das bei alten Stuttgartern auch anders sein zuerst auf Brandseph. Seine feinen Bilder haben das alte vornehme Air beibehalten und möchten wir nur auf 2 Mädchenköpfe in rotem Ton und scharfem, fast bengalischem Lichte schwimmend, noch ganz besonders aufmerksam machen. Die Bilder sind von prächtiger Wirkung. Karl Franz von Gmünd giebt ein Bronce- relief von Eisele-Gmünd in ganz vorzüglicher Weise wieder. Dasselbe stellt in sehr packender Conzepiion die Opferung Jsacks dar und ist, wie auch das 3farbige Rechbergbild eine Zierde der Ausstellung. Von Hildebrand und Traunecker, die teilweise sehr hübsche Bilder ausgestellt haben, kommen wir zu dem Chiosk von Erwin Groß mann, dem jungen, flott unternehmenden Verlag desKunstgewerbegehilfcn." In recht geschmackvoller Weise sind die einzelnen Typen der Großmann'schen Collektion zusammen zu sehen. Man möchte nur wünschen, daß dem junge» VerlagThüren und Thore" geöffnet werden mögen, wenn die junge, thatkräftige Firma sich, wie dies bei ihremKunstgewerbegehilfen" der Fall zu sein scheint, so energisch in's Zeug legt. Ein ähnliches Empfinden wandelte uns an, als wir die Porträtcopie des Fürsten Bismarck erblickten, die in zweifacher Vergrößerung ausgeführt ist und abgenommen wurde von einem Glasgemälde, das der Fürst selbst gestiftet hatte. Das Bild stellt, streng realistisch durchgeführt, den ersten Kanzler in alter Ritterrüstung mit prächtig detaillirtem Helm dar. Es ist gezeichnet von Friedrich Wolfs aus Stuttgart und macht, besonders da es ganz ausgezeichnet aufgehängt ist, einen vorzüglichen Eindruck. Weiter folgt, wenn wir der Richtung Kanzleistraße entlang, dem Stadtgarten zu, weiter gehen, zuerst die galoanoplastische Ausstellung von Otto Weißert - Stuttgart. Bei ihr ist hauptsächlich die hübsche, übersichtliche Anordnung zu loben, welche den Beschauer in den Stand setzt, die verschiedenen Seiten der Galvanoplastik im Dienste der graphischen Kunst kennen zu lernen; Cliches bis zur feinsten Aus­führung hinauf und prächtige Druckproben. Ander­sen und Klemm 's Photographien sind eine Samm­lung von Stuttgarter Celebritäten. Es sind jene fein aufgefaßten, prächtig gestellten Bilder, bei denen die Retouche eine äußerst kunstvolle ist und die jene idealistischen Bilder der Majestäten und der Prinzen des Kgl. Hauses geschaffen hat, die wir in Stuttgart und in Württemberg überhaupt sehr häufig wieder­gegeben finden. Dennoch steckt in Andersens ideali- sirender Retouche noch weit mehr Natmwahrheit als das in der Chromographie der Fall ist, doch davon später. Die Stuttgarter Vereinsdruckerei ist vertreten mit zwei äußerst packenden Charakterköpfen und ele­ganten Druckproben. Gr ein er und Pfeiffer weist gleichfalls elegante Druckproben aus mit zwei sehr hübsch ausgeführten Plakaten: Dasjenige des Allgemeinen Deutschen Versicherungsvereins" und dasjenige des Instituts selbst. Das erste ist eine allegorische Darstellung der einzelnen Zweige der Versicherung, welche der genannte Verein betreibt und ist in Composition und Farbendruck sehr hübsch aus­gefallen. Dasjenige der Druckerei ist, abgesehen von einer sichtbaren Uebertreibung in den Raumoerhält- niffen der Straßen, die Heusteigstraße und die Christopbstraße sehen in Natura bedeutend bescheidener aus, auch nicht übel und im Colorit fast noch hüb­scher, als das erstgenannte. Anschließend hieran sei

