19.

Amts- und NnzeigeLlakt für den Bezirk Calw.

72. Ishr-aa-.

Erscheint Dienstags, DoniierSickgS und SamStags. Die EinrückungSgebühr beträgt im Bezirk und in nächster Umgebung S Psg. di« Zeile, weiter entfernt 12 Psg.

Samstag, Len 13. Kebruar 1897.

Bi-rt-ljShrlichtt SionnemenUvret« ln der Stadt Mk. 1. I» ins Hau» »rbracht, Mk. l, IS durch du Post deioaeu im Bezirk!, »utz-r Bezirk Mk. I. SS.

Tagesyenigkeiten.

Stuttgart, II. Febr. Auf heute abend batte der Volksverein Stuttgart eine öffentliche Volksversammlung in den Saal des Bürgermuseums ausgeschrieben, die hauptsächlich von Angehörigen der Demokratie besucht war. Statt des erkrankten Rsichs- tagsabgeordneten Conrad Haußmann, der zur Frage der Verfassungsreform sprechen sollte, referierte der Landtagsabgeordnete Friedrich Haußmann. Redner betont den bereits bekannten Standpunkt der Volks- Partei und erörterte eingehend die Stellung zum Pro­portionalwahlsystem. Es seien keine zwingenden

.Gründe vorhanden, dasselbe abzulehnen, es habe ver­schiedene Vorteile, wenn der Proporz neben den seit­herigen Bezirkswahlen eingeführt werde. Man könnte >dur.ch dieses Verfahren die Führer der Partei in die ,»Kammer bringen, die in Bezirkswahlen aus örtlichen . Gründen nicht durchdringen. Eine Vermebrung der Abgeordneten sei ganz zweckmäßig, das Verfahren biete gar keine zu große Schwierigkeiten, wie man glauben zu machen versuche. Redner geht sodann über auf die Stellungnahme der Sozialdemokratie und . der deutschen Partei und kommt zu dem Resultat, daß > der Vorschlag der Sozialdemokratie nicht ernst zu nehmen «sei. Die deutsche Partei treibe eine Zickzackpolitik, was Redner des Näheren nachzuweisen versucht. Die deutsche Vartei lasse ihre Politik überhaupt aufgehen in einer Nörgelei gegenüber der Haltung der Volks­partei, die Verfassungsreform sei in einzelnen Teilen derselben nicht sehr richtig. Wenn die Volkspartei Leine Fehler mache, dann müsse die Revision kommen. (Lebhafter Beifall.) Hr. Bühler vertritt in keines­wegs geschickter Weise den sozialdemokratischen Stand­punkt. Kammerpräsident Payer entgegnet kurz und polemisiert dann in längeren Ausführungen gegen die deutschparteilichen Angriffe auf die Volkspartei. Na­mentlich sei der Vorwurf unbillig, zu sagen, die Volks- . Partei habe in den 2 Jahren nichts gethan, da die deutsche Partei doch auf dem Gebiet der Verfaffungs- reoision seit 25 Jahren nichts gethan habe. Man habe sich zunächst mit einer reinen Volkskammer zu begnügen, dann habe man die Kraft später auf eine Beseitigung der Iten Kammer hinzuwirken. Redner Hofft übrigens, daß die Revision anstandslos durch­wehen werde. (Beifall.) Nachdem noch die Herren Bühler und F. Haußmann gesprochen, nahm die Versammlung mit allen gegen I Stimme eine dem Standpunkt der Volkspartei entsprechende Reso­lution an.

Stuttgart, II. Febr. Strafkammer. Wegen schweren Diebstahls wurden heute die 19jähr. Weingärtner Gustav Adolf Koch und Gustav Christ. Kurz von Untertürkheim zu der gesetzlichen Mindest­strafe von je 3 Monaten Gefängnis verurteilt, weil sie in letzter Neujahrsnacht eine Steinbruchhütte da­selbst erbrachen, 3 kx Sprengpulver und Zündschnüre im Wert von 2'/, ^ Mitnahmen, damit eine Anzahl eiserner Röhren füllten, und diese als sogen. Mord­schläge in die Straßen legten, wo sie unter furcht­barem Knall explodierten. Ein Glück war es, daß nur Fenster und Dächer zertrümmert wurden. Der Schaden von 86.^6 wurde von denselben nachträglich ersetzt.

