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gebrannt und ungeheure Futtervorräte vernichtet. Viele Menschenleben sind zu beklagen.
Paris, 23. Okt. Im Expeditionscorps von Madagaskar macht sich der Mangel an Aerzten stark fühlbar. Auf dem Dampfer Metz starben infolge ungenügender Pflege von 700 nach Frankreich zurückkehrenden Soldaten 113. Ein einziger Arzt und zwei durch Krankheit selber dienstunfähige Tierärzte bildeten die ganze Sanitätstruppe des Schiffes; der gleiche Uebelstand herrscht auf Madagaskar selbst, wo die Sterblichkeit in den Spitälern stark zunimmt.
Heidenheim, 30. Okt. In Steinheim wurden in letzter Zeit größere Funde an Petrefakten gemacht, Geweihe, verschiedene Knochen und insbesondere ein vollständiger Rhinoceroskopf mit Ausnahme des Unterkiefers. Das ganze Stück ist sehr gut erhalten. Sämtliche Zähne, namentlich auch die Eckzähne, sind vorhanden, was von ungeniein großer Wichtigkeit ist, da hierüber bis dato noch Unklarheit herrschte. Professor Dr. Ed. Fraas ist von diesem Fund bereits in Kenntnis gesetzt. Das seltene Stück repräsentiert einen Wert von 150 bis 300
Ulm, 31. Okt. Ein etwa 8jähriger Knabe, der Sohn hiesiger Eltern, stahl seinen Eltern aus der Kommode 10 ^ und brachte das Geld mit noch 3 bis 4 gleichaltrigen Kameraden durch, indem die Burschen hiefür aus den auf dem hiesigen Bahnhof aufgestellten Automaten Bonbons und Chokolade kauften. Als man den Diebstahl entdeckte, war das Geld bereits verbraucht. Es ist dies nicht der erste Fall, daß Kinder ihren Eltern Geld entwendeten, um an Automaten Näschereien zu kaufen.
Rottweil, 30. Okt. Ein hiesiger Metzgerknecht sollte einen Ochsen von Herrenzimmern hieher führen. Unterwegs riß das Tier aus und ließ sich nicht mehr einfangen, so daß es mit einem wohlgezielten Schüsse erlegt werden mußte.
Schwenningen, 20. Oktober. Die „Süddeutsche Uhrenfabrik" hier hat den Konkurs angs» meldet — in drei Jahren die brüte große Uhrenfabrik.
Friedrichschafen, 21. Okt. Heute Abend um 6 Uhr traf S. M. der König mit großem Gefolge (18 Kavaliere) zu einem dreitägigen Jagdaufenthalt hier ein. S. Majestät wurde am Bahnhof von dem Stadtschultheiß, dem Stadtpfarrer und einigen Gemeinderäten empfangen.
Pforzheim, 22. Okt. Einen erfreulichen Erfolg hat der Fahnder Behring er zu verzeichnen; durch sorgfältige Nachforschungen und besondere Findigkeit gelang es ihm den Burschen herauszufinden, welcher die Malereien im Eingang zum Ratskeller in so roher Weise beschädigt hat. Der Thäter, welcher gestern verhaftet wurde, ist der 28jährige Gießer A. R. Bischofs von Zütau, welcher hier beschäftigt ist. Ohne Zweifel wird die Strafe gebührend scharf ausfallen.
Dresden, 17. Okt. Bei dem orkanartigen Sturm, der gestern nachmittag über ganz Sachsen dahinbrauste, wurde auf der Eisenbahnelbbrücke ein mit 47 Telegraphendrähten belasteter eiserner Träger umgerissen und auf das Gleis geworfen, so daß ein gleichzeitig die Stelle passierender Güterzug in den Drähten sich verwickelte und drei weitere derartige Träger zu Falle brachte. Glücklicherweise gelang es, den Zug alsbald zum Stehen zu bringen. Wichtige Verbindungen mit dem Osten und Norden wurden auf mehrere Stunden unterbrochen.
Berlin, 23. Okt. Am Hofe wird heute der Geburtstag der Kaiserin gefeiert. Um 9 Uhr fand zunächst Gratulation des engsten Familienkreises statt. Sodann konzertierte vor dem neuen Palais die Regiments-Kapelle des Garde du Corps-Regiments. Um 11 Uhr erfolgte Gratulation für die nächste Umgebung des Kaiserpaares, woran sich das Frühstück schloß. Die Abendtafel findet um 8 Uhr im neuen Palais zu 16 Gedecken statt. Zu derselben sind der engere Hofstaat der Majestäten, die Flügel- Adjutanten des Kaisers und die Kommandeure der Regimenter, deren Chef die Kaiserin ist, geladen.
Berlin, 22. Okt. Wie die „Post" erfährt, wird sich der Kaiser nach der Einweihung des Reichsgerichtsgebäudes am nächsten Samstag von Leipzig nach Liebenberg begeben, um auf eine Einladung des Grafen Philipp zu Eulenburg an der JaZd teilzunehmen.
