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^ 146. Amts- und Anzeigeblcrlt für den Bezirk <Lalw. 70. IahkMZi

Erscheint Dienstags, Donnerstags und SamStagS. Die EtnrücknnqSgebühr beträgt im Beirrt und in nächst«: Um- .Habttng S Pfg. di, r,eile, sonst tL Pfg.

Dienstag, Len 10. Dezember 1895.

TdonnementSpreiS vtrrt ljlhrltch tn d« Stadt -V Ptft «ZS Sv Pfg. Lrägerlohn, durch dir Lost bezogen Mk. 1. 1k, sonst 1» ganz Württemberg Mk. 1..

Amtkiche Bekanntmachung««.

K. Amtsgericht Calw.

Im Jahr 1896 werden die Einträge in das ^Handelsregister durch das Centralblatt des Staats­anzeigers, den schwäb. Merkur und das Calwer Wochenblatt, die Einträge in das Genossenschafts­register durch den Reichsanzeiger und, soweit sie betreffen die Spar- und Vorschußbank Calw, die Ereditbank für Landwirtschaft und Gewerbe in Calw und den landwirtschaftlichen Consumverein Calw durch den schwäbischen Merkur und das Calwer Wochenblatt, soweit sie die kleineren Genossenschaften betreffen, nur durch letztgenanntes Blatt veröffentlicht werden.

Den 6. Dezember 1895.

Amtsrichter:

_ Fischer.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 6. Dez. (Kammer der Ab­geordneten.) Tagesordnung: Kommissionsbericht über den Antrag des Abg. Gröber, die fakultative Feuerbestattung nicht zuzulassen. Berichterstatter Hoffner: In einer früheren Sitzung habe Abg. Betz an die Regierung die Bitte gestellt, die Feuer­bestattung zuzulassen, was den Abg. Gröber veranlaßt Habe, seinen Antrag zu stellen. Redner weist auf den schriftlich erstatteten Kommissionsbericht hin und be­merkt, in welchen Staaten dieselbe bereits ewgeführt sei. In Deutschland sind es die Staaten Baden, Sachsen Coburg-Gotha, Hessen und Hamburg. Die hauptsächlichsten Gründe, welche gegen dieselbe ins Feld geführt werden, seien religiöse Bedenken und ferner Rücksichten auf die Strafrechtspflege. Redner «riderlegt diese Bedenken. Religion und Beerdigungs- nrt haben miteinander nichts zu thun. Durch die Feuerbestattung werde kein Aergernis gegeben. Aus Gründen der Toleranz sollte die Feuerbestattung er möglicht werden. Die Kommission empfiehlt die fakul­tative Feuerbestattung. Mitberichterstatter Schick ver­tritt den Standpunkt der Kommissionsminderheit, welche dem Antrag Gröber entsprechend die Feuerbestattung nicht zulassen will. Es sei eine tiefeingewurzelte Sitte, die Toten zu begraben, die speziellen christlichen Ge­bräuche haben sich an diese Sitte angeschloffen. In längeren Ausführungen widerlegt Redner die gegnerische Behauptung, daß die Friedhöfe gesundheitsschädlich wirken. Das sei durchaus unwahr, was die ver­schiedensten Autoritäten schon nachgewiesen haben. Auch mit den nationalökonomischen Gründen sei es nicht so weit her. Wenn die fakultative Feuerbestattug setzt eingeführt werde, so werde später die obligatorische verlangt werden. Es sei eine verschwindende Zahl, welche die Feuerbestattung wünsche. Mit dem Schlag­wortToleranz" sei nichts gethan, da müßte man schließlich alles zulassen, was ein paar zu einem Ver­eine zusammengeschloffene Leute wünschen. Evange­lische und kath. Kirchenbehörden haben sich gegen die Feuerbestattung ausgesprochen, u. a. auch der preuß. Kultusminister Dr. Bosse. Die Bedenken der Justiz­behörden habe der Vorredner zu leicht genommen. Redner bittet, den Antrag Gröber anzunehmen, v. Geß: Es sei ein Recht der Persönlichkeit, zu be­stimmen, was mit seinem Körper geschehen soll, wenn