Zum Fall Münch schreibt der Staatsanz.: Auf unsere gestrige Korrespondenz aus Rottweil schickt uns Freiherr v. Münch eine Berichtigung nach dem Gesetz. Dieselbe beginnt mit der Erklärung, daß er nicht allein die Mitglieder der Zivilkammer, sondern das gesamte Landgericht Rottweil abgelehnt habe. DeS Weiteren werden in dem uns von Frhrn. o. Münch übersandten Schriftstück, soweit wir es zu ent­ziffern vermögen, die Gründe ausgeführt, welche ihn zu dieser Ablehnung geführt haben. Da diese Aus­führungen über den Rahmen einer Berichtigung nach dem Gesetz hinausgehen, so haben wir keinen Grund dieselben aufzunehmen.

Horb, 10. Febr. Das an der Straße Horb» Rottweil gelegene, 10 Minuten von hier entfernte St. Jakobsbad mit schwefelhaltigen Quellen ging käuflich um die Summe von 19000 ^ von dem seitherigen Besitzer A. Fleisch an Restaurateur Raible von hier, z. Z. in Stuttgart über. Der neue Besitzer wird am 15. d. M. dieses Anwesen beziehen und da­selbst eine Naturheilanstalt nach dem Muster der Pfarrer Kneipp'schen Anstalt in Wörishofen einrichten.

Backnang, 10. Febr. Die Murrkorrek­tion» die im Laufe des vor. Sommers begonnen wurde und im kommenden Frühjahr vollendet werden soll, hatte in den letzten Tagen bei wiederholtem Hochwasser ihre Probe zu bestehen. Das erweiterte Flußbett beförderte die Wassermaffen so rasch weiter, daß es innerhalb des Stadtgebiets zu einem Ueber- fluten der Ufer nur an einer einzigen Stelle und auch hier nur in ganz geringem Grade kam. Allge­mein war man erfreut über den raschen, den Ge­schäftsbetrieb nicht störenden Ablauf der Gewässer. Jetzt, nachdem sich dieselben verlaufen haben, zeigt es sich, daß sie an den neuerstellten Uferbauten nicht ohne Spuren vorübergegangen sind. Am unteren Ende der Stadt haben die noch nicht verwachsenen Böschungen Schaden genommen, und eine noch der Verbesserung harrende Wehranlage wurde gänzlich fortgeriffen. In den letzten Tagen wurde in einer Scheune eine wahrscheinlich mit Feldprodukten dorthin gekommene röm. Kupfermünze gefunden. Die von Dekan Klemm entzifferte Umschrift weist dieselbe in die Zeit des Kaisers Nerva (9698 n. Chr.), so daß die Münze jetzt gerade 1800 Jahre alt wäre. Sie ist die erste, die hier gefunden wurde und ist jetzt in der Sammlung des hies. Altertumsvereins aufbewahrt.

Heilbronn, 11. Febr. Ein als Weingärtner thätiger junger Mann zeigte schon seit einigen Tagen ein sonderbares, auf nicht ganz normalen Zustand hindeutendes Gebühren. Er schloß sich häufig ein, arbeitete aber dazwischen auch wieder. Gestern Vor­mittag schloß er seine Dachwohnung von innen ab, stieg durch das Dachfenster hinaus und wurde von Nachbarsleuten mit einigen gebrochenen Rippen im Höschen liegend aufgcfunden. Er wollte entweder vom Dach in den Hof hinabklettern oder ist er vom Dache abgestürzt. Nach seinen Aeußerungen ist er der Meinung, er werde verfolgt. Der Unglückliche hat schon mehrfache erfolglose Versuche gemacht, sich das Leben zu nehmen.

