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August 1878 (Amtsblatt des Ministeriums des Innern von 1878 S. 252) wird zur besonderen Beachtung in Erinnerung gebracht.
Calw, den 4. Januar 1897.
Kgl. Oberamt.
V o e l t e r.
An die Orlskehörderr. Anlegung der Rerrntierungsstamni- roüen betreffend.
Die Ortsvorsteher werden in Betreff der Anlegung der Rekrutierungsstammrollcn auf die ZZ 45 und 46 der Wehrordnung Rep.-Bl. von 1889 Nr. 3, sowie auf die auf dem Titelblatt der Rckru- tierungÄstammrollen abgedruckte» Vorschriften hingewiesen.
Damit später nicht unnötige Schreibereien entstehen, haben die Ortsoorsteher bei der Anmeldung jeden Militärpflichtigen nach der Schreibweise seines Namens und nach seinem Geburtstage zu befragen, dessen Angaben auf den Geburtslisten bezw. auf dem Geburtsschein zu vergleichen und Differenzen in der Stammrolle unter Rubrik „Bemerkungen" anmgeben.
In Spalte 8 ist Stand beim. Gewerbe möglichst genau zu bezeichnen, z. B. ob Pferde , Kuh- oder Ochsen-Bauer, ob Huf- oder Wagenschmied, bei Haus- und Dienstknechten ist einzutragen, ob sie pferdekundig sind. Bei Volksschullehrern und Schulamtskandidaten ist das PrüfungSzeugnis in Original oder in Abschrift beizulegen, sofern dasselbe nicht schon in der Stammrolle bemerkt ist. Die Rufnamen sind zu unterstreichen.
In die Rubrik „Bemerkungen" sind ferner sämtliche Vorstrafen, nicht nur die gerichtlichen, sondern auch die polizeilichen» ausnahmslos einzutragen, bezw. bei den Stammrollen der Jahrgänge 1875/95 und 1876/96 nachzuholen. Es sind daher sämtliche Strafverfügungen von den Ortsvorstehern durchzusehen und -falls eine Strafe gegen einen Militärpflichtigen erkannt worden ist, dieselbe in der Stammrolle vorzumerken. Liegen keine Vorstrafen vor, so ist beizusetzen: Ohne Vorstrafen. Von jedem Nachtrag von Strafen ist sofort dem Oberamt Anzeige zu machen. Unter dem letzten Namen jedes Buchstabens ist in der Stammrolle genügender Raum zu Nachträgen frei zu lassen.
Bei Aufstellung und Ergänzung der Stammrollen ist nachzuforschen, ob alle Pflichtigen auch die den früheren Altersklassen angehörigen sich gemeldet haben, die Säumigen sind hiezu anzuhalten und eventuell zu bestrafen.
Den neu sich anmeldenden Pflichtigen früherer Jahrgänge sind die Losungsscheine abzuoerlangen und der Stammrolle beizuschließen.
Die Stammrollen von 1874/1894, 1875/95, 1876/96 und 1877/97 sind spätestens bis 1V. Februar d. I. dem Oberamt vorznlegen.
An- und Abmeldungen Militärpflichtiger im ferneren Verlaufe des Jahres sind stets unter Anschluß des Losungsscheins ohne Verzug dem Oberamt anzuzeigen, bei der Abmeldung bedarf es der Vorlage des Losungsscheines nicht.
Die ungefähre Zahl der voraussichtlich an
der Musterung teilnehmenden Militärpflichtigen ist unfehlbar bis 5. Februar hieher anzuzeigen.
Calw, den 4. Januar 1897.
K. Oberamt.
V o e l t e r.
An die Orlsvorsteher. Anlegung der Hiekrnlierungsstammrolle» betreffend.
Es wird ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß in die Stammrollen auch die im Ausland geborenen Militärpflichtigen aufzunehmen sind und daher das Familienregister und die Bürgerliste in der Richtung durchzusehen fft, ob nicht solche vorhanden sind, welche außerhalb des deutschen Reichs geboren sind und die Württ. Staalsangehöiigkeit noch besitzen.
Calw, 4. Januar 1897.
K. Obsramt.
Voelter.
Bekanntmachung,
betr. die Zurückstellung der zum einjährigfreiwilligen Dienst Berechtigten.
