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Die Stimmung war eine wachsend gute und es ist anzunehmen, daß die frohe Gesellschaft erst gegen morgen die Heimkehr angetreten hat. — ES freut uns »och Mitteilen zu können, daß Hr. Direktor Spöhrer einen großen Teil der Kosten bestreiten wird, so daß bei der großen Schülerzahl auf den Einzelnen keine allzuhohen Auslagen fallen.
In Schömberg OA. Neuenbürg ist in der Nacht vom 25. auf 26. v. M. auf die neben ihrem Fenster arbeitende ledige Margarethe Pfrommer zweimal scharf geschossen und sie ist auch am Kopf lebensgefährlich getroffen worden. Durch den zweiten Schuß wurde auch die brennende Erdöllampe zertrümmert und ein Brand des Hauses nur durch rasches Eingreifen der Angehörigen verhindert. Des versuchten Mordes ist ein Goldarbeiter verdächtig, der inzwischen verhaftet wurde.
-^ Iserschausen OA. Nagold, 2. März. AIS ^ ^^vorgestern abend ein Mädchen von der hiesigen Fabrik ^ »ach Hause ging, fand es an der Brücke beim Lamm einen aufgehängten aber noch zappelnden Mann. Auf das Geschrei des Mädchens eilten Leute herbei, die den Lebensmüden abschnitten; er wurde als ein Korbmacher aus Unter schwand o^f erkannt und per Wagen dorthin^ äbgesührt; ob er dem Leben wieder zurückgegeben werden konnte, ist noch nicht bekannt. ^
-n. Weil der stadt, 1. März. Gestern (Sonntag) früh geriet auf dem Stunden von hier entfernten Hofgut Jhingen (Markung Renningen) ein in nächster Nähe des Waldes stehendes Nebengebäude (Remise), in welchem ca. 2000 Ztr. Futter und Stroh untergebracht waren, in Brand. Eine Abteilung der Feuerwehr Renningen war zur Hilfeleistung erschienen, konnte aber dem Brande nicht mehr wehren, da es an Wasser fehlte (der in der Nähe sich befindliche kleine See war zufällig seit 2 Tagen abgelassen). Die an der Oberfläche versengte Stroh- und Futtermaffe bot von der Ferne ein ruinenartiges Aussehen dar und brannte abends (etwa 8 Uhr) noch lichterloh fort.
Suttgart, 1. März. Am Sonntag nachmittag gegen 5 Uhr verunglückte der Restaurateur des »Jägerhauses" Fritz Lander. Er war damit beschäftigt, mittelst der Aufzugwinde ein Faß Bier auS dem Keller zu winden. Das Faß war oben angelangt und Lander wollte eS eben fassen, als plötzlich die Kurbel zurückschlug, das Faß in den Schacht hinunterfiürzte, Lander in den mehrere Meter tiefen Keller mit sich reißend. Er erlitt einen Genickbruch und wurde tot aus dem Keller herausgetragen. Die zahlreichen Gäste — sämtliche Lokalitäten samt dem Garten waren bei dem prächtigen Wetter von Aus- flüglern dicht besetzt — räumten sofort die Restauration, die geschlossen wurde. — Im Schwimmbad wurde gestern vormittag ein 13-jähriger Bursche, welcher seinen Eltern schon wiederholt entlaufen ist, auf frische» Thal ertappt, als er aus dem Badkabinct eines Herrn dessen Portemonnaie entwenden wollte. Der Bursche hatte 3 ^ im Besitz, welche er zugestandenermaßen einem Schüler im Schwimmbad entwendete. Außerdem hat er am letzten Samstag im Schwimmbad einen Hund mitgenommen, welcher daselbst angebunden war.
Bretzfeld, 2. März. In dem benachbarten Orte Geddelsbach wurde dieser Tage ein merkwürdiger Handel abgeschlossen. Ein biederer Schmiedemeister, welcher wohl das Gewicht des Eisens, nicht aber das des Nickels kannte und schätzte, kaufte einen Wagen Bretter und Latten um 6 Pfund Nickel. Der Wert der Bretter beträgt höchstens 50 die sechs Pfund Nickel repräsentieren aber einen Wert von 79 Der Schmiedemeister hat somit einen Verlust von ca. 30 welche ihm gewiß das Gewicht des Nickelgeldes einprägen.
Welzheim, 1. März. Ein seltener Fall von Dienstbotcntreue ist hier zu verzeichnen. Vor einigen Tagen wurde lt. „Remsztg." eine Dienstmagd begraben, die über 80 Jahre alt wurde und seit den 60er Jahren in einem Hause, bei Frau Gutsbesitzer Ellinger Wtw. in Gausmannsweiler, diente.
