der beiden Knabenvolksschulgebäude beherbergt sieben Klaffen. Binnen 1'/- Minuten waren beide Häuser von sämtlichen Schülern verlassen. Eine öftere Wiederholung solcher Proben wäre im Hinblick auf einen möglichen Brandfall sehr zweckdienlich.
Eßlingen, 18. Oktbr. Gestern abend nach Einbruch der Dunkelheit machte der verheiratete Privatier Fischer von hier in der Nähe seines Hauses noch einen kleinen gewohnheitsmäßigen Spaziergang. Als er jedoch zu lange auSblieb, suchte seine Frau nach ihm und fand ihn zu ihrem größten Schrecken vor dem Hause bewußtlos liegen. Derselbe scheint in der Dunkelheit ausgeglitten und gefallen zu sein und hat sich hiebei lebensgefährliche Verletzungen zugezogen. An seinem Aufkommen wird nach Aussage des Arztes gezweifelt. Eine Verletzung von dritter Hand scheint vollständig ausgeschlossen zu sein, da Fischer ein sehr friedlicher Mann ist und auch in
^ L ! ^ L 1 9 Nachdruck verboten.
Im Banne der Wache.
Roman von O. Elster.
(Fortsetzung.)
Der Hauptmann schüttelte oft erstaunt das Haupt über diese zärtliche Aufopferung seiner Gattin. Doch äußerte er sich nicht weiter ihr gegenüber, er selbst befand sich sehr wohl dabei, denn seine gestrenge Gemahlin schien vorerst kein Auge mehr für ihn und sein Thun und Treiben zu besitzen. Aber die finstere Glut ihrer dunklen Augen, der drohende Ausdruck ihres Gesichtes mahnten ihn zur Vorsicht; jede Stunde konnte der Sturm ihrer Leidenschaftlichkeit wieder Hervorbrechen. Diese Ruhe war eine gezwungene, sie glich einem Waffenstillstands in dem verderblichen Kriege, welchen die Leidenschaften dieser Frau mit einander und mit der ganzen Welt führten.
Als der Arzt in das Kinderzimmer trat, erhob sich Frau von Oettekint, dem Doktor die Hand entgegenstreckend.
„Ich glaube, daß Kurt heute eine Stunde aufstehen kann, Doktor," sagte sie kurz und geschäftsmäßig.
„Lassen wir den kleinen Patienten noch einige Tage im Bett, gnädige Frau. Er ist noch recht schwach und muß sich erst wieder kräftigen."
„Aber die Lust hier erstickt mich!"
Wie ein Seufzer drangen diese Worte über die Lippen der Frau. Ihre Augen richteten sich fast mit slehend-ängstlichem Ausdruck gen Himmel, um ihre
Lippen zuckte es in krampfhafter Weise, als wollte sie die hervorbrechenden Thränen mit aller Gewalt Niederdrücken.
Der Arzt sah mit geheimem Erstaunen die Veränderung in dem Wesen der Frau, die früher eine solch kurze, selbstbewußte Entschlossenheit gezeigt hatte, die früher ihren Weg, den sie zu gehen hatte, energisch verfolgte, ohne rechts oder links zu sehen, und die jetzt den Eindruck einer von unklaren Gedanken und Träumen, von Sorgen und Angst hin und her geworfenen Frau machte. Ihre Sprache war nicht mehr die klar-energische der früheren Zeit; sie klang jetzt gedämpft, heißer, unsicher, wie ihre Bewegungen eine gewisse Hast und Unruhe zeigten, welche Eigenschaften man früher nicht an der starken, energischen Frau gekannt hatte.
Der Doktor ergriff ihre Hand und prüfte ihren Pulsschlag. Auch hier Unruhe, Unsicherheit, Unklarheit I Bald schleppte sich der Puls matt und schwer dahin, bald jagte das Blut gleich Sturmwellen durch die Adern; einmal fühlte man den , Puls kaum, das andere Mal pochte er in vollen, raschen Schlägen an die Wand der Adern, daß das Auge selbst seinen Wellenschlag verfolgen konnte.
Besorgt sah Doktor Mittenzweig der Frau in die Augen.
„Sie bedürfen der Erholung, gnädige Frau," sagte er mahnend. „Der Tod der kleinen Emmy, die Pflege Kurts, die Auflegung, der Schmerz — das Alles scheint Ihre Nerven sehr angegriffen zu haben. Ich werde Ihnen ein beruhigendes Mittel geben und dann legen Sie sich nieder."
„Wenn ich nur schlafen könnte, Doktor. .
„Gegen Schlaflosigkeit giebt es Mittel."
„Nein, nein, ich will keine Mittel mehr ... ich schaudere, wenn ich daran denke, daß . . . ah, Doktor, ich glaube das Beste wäre, ich machte eine längere