auch der Ausstellung Max Seegers Erwähnung gethan, obwohl das von ihm hergestellte, allüberall bekannte Plakat der Ausstellung selbst, seinen Namen weiter hinausträgt, als dieser bescheidene Brief es ver­möchte. Es war ein äußerst glücklicher Gedanke, die Lichtgestalt." welche Professor Keller als Genius der Elektrizität geschaffen hatte, zum Panier der Aus­stellung zu machen. Aber nicht allein dieses sehr ge­schmackvoll ausgestattete Plakat, sondern auch das ganze übrige Arangement zeugt von dem Geschmack und der Geschäftstüchtigkeit der Firma. Ein Seiten­stück ist die Ausstellung der Firma I. F. Schreiber- Eßlingen. Hier fallen zuerst ins Auge die Plakate von Keßler's Sekt, der Eßlinger Brauereigesellschaft und der Wollspinnerei Merkel und Kienlin. D:s letzte, gleichzeitig das geschmackvollste, zeigt eine Lämmer weidende Hirtin in weichem, mildem Farbenton: für ein vornehmes Geschäft eine vornehme, geschmackvolle Reklame.

Stuttgart, 10. Juli. Vor einem Monat ging die Mitteilung durch die Blätter, daß als beste Schießcompagnie im 13. Armeekorps sich Heuer die 1. Compagnie des Jnfanterie-Neg. Kaiser Friedrich Nr. 125 (Hauptmann Ferling) ausgewiesen. Weniger bekannt geworden ist, daß, wie dieLudw.Ztg." berichtet, unser württ. 13. Armeecorps diesmal überhaupt im Schießen das beste von sämtlichen deutschen Armeccorps war. Voriges Jahr wurde cs allein durch das Garde­corps übertroffen, diesmal steht es ganz an der Spitze.

Eßlingen,11. Juli. Nach den außerordent­lich heißen Tagen zogen gestern abend von allen Seiten Gewitterwolken am Horizonte auf, die sich schließlich in zwei Hälften von Westen nach Osten über unsere Gegend bewegten, zwischen denen unser Thal lag, uns aber beide gründlich streiften. Fortwährend er­leuchteten grelle Blitze das nächtliche Firmament, denen unaufhörlich der rollende Donner folgte. Da­bei kam nach einiger Zeit ein ungeheurer Regen nieder von dem sich erhobenen Sturm gegen die Häuser gepeitscht und dieselben in den unteren Stock­werken teilweise überflutend. Auch aus den Wein­bergen ist wieder eine Menge Erde fortgeschwemmt, wie auf der Mettingerstraße lagernde Haufen be­weisen. In der Stadt selbst ist außer diesem ein Schaden nicht entstanden, jedoch hat der Sturm ver­schiedentlich an Bäumen die stärksten Aeste abgeschlagen und Störungen in Telephonleitungen hervorgerufen. Die Abkühlung war nur eine geringe, vielmehr läßt die heute wieder herrschende drückende Schwüle auf ein baldiges neues Gewitter schließen. Außer dem durch Blitz in Berkheim veranlaßten Brand, wurde in Nellingen in einem Stall ein Pferd erschlagen, wie überhaupt auf den Fildern der Blitz verschiedentlich gezündet haben soll, worüber wir später berichten werden.

Weinsberg, 10. Juli (Wein d'rüber.) An­läßlich der Freisprechung unseres Stadtvorstandss, Herrn Stadtschultheiß Seuferheld, findet nach dem einmütigen Vorschlag einer großen Anzahl von Männern aus den verschiedenen Kreisen der Bevölkerung am Samstag den 11. ds. abends von 8 Uhr an im Gast­hof zur "Traube eine gesellige Vereinigung statt, zu welcher die gesamte Bürger- und Einwohnerschaft im hies. städtischen Amtsblatt eingeladen wird. Nach dem mit Nachdruck hervorgehobenen ausdrückliche Wunsche

