Lehrlings Gesuch.

In eine Condüorci in Pforzheim wird ein junger Mensch von guter Erziehung und den nöthigen Vorkenntnissen in die Lehre gesucht; wo, sagt

die Redakrton.

Mliszellen.

Des Pfarrers Fürbitte.

Eine Begebenheit aus dem Befreiungskriege.

(Fortsezung.)

Ein Tag war verflossen; in allen Häusern waren die Einwohner beschäftigt, die Spuren der Zerstörung, die die Feinde hinterlaffen, so gut als möglich zu ver­tilgen. Im Hause Pierre's, so hieß der arme Familien- Vater war die fleißige Hausmutter bemüht, die zer­brochenen Scheiben einstweilen mit Papier zu verkleben, bis ihre Casse soweit gefüllt wäre, um dem Glaser, der ohne Bezahlung keine Dienste leisten wollte, ihre Restauration übertragen zu können. Dann las fle die Scherben der zerbrochenen Trinkgläser zusammen, einen Seufzer unterdrückend, wenn fle auf ihren Mann blickte, der in stummem Grimm auf die Zerstörung hinsah. Eines der Kinder wollte der Mutter hilfreiche Hand leisten, da schnitt es fich an den Glasscherben und fing an zu weinen. Dies erweckte den Mann aus seiner dumpfen Betäubung uud er stieß einige heftige Ver­wünschungen gegen die Deutschen aus. Erschrocken hatte seine Frau diese Aeußerung seiner aufgeregten Gefühle angehört und suchte ihn nun zu besänftigen. »Es wird doch auch wieder Friede werden, dann kön­nen wir uns wieder erholen. Man sagt, die Bour- bone sollen den Thron wieder erhalten; das ist ein friedliebendes Geschlecht. Vielleicht erholt flch dann der arme Landmann wieder.» Während sie dies sagte, erheiterten flch wirklich ihre Mienen, als ergözte sie fich schon in der Hoffnung besserer Zeiten. Nicht so der Mann. Finster erwiederte er: »Weib, das ver­stehst du nicht! Nimmer wird Frankreich die Schmach vergessen, die uns jezt befleckt. Vor Kurzem noch herrschten unsere Armeen in ganz Europa und jezt unterjochen diese Deutschen die große Nation!» Hie- mit wandte er sich und gieng zum Haus hinaus, um bei gleichgesinnten Nachbarn seinen Grimm leichter zu reden. Ehe er aus der Thüre war, rief ihm einer derselben herüber: »Weißt du was Neues, Pierre? Morgen werden wir wieder Einquartierung bekommen. Das Hauptcorps der deutschen Armee rückt heran und wird gegen Abend cintreffen.» »Weißt du dies gewiß? Wie stark sind sie?» frug Pierre hastig. »Nun, sie müssen stark genug seyn, auch soll ihr Feldherr, der Prinz, der die Schlacht bei Brienne gewann, dabei sehn.»

Pierre entfernte sich und ging hinauf in das Haus des wohlhabenden Henri, Louisons Gatten, in seinen Mienen lag ein finsterer Plan verschlossen.

Er trat in die Stube und grüßte Henri, »Was Gutes, Pierre? doch was könnte in dieser Zeit noch

Gutes kommen!» redete ihn Henri düster an. »Doch, was Gutes, wenn Ihr wollt!» erwiederte Pierre mit seltsamem Lächeln, und sezte nach einer Pause hinzu:» »Nachbar, ich hätte mit Euch zu reden!» »Laß uns al­lein, Louison,» sagte der Mann, und die Frau ge­horchte schweigend. »Nachbar Henri, Ihr haßt die Deut­schen, wenn ich mich nicht sehr in Euch irre!» frug Pierre forschend. »Ob ich sie hasse? Nachbar?» rief dieser mit düster funkelndem Blick; »mein Leben gäb' ich, wenn ich mich an ihnen rächen könnte!

»Henri, Ihr seyd ein Mann, ein Franzose!» rief freudig Pierre; »nun, so hört! Morgen kommt die Hauptarmee dieserDeutschen; derPrinz, derbeiBrienne siegte, führt sie an; die Straße führt an dem Wald vorüber; wenn Ihr, Henri, wenn etwa hundert wackere Männer dächten wie ich', so sollten die Deutschen das Quartier theuer bezahlen.» Henri schaute den Sprecher stumm an, die Lippen zusammengebissen, die Augen flammend. Pierre fuhr fort: »wir hätten einen sichern Standpunkt; sie sind hier unbekannt; wer weiß, was ein solcher unvermutheter Ueberfall wirkt! Sie sehen sich angegriffen, fle glauben, eine Armee im Hinterhalte zu finden; sie ziehen sich eilig zurück, und

»Und wenn es mißlingt, so haben wir uns gerächt!» unterbrach ihn Henri, seine Hände gewaltsam drückend; »Pierre, ich bin dabei; werbt Ihr Lente; ich will Ge­wehre und Ladung herbeischaffen!" Die Männer sahen sich eine Weile schweigend an; jener verstand den an­dern; dann stand Pierre auf, schickte sich zum Weiter­gehen mit den Worten: »Um Mittag im Vorholz I» und entfernte sich. Henri, nachdem er den Scheidenden bis zur Hansthüre begleitet hatte, sezte sich wieder in die Wohnstube hin. Sein Weib, die den Besuch hatte sich entfernen hören, kam nun auch wieder in die Stube; schüchtern blickte sie den Mann an, der in düsteres Nachdenken versunken war. »Henri, du brütest über einem unheimlichen Entschluß!» rief sie erschrocken. Ihr Mann antwortete nicht, sondern blickte sie ernst an, stand auf und maß die Stube mit starken, dröhnenden Schritten. Pierre war indcß weiter gegangen und kam in das nebenstehende Haus. Hier wohnte ein altes Paar; ein Invalide von des Kaisers alter Garde, der mit über die Alpen gestiegen war, an den Pyramiden Egyp­tens, bei Austerliz, Jena und Auerstädt gekämpft hatte und bei Friedland gestanden, vor dem russischen Feld­zug aber als Invalide verabschiedet worden und nun mit keinerlei Andenken an die rühm- und blutvollen Züge als einem rothen Band im Knopfloch und einem hölzernen Fuß zurückgekommen war, der aber nach langer Trennung vom heimathlichen Dorfe sein Weib noch am Leben und seinen Sohn, den er als Kind ver­lassen, zum Jüngling herangewachsen gefunden hatte. Hier dachte Pierre jedenfalls Anklang zu finden, da er die Gesinnung des alten Soldaten kannte.

Er traf, wie er erwartet hatte, den Invaliden, wie er in glühendem Unwillen über die Siege der Deutschen, die er bisher für viel zu schwache Feinde, als daß sie es wagen könnten, gegen das mächtige Kaiserreich fich aufzulehnen, gehalten, seiner kleinen Familie die oft gehörten glänzenden Siege Napoleons,