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Amts- und NnzeigeblaLl für den Bezirk Calw. 72. Jahrgang.
Erscheint Dienstags, Donnerstags und SamStagS. Die EinrüÄungSgebuhr beträgt im Bezirk und in nächster Amgebung S Psg. die Zeile, weiter entfernt 12 Pfg.
Samstag, Len 6. Kebruar 1897.
Vierteljährlicher LbonnementSpreiS in der Stadl Mk. 1. LL ins Haus gebracht, Mk. 1 . 15 durch die Post bezogen im Bezirk, Lug« Bezirk Mk. 1. SS.
Amtfiche Nrkarmtmachuuge».
Die Orts Behörden
werden beauftragt, bei den Gesuchen um Aufnahme in das Armenbad zu Wildbad nicht nur über das Prädikat, die erstandenen Strafen, die Vermögens- und Erwerbs-Verhältnisse, sondern auch darüber Auskunft zu geben, ob der betreffende Kranke eine Unfallrente bezieht, oder ob von einer Berufsgenoffenschaft, Krankenkasse rc. die Kosten der Badekur ganz oder teilweise getragen werden.
Calw, 5. Febr. 1897.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeiten.
2 . Teinach, 3. Febr. Infolge des anhaltenden Regens ist die Schneeschmelze sehr rasch vor sich gegangen, so daß die Teinach stark angeschwollen ist und nahezu den Wafferstand vom Frühjahr 1896 erreicht hat. Glücklicherweise hat das Hochwasser besonderen Schaden nicht angerichtet, was leider von den nach jedem Schneegang zahlreich hier hervortretenden sogenannten „Seltenbrunnen" nicht gesagt werden kann. Solche haben an den Böschungen der neuen Straße Teinach—Zavelstein erhebliche Erdrutschungen und Versenkungen verursacht. Der für die Gemeinde Teinach entstandene Schaden dürfte sich auf etwa 2000 Mark belaufen. Da die Gemeinde durch den Straßenbau ohnehin sehr stark belastet worden ist, so trifft sie dieser Schaden um so schwerer.
** Bad Teinach, 5. Febr. Im Verfolg unserer Mitteilung vom 31. Januar über das äußerst günstige Bohrergebnis unserer Hirschquelle können wir heute berichten, daß in 6 Tagen der Kohlensäursgehalt fortwährend sich gesteigert hat und die Quelle Statt 15 Liter am 31. Januar heute 25 Liter Mine
ralwasser pro Minute liefert. Der Kohlensäure-Gehalt, sowie das Mineralwasser-Quantum steigern sich noch fortwährend. Das Wasser ist von großer Klarheit und Frische und hat einen äußerst angenehmen säuerlichen Geschmack. Der Kohlensäurereichtum dieses völlig eisenfreien und damit jahrelang haltbaren Säuerlings kennzeichnet sich am besten dadurch, daß morgens niemand vor Kohlensäuregasen den Füllraum betreten kann, sondern es müssen erst, ehe die Arbeiten beginnen können, die Füllräume 2 Stunden geöffnet und dem Luftdurchzug ausgesetzt werden, damit die sich während der Nacht durch das Weglaufen des Mineralwassers gebildeten Kohlensäuregase entweichen können. (Mittelst eines Luftschachtes wird jetzt das Ansammeln der Gase im Füllraum vermieden). Die Brunnen-Verwaltung Teinach, die bisher wegen der geringen Ergiebigkeit der Hirschquelle speziell ihr Hauptabsatzgebiet in Süddeutschlanv hatte, wird jetzt in ganz Deutschland DepSts errichten, um Jedermann den Bezug dieses, namentlich von der Aerztewelt so sehr geschätzten Tafel- und Gesundheitswassers zu ermöglichen. —
Ostelsheim, 4. Febr. Die am 2. dS. in Simmozhenn im Gasthaus zur „Sonne" abgehaltene Versammlung des Bundes der Landwirte hatte sich seitens der Einwohner Simmozheims eines guten Besuchs zu erfreuen. Nach einigen einleitenden Worten ging Redner (Hr. Theodor Körner aus Stuttgart) sofort auf das gewählte Thema „Zweck und Ziele des Bundes der Landwirte" über, indem er es als besonders wichtig bezeichnete, wenn der Bund der Landwirte mit dem Bauernstand st-ts Fühlung behalte und stets ein reger Meinungsaustausch stattfinde. Bei einem solchen komme aber leider eben immer das alte Facit heraus, daß der Rückgang der Landwirtschaft, wenn dieselbe unter den gegenwärtigen Verhältnissen weiter arbeiten muffe, nicht mehr aufzuhaltsn sei. Als Hauptursache der land
wirtschaftlichen Notlage bezeichnete Redner die im Jahr 1891 abgeschlossenen Handelsverträge, in Folge deren sich die Einfuhr landwirtsch. Erzeugnisse von dem Auslande dank der unerhört billigen Frachtsätze in ungeahnter Weise gesteigert habe und zudem immer neue Gebiete sich der Kultur erschließen (neuerdings sogar Indien) und in den Wettbewerb eintreten. Auch die Währungsverhältniffe des Auslandes gegenüber den unsrigen widmete Redner einer eingehenden Besprechung mit dem Nachweis, daß dieselben ebenfalls einen schädigenden Einfluß auf unsere Landwirtschaft ausüben. Aus dem Allem gehe hervor, daß der Wert der Einfuhr nach Deutschland den der Ausfuhr jährlich um viele Millionen übersteige, welche Summen für unser Vaterland unwiederbringlich verloren seien. Diese kollosalen Verluste müsse die deutsche Landwirtschaft, welche vorher nicht auf Rose» gebettet sei, schwer empfinden. Von demokratischer Seite werde hauptsächlich der Militarismus als der „Moloch", der alles verschlinge, hingestellt; aber bei genauer Betrachtung müsse man doch sagen: daS Geld, welches hiefür verwendet wird, bleibt wenigstens im Inland; es kommt zum großen Teil Gewerbe und Industrie wieder zu gut und wie die Feuerversicherung uns vor Schaden schütze, so müsse unser gut geübtes Heer uns vor dem ungeheuren Schaden und den Schrecknissen eines etwaigen Krieges schützen. Hierauf kam Redner noch auf die von der Regierung geplanten Steuerreform zu sprechen (Abänderung der Grundsteuer in eine allgemeine Einkommenssteuer) wobei Redner die Besorgnis ausdrückte, daß auch diese Steuer nicht vorzugsweise kapital- und steuerkräftigen Schultern aufgelegt, sondem zum großen Teil wie bisher an der Landwirtschaft hängen bleiben werde. Zum Schluß erbot sich Redner etwaigen Anfragen bezw. Entgegnungen aus der Versammlung gerecht zu werden, worauf ein anwesender Lehrer das Wort ergriff. Derselbe ging zuerst speziell von den dortigen
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Jrrtiimer.