Berlin, 22. Okt. Der General-Feldmarschall Graf von Blumenthal war, wie die Kreuzztg. meldet, durch leichtes Unwohlsein, welches er jetzt wieder überwunden hat, zu semem Bedauern genötigt, der Enthüllungsfeier des Kaiser Friedrich-Denkmals bei Wörth fernzubleiben. Der General-Feldmarschall wurde am 18. Oktober vom Kaiser durch ein sehr gnädiges Telegramm und die Verleihung der Brillanten zum Schwarzen Adler-Orden ausgezeichnet.
Berlin, 23. Okt. Der Lokalanzeiger meldet aus Hamburg, das deutsche Schiff „Caroline" ist unweit Pillau verunglückt. Zwei Leichen wurden bereits angetrieben, darunter diejenige des Kapitäns.
Breslau, 22. Oktbr. Der verantwortliche Redakteur der sozialdemokratischen „Volksmacht", Ernst Zahn, wurde wegen Majestätsbeleidigung in einem Artikel vom September: „Das Deutschtum der Hohenzollern" zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt.
Emden, 21. Oktober. Der Führer des am Dienstag aus See zurückgekehrten Loggers „Jakob" der Fischerei-Aktiengesellschaft „Neptun", Kapitän de Coning, berichtet, daß ain Sonntag, ungefähr um Mitternacht, die sämtlichen ausgeworfenen 70 Netze durch einen englischen Dampfer abgeschnitten worden sind. Die Bemühungen, Nummer und Heimatshafen des Engländers, der zum Schadenersatz verpflichtet war, festzustellen, waren erfolglos, da er sofort seine Laternen abnahm. Von den Netzen, die einen bedeutenden Wert haben, sind 20 mit ihrem Inhalt (Heringe) verloren gegangen. Die Rücksichtslosigkeit der englischen Seeleute in der Nordsee nehmen derartig überhand, daß nachgerade seitens Deutschlands energische Schritte gegen diese Hebelgriffe gethan werden sollten.
Wien, 22. Olt. Das „Extrablatt" meldet aus New-Iork: Furchtbare Waldbrände verheeren die Distrikte Minnesota, Süd-Dakota und Manietoba. Hundert Meiereien sind nieder-
Einen Moment besann sich der Franzose, dann rief er erfreut:
„Lb I vous svubaitsL uu barsux?"
„Om, monsieur, un barenA l" antwortete ich lachend.
„Labs, eela me älvertit beaueoux!" meinte der Franzose, eilte hurtig mit seinen klappernden Holzschuhen in den Keller und kam gleich darauf mit zwei großen Häringen zurück, von denen Knülle sogleich einen mit großem Appetit verspeiste. Eme Bezahlung lehnte der Franzose lachend ab. „6'sst xour le plaisir messieurs", meinte er sich verneigend. Dann gab er unS noch bis zur Thür das Geleü und als wir draußen standen, sagte er boshaft lächelnd: „Lu rsvoir L In xrnuäo rstirs!" Ich drehte mich schnell um und entgegnete so gut ich es aus dem „Plötz" gelernt Halle: „I-es Lllowauäs no eonuaisseut xs» In retirs, woosisur I I-n I'rnueo est peräu saus ressouree. — Lu rsvoir oomws vaiugusur!"
Auf dem Wege zu unserm Quartier kaufte sich Knülle noch ein Paar Strümpfe. Seine Mutter in Berlin Halle an ihn «in Paar Strümpfe in zwei Paketchen ab- gelchukt, von denen er aber nur eins erhielt. Die Pakete an Soldaten in Frankreich durften derzeit bekanntlich nur einen geringen Umfang haben, und so kam es, daß eine Unterjacke oder Unterhose oft in zwei bis drei Teilen zur Versendung gelangte ; bei der Unsicherheit in Feindesland ging dann wohl ein Ärmel oder Rumpfteil verloren oder fiel mit anderen Gegenständen der Feldpost in die Hände beutegieriger FravctireurS, von denen eS bekanntlich in den Vogesen und an der Loire wimmelle.
V.
Mü dem Ruhetag, auf den wir uns so sehr gefreut Hallen, war's diesmal nicht«. Noch in der Nacht wurde alarmirt und gegen Morgen abgerückt.
DaS nächste Quartier in einem Keinen Dorfe in der Nähe von Beäugen cy war trostlos! Zerschossene Häuser, aus denen die Bewohner bis auf Greise und Kranke geflüchtet, schmutzstarrende, von Ungeziefer wimmelnde, elende Hütten, bis zum Dach vollgepropft mit Soldaten aller Waffengattungen — das waren unsere Quartiere.
Zum Glück Hallen wir uns aus Orleans einige Lebensmittel mitgebracht, so
Vermischtes.
