S t e t t e n i./R., 3. Juli. S ehr fühlbar macht sich der große Ausfall an Kirschen, deren Erlös sonst «ine willkommene Frühjahrs- Einnahme bildet. Ebenso ungünstig sind die Obstaussichten; nur in den Thalmulden um den Ort sieht man Früchte an den Bäumen, während die Halden, die sonst das schönste und gesuchteste Obst liefern, leer stehen. Von den Weinbergen hat der Hagel einzelne Gelände ziemlich stark mitgenommen, so daß die Einschätzungskommission in einzelnen Strichen den Schaden bis zu "/>« taxiert hat.
Heilbronn, 4. Juli. Die Aktienbrauerei hatte gestern einen sehr beschwerlichen Transport.
Dieselbe erhielt aus der Maschinenfabrik B e r g einen 380 Ztr. schweren Dampfkessel, welcher vom Bahnhof nach der ziemlich entfernten Brauerei verbracht werden mußte. Der Wagen, der zum Transport verwendet wurde, scheint nicht besonders geeignet gewesen zu sein, er hatte auch noch ein Gewicht von 80 Ztr., denn an einer ungepflastezten Stelle in der Nähe des Postgedäudes kam der Wagen zum Stehen und trotz aller Bemühung und Anstrengung gelang es nicht mehr, mit den 10 vorgespannten Ochsen denselben von der Stelle zu bringen, so daß das «ine Vorderrad ziemlich tief einsank. Erst nachdem Winden und Pferde in Thätigkeit traten, gelang der Weitertransport den eine ungeheure Menschenmenge begleitete. Wenn auch der Transport in der Hauptsache ungestört weiterging, so fielen doch noch eine Anzahl von Schachtdeckel, über die der Wagen hin« wegging, zum Opfer.
Künzelsau, 4. Juli. Seit einigen Tagen regnet es unaufhörlich, zum großen Leidwesen unserer Weingärtner, die mit freudigen Hoffnungen auf die schön entwickelten, eben in der Blüte stehenden Rebstöcke schauen. — Seit Mittwoch ist Postsekretär R. verschwunden; eine Revision der Kaffe ergab ein Manko von einigen tausend Mark, mit welchen R. das Weite gesucht haben mag. — Im benachbarten Hohebach brachte der Storch einem Landmann Drillinge;
2 Mädchen und 1 Knaben. Alle 3 sind gesund und munter.
Tuttlingen, 30. Juni. In Wurmlingen wurden zwei Burschen verhaftet, welche gerade in der Hirschwirtschaft eine Gieskanne voll Bier gestohlen hatten. Dieselben hatten vorher in einem Bierkeller hier 2 Füßchen Bier, Würste und Cigarren gestohlen, ebenso in der Schweiz einen Bierkeller erbrochen, wo sie dann durch Laufenlassen von Bier und Zerschneiden von Bierschläuchen dem Besitzer einen Schaden von über 3000 Franken verursacht haben.
Saulgau, 4. Juli. Gestern fand hier R e« montenankauf statt. Es wurden vorgesührt 58 Pferde, von welchen 19 Stück um die Gesamtsumme von 19,500 ^ angekauft wurden. Die Preise bewegten sich von 850—1300
Straßburg 3. Juli. Die Straßb. P. schreibt:
Zu einer ernsten Lebensauffassung geneigte Beobachter der Erscheinungen unseres täglichen Lebens
Der Alte nickte vor sich h n.
»Einbildungen, ja freilich Einbildungen! Die überklugen Leute von heutzutage nennen alle- so, was sie nicht crAä-en können." sagte er in gereiztem Tone. .Auch uns» Herr Graf, Ihr Vater, gnädiges Fräulein, — Gott Hab ihn selig, — hat mich auSgrlacht, als ich ihm erzählt habe, der Kleine bätte sich sehen lassin in grauem Käppchen, mit der schwarzen Fahne. Und vier od.r fünf Tage später, — ich weiß es noch wie heute, ich war den Morgen mit einer Bestellung zu den Holzkaechten im Eichenkamp gegangen. Plötzlich fällt ein Schuß ganz in der Nähe, und ,zu Hilfe, zu Hilfe!' Hingt es hintertrem. Wr laufen hin, so schnell wir können, — ich war der letzte, der ankam. — da lag unser Herr Graf, in die Brust geschossen. ,Dein Kleiner hat R-cht behalten,' sagte er mit seiner matten Stimme. Freilich, — der behält immer Recht! ^tnoo 32. als unsere Frau Gräfin, Ihre Großmutter, Fräulein Evy gestorben ist, und anno 54. als Graf Hans C!amor. Ihr Herr Großaatrr. die Cholera bekam, und anno 13 und 15. als Ihre Herren Großonkel, die Junker Wulf Clamor und Jobst Clamor, bei Lütz n und bei QuatrebraS geblieben sind, ist immer vorher der Kleine im Schlöffe gesehen worden, im grauen Käppchen, das ihm bis auf die Augen fiel, und m,t dem schwarzen Fähnchen in der Hand . . .'
