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Um jene Zeit kehrte der junge Midshipman von einer längern Fahrt zurück. Er war von vornehmer Familie, ein wackerer Seemann und hatte ein gutes Herz; aber er hatte auch die Unbedachtsamkeit eines Seemanns, die Sorglosigkeit für den morgenden Tag. Kaum am Lande, flog er zu Jenny, wurde der Vertraute ihres Kummers, und wäre cs ihm möglich gewesen, mit Freuden hätte er sie zur reichsten und glücklichsten Frau des Landes gemacht. Doch das konnte er nicht. Er war noch jung, war von einem stolzen Verwand­ten abhängig, bedurfte die Unterstüzung des reichen Mannes, um im Dienste vorwärts zu kommen. Oft und weit wandelten die Liebenden und sprachen von ihren Hoffnungen und Besorgnissen. Kluge Leute tadelten Jenny, übelwollende machten gehässige Be­merkungen. Sie aber liebteM innig, empfand im Voraus den Schmerz der nalM^en Trennung zu sehr, um Warnung oder Tadel So kam das

Scheiden. Jenny blickte dem Schiffe nach, bis seine schlanken Maste hinter den Wellen verschwanden, und ihre bleichen Wangen und ihre ausgeweintcn Augen bezeugten die Gefühle, mit denen sie dem Schiffe nach­geblickt. Zwei Monate später berichteten die Zeitun­gen, das Schiff habe in einer stürmischen Nacht ein zu­fälliges Licht für ein freundliches Signal gehalten, sey nach dem Ufer gesteuert und gestrandet. Alle, die dar­auf, waren untergegangen, mit einem von ihnen Jen­nys lezte Hoffnung.

Der Schmerz tödtet nicht Plözlich. Den stärksten Mann drückt er zu Boden und beugt ihm den Rücken; aber er tödtet ihn nicht. Stolz, Muth, Liebe, Freude alle Leidenschaften tödten schneller als der Schmerz; dieser verzehrt langsam seine Opfer. Sie fallen nicht wie der Baum im Walde unter der Art des Holz­schlägers; fie verkümmern wie der Baum, dem im Frühlinge die Rinde abgeschält wurde und der noch bis in den Herbst lebt. Auch Jenny tödcte der Schmerz nicht; auch sie hatte den Fluch zu tragen, der alle Kin­der des Schmerzes trifft. Ein tiefer Seufzer, ein tod- tenähnliches Erstarren, ein Aufschrei zum Himmel um Barmherzigkeit für die Seele des Geliebten mehr erfuhr die Welt von ihrem Schmerze nicht. Ihr Vater starb, und ohne Thräne legte sie ihn in den Sarg. Manche meinten, sie freue sich seines Todes. Ihre Schule sezte sie fort, so weit sie es vermochte. Knaben und Mädchen ertheilte sie täglich Unterricht in ihrer klei­nen Stube in der schmuzigsten Gasse von Lyme, und diese kleine Stube war ihre einzige, ihre Wohnstube, ihre Schulstube, ihre Schlafstube. Ihr Herz war nicht, konnte nicht bei ihrer Beschäftigung seyn- Aber sie bc- ^ saß kein anderes Mittel, dem Hungertode zu entgehen, und Hunger thut wehe, denn Hungertod ist ein schwe­rer Tod.

Das Hauptgeräthe in Jennys kleiner, dürftig möb- lirter Stube war eine alte Truhe. Ein großes ver­rostetes Schloß hing davor, mit starken Eisenbändern war sie beschlagen, und die unverständlichen Malereien darauf erregten die Neugier und Furcht eines jeden Knaben und Mädchens, die in die Schule kamen. Was diesen Eindruck noch vermehrte, war die besondere

Ehrsucht, welche die Lehrerin vor der Truhe hegte. Nie stack der Schlüssel im verrosteten Schlosse; doch die Augen der Lehrerin waren stets dem Winkel zuge- wendct, wo die Truhe stand; sie übte auf ihre Blicke die Zauberkraft des Basilisken. Und geschah es, daß ein unvorsichtiges Mädchen, ein unvorsichtiger Knabe die Truhe auch nur mit einer Fingerspize berührte, so verwies sie es in einem Tone, der den Kindern das Blut erstarren machte. Daß sie selbst den Inhalt be­augenscheinigte, wurde eines Tags auf eine Weise kund, dre manches Geheimniß verräth. Ein krauskö­pfiger Junge, der vor der Schulstunde in's Haus ge­schlüpft war, erlaubte sich durch eine Klinze der Thüre zu lugen und erblickte die strenge Lehrerin und die ge­öffnete Truhe, und durfte seinen Worten geglaubt wer­den, so knieete Jenny vor der Truhe und betete und weinte. Ein kleines Geräusch, das er unwillkührlich machte, störte sie. Hastig schlug sie den Deckel zu und stürzte vor die Thür, den Späher zu entdecken. Es gelang ihm, sich zu verkriechen. An demselben Tage ließ Jenny die Thür sorgfältig ausbeffern.

(Schluß folgt.)

In Danzig trafen zwei Perser ein, welche das Christenthum, zu welchem sie bekehrt worden, selbst als Missionäre verbreiten.

Meister Jsenhofer's Reimsprüche. Sind Geldbeutel nicht Gözen mehr,

Stch'n Klöster und Burgen leer,

Sind die Dörfer den Städten gleich: Kömmt auf Erden das Himmelreich.

Geographische Näthsel für Schüler.

1.

Welcher bayerische Stadtname entsteht, wenn ich einen Theil des menschlichen Körpers, in Weffenfall ge- sezt, mit einem befestigten Orte verbinde?

2 .

Einsilbig. Mit C eine Stadt, mit T ein Fluß in der Schweiz.

Calw, den 13. Juli 1850. Fruchtpreise, Vrod- und Fleischtare.

Kernen (alter) fl. kr. fl. kr. fl. kr.

- (neuer) 10 fl. 24 kr. 10 fl. 10 kr. 9 fl. 48 kr.

Dinkel (alter) - fl. - kr. - fl. - kr. - fl. - kr.

- (neuer) 4 fl. 20 kr. 4 fl. 12 kr. 4 fl. - kr.

Haber (alter) - fl. - kr. - fl. - kr. - fl. kr.

! - (neuer) 4 fl. 18 kr. 4 fl. 15 kr. 4 fl. 12 kr.

Roggen d. Sri. fl. 54 kr. fl. 52 kr.

Gerste fl. 50 kr. - fl. kr.

Bohnen » - fl. 56 kr. - fl. 52 kr.

Wicken - fl. 40 kr. - fl. - kr.

Linsen ,, 1 fl. 4 kr. - fl. - kr.

Erbsen 1 fl. 20 kr. - fl. - kr.

Brod. 4 Pfund Kernenbrod 8 kr. 4 Pfund schwarzes Brod 6 kr. 1 Kreuzerweck muß wägen 10 Loth. Fleisch, per Pfund. Ochsenfleisch 9 kr., Rindfleisch 7 kr., Kuhfleisch kr. Kalbfleisch 6 kr. Hammel­fleisch 5 kr., Schweinefleisch, unabgezogen 8 kr., ab­gezogen 7 kr.

Redaktion, Druck und Verlag der M e e h'scheu Buchdruckerei in Neuenbürg.