der vorschlagendcn Männer soll die Feier unter Aus­schluß jedweden demonstrativen Gepräges lediglich dazu bestimmt sein, der freudigen Teilnahme allgemein Aus­druck zu geben, daß unser Stadtvorstand aus dem gegen ihn geführten Verfahren vollständig gerechtfertigt hsrvor- ging. Auch die Nachbarorte wurden hiezu eingeladen, Sigmaringen, 10. Juli. Vorgestern Abend entlud sich in hiesiger Gegend ein heftiges Gewitter. Während desselben schlug der Blitz in das Anwesen des Bürgermeisters Henselmann in Jnzigkofen. Dev dadurch entstandene Brand konnte zwar alsbald ge­löscht werden, doch hat der Blitz große Verheerungen! angerichtet, und einen jungen Geflügelstamm im Hofe gelötet. Zu gleicher Zeit wurden im fürstlichen Park in Krauchenwies einer von den unter einem Tannen- wäldchen Schutz suchenden Arbeitern des Domänen­pächters Knisel durch einen Blitzstrahl getötet, während die anderen mit dem Schrecken davon kamen.

Konstanz, 8. Juli. Heute früh '/-st. Uhr wurde an dem 26jährigen Grttcnmörder Taglöhner Herinann Strobel von Baitenhausen das am 1. Fe­bruar vor dem hiesigen Schwurgericht gegen ihn ge­fällte Todesurteil durch den Scharfrichter Jakob Müller II aus Ladenburg vollzogen. Strobel hatte bekanntlich am 9. Juni 1895 seine um 4 Jahre ältere Ehefrau Walburga geb. St°ffelin von Markvorf inr Walde bei Ittendorf erwürgt und, um einen Selbst­mord derselben wahrscheinlich zu machen, den Leich­nam der Unglücklichen an einem Gebüsch aufgehängt.

Gera, 7. Juli. Der Führer der hiesigen Sozialdemokraten, Schneider A Franz, hatte ein I5jühriges Mädchen verführt. Aus Furcht vor der zu erwartenden Strafe hat er sich nun erschossen.

Wien, 9. Juli. Papierhändler Ostersetzer wurde in einem Hotel zu Gmunden ermordet und beraubt ausgefunden. D.r Thäter wurde gestern abend in einem Wiener Hotel verhaftet; er giebt an, Hubert Fingerhut zu heißen, 21 Jahre alt und der Sohn der in München lebenden Witwe eines Staatsanwalt- sckretärs zu sein. Der Verbrecher, in dessen Besitz ein Teil der geraubten Gegenstände vorgefundcn wurde, legte ein umfassendes Geständnis ab. Der Grund der That soll Notlage sein.

Die japanische Gesandtschaft hat dem Reuter- schen Bureau eine amtliche Dep-sche aus Tokio mit­geteilt, nach welcher auf das Erdbeben, welches am 15 Juni an der Norsostküste Japans stattgefunden hat, eine ungeheure Springflut folgte, welche den Tos von 27 000 Menschen verursachte; über 25 000 Menschen sind verletzt worden.

Humoristisches. Kindermund. Vater: Sage mal Karlchen, hast Du viel Freunde in der Schule?" Karlchen,Nein, nicht einen einzigen." Vater:Na, wie kommt denn das?" Karlchen:Ja, siehst Du. die Jungen, die mich verhauen, kann ich nicht leiden, und die ich verhaue, können mich nicht leiden."

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Bravo, Kleine, bravo! Das Urteil macht Dir und Deinem Kunstgeschmack alle Ehre!' antwortete er, indem er einen Blick auf Evy warf, der sie jahrelang verfolgen sollte. Schon jetzt sagte sie sich, daß sie doch wohl zu weit gegangen sei; denn auch Jobst ClamorS Spiel hatte sie dann und wann schön gefunden und wußte, daß die Musik Höheres zu geben Hot als den Sehnsuchtswalzer. Sie hätte ein­lenken, dem Vetter ein versöhnendes Wort sagen mögen; aber er reffte seine Noten­blätter zusammen und ging aus dem Zimmer.