»Und das rote?" fiel Ery ein. »Ich mag lieber von dem roten hören."
»Das rote," antwortete der alte Mann in singendem T-ne, als ob er *twas oft Gesagtes wiederholte, .das rote bat er cuf dem Kopfe weit zu ückgeschoden, und dazu trägt er ein rotes Fähnchen in der Hand. Wenn er so kommt, giebt's Hochzeit auf Hohen-Moor oder Amdtaufe; aber zu Ihrem G-burtStage, Fräulein Evy, ist « nicht grkommm, da war eben unser Herr Graf gestorben."
Wulf hielt es nicht länger aus.
.Komm, Evy!" sa^t« er bereits im Gehen mit einer Ungeduld, der sie nicht zu widerstehen wagte.
»Evy, ich begreif« Dich nicht," fuhr er fort, als sie ihn im Gang« erreicht hatte.
der auch mit ihr eng verknüpft gewesen sei, deshalbsolle das erste große Panzerschiff, hoffentlich dev Vorläufer anderer derselben Klasse, seinen: Namen tragen, gleichsam als Eröffnung einer neuen Aera Deutschlands. Redner verwies sodann auf seinem eigenen Anteil am Bau und auf die Fingerzeige^ welche er im Sinne eines praktischen Seeoffiziers übermittelte, denn der Kommandant, die Offiziere und Mannschaften des Schiffes sind berechtigt, beim Schmieden dieses Werkzeuges ein Wort mitzureden. Wer auf dem Schiff zu dienen hat, möge sich dieser Ehre bewußt und bestrebt sein, seinem Namen Ehre zu machen, sowie Achtung, Ehrfurcht und wenn nötig Schrecken zu verbreiten. Möge es gegeben sein, mit diesem und hoffentlich manchem anderen Schlachtschiff den Grundsatz wahr zu machen, der am 18. Januar ausgesprochen wurde, daß Deutschland befähigt sei, niemanden zu Liebe und niemanden zu Leide seinerr eigenen Weg zu gehen und für Friede und Ordnung in der Welt einzustehen. Der Kaiser schloß mit einem dreifachen Hurrah auf die Marine und das neue Schiff.
Vermischtes.
— Nach dem „Kirchl. Anz." hat Th. v. Wächter seine bisherige (sozialistisch-agitatorische) Thätigkeit aufgegeben und kehrt zurück zum Pfarramt. Er habe bereits eine Vckarstelle in der Schweiz angenommen.
Merkwürdige Manie. In England, schreibt d. Zeitsch. f. Homöopathie, ist unter den jungen Mädchen, selbst denen höherer Stände, eine wahre Manie ausgebrochen: Krankenpflegerinnen zu werden. Die Matronen der großen Londoner Hospitäler werden mit Bewerbungsschreiben überschüttet. Zehnmal mehr melden sich, als gebraucht werden können. Die meisten der Bewerberinnen sind blutjunge, unerfahrene Backfische, deren Motive, sich der Krankenpflege zu widmen, recht verschieden sind. Erstlich sind die Aerzte nicht selten sehr empfänglich, und es besteht immerhin die Möglichkeit, einen zu erangeln und ihn zu heirathen. Dann scheint den meisten Mädchen die Krankenpflege etwas sehr Leichtes zu sein. Der Standpunkt der Mädchen ist leicht begreiflich, es fragt sich aber, wie die Hospitäler sich zu der Sache stellen. In dieser Beziehung fangen die Zustände allmählig an, etwas bedenklich zu werden. Vor Allem braucht man in den Krankenhäusern verläßliche Pflegerinnen. Ein kranker Mann will keine Kokette um sich. Krankenpflegerinnen auf Probe, welche bald wieder weggeschickt werden müssen, giebt es schon die Hülle und Fülle. Für die englischen Hospitäler entsteht allmählig aber die ernste Frage, wie sie sich die nöthige Menge Pflegerinnen verschaffen sollen, welche den schweren Beruf ernst nehmen und nicht einen persönlichen Zweck bei dessen Ergreifung hegen. (Gerade so wie bei uns!)
Kennzeichen für Pferdeknechte. Ein alter Landwirt sagte einmal nach langer Erfahrung: Wenn ein Knecht sagt: „Unserin Herrn seine Pferde", da taugt er nichts, man gebe ihm seinen Lohn —
,W:e kannst Du ernsthaft all' den Unsinn anhören? Noch dazu in einem Augen-- bl ck, wo wir so v'el W chtigereS zu thun haben."
.DaS ist's ja eben. Lieber!' antwortete sie. indem sie sich an seinen Arm hing und die Schritte hemmte. »So gütig mein Mütterchen ist, etwa« Angst habe ich doch vor dm Gestand» sie. das wir zu machen haben, und der kleine Aufschub war mir willkommen. Außerdem hätte ich Vater Reinholdt gern dazu gebracht, einzugestehen» daß unser HauSgeistchen, die rote Kappe und rote Fahne getragen, — eS wäre ein gute« Omen für ur 8 gewesen."
