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Mrsnik.

Deutschland.

Auszug Protokolls der 26 . Sizung der Bundes - Versammlung

vom 30. März 1848.

Zu beschleunigter Entwerfung der Grund­lagen einer neuen Bundesverfassung hat die Bundesversammlung mit einleitenden Arbeiten zu diesem Zwecke unter Zuziehung von Männern des öffentlichen Vertrauens bereits begonnen.

Zu weiterer Förderung dieser wichtigen Angelegenheit beschließt dieselbe, die Bundes­regierungen aufzufordern, in ihren sämmtlichen dem deutschen Staatensystem angehörigen Pro­vinzen auf verfassungsmäßig bestehendem, oder sofort einzuführendem Wege, Wahlen von Na­tionalvertretern anzuordnen, welche am Size der Bundesversammlung an einem schleunigst festzustellenden, möglichst kurzen Termine zusam­menzutreten haben, um zwischen den Regierungen und dem Volk das deutsche Verfaffungswerk zu Stande zu bringen.

Da der Drang der Umstände die einstweilige Annahme eines bestimmten Maßstabs der Be­völkerung, nach welchem die gedachten Volks­vertreter in jedem Bundesstaate zu erwählen sind, erforderlich macht, so erscheint es zweck­mäßig, in Bezug auf die bisherigen Bestand- theile des Bundes Las bestehende Bundes-Ma- trikular-Verhältniß dabei zum Grunde zu legen und die Aufforderung dabin zu richten, daß auf 70,000 Seelen der Bevölkerung jedes Bundes­staats e i n Vertreter zu wählen, auch den- nigen Staaten, deren Bevölkerung nicht 70,000 Seelen beträgt, die Wahl eines Vertreters zu­zugestehen. (.Franks. I.)

Am 30. und 31. März trat bekanntlich in Frankfurt eine Versammlung von deutschen Män­nern, hauptsächlich aus den Deputaten verschiede­ner deutscher Volkskammern zusammen, um eine private Vorberathung über die dem deutschen Ge­summt-Vaterlande zu gebende neue Verfassung, über die Einführung des deutschen Parlaments zu halten. Die Ansichten und Beschlüsse dieser Ver­sammlung werden ohne Zweifel von dem größten Einflüsse auf die Bildung des Parlaments scyn, sowohl wegen des Vertrauens, das diese Männer genießen, als wegen ihres Einflusses in den Stän- dekammern.

Da die Verhandlungen bereits ausführlich bekannt sind, so theilen wir nur das Hauptsächlichste daraus mit; beginnen aber dagegen in der Beilage zum heutigen Blatte mit einer aus der Didaskalia entnommenen mehr festlichen Beschreibung jener Tage für unsere Leser.

In der Vorberathung am 30. März kämpften vorzüglich zwei Ansichtengegen einander: 1) die eine für die augenblickliche Einführung der deut­schen Republik. Ihr schärfster Repräsentant war Struv e. Sie verwarf nicht blos die Mitstimmung

des jezigen Bundestages bei jenem Anträge, son­dern auch das Vertrauen aufdie Siebnercommis- sion (Willich, Römer, Welker, Sted- mann, Binding, v. Gagern, Hergen­hahn) und darum deren Competenz; es schienen sogar drohende Warnungen vor materieller Ein­wirkung der Republikaner durchzuklingen. 2) die zweite Ansicht wollte für jezt die republikani­sche oder völlig constitutionelle Monarchie. Sie protestirte gewichtig gegen jeden Terrorismus und vorzüglich gegen die Anmaßung der im Südwesten Deutschlands am zahlreichsten und lautesten vertretenen Republik, welche den Mil­lionen des mittleren und nördlichen Deutschlands eine denselben noch nicht zusagende Skaatsform aufdringen wolle. Diese Ansicht gewann sichtbar und hörbar das Uebergewicht.

In der Sizung am 1. April wurden folgende Anträge angenommen: Der Wahlmodus wird den einzelnen Staaten überlassen, jedoch unter Beachtung folgender Principien: 1) Jeder voll­jährige Staatsbürger jedes deutschen Staats ist Wähler und wählbar ohne Rücksicht auf Religion, Stand, Vermögen. 2) Der An­trag auf d ir ect e Wahl wurde verworfen. Hier­über wird namentliche Abstimmung verlangt und es ergeben sich 3 l7 Nein und 194 Ja. 3) Mit Stimmen wird festgeiezt, daß der Dcputirte, ohne Rücksicht auf den besonderen Staat, dem sie angebören, aus dem gesummten deutschen Vaterlande gewählt werden könne. 4) Auch die politischen Flüchtlinge sollen Wähler und wählbar seyn. 5) Frankfurt wird mit Acclamation als Siz für die constituirendc Versammlung erklärt. 6) Einstimmig wird beschlossen, daß vom näch­sten Montag (3. April) nach 4 Wochen die con- stituirende Versammlung zusammenberufen seyn müsse. Die Frage über die Permanenzerklärung der gegenwärtigen Versammlung bis zum Zu­sammentritt der Constituante ruft eine sehr leb­hafte Debatte hervor. Die unbedingte Perma­nenzerklärung wurde bei namentlicher Abstim­mung mit 368 Stimmen gegen 143 verworfen, dagegen ein Antrag Gagerns, einen perma­nenten Ausschuß von 50 Mitgliedern aus der Versammlung zu erwählen, welcher der Bun­desbehörde rathend zur Seite stehen solle, bis die constit. Nationalversammlung beisammen ist, und der die gegenwärtige Versammlung sofort wieder berufen solle, wenn die Noch dies for­dere, wird fast einstimmig angenommen.

Der Allmächtige aber im Himmel, der die Geschike der Völker in seiner Hand hält, von dem der Geist stammt, welcher jezt Leben schaf­fend über die Erde hinzicht, er wolle geben, daß die großen Tage, welche jezt angebrochen sind, für alle Zukunft ein Segen des Vaterlan­des werden mögen.

(Fortsezung in der Beilage.)