Erzählung von F. Arnefeld t.
(Fortsetzung.)
Sie nahm Frau Bodmers Arm, und führte sie in einen kleinen Nadel- Holzwald, der seitwärts vom Dorfe lag. Die abgefallenen Nadeln bildeten einen weichen Grund, ans welchem die Schritte lautlos verhallten, die jungen Spitzen der Kiefern und Föhren zeigten ein Helles, frisches Grün, goldige Lichter huschten zwischen den Stämmen dahin, ein köstlicher, kräftiger Duft that der Brust wohl. Unwillkürlich überließen sich die beiden Frauen dem Behagen, welches dieser einfache, stille Ort auf sie ausübte.
„O, das ist köstlich," sagte Frau Bodmer, einen tiefen Atemzug thuend, während sie auf der kleinen Bank, zu der Hildegard sie geleitet, Platz nahm. ^Es ist eine Erquickung, der heißen Stadt entflohen zu sein, und mein unglücklicher Gotthold sitzt zwischen den engen Wänden eines Gefängnisses, — er, der gewohnt ist, unbeschränkt in Wald und Feld umherzuschweifen; wie wird er das tragen? Was wissen Sie von ihm?" fügte sie in einem Tone hinzu, als mache sie sich die kurze Zeit des Aufatmens bereits zum Vorwurf.
„Leider nicht viel; es darf ihn ja niemand sehen, so lange die Untersuchung währt," antwortete Hildegard traurig.
„Ich weiß es; aber sie ist bald beendigt, und dann kommt das Furchtbarste, die öffentliche Gerichtsverhandlung!" stöhnte die alte Frau. „Glauben Sie, daß man ihn verurteilen kann?" Sie ergriff bei diesen Worten den Arm der neben ähr sitzenden Hildegard und drückte ihn heftig.
„Ich weiß es nicht. Ach, ich weiß ja nicht, was ich hoffen, was ich fürchten soll!" antwortete diese im schmerzlichsten Ton.
„Hildegard!" rief die alte Frau und ergriff ihre beiden Hände, „sagen sie mir, was glauben, was wissen sie von der Sache? Glauben Sie, daß Gotthold etwas — daß ihn irgend eine Schuld trifft — ach, ich weiß nicht wie ich mich ausdrücken soll. Hat er Ihre Schwester geliebt, hat ihn der Gedanke, daß sie in kurzem die Gattin eines andern werden würde, zur Verzweiflung getrieben?"'
„Meine Mutter meint, es sei so," antwortete Hildegard leise und teilte Frau Bodmer die Vermutungen mit, welche die Baronin ihr an diesem Morgen anvertraut. Die unglückliche Frau rang die Hände. „Da wäre er nicht viek besser als ein Mörder, und mit dem Vorsatz des Selbstmordes im Herzen sollte er zu seiner alten Mutter gekommen sein, deren einziges Glück er war? Ich kann das nicht glauben, und doch, diese heimliche Entfernung von Lettenhofen, diese Verstörtheit; auf ihm lastete ein Geheimnis Hildegard, Fritz sagte mir, auch Sie müßten etwas wissen, was Sie nicht sagen wollten oder könnten; a vertrauen Sie es mir, vielleicht giebt es uns ein Licht!"
„Das Geheimnis, was mich drückt, ist nicht geeignet, die Sache zu erhellen, sondern kann sie nur noch verworrener machen," antwortete Hildegard mit bebender Stimme. „Aber Ihnen — Ihnen allein von allen Menschen auf Erdar kann und will ich es anvertrauen, denn Sie sind seine Mutter!"
Sie warf sich vor der erschrockenen Frau zu Boden, umklammerte mib beiden Armen ihre Kniee, verbarg das Gesicht in ihrem Schoß und schluchzte: „Ich bin Gottholds Verlobte!"
„Hildegard I Kind ! Was sagst Du da!" rief Frau Bodmer, das junge Mädchen emporziehend und fest an sich drückend. „Wie ist dann aber alles andere möglich?"