„Kind! Kind!" rief Wulf halb belustigt, halb vorwurfsvoll; aber er hatte nicht Zeit, das Thema we ter zu v.rsolgen, denn die wattirte EingangSthür zu der» Z mmern der Tante war erreicht.
.Tu kommst doch mit herein, stehst mir doch bei?" fragte Evy, während er
öffnete.
.Gewiß, wenn Tante Ev.line für mch sichtbar ist." antwortete er; aber schon trat ihnen mit abwehrender Gebcrdr die Reinholdt entgegen.
.Leese. Kindchen! um deS Himmels willen, leise, Junker Wulf!" mahnte sie in ängstlichem Tone. „Meine arme Gräfin hat eben einen schlimmen Herzkrampf gehabt."
Evy war kaum im Stande, einen Aufschrei zu unterdrücken.
„Mama stirbt!" jammerte sie dann; .o Holdtchen, Holdtchen, sie stirbt gewiß! — Dein Vater hat ihn gesehen mit der schwarzen Fahne in den Händen."
„Da haben wir'» !" fiel Wulf unwillig ein; Mamsell Reinholdt ließ ihn jedoch nicht weit.r sprechen. Ihre Kranke bedürfe der tussten Ruhe, erklärte sie; Junker Wulf möge nicht böse sein, aber hier bleiben dürfe er nicht. Mit einer Umarmung, die der klugen Dienerin alle« offenbarte, und ein paar g. flüsterten TrostcSwortew- nahm er Abschied von Evy und ging.
(Fortsetzung folgt.)
sprechen sich mit herbem Tadel darüber aus, daß so viele Damen gegenwärtig in Straßburg das Radbein schwingen, wie ein lustiger Studio sagte. Andere wieder sind nicht recht damit einverstanden, daß Offiziere sich als Radfahrer zeigen. Zu Nuz und Frommen dieser Gegner des Stahlrosses sei hier eine Notiz abgedruckt, die uns heute im „Elsässer" vorlag. Sie lautete: Der Erzbischof von Dublin, Monsignore Walsh, der sich in Cleve zur Kur aufhält, war vor einigen Tagen, wie der Beckumer Volkszeitung geschrieben wird, mit seinem Kaplan in Emmerich auf einer Tour, die er nach Eltenberg unternommen. BeideHerren fuhren Velozi- ped. Wat seggst De nu, Jochen? Was einem Erzbischof ansteht, dessen werden sich doch wohl auch Damen und Offiziere nicht zu schämen brauchen?
Köln, 2. Juli. Eine Dame hatte gestern an der Schaaffhausenschen Bank 1560 erhoben, welche sie in ein Geldtäschchen steckte, und ging dann in den Dom. Neben der Dame kniete hier ein feingekleideter Engländer, der das Täschchen öffnete und 15 Hundertmarkscheine daraus stahl. Die Dame merkte den Diebstahl und verfolgte hilferufend den Menschen. Dieser wollte durch eine Thür des Domes verschwinden, die glücklicherweise verschlossen war. Der Dieb warf nun die Scheine von sich und flüchtete, wurde aber am Hotel du Nord von einem Schutzmann fcstgenommen. Zwei Komplizen des Räubers versuchten die Dame von der Verfolgung desselben abzuhalten, wobei sie ihr den Spitzenumhang zerrissen. Diese Komplizen sind entkommen. Der Festgenommene will kein Deutsch sprechen können und befand sich im Besitz mehrerer Hundertmarkscheine. Man vermutet, daß der Verhaftete auch an dem Diebstahl von 20000 der vor kurzem an der Reichsbank ausgeführt wurde, beteiligt ist.
Hamburg, 29. Juni. Unter dem Namen „Mellin-Stiftung" hat der durch seine Kindernährmittel in der ganzen Welt bekannt gewordene Großindustrielle Gustav Mellin London in Hamburg eine hochherzige Stiftung inS Leben gerufen, wie sie in ihrer Art wohl einzig dasteht. Mit einem Kosten- aufwande von nahezu einer halben Million Mark hat der Genannte eine Heilanstalt für unbemittelte Zahnleidende gegründet.
— In Hamburg ist die Nachricht eingegangen, daß bei H iroschima der japanische Paffagierdampfer Hozuimaru nach dem Zusammenstoß mit einem fremden Dampfer untergegangen sei. 178 Personen seien ertrunken. (Hiroschima ist die Hauptstadt der japanischen Provinz Aki und liegt am Südwestende der Insel Nippon.)
Wilhelmshafen, 2. Juli. BeidemFest- mahl im Marinekasino beantwortete der Kaiser die Rede des Admirals Hollmann mit der Hinweisung auf die Bedeutung des Stapellaufs des Panzers „Kaiser Friedrich III." und die Wichtigkeit der Namengebung. Die Marine sei wohl berechtigt, an Kaiser Friedrich Anteil zu haben.