nicht Gründe des öffentlichen Wohles dagegen sprechen. Das sei nicht der Fall, von einer Verletzung des reli­giösen Gefühls könne keine Rede sein, ein christliches Dogma werde nicht verletzt. Es feien ja manche Gründe vorhanden, welche für den Antrag Gröber sprechen, aber man müsse den Wunsch derer respektieren, dis verbrannt werden wollen. Daß seitens des Ge­richts Leichen ausgegraben werden, komme sehr selten vor. Redner ist für den Antrag der Kommissions­mehrheit. Frhr. v. Gemmingen: Es liege kein Grund vor, die bestehende Kirchenordnung betr. die Beerdigung abzuändern. Redner ist für den Antrag der Kommissionsminderheit ohne sich jedoch der Be­gründung desselben voll anzuschließen. Er wolle auch nicht behaupten, daß derjenige, der sich verbrennen lasse, nicht religiös sei. Die christliche Sitte der Erdbestattung müsse erhalten bleiben, man würde es im Volke nicht verstehen, wenn die Negierung die Feuerbestattung zulassen würde. Solange nicht dringende Gründe zur Aenderung der Bestattungsart vorliegen, solle die Erdbestattung beibehalten werden. Zur Zeit dürfe jedenfalls dem Gesuch des Fsuer- bestattungsvereins nicht entsprochen werden. Betz dankt dem Berichterstatter für sein entgegenkommendes Referat und tritt für Zulassung der Feuerbestattung ein. Domkapitular v. Linsenmann wird für den Antrag der Kommissionsminderheit stimmen. Kloß bespricht die Schwierigkeiten, für Stuttgart geeignete Friedhöfe zu bekommen. Der Boden sei ungeeignet, die Auslagen ungemein bedeutend. Krematorien er­regen nur deshalb Aergernis, weil die Masse des Volkes nicht hierüber aufgeklärt sei. Friedhöfe seien gesundheitsgefährlich. Was dann werden soll, wenn in den großen Städten Epidemien ausbrechen. Egger kann die dringende Notwendigkeit eines Krematoriums für Württemberg nicht einsehen. Das Gefühl des gläubigen Volkes werde dadurch verletzt, v. Wittich: Wenn die Feuerbestattung nur fakultativ werde, so bleiben die Ausgaben für Friedhöfe doch, die Be­denken in gesundheitlicher Beziehung bleiben auch be­stehen. Man könne also diese Gründe nicht ins Feld führen. Das Recht des Einzelnen sei beschränkt durch die allgemeinen Gesetze. Bei zweierlei Beerdigungs­arten werde Zwietracht in die Familie gesät. Zweifel­los sei, daß die Masse des Volkes an der alten Sitte des Begrabens festhalte. Frhr. v. Gültlingen ist im Wesentlichen mit Frhr. v. Gemmingen einver­standen, auf die Gefühle des Volkes müsse Rücksicht genommen werden. Ganz wesentliches Gewicht legt Redner auf die von der Justiz gehegten Bedenken und führt in dieser Beziehung Fälle aus seiner Praxis an. Minister v. Pischek: Das Recht des Einzelnen sei durch die Gesetze beschränkt. Bei Epidemien ent­sprechen die Krematorien den auf sie gesetzten Hoff­nungen deshalb nicht, weil die rasche Beseitigung durch ein Krematorium bei einer größeren Zahl von Toten nicht thunlich ist und deshalb doch beerdigt werden muß. Redner teilt den Standpunkt des Justizministers mit. 25 Fälle von Ausgrabungen von Leichen seien vorgekommen. Die Frage selbst anlangend, so sei zuzugeben, daß die Bewegung für Feuerbestattung an Ausdehnung gewinne, doch seien die Zahlen, um die es sich handle, verhältnismäßig sehr gering. Die ge­sundheitlichen und wirtschaftlichen Gründe sprechen

