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II. Welche von den in neuester Zeit beim Kartoffelbau gemachten Erfahrungen sind gegenwärtig besonders beachtenswerth?
Indem ich den Abthcilungen folge, die in meiner im vorigen Jahre geschriebenen Anleitung zum Kartoffelbau gemacht sind, beschränke ich mich gegenwärtig darauf, blos das Allerwichtigste und das neu in Erfahrung gebrachte hervorzuheben.
1) Boden.
Auch im vorigen Jahre hat sich wieder vielfach bestätigt und so auch in Hohenheim, daß auf schwerem oder tief und naß gelegenem Lande, überhaupt auf den tieferen Stellen der Felder die Kartoffeln häufig zuerst von der Krankheit ergriffen wurden und am stärksten daran litten. Man vermeide darum, so weit es thunlich, solchen Boden für Kartoffeln, und wo es nicht zu umgehen ist, ihn zu wählen, suche man durch gute Entwässerung und tiefe und fleißige Bearbeitung den nachtheiligen Einflüssen des weniger günstigen Bodens nach Möglichkeit zu begegnen.
Bearbeitung des Landes.
In dem zulezt Gesagten ist die Wichtigkeit einer tiefen und guten Vorbereitung des Ackers bereits hervorgehoben. Es kann besonders bei etwas schwerem und nassem Lande nicht genug empfohlen werden, hierin das Möglichste zu thun und durch Furchen und Gräben zugleich für gehörige Ableitung der Nässe zu sorgen. Es ist ganz gewiß anzunehmen, daß durch größere Sorgfalt in diesen Stücken der Kartoffelertrag vermehrt und das Risiko in Bezug auf Verlust durch die Krankheit vermindert wird. Im Kleinen kann man die gute Lockerung durch tiefes Spaten geben; im Größeren ist ausser fleissigem Ackern und Eggen die Anwendung des Untergrundpflugs besonders rathsam. Diese kann theils vor Winter, theils unmittelbar bei dem Legen der Kartoffeln in der Furche, worauf gelegt werden >oll, eintreten.
(Fortsezung folgt.)
Die Topinambur als Ersaz der BiehKartoffeln.
(Aus dem Hohenheimer Wochenblatt.)
Da die Besorgniß, die Kartoffelkrankheit möchte auch in diesem Jahre wiederkehren, nicht ungegründet ist, so dürste es am Plazseyn, auf eine
die Kartoffel in gewisser Beziehung ersezend Pflanze aufmerksam zu machen. Wenn bis fezt für die Kartoffel, als Nahrung für die Menschen, ein Ersazmittel nicht aufgefunden wurde, so steht uns dagegen für die Kartoffel als Futtermittel für das Vieh in der Topinambur eine dieselbe beinahe vollständig erlezende Pflanze zu Gebot. Sie ist zwar nicht ganz so nahrhaft, wie die Kartoffel; dagegen ist sie im Ertrag ungleich sicherer und auch in den der Kartoffel minder günstigen trockenen Jahrgängen sehr ergiebig. Man erntete in Hohenheim im Durchschnitte der lezten zehn Jahre 350 Simri per Morgen. In den heißen trockenen Jahren 1834 und 1842, in welchen die Kartoffel so sehr zurückschlug, war der Ertrag der Topinambur nicht geringer, als in andern, ja sogar größer. Man erntete hier auf dem Morgen im Jahr 1834 400 Sri. und im Jahr 1842 354 Sri. Ebenso scheint die Wärme des Jahrgangs 1846 ganz besonders günstig auf ihren Ertrag eingewirkt zu haben, indem die Pflanzen zum Blühen kamen, was seit 1834 auf den Fildern nicht mehr der Fall war, und Stengel von 10 bis 11 Fuß Länge trieben. Wird der Futterwerth der eine große Masse sehr schäzbaren Futters liefernden Blätter und Stengel, von welchen 150 Pfund so viel Werth haben als 100 Pfund gutes Wiesenheu, noch in Berechnung genommen, so stehen sie den Kartoffeln im Ertrag wenigstens nicht nach. Ueberdieß hat man die Beobachtung gemacht, daß die Topinambur bei Kühen, auch in großer Menge gefüttert, nicht diejenigen Nach- theile hervorbringt, die man bei stärkerer Fütterung der Kühe mit rohen Kartoffeln bemerkt.
Um für den Fall der Wiederkehr der Kartoffelkrankheit in Betreff der zur Viehfütterung bestimmten Wurzelgewächse sicher zu gehen, wurde im lezten Frühjahr in Hohenheim eine Fläche von 5 Morgen mit Topinambur angelegt, die nach den im Herbst ausgenommenen Proben eine sehr ergiebige Erndte zu gewähren verspricht. Ueber ihren Anbau sind in diesen Blättern in den Jahrgängen 1835 Nro. 3. 7, 1837 Nro. 26. 44 und leztmals 1846 Nro. 24 genaue Aufschlüsse gegeben.
Sollten VereinsMitglieder zur Anpflanzung Knollen wünschen, so werde ich solche ihnen gerne verschaffen.
v. Moltke.