Nach Z 93 Ziff. 2 der Wehrordnuna haben sich die zum einjährig-freiwilligen Dienst Berechtigten beim Eintritt in das militärpflichtige Alter, sofern sie nicht bereits vorher zum aktiven Dienst eingetreten sind, sowie diejenigen Militärpflichtigen, weiche die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienst bei der Prüfungskommission nachgesucht haben, bei der Ersatzkommission ihres Gestellungsorts schriftlich oder mündlich unter Vorlegung ihres Berechtigungsscheins, sofern ihnen derselbe bereits behändigt ist, zu melden und ihre Zurückstellung von der Aushebung zu beantragen, und zwar auch diejenigen, welche sich schon früher bei einem Truppenteil zum Diensteintritt gemeldet haben und aus irgend einem Grund abgs- wiesen worden sind.
Calw, 4. Januar 1897.
K. Oberamt.
Voelter.
Die Schullheißenämter
werden aufgefordert, die Fleischschauregister bis spätestens 20. d. M. hieher einzusenden.
Calw, den 5. Januar 1897.
K. Oberamt. Gottert, Amtm.
Latzesneuigkeiten.
Unt ertürkheim, 4. Jan. Gestern abend geriet Metzger Haug mit einigen jungen Leuten in Streit, wobei ihm ein Fuß abgeschlagen wurde. Auch erlitt er mehrere andere Verletzungen. Die Thäter sind ermittelt. — Heute mittag zwischen 12 und 1 Uhr scheuten die Pferde des Herrn Com.-Rats Benger, welcher in Uhlbach eine Villa hat, auf der Straße von Uhlbach nach Untertürkheim; sie rasten im Galopp in den Ort Obertürkheim hinein, der Kutscher wurde vom Bock geworfen und erlitt Verletzungen am Kopf. Aerztliche Hilfe wurde ihm gleich zu teil; die Pferde wurden an der Rothenbergerstr. angehalten. '
— Bei der vergangenen Spätjahrskontroll- versammlung in Plochingen hatte sich eine Anzahl Reservisten ein „Vergehen gegen das Militürstraf- gesetz" zu Schulden kommen lassen, indem dieselben ein Stück rotes Tuch kauften, daraus eine Fahne herstellten und mit derselben nach Hause marschierten. Die Sache kam zur Anzeige, und die Folge war, daß die Beteiligten nach Ulm einberufen wurden und daselbst mit „Mittelarrcst" in Höhe von 3, 10, 14, 18 und 21 Tagen bestraft wurden.
Nürtingen, 2. Jan. Wegen Verdachts der Brandstiftung wurde der ,Eßl. Ztg." zufolge der Besitzer der Kunstmühle, Künkele, in Haft genommen. Es heißt in den Blättern, er befinde sich schon längere Zeit in finanzieller Verlegenheit.
Gmünd, 3. Jan. Das neue Jahr brachte für einen großen Teil der Bürgerschaft die langersehnte Wasserversorgung. Etwa ein Drittel der Haus- anschlüffe mußte wegen eingetretenen Frostes für spätere Zeit zurückgestellt werden. Die Freude über diese bedeutsame und tiefeinschneidende Einrichtung ist in den beteiligten Kreisen eine große; allgemein befriedigt es, daß der Wasserreichtum über Erwarten sehr beträchtlich und die Einwohnerschaft im Besitz eines gutschmeckenden Tränkwassers ist. Es soll eine allgemeine Feier über die gelungene Durchführung der Wasserversorgung erst stattfinden, wenn die ganze Stadt von der neuen Wohlthat Gebrauch machen kann.
Ulm, 4. Januar. Das Programm für die Eröffnung des großen Saales im hies. Saalbau ist nun ausgegeben. Hienach findet am Freitag den 15. Jan. vormittags 11 Uhr die feierliche Ueber- gabe der Schlüssel des Gebäudes von seiten des Erbauers, Herrn Baudircktor Walther von Stuttgart an den Vorstand und Aussichtsrat des Saalbauvercins statt. Hierauf werden sämtliche Handwerksmeister die am Saalbau gearbeitet haben, zu einem Frühschoppen in einem der kleineren Säle eingeladen. Um 5 Uhr abends findet im großen Saal das Eröffnungs- Festessen statt, zu dem eine größere Anzahl Ehrengäste, auch von Stuttgart, eingeladen sind und woran die Aktionäre mit Familien teilnehmen. Es schließt sich daran uni 8 Uhr ein Festball. Am Samstag den 16. abends 7 beginnt die große Konzertaufführung: Weihs des Hauses, der Rose Pilgerfahrt sc. durch die Kapelle Klein des Grenadier Regiments 123, die Sänger der Liedertafel, die kgl. Kammersängerin Frl. Emma Hill er und anderer Gesangkünstler.
Ulm, 5. Jan. Die Gaunerin Marie Beck von Biberach, welche am 13. Okt. vorigen Jahres von Geislingen aus ein 8jähriges Mädchen bis nach Ulm lockte und dasselbe unterwegs zum Betteln anhielt, wurde von der hies. Strafkammer zu 3 Wochen Gefängnis und 3 Tagen Haft verurteilt.
