Amts- und Anzeigsblatt für den Bezirk (Lalw
1V4
70. Iahrgav-i
^scheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Die EinrüÄungSgibühr beträgt im Bezirk und in nächster Umgebung S Psg. die Heile, sonst IS Pfg.
Dienstag, den 3. September 1895.
AdonnemmKpretr vterteljährktch in d« Stadt -0 Pfg. und de Psg. Lrägeclohn, durch die Post bqogen Dtt. 1. 15, sonst t» ganz Württemberg Mk. 1. SL.
Amtttche ZSeLanutmachuvges.
Bekanntmachung der K. Landgestütskommis- fion, betreffend die Vornahme einer Stutenmusterung.
Die durch ö. 11 der Beschälordnung vom 25. Dezbr. 1875 (Reg.-Bl, S. 660) vorgeschriebene Stutenmusterung wird in diesem Jahre an den nachbenannten Orten und Tagen vorgenommen werden: Ebingen Montag 30. Sept., vormittags 9 Uhr, Balingen Montag 30. Sept , nachmittags 3 Uhr, Tuttlingen Dienstag 1. Okt., vormittags 8 Uhr, Spaichingen Dienstag 1. Okt., vormittags 11 Uhr, Rottweil Dienstag 1. Okt., nachmittags 3 Uhr, Sulz Mittwoch> 2. Okt., vormittags 9 Uhr, Herrenberg Mittwoch 2. Okt., nachmittags 2 Uhr, Weilderstadt Donnerstag 3. Okt., vormittags 9 Uhr, Vaihingen Donnerstag 3. Okt., nachmittags 2 Uhr, Solttude Freitag 4. Oktober, nachmittags 3 Uhr.
Die K. Oberämter werden beauftragt, für die Eröffnung der Aufforderung zum Vorführen der Stuten und der von denselben abstammenden noch im Besitz der Stuteneigentümer befindlichen Fohlen an die nach H. 11 der Beschälordnung zum Vorführen verpflichteten Stutenbesitzer zu sorgen. In den Vorladungsnachweisen müssen die Stuten nach Farbe und Abzeichen genau bezeichnet werden.
Bei den Musterungen müssen die Stuten nach den Gemeinden, welchen ihre Besitzer angehören, geordnet aufgestellt sein, unv es haben die Oberämter dafür zu sorgen, daß diese Aufstellung mit dem für den Beginn der Musterung bestimmten Zeitpunkt beendigt ist.
Behufs Vorladung der Stutenbesitzer werden den Oberämtern die Beschälregister der betreffenden iBeschälstationen zugestellt werden.
Für diejenigen Fohlen, welche als Remonten
zum Ankauf angeboten werden, ist in nächster Nähe ein besonderer Platz zur Ausstellung anzuweisen.
Die landwirtschaftlichen Bezirksvereine werden eingeladen, bei der Stutenmusterung durch Abordnung von Delegierten sich zu beteiligen.
Stuttgart, den 20. August 1895.
K. Landgestütskommission.
Fleischhauer.
Ankauf von Remonten.
In der Zeit vom 30. September bis 8. Oktober d. I. werden für das Remonte-Depot deS Kömgl. Landgestüts Fohlen nicht unter 2 Jahre alt angekauft.
Die Tiere müssen nach Form, Gang und Größe zu Artillerie-Zugpferden sich eignen. Die Abstammung ist durch Beschälschein nachzuweisen. Ausgeschlossen sind Schimmel und Hengste.
Jeder Verkäufer hat für die Hauptmängel Gewähr zu leisten und das verkaufte Pferd aus dem Remonte-Depot zurückzuholen, ohne Anspruch auf Schadenersatz — auch wegen erworbener Mängel, Fehler oder verändertem Nährzustand —, wenn innerhalb der gesetzlichen Frist ein Gewährsmangel sich herausstellt. Darüber, ob ein solcher vorhanden, entscheidet ausschließlich das Landoberstallmeisteramt. Die Kaufbedingung, betreffend die Hauptmängel, erstreckt sich auch auf unvollständige Kastration (Spitz- Hengste), ohne daß für die Rückgabe eine Frist festgesetzt wird.
