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so lieben, freundlichen Gestalt vom bösen Toben der Mordgeiffer sprechen! Solches verlangt nicht von mir.» Der Pater der Dirne lächelte, der Bäckermeister aber sprach: »Greuel und Schrecken, wenn ich nicht dabei bin, das ist mir lieber als alle Liebe und Sanft- muth in der Welt. ES gibt nichts, was an einem trü­ben Herbsttage also Seel und Leib zusammenhält, als ein Becher Mcth und eine Mord- oder Spuckgeschichte dazu. Der Meinung bin ich.»

»Ich habe,« fuhr der Jüngling auf, »nie gewußt, was das Grausen bedeutet; es geht mir darin, wie jenem Burschen im Mährchen, der ausging, um das Fürchten zu lernen.» »Nun, ich wüßte ein Mittel, wie Ihr hinter dies Geheimnis gelangen könntet,» brummte der Bäcker.« »Ja, ja,« sezte der Maurer hinzu, und Beide, wie auf ein verabredetes Zeichen, richteten ihre Blicke auf das gegenüberstehende öde Haus. »Ach ja, was ist's mit der düstern Klause dort?» fragte der junge Wanderer. »Ihr spracht ja wohl davon, als ich zu Euch trat.« »Ihr solltet einmal eine Nacht dort Quartier nehmen.» plazte der Bäcker heraus und hielt, wie erschrocken über seinen eigenen Vorschlag, die Hand schnell auf den Mund. Aber der Jüngling, dieses Zeichen wenig beachtend, antwortete rasch: »Sehr gern will ich das. Ohnedies ist die Herberge, die Weisung hat, unser Einen auszu­nehmen, überfüllt, und eS ist mir ganz lieb, ein Nacht­quartier zu finden, das mich nichts kostet, sep's auch in einem Hause, wo der Teufel und seine Großmutter die Wirthschast führen.» .

»Sprecht^nicht so wild,» sagte der alte Schlosser- meistcr begütigend. »Ihr sollt in jenem Hause nicht schlafen; da Ihr zn meiner Zunft gehört, will ich Euch auch gastlich beherbergen, bis Ihr Arbeit und ein an­deres Unterkommen gefunden, vielleicht in meiner Werk­statt, denn mein Altgesell gedenkt in diesen Tagen schon die Wanderschaft anzntreten. »Der Bäcker sah es sehr gern, daß sich bei diesen Worten die schöne Methnpmphc entfernte, denn jezt konnte er hoffen, daß endlich ein Gespräch, wie er es liebte, in Gang kommen werde. »Habt Ihr,» fragte er den Jüngling, »nie alte, ver­wüstete Schlösser in Deutschland besucht, nämlich solche, in denen es umgeht?« »Freilich wohl,« erwiderte Andreas, nachdem er dem alten Meister für sein güti­ges Anerbieten in geziemenden Worten höflichst gedankt. »Ich nächtigte ans meinen Wanderungen in mehr als einem solcher alten, morschen, verwitterten Neste, allein ich wäre ein Betrüger und Lügner, wenn ich behaupten wollte, es sep mir irgend etwas Ungewöhnliches passirt. Ja, in einem Schlosse sollte es entsezlich Herzchen, aber gesehen Hab' ich nichts.»

»Was hatte es mit diesem Schlosse für eine Be- wandtniß?» fragte der Bäcker, indem er näher rückte. Es sollte da eine Ehebrecherin umgehen," erwiderte Andreas.Eine vornehme Gräfin, die im Hussi'ttcn- krieg flüchtete, gab ihrem Gemahl, einem raschen, zor­nigen Herrn, Grund zum Verdacht der Untreue. Er ließ demnach das Kind, das sie geboren, tödten und die Leiche mit einer eisernen Kette an der unglücklichen Mutter anschmiedeu; so sagt man. Die Arme mußte nun den verwesenden Körper immerdar mit sich hernm-

i tragen, und zulczt gar als Gerippe. Beim Himmel, I entsezlich genug, wenn eine solche Grausamkeit und Härte möglich wäre! Indessen wollten's die Leute m alten Parieren ausgezeichnet und beurkundet gefunden haben. Nun, ich habe die Schriften nicht gelesen. DaS Gespenst, will sagen, die arme Gräfin mit'em Skelett am Halse Hab' ich aber auch nicht zu Gesichte bekom­men, troz dessen, daß ich drei Nächte in dem Zimmer geschlafen, wo die That vorgefallen seyn soll. So geht's mit den Gespenstern und Kobolden. Sie find nur für solche vorhanden, die sich vor ihnen zu fürch­ten die Gefälligkeit haben."

(Fortsezung folgt.)

Die Pariser Feilenhauer.

(Aus dem Vercinsblatt für deutsche Arbeit.)

W. H. Riehl hat im lezten Heft der deutschen Vierteljahrsfchrift eine interessante Abhandlung über den vierten Stand geschrieben, aus die wir in einer andern Nummer ausführlicher znrückkomnien werden. Er erzählt darin u. A. von einem Pariser Schneider- gelcllen, der zu seiner Ausbildung nach Frankfurt am Main kam, wo er in einem der ersten Gasthöfe abflieg, als arbeitsuchender Geselle aber, der Zunfl 0 >dming ge­mäß, in die Schneidergesellenherberge zu überstedeln gezwungen wurde, was derfeine Mann" so übel nahm, daß er sofort wieder nach Paris umkehrte. Wir wollen dieser Erzählung eine andere thatsächliche Er­scheinung entgegeustellen, welche dem geistreichen Ver­fasser der erwähnten Abhandlung beweisen mag, daß es in demHeimathlande der souveränen Tagelöhner und sozialen Schwindeleien", auch gesunde Anfänge derjenigen Bestrebungen giebt, von welchen wir uns eine wesentliche Besserung der Lage der arbeitenden Klassen versprechen dürfen.

In der üuo klliclippeaii 8 t. bkieolas, ^>e. 27, pa. 8 - saxo <Io I.i mii'niito zn Paris ist das Hauptcomptoir einer Gesellschaft, der wir einen Besuch abstatten wol­len, nicht um mit ihr Geschäfte zu machen, sondern um uns daran zn erinnern, daß dies der Boden, auf welchem vor nun mehr denn sechzig Jahren in Einer Nacht das Band der Glieder des bürgerlichen Gesell­schaftskörpers durchschnitten und das Prinzip der Sou- vcränctät der Atome proklamirt wurde, das seitdem die vcrhänguißvolle Runde durch die Welt macht. Es ist von historischem Interesse, gerade in Paris das Bc- dürfniß nach gesellschaftlicher Gliederung, den Korpora­tionsgeist, das Jnnungswesen, das bis auf den Boden reir> ab vertilgt war, wieder lebhaft anftauchen zu sehen. Die Feilenhauer in der üissixe cke !i mirmito find' ein merkwürdiger und erfreulicher Beleg zur Thatsache dieses modernen Bedürfnisses. ,

(Fortsezung folgt.)

Neuenbürg.

Vrodpreise

vom 25. Januar 1851:

4 Pfund weißes Kerncnbrod 10 kr.

1 Kreuzcrweckcn 8 V 2 Loth.

Stadt-Schuldheiß Me eh.

Redaktion, Druck und Verlag der M e c h'schcn Buchdruckerci in Neuenbürg.