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Neuenbürg.

Das Heu-und Oehmdgras von 1 Morgen Wiesen verkauft

Carl Roth.

Mi szellen.

Des Vaters letzter Wille.

In Hamburg gab es noch während der ersten Hälfte des Jahres 1842, nicht weit von der St. Nikolaikirche entfernt, eine enge düstere Straße, deren schmale hohe Giebelhäuser sich gegenseitig Lust und Sonne raubten und unter denen ein einziges großes Gebäude, mit neuem Anstrich und Hellen Spiegelfcnfiern, wie ein jun­ger Fürst im dichten Volksgedränge erschien. Das Haus war vor etwa vierzig Jahren von einem reich gewordenen Lumpenhändler Namens Druse erbaut, der arm in dieser Straße sein Leben begonnen hatte und, nun reich, auch in derselben es beschließen wollte. Neben dem Hause führte ein enger hoher Tborwcg in einen viereckigen Hosraum, der von Gebäuden, den ärmlichsten in der Straße ähnlich, eingefaßt und größten- theils von Leuten bewohnt ward, welche keine hohen Miethen bezahlen konnten. Der düstere Raum gehörte zu dem großen Hause, ward Druscnhvf genannt und auf ihm befand sich auch der Speicher.

Dicht neben diesem stand ein Haus, welches die Nordseite und daher noch weniger Lust und Sonne als die übrigen Gebäude hatte. In ihm war Herr Druse zum Dasein erwacht und dies dunkle Haus, mit den niedrigen und feuchten Zimmern, hatte er sich zum so­genannten Altentheil bestimmt.

Wenn Madame Druse nicht dagegen gewesen, würde ihr Ehegemahl, vielleicht schon im zweiten Jahre nach ihrem Einzüge in das neue Gebäude, dasselbe wieder verlassen und sein Altentheil bezogen haben; denn ihm war die Lust in den hohen Zimmern mit der Morgen­sonne zu rein, zu trocken, mit einem Wort nicht com- fortable. Evbefaß eine Art KellerrattenNatur, war mäßig in seinen Ansprüchen an das Leben, kalt, schadenfroh und liebte eigentlich nichts als Geld und ein klein we­nig seine Frau. Dies klcinwenig Liebe war mit etwas Furcht gepaart und der sonst so eigensinnige und feste Herr Druse stand ein wenig unter dem Pantoffelscepter seiner Gemahlin, einer nicht gebildeten, aber schlauen und lebenslustigen Frau, und da diese sich nun in den hohen Zimmern sehr wohl befand, so mußte Druse seine Sehnsucht nach dem Altentheil einstweilen unbefriedigt lassen.

Neben dem Speicher war ein etwa dreißig Schritt langes Staket, dessen schmale Gitterthüre in ein sehr kleines Gärtchen führte, in welchem auf kleinen Beeten einige Pflanzen, die allenfalls ohne Sonne und Luft gedeihen, ein kümmerliches Dasein lebten, und das mit einem weißlakirten Bänkchen versehen, Herrn Drusens Lieblingsaufenthalt nach vollbrachtem Tagesgeschäfte war; hierher führte er auch sein einziges Töchterchen, das in Allem sein Ebenbild war, mit sich und crthcilte ihr selbst

Unterricht im Rechnen, während seine heitere Frau Ge­sellschaften gab, die wegen der prachtvollen Einrichtung des Hauses und der erlesenen kostbaren Leckereien, so wie des ungezwungenen Tones halber, der dabei herrschte, so beliebt wurden, daß Madame Druse trotz der man­gelnden Bildung, bald für eine sehr liebenswürdige Wirthin galt.

Herr Druse besaß aber eine festere Gesundheit als seine Frau, denn bald nachdem dieselbe ihre Tochter an einen wackern Mann, Namens Sievers, verhei- rathet hatte, segnete sie das Zeitliche. Er überließ nun seinen Kindern das neue Haus und befriedigte die Sehn­sucht seines Herzens nach dem dumpfigen Altentheile.

Geld! Geld! und wieder Geld! war von nun an der alleinige Gegenstand aller Gedanken und Gespräche des alten Herrn, und er schüttelte oft unwillig und sor­genvoll das Haupt, als er bemerkte, daß seine Toch­ter, die ihren Mann leidenschaftlich liebte, seit ihrer Verheirathung ganz andere Grundsätze anzunchmen schien, als der Vater ihr für das ganze Leben eingcimpft zu haben glaubte.

Der Schwiegersohn liebte die schönen Künste und die Natur. Er führte seine junge Frau häufig an Orte, wo die ersten sich entfalteten und um die Sehnsucht nach der zweiten mehr befriedigen zu können, war der Ge­genstand seiner heißesten Wünsche ein Landhaus, das man wArend der schönen Jahreszeit bewohnen könnte.

Der Verlust dreier Kinder, die vielleicht deßhalb well sic weniger von der KellerrattenNatur des Groß­vaters, als der Adlernatur ihres Vaters geerbt hatten und deßhalb in der dumpfen Twiete nicht gedeihen konn­ten, gab ihm diesen, dem betrübten Mutterherzeu seiner Frau ebenfalls sehr einleuchtenden Grund zu diesem Wunsche ein. Allein Herr Druse, der täglich unzufrie­dener mit seinen Kindern ward und der noch immer im vollen Besitze des baaren Vermögens war, machte sehr ernstliche und sogar drohende Gegenvorstellungen gegen derlei hoffärtige Gedanken." Er wollte den Tod der Kinder eher den hohen zugichten Zimmern und Fenstern im neuen Hanse Schuld geben und führte seine eigne Kerngesnndheit, wie die seiner Tochter, welche ebenfalls im feuchten Altentheil die Jahre ihres Daseins verlebt hatte, als einen triftigen Gegengrund an.

Herr Sievers fand sich mit Betrübniß, seiner Frau innerlich grollend und schmollend mit dem starrsinnigen geizigen Vater in das Unabänderliche, und die Letztere sah sich genöthigt, vor wie nach das Kaffeetrinken in dem Gärtchen ihres Vaters für ein hohes Fest zu halten, wenn sie nicht all sein schönes Geld, wie er drohte, in andere Hände übergehen sehen wollte.

Spät noch schenkte der Himmel Madame Sievers die Hoffnung auf ein viertes Kind, und mit eigensinni­ger Tyrannei bestand ihr Vater darauf, daß sie im Altentheil ihre Niederkunft erwarte, sein Enkelkind hier die erste Lebenslust einathmen, um, wie er im prophe­tischen Geiste behauptete, dann sicher ihnen erhalten zu werden.

Herr Sievers, der durch einige unglückliche Speku­lationen gerade in diesem Augenblicke sehr der Hilfe