Der Verkäufer hat eine gute Trense und ein gutes Strickhalfter mit 2, je 2 Meter langen Stricken jedem Pferd mitzugebe», oder für deren Anschaffung 6 ^ baar zu bezahlen.
Die Pferde können vorgeführt werden in: Ebingen Montag 30. September, vormittags 9 Uhr, Balingen Montag 30. September, nachmittags 3 Uhr, Tuttlingen Dienstag 1. Oktober, vormittags 8 Uhr, Spaichingen Dienstag 1. Oktober, vormittags 11 Uhr,
Rottweil Dienstag 1. Oktober, nachmittags 3 Uhr, Sulz Mittwoch 2. Oktober, vormittags 9 Uhr, Herrenberg Mittwoch 2. Oktober, nachmittags 2 Uhr, Weilderstadt Donnerstag 3. Okt., vormittags 9 Uhr, Vaihingen Donnerstag 3. Oktober, nachmittags 2 Uhr, Künzelsau Freitag 4. Oktober, vormittags 9 Uhr, Solitude Freitag 4. Oktober, nachmittags 3 Uhr, Gestüt Marbach Samstag 5. Okt., vormittags 10 Uhr, Ehingen a. D. Montag 7. Okt., vormittags 10 Uhr, Saulgau Montag 7. Oktober, nachmittags 3 Uhr, Ravensburg Dienstag 8. Oktober, vormittags 8 Uhr, Waldsee Dienstag 8. Oktober, nachmittags 1'/» Uhr.
Bei der Besichtigung.der vorgeführten Fohlen wird der Landoberstallmeister diejenigen bezeichnen, deren Erwerbung er für zulässig erachtet, und den Kaufpreis dafür bestimmen. Die endgiltige Entscheidung über den Ankauf erfolgt jedoch erst, wenn sämtliche Märkte abgehalten sind, und wird dem Eigentümer bis spätestens 20. Oktober mitgeteilt unter Bestimmung des Orts und der Zeit der Abnahme.
Der Kaufschilling wird von der K. LandgestütS- kaffe durch Postanweisung dem Eigentümer überwiesen.
Marbach, den 20. August 1895.
K. Landoberstallmeisteramt. _v. Hofacker. _
Ein Auhmesklatt deutscher Geschichte.
Zur Erinnerung an den deutsch-französischen Krieg von (870/7s von Gustav Lange.
(tiokerrtliglrr «krisle».)
(Fortsetzung.)
Sichtlich ergriffen von der Wichtigkeit des Augenblickes erbrach König Wilhelm das Schreiben, es enthielt nur di« wenigen inhaltsschweren Worte:
14 1 e? f kl. ^Nachdruck oerboten-I
Knkrl Gerhard.
Erzählung von Marie Widdern.
. .. (Fortsetzung.)
„Tante!
.Lieber, guter Guido, welch ein Wiedersehen!' schluchzte dis Matrone, indem Lie ihre Arme um den Hals deS Neffen schlang. Lutter aber reichte dem künftigen Schwiegersohn nur mit einem bewegten: „Gott grüße Dich, armer Junge!", die Hand. Dann drängte er zur Eile. Das Gepäck mußt« besorgt werden, damit man mach der langen, anstrengenden Fahrt so schnell als möglich unter Dach und Fach käme.
Guido wußte alles Notwendige in kürzester Zeit zu arrangieren, und so sah man sich denn bald auf dem Polster eines MietSfuhrwerkS, das mit flinken Pferden der Behausung des Verstorbenen zurollte.
