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cken als vorhin. Bis jezt hatte seine Geliebte nichts gesagt, Ihre Augen starrten vor sich nieder, große Thränen träufelten herab ohne Schluchzen; nur die krampfhaften Bewegungen ihres Busens vcrriethen, daß sie weinte. Einmal, wie die Schergen ihren Mann umgaben, öffnete sie den Mund, um zu reden: aber sie konnte nur auf die Knie niedersinken, ein herzzerreißender Schrei, und ihre Lippen schoßen sich wieder. Jezt vernahm sie den Befehl Gonsalvo's di Vasari, nicht den, vor dem sie gezittert hatte, sondern einen andern, kaltblütig berechnet, und so lange vcrspart, bis dem Arionelli durch neue Bande der Gebrauch seiner Glieder unmöglich gemacht war. — Gerichtsdiener, sagte er, bindet Aurelia la Fiora fest; man gebe ihr die Wafferfolter.
Selbst auf die Satelliten im Saal machte dieser Befehl tiefen Eindruck. Arionelli war an's Rad gebunden. Diesmal zerrissen seine Bande nicht, und mehr in Zweifel als in Unruhe schienen ihn die Worte zu vcrlezen, die er hörte. Rasch wandte er von der knienden Geliebten den Blick auf seinen Richter. Kein Ausdruck der Unterwerfung, noch weniger der deniüthi- genden Bitte, zeigte sich in seinen Mienen: hier war nicht ein Gnade flehender Verbrecher, sondern ein Mensch, der gegen daS Urtheil eines Menschen, wie er selber, den Namen der Menschlichkeit anruft. — «Bei allen Heiligen des Paradieses,» rief er, »das kann Euer Ernst nicht seyn!» - und kein Wort weiter.
Derweilen umgaben die Schergen die am Boden liegende Aurelia, die nicht den leisesten Widerstand, nicht die geringste Bitte versuchte. Sie hatten sie ausgerichtet, und fingen an, die Schnüre ihres Mieders zu durchschneiden: es war eine der empörenden Torturregeln, daß alle, die sie erstehen mußten, Mann oder Weib, vorher entkleidet wurden. Durch finsteres Schweigen und abgewendete Blicke gaben die peinlichen Diener wohl den Widerwillen zu erkennen, womit sie gehorchten, doch aber fuhren sie fort in ihrem Werke, und ein Strom von Thränen drangen aus den Augen der unglücklichen Aurelia. Eiskalter Schweiß trat auf Arionelli's Stirn, »um Gott!» schrie er, »haltet ein, einen Augenblick, ihr könnt das Abscheuliche nicht vollbringen. Gonfaloniere, Herr di Vasari, Graf Arestini, bei Eurer Seelen Seligkeit — wollt Ihr der armen Frau diese Schmach anthun und vor den Augen ihres Mannes? — Feiglinge, elende Sclaven,» fuhr er fort, da seine Worte den gräßlichen Vorbereitungen keinen Einhalt thaten, »habt ihr nicht auch den Menschenleib, den Ihr so mit Füßen tretet? — Könnt Ihr denn nicht auf ein Zeichen meine Glieder zerschmettern, deren Stärke Euch noch immer zittern macht, nackt und geknebelt, wie sie sind? — Bin ich nicht darum hier vor Euch? — Edler Herr Gonfaloniere, Ihr habt Töchter, denkt an die, wenn Ihr ein Mensch seyd. Vasari, Habsüchtiger, Schamloser, Ihr seyd jung, seht, wie schön sie ist, die Unglückliche, sagt, könnt Ihr sie durch die Henker entstellen lassen, und hätte sie Euch tausendmal nach dem Leben getrachtet. — Gonfaloniere, Graf Arestini, Erbarmen! An Euch besonders wende ich mich, nicht an diesen unbarmherzigen Menschen.»
»Luigino Arionelli," sagte der Gonfaloniere mit milderem Tone, »wenn dieses Weib Euch thcuer ist, warum sie nicht retten durch aufrichtige Antwort auf meine Fragen?»
»Weil ich — der Bandit stockte — »jezt Gonfaloniere, Ihr, die Ihr ein menschliches Herz habt, leidet es nicht, daß die schmuzigen Fäuste dieses Menschen Aurelia besudeln — sie ist ohnmächtig — laßt sie nicht an's Rad binden.» Der Marchese di Pcruzzi gab ein Zeichen, das die Diener verstanden. »Dank, Marchese, Dank,» fuhr Arionelli fort, »laßt die Elenden abtreten, und Ihr, Kapitän, Ihr seyd ein Ehrenmann, Ihr tragt ein Schwert, und ich habe gesehen, daß Ihr es im Gefecht zu führen wißt, möge Eure Frau und Eure Schwester solcher Hülfe nie nöthig haben! — Wer mich kennt, der weiß, wenn ich auch ein Räuber bin, daß ich nie einem Weib das geringste Leid zugefügt habe. Ich habe die Tochter des Podesta von Triest ihrem Vater zurückgeschickt, so wie sie war, da sie mir in die Hände fiel, und ohne Ranzion weil der Elende sie nicht zahlen wollte. Aber ich danke Euch, o! behandelt mich wie einen Menschen, laßt mich losbinden, nur daß ich Aurelien beistehcn kann, und fragt mich Alles, was Ihr wollt.»
»Luigino,» sagte der Graf Arestini, der von den leidenschaftlichen Klagen des Banditen bewegt schien, ob er gleich vielleicht Ursache hatte, nichts zu thun, was man als eine Gunst gegen jenen auslegen konnte: — »die Gnade des Gerichtshofes hat Euch diesen augenblicklichen Aufschub gewahrt, warum benuzt Ihr ihn nicht, die Wahrheit zu gestehen?»
»Weil ich,» — fuhr Arionelli leidenschaftlich fort, doch ohne Heftigkeit — »weil ich — ich habe keine Hoffnung mehr — weil ich nichts zu gestehen habe. So gewiß eine Seele in mir ist, ich kann Euch nichts sagen, was Eurem Verlangen genügen könnte. Als ich zurückgeführt wurde, von dem Weg nach dem Galgen, wußte ich nicht einmal, warum ich dieses neuen Verbrechens verdächtig seyn sollte.»
(Fortsezung folgt.)
Vermuthliche Witterung im Oktober.
(Aus dem in Karlsruhe erscheinenden von Professor PH. Stieffel herausgegebenen »Z e u s.«)
Die Witterung ist Anfangs bis 6. noch unstät, zwar mehr hell und warm aber doch nicht ohne Regen und Nebel; hell und trocken wird sie dann vom 7. bis 14., dabei vom 10. an die Wärme noch zunehmend, zu Trübung und Regen geneigt am 15. bis 17., dabei kühler; Heller und wärmer am 18., 19.; trüb, regnerisch und stürmisch mit entsprechender Temperatur vom 20. bis 26.; noch einige Helle, warme Tage vor dem Schluß, endlich trüb und Regen vom 29- bis 31.
Im Allgemeinen Trockenheit und Nässe abwechselnd und in gleichem Maße, erstere mehr in der ersten, leztere mehr in der zweiten Hälfte, Wärme etwas unter mittlerer, 5V-8Winde im Mittel, Barometer- Durchschnitt unter Mittel.
Redaktion, Druck und Verlag der Mee h'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.