Unterdeufstetten, 11. Febr. Seit heute Morgen 2 Uhr brennt lautJagstzeitung" das An­

wesen, HauS und Scheuer des Bauern Schmitt. Die Nachbarshäuser wurden stark beschädigt. Der 80 Jahre alte AuSdinger Schmitt ist allem An­scheine nach verbrannt.

Ehingen a. D-, 9. Febr. Der Oberamt»» pflegegehilfe S., der am 5. v. Mts. mit etwa 1400 M» von hier durchgegangen ist, hat lautS. M." unter dem 25. v. Mts. von New Jork aus seine Reiseroute beschrieben und an verschiedene Bekannte hier, u. a. auch an den Wirt, den er um 300 Mk. betrog. Grüße gesandt. Seine Auslieferung wird der Flüchtige nicht zu befürchten haben, da die Geschädigten die Koste» der Auslieferung nicht werden tragen wollen. Nach seinen Angaben hielt er sich acht Tage in Paris auf» Da er einen lahmen linken Arm hat und über keine in fremdem Lande verwertbaren Kenntnisse verfügt, dürste seine Lage in Amerika bald kritisch werden, wenn er die verhältnismäßig geringen Mittel, die« mitnqhm, durchgebracht haben wird.

Saulgau, 10. Febr. Brunnenmacher Spieß in Altshausen, hiesigen Oberamts, erschlug heute Mittag seinen Arbeiter im Streite mittelst Beil­hieben. Der Untersuchungsrichter ist bereits a» Platze. Morgen findet dis Sektion des Erschlagenen statt.

Von der hohenzollernschen Grenze, 9. Febr. In Betreff des Abhandenkommen» eines Wertkistchens mit 40000 Mark Bank­noten auf dem Bahnhof Sigmariagen erscheint e» immer wahrscheinlicher, daß das betreffende Stück ge» stöhlen worden ist. Versuche, die mit einem dem verloren gegangenen möglichst ähnlich angefertigtr» Kistchen angestellt wurden, haben nämlich ergeben» daß dasselbe infolge der bei der Fahrt verursachten Erschütterung schon innerhalb der ersten 400 Schritte vom Trittbrett herunterfallen mußte, und daß daher die Annahme, das Ociginalkistchen sei in die viel weiter entfernte Donau geraten, kaum aufrecht erhal­ten werden kann. Durch die vom Staatsanwalt unt» einem Oberpostrat von Konstanz gelestete Untersuchung ist festgestcllt, daß in dem Augenblick, als der Post­bedienstete unter Aufsicht des jungen Beamten die letzten Gepäckstücke in Empfang nahm, die Maschine an den Zug angeschloffen wurde und hierbei eine solche Menge Dampf ausströmte, daß die beiden Be­amten keinen Schritt west sehen konnten. Diese Ge­legenheit kann nun wohl von einem der vielen Leute, die vor Abgang eines jeden Zuges vor dem Bahn­steig stehen, zur Entwendung des Wertstückes benützt worden sein.

Pforzheim, 11. Febr. Unter den Vereine», welche letzten Sonntag anläßlich des SkiwettlaufS, den derSkiklub Schwarzwald" veranstaltet hatte, auf dem Feldberg versammelt waren, befand sich auch der Pforzheimer Skiklub. Außer Mitgliedern der zahlreichen Sektionsorte von Nah und Fern, nähme» eine stattliche Anzahl Jäger des. des Kalmarer Ba­taillons an dem Wettlauf teil und erzielten mehre» wertvolle Preise.

. Illingen (A. Rastatt), 9. Febr. Bei dm« in den letzten Tagen eingetretenen Hochwasser wäre» beinahe zwei hiesige Bürger das Opfer der stür­mischen Rheinfluten geworden. Dieselben fuhr»