Beilage

zum

Amts- und JntelligenzBlatt für den OberamtsBezirk Neuenbürg

Nro. 22. den 17. Marz 18L7

Ueber die Fortdauer

der

Kartoffelkrankheit

und die

in Bezug auf den Anbau der Kartoffel in gegenwärtiger Zeit zu ergreifenden Maßregeln.

Von Direktor v. Pabst in Hohenheim.

Als ich vor einein Jahre im Aufträge der K. Centralstelle des landwirthschaftlichen Ver­eins meine Anleitung zum Kartvffelbau schrieb, bemerkte ich in der Einleitung, daß es mir unmöglich scheine, über die Fortdauer der im Jahr 1845 aufgetretenen Kartoffelkrankheit im Voraus bestimmt zu urtheilen, daß wir jedoch auf ein Wiedcrerscheinen jder Krankheit im Jahr 1846 gefaßt seyn müßten, wenn auch ein für das Gedeihen der Kartoffel recht günstiger Jahr­gang möglicherweise von dem Nebel befreit blei­ben könne.

Die letztere, freilich schon damals als eine durchaus unsichere bezeichncte Hoffnung ist nicht rn Erfüllung gegangen. Es hat vielmehr die neue Kartoffelkrankheit im Jahr 1846 eine noch allgemeinere Ausbreitung erlangt, sowohl bei uns als in vielen andern deutschen und nicht­deutschen Ländern. Es ist aber auch der Jahr­gang 1846 für das Gedeihen der Kartoffel ein sehr schlechter gewesen, was schon daraus her­vorgeht, daß der Kartoffelertrag auch da, wo die Kartoffeln an der Krankheit nur wenig lit­ten, meistens nur ein geringer war. In ganz Württemberg z. B. hat man, im Durschnitt und die durch die Krankheit ganz verdorbenen Kar­toffeln in Abrechnung gebracht, höchstens eine balbe Mittelcrndte gewonnen. Welche traurige Folgen dieser geringe Kartoffelertrag, im Zu­sammentreffen mit einer abermals unter dem Mitte! gebliebenen Getreideernte, gehabt hat, dieß steht uns jeden Tag vor Augen und bedarf wahrlich keiner näheren Auseinandersetzung. Das aber thut jetzt noch, daß auf der einen Seite der Landmann den Much nicht verliere, der Kul­tur jenes Gewächses, dessen Wichtigkeit jetzt erst recht an den Tag tritt, eine doppelte Aufmerk­samkeit zu schenken, daß er aber auch gleichzei­tig auf den ausgedehnteren Anbau solcher Ge­wächse mehr Bedacht nehme, welche die Kartof­feln wenigstens theilweise zu ersetzen geeignet sind und die Nachtheile eines abermaligen Aus­falls in dem Ertrage der letzteren minder fühl­bar machen. In dieser Lage soll darum Jeder

das Seine durch Rath und That dazu beitra­gen, den Muth zu erhalten und die Thatkraft anzueifern, damit Alles geschehe, was möglich ist, daß nicht noch größerer Nothstand über uns komme.

Muß ich nun auch das Bekenntniß yoraus- schicken, daß ich so wenig als vor einem Jahre ein zuverlässiges Mittel anzifgeben weiß, der leidigen Kartoffelkrankheit mit Sicherheit vorzu­beugen, so belebt mich demunerachtet die Hoff­nung , daß die nachstehenden Darlegungen einige Beachtung finden und dann auch einigen Nutzen gewähren dürften. In dieser Absicht werde ich mich hauptsächlich darüber aussprechen, ob und wie weit es rathsam sey, den Kartoffelbau ein- zuschränkcn und andere Gewächse an dessen Stelle zu wählen; welche neueren Erfahrungen mir als beachtenswerth erschienen sind, um sie bei der Kartoffelkultur zu benützen, in der Absicht, diese aufs Zweckmäßigste zu betreiben und damit einen befriedigenden Ertrag möglichst zu sichern, endlich durch welche Mittel an Saatgut, bei dem notorischen Mangel an solchem, am ehesten gespart werden kann, ohne den Ertrag wesent­lich zu gefährden.

I. Ist es rathsam, den Kartoffelbau gegen bisher einzuschränken und welche Gewächse sind an dessen Stelle zu em­pfehlen?

Indem ich eine Ansicht über diese wichtige Frage auszusprechen im Begriffe stehe, fasse ich die mir bekannt gewordenen Wahrnehmungen über die Verbreitung und Dauer der Kartoffel­krankheit in Folgendem zusammen.

Eine nicht geringe Zahl von veröffentlichten Mittheilungcn berechtigt zu der Annahme, daß, wenn auch nicht ganz dieselben, doch ähnliche Krankheitserscheinungen ber den Kartoffeln auch schon früher als 1845 vorgekommcn sind. Ich erinnere mich genau, schon vor Jahren in einem sächsischen gemeinnützigen Blatte aus den 1780er Jahren gelesen zu haben, daß damkls im Erz­gebirge eine ähnlich beschriebene Krankheit große Verheerungen anrichtete, so daß auch zu jener