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sich in derselben eine Art Hochaltar, vor welchem sich eine Art Gitterwerk erhebt, das von Gold und mit edlen Steinen besezt ist. Durch die Oeffnungen dieses Kastens sieht man auf dem Boden den nackten Fels und in demselben drei Löcher, welche als die angegeben werden, in denen die drei Kreuze gestanden. Ebenso sahen wir hier eine tiefe Spalte im Felsen, die denselben mehrere Fuß tief bis zur Kapelle Johannis, welche unter der Kreuzigungskapelle liegt, zerreißt und als eine Spur von dem Erdbeben betrachtet wird, das bei dem Tode Christi Himmel und Erde erschütterte. — Vor der Kapelle Johannis standen vormals die steinernen Särge der beiden ersten christlichen Könige von Jerusalem, Gottfrieds von Bouillon und Balduins des Ersten. Im Jahre 1244 wurden sie von den wilden Horden der Charismier geöffnet, zerstört und die darin befindlichen Gebeine verbrannt. — Vor dem Altar der Kreuzigungskapelle, so erzählte unser griechischer Führer, entblößt selbst der Patriarch von Jerusalem sein Haupt, eine Sitte, die sich aus den Zeiten des Kaisers Heraklius herschreibt, welchem an diesem Orte, der Sage nach, die Krone ohne irgend eine sichtbare Veranlassung vom Haupte fiel. Auf einundzwanzig Stufen stiegen wir von hier zur Helenenkapelle hinab, welche ein vollkommenes Quadrat von fünfundvicrzig Fuß Durchmesser bildet. An der südöstlichen Ecke derselben steigt man aus eilf Stufen zu der natürlichen Grotte hinab, in welcher man die drei Kreuze gefunden haben soll.
Die drei mächtigsten Kirchengemeinschaften der jezi- grn Christenheit des Orients, die Griechen,' Armenier und Lateiner, Haben fich in die drei Hauptkapellen oder Theile der Grabeskirche getheilt und jede sorgt für die Unterhaltung des Ihrigem, So haben die Armenier die Helenenkapelle> die Griechen die der Kreuzigung und die Lateiner die'des heiligen Grabes. Eine gewisse Anzahl Mönche von jeder der Gemeinden bewacht die heiligen Orte. Da aber, wie schon gesagt, die Türken den einzigen Aus- und Eingang der Grabeskirche, nach Gutdünken verschlossen halten, so sind die dienenden Brüder der drei Gemeinden, die sich jedesmals als Hüter in der Kirche befinden. Gefangene der Türken und können Tag und Nacht dieselbe nicht verlassen. Jede Gemeinde hat daher an ihrem Kirchentheile einen kleinen Anbau angebracht, in dem fich Zellen befinden, die das ärmliche Lager der Brüder enthalten. Speise und Trank wird ihnen durch eine vergitterte Oeffnung in der Eingangsthür zu gewissen Stunden des Tages gereicht.
Wir blieben mehrere Stunden in der heiligen Gra- bcskirche, bis es den edlen türkischen Machthabern gefiel, fie wieder zu verschließen.
(Die Schwarzen und die Löwen.) Pallme in der Beschreibung seiner Reisen in Kordofan, schildert unter anderem auch die seltsame Art, wie die Shilluks und andere Volksstämme, welche keine Feuergewehre haben, reißende Thiere und namentlich Löwen zu tödten verstehen. „Sie suchen den Ort ausfindig zu machen, wo
, ein solches Thier seine Mittagsruhe zu halten pflegt.
! Ist dieser Ort passend gelegen, das heißt unter einem Baume, in dessen Nähe noch andere Bäume stehen, so find sie ihrer Sache gewiß. Ein Neger begiebt fich etwa 4 Stunden vor Mittag an Ort und Stelle und klettert auf einen Baum, demjenigen gegenüber, unter welchem das Thier sein Mittagsschläfchen zu halten Pflegt. In dieser Zeit ist das Thier, ein Löwe z. B., sicherlich auf Beute ausgegangen, und mit der größten Gewißheit ist ^ auch zu erwarten, daß er zwischen 10 und 11 Uhr, so- ! bald die Hize drückend wird, zur Siesta zurükkommt.
! Der Löwe kümmert sich nicht im mindesten um das,
! was wohl der Mann auf dem Baume zu suchen habe, i selbst wenn er ihn dort fizen ficht, und sein Gegner verhält fich bis um 12 oder l Uhr ebenfalls vollkommen ruhig. Er hat einen Sack voll kleiner Steine und einige scharfe Wurfspieße bei fich. Ist nun der Sand am Boden dergestalt heiß geworden, daß selbst die Thiere nicht mehr darauf gehen können, so fängt der Jäger an den l Löwen mit Steinen zu werfen, wobei er immer nach dem Kopfe zielt und wie alle Neger, gut trifft. Der stolze König der Thiere achtet aus die drei oder vier ersten Steine nicht im mindesten, er hält es nicht einmal der Mühe wcrth, aufzustehcn; wenn aber die Steine immer ! dichter fallen und manche ihn wohl gar in die Augen i treffen, so hält er die Frechheit für zu groß, als daß er sie geduldig ertragen könnte. Er erhebt dann als Zeichen der Rache ein furchtbares Gebrüll. Mit einem Sprunge ist er am Fuße des Baumes, auf welchem der Störer seiner Ruhe fizt, empfängt aber hier einen Wurfspieß in den Leib. Nun wird sein Brüllen noch furchtbarer, obschon die Wunde ihn in dem Augenblicke nicht eben mehr schmerzt, als der heiße Sand, der > seine Füße brennt und er kehrt wiederum an seinen Ruheplaz zurück. Hier trifft ihn von neuem ein Stein, ! er wird wüthcnv, erscheint zum zweitenmale unter dem I Baume und wird wiederum durch einen oder zwei Wurf- spiese empfangen. Heulend vor Schmerz ergreift er endlich die Flucht, aber der Blutverlust erschöpft bald seine Kräfte und der Jäger, der ihm vom Baume aus Nachsicht, hat in kurzer Zeit die Befriedigung, das königliche Thier als seine Beute todt im glühenden Sande liegen zu sehen.
Was dem Einen recht, ist dem Andern billig. Ein ! Reisender wurde von einem Grenzwächtcr gefragt, wer er sey? Auf die Antwort: „Ein Maler," erhielt er die Weisung, sein Geld vorzuzeigen, da es dermalen am nächsten Ort weder auszumalen noch anzustreichen gebe, > und das Betteln verboten sei. Als der Reisende darauf dem Fragenden die volle Börse hinhielt, lüftete dieser schnell den Hut und meinte, bei so bewandten Umstän- l den könne wohl zu einem Seidel Wein noch für ihn ^ abfallen, aber der Maler erinnerte ihn daran, daß das Betteln verboten sei, und zog lachend seiner Straße.