Auf der Schwelle des eleganten Quartiers wurden die Ankommenden von Frau Bernhard, der Haushälterin Herrn Schmiedens seu., erwartet. Die gute alt« Person hatte Thränen im Auge und vermochte vor unterdrücktem Schluchzen kaum ein Wort des Willkommens zu flüstern. Dann aber nahm sie den Arm der Rätin und führte sie nach einem hüschen, einfenstrigen. Gemach, das schon für den Empfang der Dame berrittt war. Guido dagegen mußte das Unterbringen Herrn Lutters besorgen und that dies auch mit möglichster Zuvorkommenheit, trotzdem ihm da« Herz gar schwer war und ihn der Anblick des künftigen Schwiegervaters keineswegs tröstete.
Mit zitternder Hand hatte Frau Bernhard der Rätin den Reisemantel abgenommen. „Wir haben hier schwere Tage durchlebt, gnädige Frau," sagte sie dabei, mühsam ihrer Stimme Herr werdend; „Doktor Guido ist sozusagen seit Wochen nicht aus den Kleidern gekommen. O, der liebe, junge Herr!! Bis zu den letzten Äugenblicken des unvergeßlichen Toten blieb er der gute, gehorsame Sohn, welcher
er immer gewesen. Gott lohne cs ihm und mache ihn recht — recht glücklich! Ab«, gnädige Frau, hierzu ist leider wenig Aussicht vorhanden. Die unselige Verlobung —' Eine vielsagend« Handbewegung unterbrach die bekümmerte Frau. „Ich hoff«, daß trotz allem dieses Bündnis noch zu gutem Ende führen wird." sagte die Rätin. .Fräulein Hermine hat sich sehr zu ihrem Vorteil verändert, während mein Neffe am Krankenbette seines Vaters wachte. Doch lassen wir dieses Thema jcht, meine Liebe, ich möchte zunächst meinen lieben Fritz —'
Die weiche Stiwme der Matrone ward von Thränen erstickt. Schluchzend legte sie ihren Arm in den der braven Haushälterin des Verstorbenen. „Führen Sie mich zu dem Toten," flüstert« sie.
„Aber wollen Sie sich nicht vorher ein wenig erfrischen, gnädige Frau? Im Speisezimmer ist der Frühstückstisch gedeckt und —"
Wieder unterbrach die Rätin mit einer Handbewegung dir Worte der Men. „Nein, nein, ich will nichts wissen von Speise und Trank, ehe ich an der Leiche dr> Teuren gebetet. O Gott, so viele Jahre habe ich den Anbl'ck meines Bruders entbehrt, und nun soll ich ihn auf dem Totenbette Wiedersehen!"
„Trösten Sie sich, Frau Rätin, dem alten Herrn ist wohl. Er hat schwer gelitten und war in der letzten Zeit auch nicht glücklich. Unsere liebe Gnädige fehlte ihm an allen Orten, und die in Aussicht stehende Heirat des Sohne« machte ihm dazu manche Sorge, nachdem er aus den GesichtSrügen Doktor Guidos gelesen, datz die Brautschau zu gering« Zufriedenheit ausgefallen!' Bei diesen Worten hatte Frau Bernhard dir Thür de« Gemaches geöffnet. Der Rätin den Vortrilt lassend sagte sie nur: .Über den Korridor, bitte! Drüben im Salon ist der Tote ausgebahrt."
Pietät und Liebe HM« den schönen Raum, in welchem zu Lebzeiten d« zweiten Gemahlin Fritz Schmiedens die froheste Galligkeit geherrscht, in eine» Tempel deS Todes umgewandelt. Alle Gegenstände, die an dre Bedürfnisse, Gewohnheiten und Ansprüche des alltäglichen Lebens erinnerten, waren aus dem hohen, jetzt mit dunklem Tuch dekorierten Gemach entfernt worden. An ihr« Stelle hatte man inmitten des quadratischen Raumes den Katafalk ausgerichtet. Lorbeer-