Warn, 31. Dezbr. Gestern Abend hielt vor großer Versammlung Baron Benno Reinhard v»
' Herman, der land-und forstwirtschaftliche Attachöder
einen besonderen prickelnden Reiz, daß sie ihm nicht ohne ein gewisses Widerstreben angehören würde. Sieger, Sieger nach allen Seiten fühlte er sich, und er verschmählte es nicht, diesen Triumph über den von ihm doch so gering geschätzten Bodmer zu feiern. Die bangen Blicke, mit denen dieser jetzt öfter Adelheids Bewegungen verfolgte, waren für ihn doch eine Sprache, aus welcher er mit Genugthuung zu erfahren glaubte, daß dem Gehaßten durch seine Verlobung mit Fräulein von Letten eine tiefe Wunde geschlagen worden sei.
Warnbecks Empfindungen, als er an jenem Morgen an der Seite des Kadetten nach Lettenhosen fuhr, glichen weniger denen eines liebenden, sehnenden Bräutigams, welcher der endlichen Vereinigung mit der Geliebten seiner Seele entgegenfährt, als dem Freudenräusche eines mittelalterlichen Kriegers, der die Hand ausstreckt nach einer schönen Beute, um sie auf sein Pferd zu werfen und mit ihr davonzujagen.
Und nun war ihm diese Beute entzogen; der Vogel, dem er diesen glänzenden Käsig hergerichtet, hatte einen Flug genommen, der ihn für sich unereichbar machte; der Sieger war besiegt von jener Macht, welche alle Erdgebornen unterjocht.
Diese Gedanken erfüllten seine Seele, als er jetzt die Zimmer ein nach dem andern durchschritt. Er schenkte sich kein einziges, ganz wollte er den bittern Kelch auskosten, um dadurch das eine Gefühl, das seine Seele erfüllte, noch zu kräftigen und zu stärken: Rache, Rache an jenem Mann, welcher ihm die Frucht seines Sieges entrissen hatte, sei es auf die eine oder auf die andere Weise.
In Lettenhofen war ihm der Gedanke aufgestiegen, nicht nach dem geschmückten, öden Falkenhorft zurückzukehren, sondern die geplante Reise allein und nach einer «rndern Richtung zu machen — er hatte ihn aber weit von sich gewiesen. /»
„Hier muß ich bleiben, um gegen ihn zu zeugen, um alle Bemühungen 4u
seiner Verteidigung zu vereiteln und zu vernichten, um ihn dem Verderben zu weihen!" gelobte er sich. „Jeden Morgen und jeden Abend, wenn ich aufstehe und wenn ich mich niederlege, wenn ich mich zu meinen Mahlzeiten niedersetze und wenn ich durch die Gärten streife, soll mich jedes Bild und jedes Gerät, jede Blume und jeder Strauch daran mahnen, daß ich mich an einem Menschen zu rächen habe, dessen Hand zerstört hat, was ich aufgebaut, der mich dem Mitleid und dem müßigen Gerede preisgegeben hat."
Der Baron war auf seiner Wanderung nun in sein Arbeitszimmer gelangt und warf sich ermüdet in den vor dem breiten Schreibtisch stehenden Sessel. Mechanisch überflog sein Auge die auf der Platte befindlichen Gegenstände und blieb an Adelheids Photographie hängen, die in einem ciselierten silbernen Rahmen die Mitte des Schreibtisches einnahm. Heiß auf wallte es in ihm, als ihm das schöne Geschöpf entgegentrat.
„Verloren! Verloren in dem Augenblick, wo ich sie zu besitzen gehofft!" knirschte er. „Verloren! Verloren!"
Er nahm das Bild in die Hand, seine Augen bohrten sich förmlich in die schönen, stolzen Züge, die er zum letzten Male regungslos und marmorbleich im Sarge vor sich gesehen, und daneben tauchte jetzt mit immer größerer Deutlichkeit ein anderes Gesicht auf, ebenfalls bleich, mit verweinten Augen» von einer ganz anders gearteten Schönheit als die dunkelhaarige, dunkeläugige Adelheid, --aber nicht minder anziehend als diese.
„Hildegard!" murmelte er. „Das blonde Mädchen mit den blauen Augen, die mich so feindselig anblicken, muß mein werden, das allein kann die Wunde heilen, die meinem Stolze geschlagen ist, das soll mein Triumph und meine Rache sein."
Er setzte das Bild wieder auf seinen Platz und dabei fiel sein Auge auf