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Berlin, 26. Juni. Das blühende Bauern­dorf Königs felde ist durch zwei verheerende Feuersbrünste fast ganz zerstört worden. In weniger als einer Stunde verbreitete sich das Feuer über 70 Gebäude. Die Feuerwehren waren bei dem Wassermangel machtlos. Während man noch damit beschäftigt war, die rauchenden Trümmer mit Sand zu überschütten, ging ein neues gewaltiges Feuer auf. Wieder eilten die Spritzen und Löschmannschaften aus der Umgegend herbei vergebens, das ganze Dorf mit Ausnahme von Kirche, Schule und sieben massiven Gebäuden ist zerstört, das Elend unbeschreiblich. Drei Kinder sind verbrannt, eines, welches sich aus Ziegen­ort zum Besuch in Königsfelde aufhielt, ist mit vielen Brandwunden gerettet. Versichert ist fast gar nichts, gerettet nur das Vieh. Infolge der Glut ist die Ernte in weitem Umkreis vernichtet, indem alles versengte.

Nancy, 28. Juni. In Gegenwart der Mi­nister Barthou und Boucher wurde heute unter großer Beteiligung der Bevölkerung das Denkmal für Carnot enthüllt. Barthou hielt eine Rede, worin er einen Rückblick auf das Leben Carnots warf, der immer zur Erhaltung des Friedens beigetragen habe.

Paris, 27. Juni. Die Teilnehmer an der jüngsten Wallfahrt nach Reims, die durch das Einschreiten der Polizei unterbrochen wurde, veröffent­lichen einen scharfen Protest gegen das Vorgehen der letzteren und gegen die vom Zuchtpolizeigerichte über 2 Pilger verhängten Strafen. Sie richten zugleich an den Minister des Innern das Ersuchen, eine En­quete einzuleiten, durch welche die Brutalität der Reimser Sicherheitsorgane festgestellt werden soll, die, wie es in der Protesterklärung heißt, ohne jede Provo- kation die Kirchenbanner und auch die nationalen Tri­koloren zerrissen hätten.

Paris, 27. Juni. Nunmehr scheinen sich auch die Bonapartiften entschlossen zu haben, aus ihrer bisherigen Ruhe hervorzutreten und den Royalisten auf dem Gebiete der Agitation für die monarchische Sache ein wenig Konkurrenz zu machen. Vorläufig haben sie sich damit begnügt, vor den Kasernen, bis­weilen sogar in den Kasernenhöfen zahllose kleine Zettel zu verstreuen, welche die Inschrift:Es lebe der Kaiser, eS lebe Prinz Victor Napoleon!" tragen. Bei der Revision wurden von den Offizieren in den Taschen vieler Soldaten derartige Zettel vorgefunden.

Paris, 28. Juni. Bei einem jüngst vor dem Kriegsgerichte von Montpellier verhandelten Prozesse sagte ein Zeuge, der Regimentsarzt Milouard, aus, daß der Verwaltungsoffizier Bail ly während des Feldzugs in Madagaskar oft mit Champagner und alten Weinen zur Offizierstafel gekommen sei, von denen er vorher die Etikette abgekrazt hatte. Als einer seiner Kameraden bemerkte, er müsse wohl sehr reich sein, daß er sich solche Weine nachsenden lasse, gestand Bailly, daß die Weine aus den Spenden herrühren, welche der Verein französischer Frauen für die Expeditionstruppen gesendet habe. Wie ver­lautet, wurde gegen Bailly die Disziplinaruntersuchung eingeleitet.

Aokohama, 25. Juni. Die Zahl der bei der jüngsten Hochflut an der japanischen Nordost­

küste ums Leben gekommenen Menschen wird auf 2 7000, die Zahl der Verwundeten auf 8000 ge­schätzt._

Vermischtes.

Dem Besuchs des Vizekönigs Li Hung Tschang sieht die franz. Presse auf einmal minder freundlich entgegen. Anfangs hieß es, Frankreich möge demgroßen Chinesen" durch glänzende Pracht­entfaltung imponieren. Jetzt, da Li Hung Tschang in Berlin die Aeußerung gethan hat, er halte die deutsche Armee für die erste der Welt, meintFigaro", man sollteder Gelbhaut" die kalte Schulter zeigen. DerEclair" schreibt: Man meldet aus Berlin, daß Li Hung Tschang in Deutschland drei Kreuzer, zehn Torpedoboote und mehrere Batterien bestellt hat. Gegenüber einer so grandiosen Freigebigkeit bleibt uns nur der Wunsch, daß Li Hung Tschang in Berlin nicht alle seine Einnahmequellen erschöpft. Frankreich hat China zur Genüge seinen moralischen und mate­riellen Halt gewährt, um auch Recht auf einige Be­stellungen für seine Industrie zu besitzen.

