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Amis- und Anzeigeblatl für den Bezirk (Lalw.

70 . Iahrgaas.

Erscheint Dien-tag-, Donnerstag- und SamStagS. Die Einrückung-gebühr berrLgt im Vr-tri! und in nächster Um- .^ebunz 9 Pfg. di« AeUe, sonst 1L Pfg.

Zamstag, den 24. August 1895.

LdonnementSprei» vterteljLhrttch tu d« Stadt SO P*ß. und LO Pfg. TrLgerlohn, durch die Post byogen ML 1. 15, sonst t> ganz Württemberg Mk. I. SL.

Amtliche Aekanvlmachunge».

Sktialltttmachmig bktr. Floßspkttk.

Die K. Kreisregierung in Reutlingen hat durch t Entschließung vom 21. August d. I. im Einverständnis mit der K. Ministerialabtrilung für den Straßen- .und Wasierbau die Mostsperre auf der Nagold ibis zum 15. September d. I. verlängert, > 2 vas hiemit öffentlich bekannt gemacht wird.

Calw, den 22. August 1895.

K. Oberamt.

Gottcrt, A.-V.

Amtsversammlimg.

Am Mittwoch, den 4. September d. I., Don vormittags 9 Uhr ab» findet auf dem Rat­haus in Calw Amtsversammlung statt, bei welcher nach dem bestehenden Turnus die Gemeinden Calw, Altbulach, Altburg, Althengstett, Bergorte, Deckrn- pfronn, Gechingen, Hirsau, Liebelsberg, Liebenzell, Monakam, Millingen, Oberkollwangen, Oberreichen- - bach, Ostelsheim, Ottenbronn, Schmieh, Speßhardt, Stammheim, Unterhaugstett und Würzbach und zwar ,Calw mit 7 Stimmen, Deckenpfronn, Gechingen und Stammheim mit je 2 Stimmen, die übrigen genannten Gemeinden mit je 1 Stimme stimmberechtigt sind.

Von jeder Gemeinde haben hiebei so viele Ver­treter zu erscheinen, als sie an diesem Tag Stimmen in der Amtsversammlung führt.

Außerdem können sämtliche Ortsvorsteher, auch wenn sie nicht stimmberechtigte Mitglieder der Amts­oersammlung sind, derselben auf Rechnung der Amts- pflege anwohnen.

Gegenstände der Verhandlung sind:

1) Beeidigung der neugewählten Mitglieder.

2) Mitteilung der Uebersicht über Einnahmen und Ausgaben der Oberamtspflege pr. 1. April 1895.

Z) Genehmigung der Amtsvergleichungskosten pr. 1894/95.

4) Feststellung der Amtsvergleichungstaren für das ^ Etatsjahr 1895/96.

5) Bericht über dos Ergebnis der Abhör der Amts­

pflegrechnung pr. 1893/94 und der Rechnung der Bezirkskrankenpflegeversicherung pr. 1893.

6) Beratung des Amtskörperschaftsetats pr. 1895/96.

7) Freigabe der Dienstkaution deS verstorbenen Ober­amtspflegers Fechter.

8) Wahl eines Kaminfegers- für den Kehrbezirk II.

9) Aufstellung eines weiteren Mitglieds für den Amtsversammlungsausschuß.

10) Wahl des Amtsversammlungsaktuars und des Amtsoersammlungsausschusses.

11) Wahl des Verwaltungsausschusses der Kranken­pflegeversicherung der Amtskorporation Calw für dir Kalenderjahre 1896, 1897 und 1898.

12) Wahl eines Mitglieds der Kreislandarmenbehörde.

13) Aufhebung des Beschlusses vom 2. Aug. 1893 betr. Ergänzung des" Straßenbaufonds von 10,000

14) Prüfung der Amtspslegrechnung pr. 1894/95 und

der Rechnung der Bezirkskrankenpflegeversicherung pr. 1894. ,

15) Feststellung der Belohnung des HauptkassierS der Bezirkskrankenpflegeversicherung und der Orts­behörden für Arbeiterversicherung.

16) Erhöhung der Beiträge zur Bezirkskrankenpflege­versicherung.

17) Feststellung eines Normalstatuts über Gewährung von Beiträgen zu Korrektionen und Neubauten von Vicinalstraßen seitens der Amtskorporation.

18) Gesuche um Beiträge zu den Vicinalstraßenbauten TeinachRöthenbachZavelstein, Teinach- Neu­bulach, DeckenpfronnGültlingen.

19) Wahl eines Vertreters der bei der Gebäudebrand­versicherungsanstalt versicherten Gebäudeeigen­tümer.

20) Wahl von Vertrauensmännern für den Ausschuß zur Auswahl der Geschworenen und Schöffen.

21) WahleinerLandtagsabgeordneten-Wahlkommission.

22) Wahl einer Kommission zur Verteilung der Quar-- tierlast.

23) Wahl von Sachverständigen zur Abschätzung der bei Truppenübungen entstandenen Flurschäden.

