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Seiten von üppig grünenden Wiesen begränzt wurden. War der Schloßherr zugegen, und ein liebenswürdiger Wirth, so durfte ich mir an diesem reizenden Aufent­haltsorte eine sehr angenehme Zeit versprechen: war er l nicht zugegen, nun, desto besser, soj konnte ich während der Dauer meines Auftrages seine Stelle vertrete», und für meine Zerstreuung während der Stunden, die der Dienst mir frei ließ, ganz nach Be­lieben sorgen; das Wild des Waldes und die Fische des Sees wurden jedenfalls meine Beute!

Als ich vor dem Portale des Schlosses vom Pferde stieg, wurde ich von einer zahlreichen Dienerschaft in glänzenden Livreen umringt, die nach meinen Befehlen fragte, und mir von dem Rcichthum des Schloßbcsizers einen sehr vortheilhaften Begriff beibrachte.

Ich fragte, ob der Herr des Schlosses anwesend sep, und als man diese Frage bejahte, verlangte ich zu ihm geführt zu werden, um ihn mit meinem Aufträge be­kannt zu machen und ihm zugleich meine Achtung zu bezeigen. Verlegen sahen die Bedienten sich unter ein­ander an, bis endlich einer von ihnen das Wort nahm, und mich bat, mir zuforderst mein Zimmer anweisen zu dürfen, worauf er den Herrn Haushofmeister zu mir schicken würde.

Die Verlegenheit des Menschen ließ mich vermuthen, daß er mir auf eine Art zu verstehen geben wollte, ich möchte mich erst meines, allerdings sehr bestäubten Marschcostüms entledigen, ehe ich dem Herrn meine Aufwartung machte; und da der hohe Rang desselben eine solche Rücksichtnahme vielleicht, nach allen Um­gebungen zu schließen, sogar gewiß erheischte, gebot ich ihm, vorauszugehen, und mir den Weg zu meinen Zim­mern zu zeigen. Ich fragte ihn dabei, wie der Herr deS Schlosses heiße.

Marquis!" antwortete er mir.Nicht nach seinem Range habe ich gefragt," sagte ich, sondern nach sei­nem Namen. Ihr Herr heißt?"Marquis!" wieder­holte er, und als ich ihn verwundert ob dieses auffal­lenden Familiennamens ansah, verzogen sich seine Züge zu einem ganz eigenthümlichen Lächeln, welches wohl geeignet war, meine Neugier zu erwecken und mich etwas Ungewöhnliches erwarten ließ. Um dieß sobald als möglich zu erfahren, befahl ich dem Bedienten, den Haushofmeister zu mir zu schicken, und begann dann sogleich meine Toilette, die ich so elegant herzustellen bemüht war, als dieß der beschränkten Feldequipage eines Ofsizirs möglich ist.

Eben war ich,damit fertig, als der Herr Haushof­meister zu mir rintrat, und sich nach meinen Befehlen erkundigte, indem er mir zugleich sagte, daß er mit allen Geschäftsangelegenhciten unbedingt bevollmächtigt sey. Ich übergab ihm daher meine Ordre, und wieder­holte dann mein Verlangen, mich dem Herrn deS Schlos­ses vorzustellen. Wie früher der Bediente, so gerieth fezt auch der Haushofmeister über dieses Begehren in sichtliche Verlegenheit, und suchte mich von dem Ge­

danken durch allerhand Winkelzüge abzubringen; da riß mir endlich die Geduld, die bei Offizieren in erobertem Feindeslande ohnehin nie zu lang zugemessen zu sepn pflegt und ziemlich barsch und kurz sagte ich:Ich will den Herrn des Schlosses sprechen und zwar jezt auf der Stelle. Führen Sie mich zu ihm."

Wenn Sie befehlen, so muß cs sepn!" sagte der H aushofmcister, und schritt voran durch eine lange Zim- mcrreihe. Endlich öffnete er wieder eine Thür, und in­dem er mich nöthigte, zuerst einzutreten, sagte er:Hier finden Sie den Herrn des Schlosses."

Ich schritt über die Schwelle, aber verwundert blickte ich im Zimmer umher, denn es war kein Mensch zu­gegen, obgleich ich dieß doch nach der Versicherung des Haushofmeisters hätte erwarten dürfen. Ganz unbewohnt war das Gemach indessen doch nicht, denn auf einem rcichgepolsterten und mit dem prachtvollsten Damast überzogenen Divan lag ein großer englischer Bulldogg, der sich etwas von seinem Lager emporrichtete und mir knurrend die Zähne wies.

Verwundert blickte ich zu dem Herrn Haushofmeister um, der hinter mir eingetreten war, und sagte:Nun, wo ist denn der Herr?"Das ist er," lautete die Antwort, indem er auf den Hund deutete.Das?" rief ich laut lachend,das der Herr des Schlosses?"

(Schluß folgt.)

Es thut wohl, zu sehen, welche Theilnahme das Wlürttembcrgische Volk bei der Krankheit unseres Kliebten Königs bewies. Als der Schwab. Merkur die so gefährlich lautenden Nachrichten über die Krankheit Seiner Majestät auch ans den Schwarzwald brachte, beschloß eine Dorfgemeinde in ihrer Besorgniß um den König, eine eigene Deputation nach Stuttgart zu schi­cken, um Gewißheit zu erhalten, wie es,unserm Wil­helm" gehe. DrZ Bauern mit ihren Dreispizen (den dreieckigen Hüten), gehenauf" Stuttgart, gerade auf's Schloß los, und der Thürhüter weist sie in das Zim­mer, wo die neueste Nachricht zu lesen war. In der Vorhalle begegneten sie der Prinzessin von Oranien, welche sich zum Besuche bei ihren erhabenen Eltern aufhiclt und während der Krankheit des königlichen Va­ters nicht Wegreisen wollte. Die Prinzessin fragt die alten Bauern, was ihr Begehren sep?Mir kommet vom Schwarzwald her, Jungferle, um zu erfahren, w e'S nu unserem liebe König geht." Die Prinzessin versicherte, dem König gehe es viel besser, und sie könnten getrost zu Hause erzählen, derliebe König" sey außer Gefahr.Weiß Sie au gewiß, Jungferle?" fragte darauf der älteste Bauer ganz treuherzig. Frei­lich, erwiedcrte die Kronprinzessin der Niederlande, ich bin ja seine Tochter.Ha uu, jiz isch's reacht", riefen die guten Landlcute aus. Deß wird ä Freud im. Ort sep! Näcks für ungut, Jungferle, und Gott behüt uns nu de liebe König." Die Prinzessin, welche nur mit Mühe ihre Thränen über diese »»geheuchelte Treue und Liebe zu ihrem königlichen Vater unterdrücken konnte, reichte den Bauern die Hand, die sich sämmtlich mit kräftigem Händedrucke von ihr verabschiedeten und fröh­lichen Muthes wieder nach ihrem Dorfe eilten.

Redigirt gedruckt und verlegt von C. Meeh in Neuenbürg.