DaS war nun wieder ganz nach seiner Art, sie in dem unheimlichen, dunklen Saale allein zu lasten. Die Lichter am Flügel zeigten eben nur, wie finster der übrige Teil des weeten Raumes war. Und kalt war es. Evy fröstelte so, daß ihr die Zähne zusammenschlugen. Hastig nahm sie Mantel, Pelzkappe und Handschuhe und horchte dabei auf den Sturm, der immer heftiger wurde. In sein Geheul klang das Kreischen der Wetterfahnen, das Prasseln vom Dache fallender Z-eg-l. das Anschlägen eines losgerissenen Fensterladens. P'ötzlich stieß Evy einen Schrei aus; ein kalter Luftzug fuhr, die Lichter verlöschend, über sie hin, und gleichzeit g sie wußte nicht, war es Wirklichkeit oder ein Trugbild ihrer überreizten Nerven, war er da, nicht hörbar in dem Tosco um sie her, nicht sichtbar in der tiefen Finster­nis, und doch glaubte sie ein groucs Männchen zu sehen mit dick m Kopfe und schwankenden Bewegungen, nicht größer als ein sürfjährigeS K nd. Em graues Röckchen umschloß die kleine Eiskalt, die kleinen Füßen steckten in grauen Schuhen, auf dem Kopfe trug eS, weit zurückgeschoben, indiß die grauen Haarsträhnen bis auf di« Augen fielen, ein rotcs Käppchen, und ein roteS Fähnchen war eS. das er in der Hand hielt. Schattenhaft, mebr huschend als gehend, kam er auf Evy zu, räh-r, immer näher; mit einem zwecken Aufschrei brach sie besinnungslos zusammen.

Als sie wieder zum Bewußtsein kam. lag sie auf ihrem Bette; die Mutter und Holdtchen waren bei ihr.

Kind, Kind, wie hast Tu uns erschreckt!" sagte die Mutter mit leisem Vor­kurs; aber Evy schien es nicht zu hören, richtete sich auf, starrte wild umher und

fragte flüsternd:Ist er hier? . . . Habt Ihr ihn nicht gesehen?" Und dann sprach sie wirr durcheinander von Wulf, Vater Reinholdt, Jobst Clamor und dem kleinen grauen Männchen mit roter Kappe und Fahne. Bis Mitternacht fuhr sie fort zu phantasiren; dann schlief sie ein.

5.

Am folgenden Morgen der Sturm hatte sich gelegt, aber der Schneefalk dauerte fort und hüllte die Ferne in weißlich-graue Schleier, kam ein Bote aus Allrode und brachte einen Brief des Schloßherrn an Gräfin Eveline.

Der Aufenthalt in den lange nicht durchheizten Räumen des Jagdhauses wäre unerträglich. schrieb der Graf; er de darum schon heute zurückkehren und iäte feine Z'irmer in Stand zu setzen.

Und ich habe noch nicht mit Jobst Clamor gesprochen I" rief Eveline, als sie gelesen hatte. Trotz aller Einwendungen ihrer Pflegerin, bestand sie darauf- das Bett mit der Chaiselongue im Wohnzimmer zu vertauschen, und ließ, sobald dies geschehen war, Jobst Clamor um eine Unterredung bitten.

Ec kam sogleich. Mit ungewöhnlicher Wärme küßte er die kleine, abgezehrte Hand, die sie ihm zustrickte, denn des Vaters Mitteilung hatte seine Teilnahme für die schon so lange geduldig Leidende noch crhöht. Sie aber glaubte in der Bewegung des jungen Mannes den Ausdruck seiner Liebe und Sorge süc Evy zu erkennen und beeilte sieb, ihn durch die Mitt ilurg zu beruhigen, daß diese seit Stunden schon in gesundem Schlafe liege. Ihr mütterliches H>rz erwärmt« sich für ihn; in dem herzlichen Tone von ehemals forderte sie ihn auf, sich zu setzen, und bat, es ihr nicht anzurechnen, wenn sie ihm unliebsames sagen müsse.

Dein Vater hat mir einen Auftrag gegeben, den ich auSrichten muß, ehe er heut« zurückkommt." fügte sie hinzu.

(Fortsetzung folgt.)