Ebingen, 1. März. Gestern Abend etwa um '/-8 Uhr kam eine Rohheit vor, die schärfste Rüge verdient. Ein verheirateter Mann von dem benachbarten Truchtelfingen namens Schick, wollte für sein krankes Kind in die Apotheke nach Ebingen gehen. In der Nähe der Stadt wurde er plötzlich von fünf ledigen Burschen, die sich in der Person des ahnungslos seines Weges gehenden Mannes getäuscht zu "haben scheinen, derart mit Prügeln und anderen Schlagwerkzeugcn mißhandelt, daß er sich blutüberströmt zum Wundarzt begeben mußte, um die schlimmsten Verletzungen behandeln zu lassen. Die rohen Burschen sind ermittelt, sie sind aus Frommem. Zwei davon sind bereits vom Landjäger verhaftet und auch die übrigen dürften demselbem nicht entgehen.
Ulm, 1. März. Der heutige Ledermarkt ist gut beschickt und scheint das Geschäft lebhaft zu werden. Sohlleder und Schafleder ist besonders vertreten. Letzteres wurde schon bei Beginn des Marktes rasch umgesetzt. In Schmalleder und Wildleder ist die Zufuhr aus Backnang weniger stark; dasselbe ist gesucht und der Umsatz geht rasch; in Kalbleder und Sohlleder ist die Tendenz wenig ausgesprochen.
T Pforzheim, 2. März. Von der ungünstigen Witterung viel beeinträchtigt und nachdem die Geduld bezw. Neugierde des auf den Straßen angesammelten Publikums auf eine harte Probe gestellt war, unternahm heute Nachmittag gegen '/^ Uhr, (anstatt wie programmmäßig um Uhr) die neu gegründete Carnevalsgefellschaft den Fastnachtsumzug durch die Straßen der Stadt. Alt nnd Jung, ja die ganze Stadtbevölkerung war auf den Beinen und bildete dicht gedrängt auf den Straßen Spaliere, 2 Herolde zu Pferd, und einige Bajazo zu Fuß er- öffneten den Zug, demselben folgte die uniformierte Stadtkapelle, die Schneiderzunft war in langen Reihen vertreten und wurde ihr eine kolossale Scheere vorausgetragen, ferner Velocipedisten und Velocipedistinnen, sogar ein Brautpaar auf Stahlrossen: Kindermädchen mit Kinderwagen, welch letztere von Soldaten geführt wurden. Viel Spaß machte eine dicke Köchin auf dem Velocipsd, da hinten drauf ein Soldat saß, der ihr von Zeit zu Zeit Kußhände zuwarf. Das Buchdruckergewerbe war mit einer kleinen Presse vertreten. Prinz Carneval mit Gefolge thronte auf einem prächtig ge
schmückten Wagen. Jäger zu Fuß im alt-deutschen Gewand (Spieß und Bärenfell), ferner waren auf Wagen im Zuge eine Bijouteriefabrik, das halbfertige Oktroishaus umgeben von den Mitgliedern des Atleten- klubs, ein Affe machte seine possierlichen Sprünge auf dem Dache desselben. Ein Theatergebäude und das Volksbad war auf Wagen improvisiert; selbst der Klapperstorch auf dem Frühlingswagen fehlte nicht. Alles in Allem genommen darf die Veranstaltung als gut gelungene bezeichnet werden.
NuklltgMjchtt Arbeits-Nachweis
der Allgemeinen Arbeits-Nachweis-Anstalt Pforzheim.
Gymnasiumstraße Nr. 11. Telephon 430.
Stellen finden: 6—8 Gärtner, tüchtige Bauschlosser, Eisenformer, Schreiner (nach auswärts), ein Schneider (auf Kleinstück), 1 Feuerschmied, 2 Sattler und Tapeziere, jüngere, 1 Tapezier, Schuhmacher, Wagner, Holzdreher, 1 jüngerer Buchbinder, 1 tüchtiger Glaser, 1 Melker, Pferdeknechte für Landwirtschaft, landwirtschaftliche Taglöhner, Viehfütterer.
Weibliche Abteilung. 1 Kellnerin in bessere Restauration, Mädchen für leichte Arbeit, Lohn per Woche 7—9 Dienstmädchen für Privathäuser, sofort oder später, Spülmädchen für Wirtschaften, Mädchen die etwas kochen können, Lohn 45—50 ^ >/< Jahr, Eintritt sofort oder später, Köchinnen für Privat oder Wirtschaften.
Landwirtschaft!, Kenrks verein.
Wiederholt werden die Mitglieder, welche junge Obstbäume wünschen, veranlaßt, ihre Bestellungen in Bälde, spätestens bis 1V. März, bei Hrn. Oberamtsbaumwart Müller hier zu machen. Es sind Heuer sehr schöne Exemplare von Apfel- und Birnbäumen bereits angekauft und kann für diese garantiert werden.
Calw, 3. März 1897.
Der Vereins-Vorstand:
Oberamtmann Voelter.
