71. Jahrgang.
M 27. Amts- UN- Anzeigsblatt für den Bezirk Lalw.
Erscheint DienSlagS, Donnerslag« und Samilagi. D e EturLlluugrgedühr betrSgl im Lqirk und in nächster Umgebung - Psg. di« Zeile, sonst IS Psg.
Donnerstag, den 5. Mar; 1896.
AbonnenrenlSpretS vierteljährlich in der Stabt 90 Pfg. un^ 20 Pfg. TrSgerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. IS, sonst i» ganz Württemberg Mk. 1.3S.
Amtliche Nekauu^rachusge».
Bekanntmachung.
In Simmozheim ist die Maul- und Klauenseuche erloschen.
Die sr. Zt. verhängten Sperrmaßregeln sind
aufgehoben.
Calw, den 3. März 1896.
K. Oberamt.
I. V.: Amtm. Gottert.
Bekanntmachung.
Die unter'm 5. Februar d. I. (Cslwer Wochenbl. Nr. 15) über die Gemeinde Gechingen wegen Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche daselbst verhängten Sperrmaßregeln sind heute erneuert worben und zwar mit Wirkung zunächst bis 18. d. M. Calw, den 4. März 1896.
K. Oberamt. Voelter.
Tagesneuigkeiten.
sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.j Zufolge der im Februar d. I. abgehaltenen zweiten . Lehrerdiensiprüfung ist u. a. zur Versetzung von Schuldiensten für befähigt erklärt worden: Eisen- mgnn, Gottlieb, Unterlehrer in Ostelsheim.
"r. Neubulach, 3. März. In der Straßen- . Lau-Angele gen heit Teinachthal- Neubulach — sog. Calwer Steige — fand heute die entscheidende Verhandlung statt. Durch eine Eingabe verschiedener Einwohner der hagelbeschädigten Gemeinden Altbulach, Neubulach und Holzbronn an Seine Majestät den .König wegen der Fürsorge zu einer passenden Arbeits- Gelegenheit in der Umgegend wurde die Sache beschleunigt und auch ein etwas größerer Staatsbeitrag in Aussicht gestellt. Es nahm deshalb auch Herr Oberbaurat Grauer aus Stuttgart an der Verhandlung teil, bei welcher außerdem Herr Oberamtmann Voelter, Bau-Inspektor Gugler, sowie in gütigster Weise Herr Stadtschultheiß Hoffner von Ealw, als Vertreter des Bezirks im Abgeordneten» Haus«, anwohnten. Nach einer Einleitung des Hrn. Oberamtmann Voelter und des Hrn. Oberbaurats Graner gab Hr. Bauinspektor Gugler die nötigen Aufschlüsse über Projekt und Kostenvoranschlag, welche ohne Anstand anerkannt wurden. Die neue Staige oder Straße soll vom früheren Gasthaus Waldeck an den Altbulacher Berghang hinauf mit 7°/o Steigung auf die Höhe d. h. bis Nenbulach geführt und dort noch die sog. Schlipf gegen Oberhaugstett verbessert werden. An Kosten sind vorgesehen 83 000 welche sich jedoch bei dem in Aussicht genommenen Staatsbeitrag von mindestens 40°/» und dem bereits zu- oesicheiten Amtskorporationsbeitrag von 33'/-°/» auf 22 773 für die beteiligten Gemeinden vermindern; eine Summe, von welcher man glauben sollte, daß sie bald aufgebracht bezw. genehmigt wäre.
' Nicht, daß heute die beteiligten Gemeinden an der Correction dieser Straße kein Interesse bekundeten, sondern nur weil einzelne der beteiligten Gemeinden wegen ihrer erst in den letzten Jahren ausgeführten Wasserleitungsbauten sich große Schulden
aufgeladen und durch den Hagelschlag schwer heimgesucht wurden, trug Schuld daran, daß die Sache sich sich nicht so rasch abwickelte; doch gelang es endlich und meist durch überzeugendes Zureden des Herrn Stadtschultheiß Haffner die noch zaudernde Gemeinde Altbulach auch zur Beistimmung zu bewegen, worauf dann sofort die viesbezügl. Beschlüsse gefaßt und unterzeichnet wurden. Bei dem hierauf folgenden Essen im Gasthaus z. Lamm hier gedachte namentlich Herr Oberbaurat Graner der heutigen Bemühungen des Hrn. Stadtschultheiß Haffner um das Zustandekommen der Uebereinkunst, während andererseits Hr. Stadtschultheiß Haffner in einem auf Seine Majestät den König Wilhelm II. ausgebrachten Hoch nicht nur den landesväterlichen Fürsorger sondern auch der rastlosen Thäligkeit des Oberamtmanns Voelter in seinen angefangenen Projekten sowie der gütigen Mitwirkung des Hrn. Oberbaurat Graner gedachte.
In den nächsten Tagen nun haben unter Führung des Hrn. Abgeordneten Haffner wegen Verwilli- gung des Staatsbeitrags eine Deputation der beteilig» ten Gemeinden bei Sr. Excellenz dem Kgl. Staats- Minister des Innern von Plschek eine Audienz, welcher wir besten Ausgang wünschen.
Wir hoffen nun, daß wir auch bald in die Reihe derjenigen Gemeinden ausgenommen werden können, welche bereits mit guten Verkehrsstraßen versehen sind.
Stuttgart, 3. März. Heute Abend 9 Uhr geriet der Ankuppler Seeg er auf dem Nordbahnhof beim Nangiren eines Zuges unter die Räder und wurde sofort getötet.
