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zen zu seyn, damit sie nicht, wie die Unglückli­chen, welche von jener Bande und ibren Hel­fers-Helfern betrogen worden sind, bei ihrer Ankunft in ihrem neuen Vatcrlande zu ihrem Schrecken falsches Geld statt ihrem guten finden.

(H. T.)

Ausland.

Frankreich.

In Frankreich ist die Vertagung der Legis­lative eingetreten. Der Präsident macht seine Rundreise. Den parlamentarischen Stürmen und der Aufregung über die eigenthümlicheAn­näherungsweise" des Präsidenten an die Armee in einigen nicht ganz nüchternen Banketten ist eine trügerische Ruhe gefolgt. Die Häupter der Legitimisten und sonstige Verehrer der alten Monarchie wallfahrten nach Wiesbaden, wo der Graf von Ehambord einen kleinen Hof um sich ^ sammelt, der offiziell keinen politischen Charakter haben soll, doch von politischer Bedeutung seyn dürfte. !

Großbritannien. I

Den Prinz von Wales, der älteste Sohn der Königin Viktoria, dem der Hofschncider vor wenigen Jahren die ersten Hosen angemessen j hat, ist schon so gewachsen, daß er einen eigenen Palast braucht. Das Parlament will ihm Marl- boroughause anweisen.

Amerika.

Das Dampfboot Amerika, welches am 13. August um Mitternacht in Liverpool eintraf, brachte Nachrichten aus New-Iork vom 31. Juli und aus Halifax vom 3. August. Der neue Präsident hatte in gebräuchlicher Weise die in Washington funktionirenden auswärtigen Botschafter empfangen, wobei namentlich der russische Gesandte mit großem Eifer seine besten Wünsche für Fortsezung der bestehenden freund­schaftlichen Beziehungen au den Tag legte. Mu besonderem Nachdruck hob der Präsident in sei­ner Antwort hervor, daß seine Absicht sey, eine strenge Neutralität gegen alle Nationen zu be­obachten, da er diese als die für die Vereinig­ten Staaten durch Natur, Geschichte und Inte­resse gebotene passendste Politik betrachte.

Rußland.

Aus Rußland hört man von jenen furcht­baren Bauernaufständen, welche von Zeit zu Zeit die Ruhe des Ungeheuern Reichs drohend unterbrechen.

Wanderkaffen.

(Aus dem »Vereinsblatt sür deutsche Arbeit.»)

(Fortsezung.)

An vielen Orten ist der Handwerker aus dem früheren Zustande seiner Selbstständigkeit heraus in den des Tagelöhners übergegangen, und dies keineswegs vorzüglich in solchen Di­

strikten, wo er von der großen Industrie über­flügelt wurde. Hier wiederholt sich in anderer Weise, was in Bezug auf die Auswanderung statistisch nachgewicsen ist, die oft da am meisten eingeriffen, wo der physische Druck, die dichte Bevölkerung, sich am schwächsten geltend macht. Es klingt paradox, aber cs ist in der That so in vielen Gegenden Deutschlands, z. B. in dem von Natur gesegneten, fabrikarmcn Meklenburg» in dem nicht minder fruchtbaren, wenig indust­riellen Kurhcssen. Dieselbe Erscheinung tritt uns in England und Frankreich entgegen.

Der taglöhnernde Meister kann aber kaum sich und seiner Familie das Leben fristen, ge­schweige denn sür den wandernden Gesellen sorgen, der sich bei Mangel an Arbeit und Un- terstüzung auf das Betteln angewiesen sieht.

Nun werden zwar den reisenden Gesellen s. g. Geschenke theils von den Innungen, chcils von den einzelnen Meistern verabreicht, und diese bilden immerhin eine große Hülfe für den Wandernden. Aber sie reichen nicht aus, seine einfachsten Bedürfnisse zu befriedigen. So er­hält in Minden jeder durchreisende Sattler, Schmied, Schlosser, Fleischer, Färber, Kamm­macher, Sezer, Drucker, Zinngießer, Gerber 5 Sgr., in Landshut erhalten Sezer und Drucker ^ 2O kr., Bortemnacher, Feilenhauer, Büchsen­macher, Bürstenmacher, Spengler, Schneider, Schuster, Sattler, Kammmacher, Gold- und Silberarbetter 12 18 kr., die übrigen 6 bis 9 kr. In Gießen zahlt der Armenveriin jedem durchreisenden Handwerksgesellen 6kr., in Worms beträgt das Geschenk bei den meisten Gewerben 1 2 kr. von jedem Meister; in Würzburg fällt für Maurer, Zimmerleute, Tischler, Schnei­der, Schuster u. m. a. das Geschenk ganz weg; in Offeuburg giebt jeder Meister dem Wan­dernden 1 kr.; diese Geschenke muß sich der Geselle durch das s. g. Umschau» holen. AIS die Zunstläden noch wohlgefüllt, die Innungen reich an Kapitalien und Liegenschaften waren, ward für den Wandernden besser gesorgt. Seit­dem aber das Geld aus der alten Lade ver- verschwunden, die schweren Silberhumpen und Kostbarkeiten der Herberge zufammengeschmolzen, und von all der mittelalterlichen Herrlichkeit nur noch hie und da einzelne Andenken als historische Raritäten übrig geblieben sind, ist die Wanderschaft viel ernster und sorgenschwerer geworden. Wie bedeutend der Strom wandern­der Gesellen, mag man daraus abnehmen, daß z. B. durch Frankfurt am Main von einem der kleineren Handwerke, der Buchbinderei, jährlich 7 800 Duchbindergesellen ihren Weg neh­men. Die Zahl der hier durchwandernden Schneider beträgt vielleicht 3 4mal so viel, die aller andern Gewerke im Verhältnisse.

(Fortsezung folgt.)

Redaktion, Druck und Verlag der Meeh'.schen Buchdruckerei in Neuenbürg.