Der Norddeutsche Lloyd in Bremen, hat wie bereits gemeldet, abermals dreineueDam- pfer auf deutschen Werften in Bau gegeben. Die Schiffe sind für die brasilianische Linie des Nord­deutschen Lloyd bestimmt und werden lediglich für Zwifchendeckspaffagiere und Frachtverkehr eingerichtet. Ihre Größe beträgt etwa 4000 Tons, die sämmtlichen Abmessungen sind ungefähr so wie auf den ebenfalls für die brasilianische Linie des Lloyd im vorigen Jahre und vor zwei Jahren in Kiel und Hamburg erbauten Dampfern des Norddeutschen Lloyd, Aachen, Bonn, Crefeld und Halle. An dem Wettbewerb um den Bau der in Rede stehenden drei neuen Schiffe beteiligten sich sieben englische und fünf deut­sche Werften. Der Zuschlag seitens des Nord­deutschen Lloyd erfolgte an dir deutschen Schiffswerf­ten von Blohm und Voß in Hamburg, Johann C. Tecklenborg in Geestemünde und G. Seebeck A.-G. ebenfalls in Geestemünde. Einschließlich der erwähn­ten drei Schiffe befinden sich gegenwärtig für den Norddeutschen Lloyd neun große Oceandampfer auf deutschen Schiffswerften in Bau.

Automatische Sparkassen. Von einer ingeniösen neuen Einrichtung, die sich in Italien seit einem Jahre auf's beste bewährt, berichtet Miß Helen Zimmern im Aprilheft der »I-eisoure 8our«. Es sind automatische Sparkassen, die an vielen Straßen­ecken aufgestellt werden. Wirft man ein Zehncentimes­stück in den Spalt, so kommt unten die Empfangs­bestätigung heraus. Je 5 solcher Empfangsbestäti­gungen können in den öffentlichen Sparkaffen gegen ein Einlagebuch umgetauscht werden, wodurch der Be­sitzer in den Genuß der vorgeschriebenen 4proc. Ver­zinsung tritt und auch an den sonstigen Vergünsti­gungen participirt. Diese Automaten haben den Vor­teil, daß der Einlegende an keine Zeit gebunden ist und feine Einlage ohne Formalität und Umständlich­keit erledigen kann, was für die arbeitenden Klaffen sehr in Betracht kommt. Für die Richtigkeit dieser Voraussetzung zeugt das Resultat. Trotz der un­günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse wurden im Jahr

1895 in Padua wo der Versuch zuerst angestellt wurde zwölftausend Franken in drei solchen Auto­maten gesammelt. Mailand und andere Städte Nord­italiens sind denn auch dem Beispiele Padua's bereits gefolgt, und die Schreiberin tritt wärmstens dafür ein, auch in England, und zwar nicht nur in den Städten, sondern auch an den Landstraßen derartige öffentliche automatische Sammelkasten aufzustellen und so die Arbeiter durch die bequeme Gelegenheit zum Sparen anzueifern.

Ein salomonisches Urteil fällte kürzlich der Friedensrichter von Pervencheres bei Alen- con. Ein Scherenschleifer und ein Lumpensammler stritten sich um den Besitz einer prächtigen dänischen Dogge, genau so, wie die beiden Mütter, die einst vor dem großen Könige erschienen, um das Kind. Der Friedensrichter wendete, da ein Ausgleich nicht zu erzielen war, nun folgendes drastische Mittel an. Die Dogge wurde in den Saal gebracht, wo der Sühneversuch stattfand. Auf ein gegebenes Zeichen ließ sie der Gerichtsdiener in Freiheit und die beiden Besitzer mußten ihr pfeifen. Knurrend ging der Hund auf sie los und beroch sie. Aber schon im nächsten Augenblick wandte er um und gewann durch die offenstehende Thür das Freie. Der Schluß ist leicht zu ziehen. Die Dogge war gestohlen und ihre beiden vermeintlichen Herren wanderten nun ins Ge­fängnis.