nicht dringend für Einführung der Feuerbestattung. Die Thatsache, daß es eine 2000jährige Sitte sei, um die es sich handle, sollte davon abhalten, eine Aenderung zu treffen. Schrempf: Die Mehrheit des württembergischen Volkes sei nicht dafür, daß man in Württemberg Leichenöfen einrichte. Kein einziger Abgeordneter könne behaupten, daß es die Ansicht der Mehrheit seiner Wähler sei, Krematorien zu errichten. Es sei eigentümlich, daß die Partei, welche sonst immer von souveränem Volkswillen spreche, in dem vorliegenden Punkte nach dem Willen deS Volkes absolut nichts frage. Gröber tritt in längeren Ausführungen nachdrücklich für den Antrag der Kommissionsminderheit ein. Berichterstatter Haff- ner giebt dem Abg. Schrempf zu, daß die Mehrheit des Volkes keine Leichenverbrennung wolle, aber es handle sich nur darum, daß man die Erlaubnis den­jenigen gebe, die sich verbrennen lassen wollen. Die Diskussion wird geschloffen. Der Antrag der Ksm- missionsminderheit wird mit 44 gegen 40 Stimmen abgelehnt, derjenige der Kommissionsmehrheit mit 44 gegen 39 Stimmen angenommen.

Tagesneuigkeiten.

Calw. Am Freitag abend hatten wir infolge des anhaltend niedergehenden Regens wieder starke- Hochwasser. Dir Wafferhöhe war eine bedeutende, obwohl der Stand von 1882 nicht erreicht wurde. An mehreren Stellen der Stadt mußten Notbrücken geschlagen werden und die Einwohnerschaft der untere» Stadtteile hatte vollauf zu thun, um Gegenstände aus den Parterreräumlichkeiten in Sicherheit zu bringen. Auch das Vieh mußte in höher gelegene Stallungen gebracht werden. Die Rettungs- und Bergungsarbeiten dauerten in der Nacht bis Samstag früh '/,3 Uhr. Um diese Zeit war ein Abnehmen bemerkbar; erst spät nachmittags konnten die Straßen wieder begangen werden. Die Unannehmlichkeit der feuchten ungesunde» Wohnungen überwiegt den direkt angerichteten Schaden.

Calw. Ausstellung fürElektrotech- nik und Kunstgewerbe, Stuttgart 1896. In Anwesenheit Sr. Hoheit des Prinzen Her­mann zu Sachsen-Weimar fand am 5. d. M. unter dem Vorsitz des Geh. Hofrats Dr. v. Jobst eine weitere Sitzung des geschäftsführenden Aus­schusses statt. Der Vorsitzende giebt zunächst von dem Plane des Stuttgart er Gewerbevereins Kenntnis, welcher sich als Körperschaft an der Ausstellung zu beteiligen gedenkt. Danach beab­sichtigt derselbe, passende Spezial-Ausstellungen der Mitglieder, welche ein möglichst vielseitiges Bild de- Stuttgarter Gewerbebetriebs geben, soweit es die Grundbestimmungen des AusstellnngsunternehmenS erlauben, in dem vom Verein geschaffenen gemein­samen Rahmen wirksam unterzubringen. Die Garten­baulektion teilt mit, daß sie vier große Garten­bau-Ausstellungen während der Dauer der Ausstellung in Aussicht genommen, von denen die erste, welche mit dem Eröffnungstage der Gesammt-Aus- stellung ihren Anfang nehmen wird, besonders um­fangreich werden soll. Die Pläne und Kosten für die große Maschinenhalle und das mit dieser in Verbindung stehende Kesselhaus werden ge-