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Beinahe am Ende unsrer Straße, erzählte der Woll­kämmer, dem Posthause gegenüber, ist seit einigen Jah­ren eine Schenkwirthschaft entstanden. Hier wohnt Ni­klas D.. ., welchen man gewöhnlich auch »den blau­en R ei ter" nennt, weil er früher unter den Reitern des Obersten T. diente, welche gewöhnlich jenen Namen führen. Als er hier vor zwei Jahren Ln Garnison lag, machte er Bekanntschaft und gcrieth nachher in nähere Beziehung mit seiner jetzigen Frau, die damals als Magd bei Frau Andrecht diente, aus welchem Hause sie nachher auch heirathete. Sie hatte daselbst während sechs Jahren gedient und besaß das ganze Zutrauen ihrer Herrschaft, welcher sie auch, wenn ich mich nicht irre, ihre Etablirung zu danken hat, indem cs wohl be­kannt ist, daß, als sie D... heirathete. Beide »ich» so viel besaßen, um eine Schenkwirthschaft zu beginnen. Weil Frau Andrecht, wie man weiß, selten ihr Haus verläßt, so hatten die Liebenden wenig Gelegenheit, einander ungestört zu sprechen. Dies verhinderte jedoch nicht, daß Hanna so heißt Niklas Hausfrau des Abends, wenn ihre Herrschaft zu Bett gegangen war, ein Stündchen zu gewinnen wußte, um ihren Liebhaber an der Thür zu sprechen. Zuweilen wagten die jungen Leute einen Ausflug, ließen das Haus Haus sein und machten einen kleinen Abendspazicrgang. Auch fiel cS wohl zu Zeiten vor, wenn das Wetter zu schlecht war, um auf der Thürschwclle zu stehen, daß Hanna sich die Freiheit nahm, ihren Liebhaber ins Haus zu lassen. Als aber die alte Frau die Liebschaft ihrer Magd ge­wahrte, so ließ sie jeden Abend, bevor sic zu Bett gieug vorsichtig zuschliesen und nahm dann den Schlüssel der Hausthür zu sich. Nun konnten Hanna und ihr Geliebter Niklas des Abends nicht mehr zusammen kommen. Allein was geschah! An einem Abend, als ich noch spät an der Arbeit war, hörte ich, rauchte mir, Jemand mit Sporen an den Stiefeln über de» Hof hinter meinem Hause laufen. Ich gieug sogleich mit Licht vor meine Hinterthür llnd überraschte Niklas, der über meinen Zaun in den Garten der Frau Andrecht stieg. Ich wußte sogleich, was seine Absicht sei, und er ließ sich auch kei­neswegs durch diese Ucberraschuug stören, sondern er­zählte mir lachend, daß er hiugienge, um feinem Lieb­chen gute Nacht zu sagen. Dies war sicherlich das er­ste Mal nicht, daß er auf diese Weise seine Geliebte besuchte. Ich konnte leicht errathen. wie er auf meinen Hof gekommen war: er brauchte nur über een Steg zu gehen, der an der Ecke meines Hau es ist, bis an den Gartenzaun; diesen konnte er leicht übersteigen und so über meinen Hof in den Garten und dann in das Haus der Frau Andrecht gelangen. Ich that d eßmal, als ob ich nichts gesehen hätte; als aber dies Uebersteigen hie­raus mehrmals vorfiel und Niklas immer seinen Besuch wiederholte, da durfte ich nicht länger dazu schweigen. Ich redete ihn deshalb offen an. Freund, sagte ich, daß Ihr eure Liebste besucht, dagegen habe ich nichts.; allein ich will deshalb mit Frau Andrecht nicht in Un­gelegenheit gerathen, Ihr müßt das Ueberstcigen lassen, oder ich sage es Hanna's Herrschaft. Niklas stieg da­rauf nicht mehr über meinen Zaun, sondern fand einen