Das Schauspie l eines Eisenbahn- Zusammenstoßes, das in den Vereinigten Staaten aufgesührt worden ist, hatte einen großenErfolg." Verschiedene Sonderzüge hatten über 30000 Per­sonen nach Kolombus in Ohio gebracht, und da für dasVergnügen" 75 Cents Eintritt gezahlt wurden, kam die Gesellschaft, die dieses Schauspiel veranstaltet hatte, nicht schlecht weg. Die zwei Züge setzten sich etwa 6 Kilometer von einander entfernt in Be­wegung und fuhren zuerst 1 Kilometer langsam; die Führer der zwei Maschinen rissen dann die Hebel weit zurück, um Volldampf einst, ömen zu lassen, und, sprangen ab. Die Züge erreichten bald eine Schnellig­keit von etwa 80 Kilometer in der Stunde und trafen mit einem schrecklichen Krach gerade vor der Zuschauer­tribüne zusammen. Eine dumpfe Explosion folgte und als sich Dampf und Rauchwolken verzogen hatten, sah man die Züge in einen Trümmerhaufen ver­wandelt. In Deutschland wundert man sich, daß die Gesellschaft keine Fahrbillette an Sclbstmordkandidaten ausgegeben hatte.

Humoristisches. Dilemma. Richter: Können Sie beschwören, daß das Ihre Handschrift ist? Beklagter: Na, dös kann i net! Richter: Dann kön­nen Sie also beschwören, daß es nicht Ihre Hand­schrift ist? Beklagter: Na, dös kann i a net! Rich­ter: Wollen Sie das Gericht zum Besten halten? Beklagter: Na, Herr Richter, i kenn doch mei Hand­schrift selber net, i kann ja net schreib'n!

Mutmaßliches Wetter. Für Dienstag und Mittwoch ist zwar wieder zeitweilig bewölktes, aber bei steigender Temperatur fast ausnahmslos trockenes Wetter zu erwarten.

Dampfwalzbetrieb.

Die Dampfstraßenwalze wird in der Woche vom 30. Juni bis 4. Juli d. I. die Staatsstraßen Nr. 109 und Nr. 102 von Höfen über Calmbach und Ober­reichenbach nach Hirsau befahren und hierauf die Strecke von Hirsau nach Calw bearbeiten.

Die Arbeitszeit dauert in der Regel von 6 Uhr morgens bis 6'/- Uhr abends.

Reitern, sowie den Lenkern von Fuhrwerken wird beim Vorübergehen an der Dampfwalze besondere Vorsicht em­pfohlen.

Calw, den 27. Juni 1896.

K. Straßenbau-Inspektion.

Fleischhauer.

Ireiwillige Jeuerwehr

Calw.

Unser Musikdirektor Wil­helm Speidel ist gestorben und wird Dienstag nach­mittag 2 Uhr beerdigt. Die I. Compagnie hat zur Be­erdigung auszurücken, die andern Compagnien sind zu zahlreicher Teilnahme eingeladen, insbe­sondere werden sämtliche Chargierte er­wartet.

Sammlung um 1'/- Uhr am Spritzen­haus.

Commando:

lisu88>vr.

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MoHnung

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Nähere Auskunft erteilt G. Schu­macher, Restaurateur.

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H.

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SchreinergeHikfe

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Als Abträger findet ein

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Ein jüngeres, braves

Mädchen

wird sofort gesucht. Von wem? sagt die Red. d. Bl.

Ein Mädchen,

nicht unter 16 Jahren, welches gut nähen kann, findet bei guter Bezahlung dau­ernde Beschäftigung bei

<-. ck- Lkroli.

Als Kohlenbrenner

ein jüngerer, kräftiger Bursche gesucht, der das ganze Jahr teils als Kohlen­brenner, teils als Arbeiter am Platz Be­schäftigung findet.

vanl klsekvn,

Kupferhammer,

Pforzheim.

Juhrknecht

gesucht.

Gesucht ein zuverlässtger Fuhrknecht, der auch im Langholzfahren bewandert ist, pr. sofort oder in 14 Tagen bei

Nod. Sünlelv,

Pforzheim, Würmthal.