Stuttgart, 3. März. Gut abgelaufen ist heute Abend 7/- ein unmittelbar vor dem Hauptbahnhof erfolgter Zusammenstoß eines momentan führerlosen Fuhrwerks mit einem elektrischen Straßenbahnwagen. Aus unbekannter Ursache scheuten die Pferde und rannten direkt auf den elektrischen Straßenbahnwagen los, der aber gerade noch einen kleinen Vorsprung gewann, so daß die Deichsel den elektrischen Wagen nur noch von der Seite traf und eine Fenster- Scheibe des letzteren zertrümmerte. Niemand wurde verletzt; auch die von dem Kutscher rasch eingeholten Pferds blieben unversehrt.
Großbottwar, 29. Febr. Am gestrigen Nachmittage stürzte der Dachstuhl und Giebel vom Hause des Schneiders Guide ein, während zum Glücke niemand in dessen Wohnung anwesend war. Ein donnerähnliches Gekrach entstand und infolge des Einsturzes gab es einen solchen Staub, daß die Nachbarn glaubten, es sei in dem Hause Feuer ausgebrochen.
Heilbronn, 2. März. In den letzten Tagen wurde in der hiesig, kathol. Stadtpfarrkirche eingebrochen und die Opferbüchse ihres Inhalts beraubt. Der Dieb dürfte aber sehr enttäuscht sein, denn der Betrag war ein sehr geringer. Von dem Thätcr hat man noch keine Spur.
Heilbronn, 3. März. Am 27. v. Ms. wurde bei der Milchhändlerin Münz Witwe, deren Mann sich vor kurzer Zeit in geistesgestörtem Zustand ertränkt hatte, ein Einbruchsdiebstahl verübt und 600 gestohlen. Dieses Geld hatte die Frau von Leichenvereinen erhalten und dasselbe in ihrem Kasten aufbewahrt, wobei nebenbei noch weitere 900 sich
befanden, die aber von dem Dieb zurückgelassen wurden. Inzwischen wurden nun bei einem Nachbar, der als verdächtig erschien eine Durchsuchung vorgenommen, die aber erfolglos war. Gestern Abend ist es nun gelungen den Dieb zu ermitteln und zwar in der Person einer Fabrikarbeitersfrau, die hin und wieder bei der Münz Waren einkaufte. Nach hartnäckigem Leugnen und nach Vorhaltung ihrer großen Ausgaben, die sie in letzter Zeit machte, mußte sie endlich eingestehen, daß sie den Diebstahl verübt hatte. Eine sofort vorgenommene Haussuchung brachte noch etwa 300 bares Geld und eine ganze Reche von Gegenständen, die von dem gestohlenen Geld gekauft waren, zum Vorschein. Sämtliches wurde natürlich in Beschlag genommen. Die Thäterin wurde wegen de» Diebstahls und ihr Mann als der Hehlerei verdächtig ^festgenommen.
Ravensburg, 2. März. Das Schwurgericht verhandelte heute gegen den 31jährigen ledigen Korbmacher Quirin Eisele von UnteMldingen, bad. Bezirksamts Donaueschingen, wegen des in der Christ- nacht verübten Raubmords an dem Bauern Bodenmüller in Au bei Merazhofen, sowie wegen eine» Verbrechens der erschwerten räuberischen Erpressung und zweier Verbrechen des schweren Diebstahls im Rückfall. Der Angeklagte, ein uneheliches Kind unv von Jugend auf verwahrlost, ist vielfach mit Gefängnis, Arbeitshaus und Zuchthaus vorbestraft. Er ist durchaus geständig und wurde auf Grund de» Verdikts der Geschworenen wegen Mords zum Tode, wegen der anderen Verbrechen zu 15 Jahren Zuchthaus und dauerndem Ehrverlust verurteilt. Erzeigte nicht dis mindeste Reue und erwiderte auf eine Ermahnung des Vorsitzenden: Der Präsident habe wahrscheinlich von ihm erwartet, daß er recht heulen werde; das falle ihm nicht ein.
Waldshut, 27. Febr. Das 2'/,jähr. KnSL- chen des Grenzaufsehers Heim stürzte in einem unbewachten Augenblicke aus einem Fenster des 3. Stockwerkes in den Hof, glücklicherweise ohne den geringsten Schaden zu erleiden. Der Kleine war munter und meinte, er sei mit dem Christkindchen herunter geflogen ; er hatte das Bildchen, mit dem er kurz zuvor spielte, noch in der Hand. Das 3. Stockwerk ist über 10 Meter hoch.
Rom, 3. März. Der König ist heute nachmittag hier eingetroffen und von allen Ministern und Behörden empfangen worden; von der Bevölkeruug wurde der König lebhaft begrüßt. — Die „Tribuna*, „Fanfulla" und „Esercito" gaben Extrablätter heraus, in denen sie einstimmig das Vertrauen ausdrücke», daß das Land sich stark zeigen werde. Der „Esercito* schätzt, daß 15000 Mann und 10 Gebirgsbatterie» mitgefochten haben. General Baldiffera wird morgen in Maffaua eintreffen. „Fanfulla" und „Esercito" sagen, daß der Jahrgang 1872 werde einbernsen werden. Die Bevölkerung ist ruhig.
Nizza, 4. März. Präsident Faure ist gestern abend hier eingetroffen unter lebhaften Ovationen des Publikums. Bei dem Eintreffen Faure's auf dem Massenaplatz zur Parade pfiffen 2 junge Leute andauernd und wurden deshalb unter dem Beifall des Publikums verhaftet. Nach der Parade besuchte