andern Weg auf, um in das Haus zu gelangen. Er wartete zu jener Zeit das Pferd seines Rittmeisters und schlief deshalb nicht mit den übrigen Reitern in der Kaserne, sondern in einem benachbarten Stalle. Wir hatten schon mehrmals bemerkt, daß die Liebenden, un­geachtet aller Hindernisse, dennoch zuweilen Abends bei­sammen waren, ohne daß wir indeß begreifen konnten, wie es der Reiter jetzt machte, um ins Haus zu kommen, als ich an einem Abende, wo ich noch spät im Hofe hinter meinem Hause sein mußte, dort de» Kahn be­merkte, womit die Reiter gewöhnlich ihr Heu und Stroh aus dem Magazin holten, und der indem Graben hin­ter dem Hause der Frau Andrecht an einem Pfahl ge­bunden dalag. Beide, meine Frau und ich, sahen den Kahn hierauf mehrmals des Abends an jener Stelle, doch war er jeden Morgen wieder von dort wcggcfahren. Nun war cs leicht zu errathen, wie Niklas, ohne daß die Alte dahinter kam, zu seiner Braut und ins Haus zu gelangen wußte. W r lachten jczt mehr als einmal über diesen neuen Weg und über die List, die Liebende ausfindig machen, um einander besuchen zu können; den» wenig dachten wir zu jener Zeit daran, noch einmal Gelegenheit zu haben, um daraus zurückzukommcn.

Vor etwa 10 Tagen, fuhr der Erzähler fort, als Frau Andrecht noch ausser der Stadt war, war ich an einem Morgen sehr früh in meinem Hofe und fand an der Seite des Stadtgrabens auf dem Ufergrase und gerade vor meiner Frau Nachbarin Garten ein buntes Taschentuch. Hier ist dasselbe, meine Herren, ich habe es vorsäzlich mitgenommen, um es Ihnen zu zeigen.

Man sicht, das Tuch ist unrein und nicht gewaschen, so wie ich es fand. Ich raffte das Tuch von dem Bo­den auf, und stickte cs zu mir, ohne weiter daran zu denken indem ich sehr viel z» thun hatte. Des Mittags am Tische erinnerte ich mich erst wieder an meinen Fund. Ich erzählte cS meiner Frau und ließ sie das Tuch sehen, indem ich ohne Arg hinzufügte: Wenn Frau Andrecht in der Stadt wäre und Hanna noch bei ihr diente, so würden wir gewiß sagen: der blaue Reiter ist diese Nacht w eder bei seiner Braut gewesen, und hat sein Taschentuch verloren.

Poz Tausend! rief meine Frau aus, du sagst da so etwaSe Heißt Hannas Mann nicht Niklas D*"?

Ja, erwiedertc ich, denn so heißt er wirklich, aber wesbalb?

Weil das Tuch, sagte meine Fra», gerade mit den AnfangsBuchstaben bi. u. gezeichnet ist.

(Fortsezung folgt.)

Auflösung des Räthfels in Nr. L2.

Der Diamant.

Neuenbürg.

SchranneiiJeNel vom 14. Februar 1846.

Kernen wurde verkauft:

8 Scheffel ä 22 fl. 48 kr.182 ff. 24 kr.

1622 fl. 40 kr. 362 fl. 40 kr.

4 22 fl. 30 kr.90 fl. - kr.

8 22 fl. 40 kr.181 fl. 20 kr

36 Scheffel.. 816 fl. 24 kr.

Mitielpreis 22 fl. 41 kr.

Ackerbohncn 12 Sri L l fl. 52 kr. . . 22 fl. 24 kr.

Taren:

für 4 Pfund Kerneubrod .19 kr.

3 Schwarzbrod.12 ^ kr,

1 Krcuzerwccken muß wägen 5 >/Loth.

StadtSchuldheiffenamt. Fischer.

Redigirt, gedruckt und verlegt von C. Meeh in Neuenbürg.