— Bei einer jüngsten Anwesenheit aufIagd - schloß Hubertus stock — so erzählt eine Korrespondenz — wurde der Kaiser, als er in unscheinbarem Jagdrock in der Nähe des Schlosses dem Waidwerk oblag, von einem Handwerksburschen angesprochen^ welcher den Weg nach Angermünde wissen wollte. Der Kaiser, welchen der Bursche nicht erkannte, ließ sich mit ihm in ein Gespräch ein, fragte nach seinen Privatverhültnissen, dem Ziel seiner Reise und zeigte dem Wanderer schließlich den richtigen Pfad, worauf sich der Bursche von dannen trollte. Einige Herren der Hofgesellschaft, welche den Vorgang aus der Ferne beobachtet hatten, waren nun der Meinung, der Fremde habe den Kaiser belästigt, und telegraphierten sofort nach den Ortschaften, welche in der Marschrichtung des Reisenden lagen, um ihn festnehmen zu lassender Bursche wurde denn auch in der Herberge in Angermünde ermittelt und verhaftet. Als dem Kaiser über die Verhaftung berichtet wurde, klärte er sofort den Irrtum auf, verfügte telegraphisch die sofortige Haftentlassung des Handwerksburschen und wies demselben aus seiner Privatschatulle das Reisegeld bis Cuxhaven an, bis wohin derselbe reisen wollte, wie er dem Kaiser bei seinem Zusammentreffen mit demselben erzählt hatte.
— Unter den Hamm er st ein-Briefschaften soll sich bekanntlich auch eine Mappe mit der Bezeichnung , „Duell Eugen Richter" befinden. Wie Berliner Blätter angeben, habe es sich dabei nicht um eine parlamentarische Auseinandersetzung gehandelt, sondern um ein wirkliches Duell wegen des Richter'schen Ausdrucks „Bauernfänger", durch den sich die „Steuer- und Wirtschaftsreformer" beleidigt gefühlt und beschlossen haben sollen, „einzeln oder in corpore*' gegen die Person des Abgeordneten E. Richter „loszugehen", wobei die „Treffsicherheit" des Freiherrn von Hammer--- stsin in erster Linie berücksichtigt worden sei. Die Briefe sind 18 Jahre alt.
Was ein Häkchen werden will, krümmt sich schon bei Zeiten. An dieses Wort denkt man unwillkürlich bei dem Streich, den in Cannstatt ein Schulbube am Samstag begangen hat. Derselbe sah auf dem Güterbahnhof einen mit
daß wir unS am Abend Kaffee kochen und den vom langen Marsche oder stundenlangem Stehen in der Gefechtsstellung erstarrten Körper erwärmen konnten. Unsere Wirtsleute, ein Greisenpaar, hockten seufzend und wehklagend in einer Ecke des kleinen Zimmers. Da sie von Allem, was zum Lebensunterhalt gehört, entblößt waren, so teilten wir redlich mit den beiden Alten unseren kargen Mundvorrat. Unsere Feldflaschen, mit Wein gefüllt, welcher aber aus dem Marsche gefroren war, hingen am Kamin zum Auftauen. Wärme, Wein und befriedigter Magen ließen denn auch bald wieder eine frohere Stimmung unter der Mannschaft Platz greisen.
Man stopfte, flickte, nähte, putzte, und dazwischen summten Einige ein Lied, das mir noch oft in den Ohren klingt, wenn ich an diesen Abend und an meinen Spiel-, Schul-, und Kriegskameraden H., der auch „drüben überm Rhein" den ewigen Schlaf schläft, zurückdenke.
Ich habe nie an sogenannte „Ahnungen" geglaubt und finde keine Erklärung für die Behauptung, daß eS Personen giebt, welche ein sie treffendes Unglück lange vorher „ahnten". Nichtsdestoweniger ist die Thatsache, die ich hier erzähle, geeignet, einer übernatürlichen Eingebung, einem „Vorohnen des bald eintretenden Todes", das Wort zu reden.
Jener Freund, den ich von Jugend auf als einen heiteren und unverzagt in die Welt blickenden Menschen kannte, zeigte vom ersten Tage der Mobilmachung an ein ernstes, niedergedrücktes Wesen. Das konnte nun gerade nicht sehr auffallen, wenigstens mir nicht, denn ich wußte, daß ihm der Abschied von seiner inniggeliebten Mutter, einer FörsterL-Wittwe, und seiner unversorgten Schwester, deren beider Ernährer er war, sehr schwer geworden sein mußte und daß seine Gedanken in der Ferne immer bei jenen so teuren Lieben weilten. Daß er aber, wenn wir beisammensaßen und uns von der Heimat und den glücklichen Kinderjahren unterhielten, stets wiederholte: „Du sollst sehen, ich sehe meine Müller und Schwester nicht wieder," das siel mir zuletzt auf. Wäre er eme ängstliche und furchtsame Natur gewesen, so hätte man seine Sorge wohl begreiflich finden können; aber das war er nicht — seine Brust schmückte schon lange das Eiserne Kreuz."
(Fortsetzung folgt.)