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Braunschweig, 10. August. Gestern starben hier 58 Me «scheu an der Cholera; die größte bis jezt im Laufe eines Tages vorge­kommene Zahl. Das Komire zur Hilfeleistung sorgt, wo es nöthig ist, für ärztliche Hülfe, für den Transport in die Krankenhäuser und schnelle Fortschaffung der Leichen. Der Genuß von Gurkensalat, Obst und andern schädlichen Nah­rungsmitteln wird häufig als Ursache der Er­krankung nachgewiesen. Eine Mutter erlaubte gegen das Verbot des Vaters den Kindern den Genuß von Stachelbeeren. In der folgenden Nacht erlagen sie der Cholera.

Ausland.

Amerika.

Brand- und andere Unglücksfälle mehren sich in großartigem Maßstabe. Wie kürzlich Philadelphia und a. O., so ist nun auch San- Franzisko mit einer Feucrsbrunst heimgesucht worden, deren Schaden sich auf 3 Millionen Dollars beläuft.

Wanderkassen.

(Aus dem "Vereinsblatt für deutsche Arbeit.")

Zu den Verhältnissen, welche am meisten ausgebeutet werden, um gefühltes Mißbehagen zu begründen, oder Unzufriedenheit zu erzeugen, gehört bas Verhältniß des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber. Man hat den natürlichen Gegen- saz zwischen beiden wegzuläugnen und aufzuhe­ben gesucht, Nehmen wie Geben in der einseitig­sten Bedeutung des Worts auffassend, vergessen, daß auf materiellem Gebiete dieselbe Wechsel­wirkung, welche auf geistigem Felde den Fort­schritt bedingt, zum Wesen der menschlichen Gesellschaft gehört. Wie das befruchtende Aus­strömen und Empfangen des geistigen Lebens sich im Lehren und Lernen offenbart, so hat sich zur Erzeugung ökonomischer Güter, zur Ent­wicklung des Wohlstands der Einzelnen, wie der Nationen auch jenes vielfach mißverstandene Wechselverbältniß zwischen Kapital und Arbeit, zwischen Arbeitgeben und Arbeimehmen heraus- gebildet. Dies dienstliche Verhältniß, das früher von Seiten der Freien aus Kosten der Leibei­genen aufrecht erhalten wurde, ist von staatli­chen und gesellschaftlichen Umwandlungen nicht unberührt geblieben. Die Gesezgebung hat dem Arbeitnehmer das Haupthindernis aus dem Wege zur socialen Selbstständigkeit fortgeräumt, sie hat ihn entknechtet, und die Gesellschaft sucht die socialen Schwierigkeiten, mit denen der Arbeitnehmer zu kämpfen hat, durch Hülfen mannigfacher Art zu beseitigen.

Man darf wohl behaupten, daß die man­nigfaltigen in unfern Tagen zur Hebung der arbeitenden Klaffen, aufgebotenen Mittel am meisten dem Land- und Fabrikarbeiter, besonders

dem Leztern zu gut kommen. Der große Grund« besiz und das große Gewerbe haben beide viel gethan, um die Noch in ihrer Nähe und auf ihrem Gebiete zu lindern. Fast jede größere Fabrik thut etwas für ihre Arbeiter, um ihnen die Sparsamkeit leichter zu machen, in alten Tagen, Krankbeits- und Sterbfällen, Hülfe und Schuz zu gewähren. Die große Industrie kann namentlich da, wo die Arbeit selbst sich des nöthigen Schuzes erfreut und in kräftiger Ent­wicklung begriffen ist, die Verbesserung des Loo­ses der Arbeiter befördern und verbessert sie nicht bloß, weil es die Humanität so eingibt, sondern weil der unterstüzte, selbstständigere, zu kleinem Besiz gelangte Arbeiter auch der ver­ständigere, gewissenhaftere ist oder zu werden pflegt.

Ganz anders verhält es sich mit dem Ge­werbe, das, von seiner weltgeschichtlichen Höhe durch die industrielle Revolution herabgestürzt, jezt gegenüber der riesigen mit ungeheuren Ma­schinenkräften und andern Kapitalien arbeiten­den Industrie, das kleine heißt, nicht weil es an und für sich unbedeutend ist, sondern weil es im Vergleich mit der mächtigen Mitbewer­berin auf dem großen Markte verschwindet.

Dieses kleine Gewerbe hat seiner Zeit ein groß Stück Geschichte gemacht, und es ist in ihm der Gedanke an seine große historische Ver­gangenheit noch immer lebendig. Dies kleine Gewerbe gleicht jenen Ruinen, bei deren Anblick man um so ernster und länger verweilt, als man ihre Geschichte kennt, jenen Ruinen, von denen jeder neue Sturm eine Mauer, ein mor­sches Bruchstück nach dem andern abreißt, bis von dem einst so stolz und kühn dastehenden Gebäude vielleicht kaum noch die Spur da seyn wird. Wie jene losgebröckelten Steine, aus dem alten Gefüge gelöst, ächzend Herabrollen, so ist auch in diesem Kampf ein Klagelaut ver­nehmbar, gegen den nur harte Ohren taub seyn können. Und wie dort beim Einsturz der alten Größe, so ist auch hier bei dem Uebergangs- zustande, in welchem sich das kleine Gewerbe befindet, Vorsicht nöthig, um drohende Gefahren zu vermeiden. Wir stehen hier an einem je­ner Knotenpunkte, die in der Kulturenentwick­lung niemals ganz ohne begleitende Gefahren erscheinen.

(Fortsezung folgt.)

Miszellen.

Der Schiffsjunge.

(Schluß.)

Kurhafcn war nämlich erreicht und nach einem kleinen Revierjammer brachte der Lootse den Kauffah- rer auf die See, verließ dann das Schiff und der Capitain übernahm jezt das Kommando.