Kaudw. Consum-Uereiv Calw.
Eingetr. Genossensch. m. unbeschr. Haftpflicht.
Die jährliche
Generalversammlung
findet am
Samstag, den 13. März, nachmittags S Uhr, bei Bierbrauer Dreiß statt.
Kagesordrmug:
1) Rechenschaftsbericht.
2) Revisionsbericht.
3) Wahl von 5 Aufsichtsratsmitgliedern.
Die Mitglieder werden zu zahlreichem Erscheinen eingeladen.
Die Jahresrechnung liegt für die Mitglieder zur Einsichtnahme bei dem Vorstand auf.
Für de» Vorstand und Aufsichtsrat:
L. Dingler. Stadtsch. Hermann.
Pension in einen freundlichen Verkehr mit mir trat, und lange, lange, das schwöre ich Ihnen, hatte ich keine Ahnung davon, daß ihre Gefühle wärmer für mich waren. — Erlassen Sie mir das," bat er abbrechend; sein bleiches Gesicht war fetzt wie in Glut getaucht.
„Gut, gut," murmelte der Baron. „Wann ging Ihnen denn das Verständnis auf?"
„Als Fräulein Adelheid die Bewerbung des Rittmeisters von Warnbeck zum ersten Male abwies. Ich hielt aber die Neigung für eine vorübergehende Laune — Sie verzeihen, man konnte sich bei Fräulein Adelheid dergleichen versehen — und suchte durch große Zurückhaltung in meinem Betragen dahin zu wirken. Vielleicht habe ich dadurch gerade das Gegenteil hervorgerufen."
„Sehr möglich," nickte der Baron.
„Sie erinnern sich, daß ich Sie bald darauf um meine Entlassung bat," fuhr Bodmer fort. „Ihr Fräulein Tochter hatte Herrn von Warnbeck zum zweiten Male abgewiescn, ich konnte, ich durfte jetzt nicht mehr blind sein —"
„Ich verstehe Sie," versetzte der Baron, während der Lieutenant unmutig abseits stand und leise mit den Fingern gegen die Scheiben trommelte. „Das Ihörichte Mädchen machte Ihnen Andeutungen; das Zartgefühl verbietet Ihnen mehr zu sagen."
„Herr Baron, ich bin kein Geck! Ich —"
„Schon gut, schon gut," unterbrach ihn Herr von Letten, übergehen wir diese für uns gleich peinliche Erörterung mit Stillschweigen; Sie wollten fort, ich ließ Sie nicht —"
„Und ich blieb," fiel Bodmer ein, „weil ich den wahren Grund meines Entlassungsgesuches nicht nennen wollte, und weil ich mich bei Ihnen mit tausend Banden gefesselt fühlte."
Der Lieutenant stieß ein halblautes „Ha!" aus; der Ton in welchem Bodmer die letzte Aeußerung gethan, war ihm aufgefallen.
„Fräulein Adelheid ging bald darauf für längere Zeit nach Berlin und kehrte als die Verlobte des Rittmeisters von Warnbeck heim; ich hielt jetzt alles für beendet."
„Hatte denn in der Zwischenzeit gar keine Auseinandersetzung zwischen Ihnen und meiner Schwester stattgefunden?" mischte sich jetzt der Lieutenant in die Unterredung.
Bodmer blickte verlegen vor sich nieder. „Nun wohlan. Sie fordern Wahrheit," sagte er dann, „ich hatte Fräulein Adelheid ein paarmal in der »
zartesten Weise die Andeutung gemacht, daß ich die aufrichtigste Freundschaft aber kein wärmeres Gefühl für sie hege. Während ihres Aufenthaltes in Berlin traf ich einmal bei meiner Mutter mit ihr zusammen —"
„Sie war dahin gekommen, weil sie wußte, daß sie Sie dort finden würde," warf der Lieutenant dazwischen.
Bodmer machte ein Zeichen der Zustimmung und erzählte weiter: „Bei dieser Gelegenheit sagte sie mir, der Rittmeister von Warnbeck habe sich ihr wiederum genähert, und fragte mich um Rat, ob sie ihn erhören solle —"
„Und Sie?" fragten beide Herren.
„Ich verstand den eigentlichen Sinn der Frage sehr gut, gerade um dessent- willen konnte ich ihr aber keinen unbefangenen Rat erteilen, sondern setzte ihr nur ruhig alle Vorteile dieser Verbindung auseinander."
„Und wie nahm sie das auf?"
„.Weiter haben Sie keine Antwort für mich?< rief sie, und als ich dies mit dem Bemerken verneinte, alles übrige müsse ihrer eigensten Erwägung anheimgestellt bleiben, versetzte sie in großer Erregung: ,Jch verstehe, Herr Bodmer^. wir sind fertig mit einander!'" (Forts, folgt.)