24) Wahl von 12 Sachverständigen für die Wahl der Bezirksschätzer bei der Gewerbeeinschätzung.

25) Wahl des bürgerlichen Mitglieds der Oberersatz­kommission.

26) Verlängerung der Zeitdauer der Wahl der Mit­glieder der Pferdemusterungskommission und der Sachverständigen für die Abschätzung der Wagen und Geschirre.

27) Erhöhung der Reisekosten des Oberamtsweg­meisters.

28) Beschluß wegen Aufnahme eines Darlehens zur Leistung der Beiträge für Straßenbauten pr. 1895/96.

29) Einige andere minder wichtige Gegenstände.

Calw, den 23. August 1895.

K. Oberamt.

Gottert, A.-V.

Tagesneuigkeiten.

In Ebhausen, OA. Nagold, wurde am 19. ds. Mts. der etwa 60 Jahre -He Gottl. Bührer aus Balingen von dem Eise-Z.'-, 2 . Überfahren und sofort getötet. Dem VerunE^ der Schädel

zerquetscht, der Brustkasten und sowohl

das rechte als das linke Bein Trotzdem

das Geläute von der Maschine ordn^Mmäßig ertönte und dem Bührer noch im letzten Augenblick, ehe er das Bahngeleise betrat, vom Personal Zeichen durch Schreien und Bewegen der Arme gegeben wurden, trat derselbe doch unmittelbar vor der Maschine zwischen die Schienen, so daß ein Halten des Zuges nicht mehr möglich war. Der Unfall ist wohl dem sehr schlechten Gesicht und Gehör des Verunglückten zuzuschreiben.

Alten steig, 16. Aug. Bei Lehrer Breithle befinden sich seit einigen Wochen zwei deutsche Togo- neger; ein dritter, der hier war, reiste in voriger Woche nach Bremen ab zum Empfang dreier weiter« Landsleute. Sie sind zum Zweck ihrer Ausbildung als Lehrer nach Deutschland gekommen. Nach einem dreijährigen Lehrkurs bei Pfarrer Binder in West­heim, OA. Hall, werden sie in ihre Heimat abreisen, um sich dort dem Jugendunterricht zu widmen.

6 14 t 6 s IRachdruck verboten-I

Gnkrl Gerhard.

Erzählung von Marie Widdern.

(Fortsetzung.)

Die Häside zu ihm erhebend, warf sie sich noch einmal in di« Knie vor dem ^schönen, Lüstern Manne, dem ihre ganze Seele gehörte, den sie liebte und doch wieder fürchtete in unerklärlicher Angst.

Hatte sie eine Ahnung davon, welch tief ergreifenden Anblick ihre jungfräuliche Holdseligkeit in diesem Augenblick bot? Wie schauerndes Entzücken war eS über den -Körper des Mannes gegangen. »O, Clemence, Clemence," hauchte er dann, .haben Sie Erbarmen mit mir und lasten Sie mich gehen!" Und wieder wollte er sich wenden. Zwer sie schrie laut auf, und ihre Arme umfaßten seine Knie. Die Angst gab ihr Kraft, und die zarten Mädchenhände hinderten den starken Mann wirklich daran, nur eir.n Schutt vorwärts zu thun.

.Nicht -von der Stelle. Gerhard Barnstedt, nicht von der Stelle, bis Sie mir angesichts des Grabes da gesagt haben, wer ich bin und welchen Namen ich trage."

Er stöhnt laut auf. Man sah es. wie seine Seele rang, daß jedes Gefühl in ihm sich dggegen auflehnte, ihr den Willen zu thun. Dann aber trat plötzlich eine ReaktionEst war, als wenn seine Augen in ihre Höhlen sanken, der stattliche Mannhaft einem Male um Jahr« alterte. Aber auch da« währte nur -wenig« Minuten Dann atmete er tief auf, seine Rechte machte «ine Bewegung,

als schiebe sie ein Hindernis aus dem Wege. Und sich plötzlich wieder zu seiner ganzen Höhe aufrichtcnd, sagte er mit klarer, fester Stimme:

»So sei es denn, Clemence, der Schleier soll gehoben werden, in den Sie Ihre Herkunft gehüllt sehen. Ich aber gebe damit Ehre und Leben in Ihre Hände."

»Ehre und Leben !" Sie zitterte, und doch schauderte sie nicht vor ihm zurück. Freilich, aus ihrer knienden Stellung erhob sie sich. Aber sie faßte dafür seine Hand und führte ihn nach der Ruhebank hinter dem Grabe seiner Eltern zurück.

.Ehre und Leben des Mannes, der für mich gesorgt hat, wie nur ein Vater es thun kann, ist wohl geborgen in meiner Hand," hauchte sie, während sie sich setzte und er ihrem Beispiel folgte.

»Sprechen Sie kein voreiliges Wort, Clemence!" erwiderte Gerhard. Dann nahm er den Hut vom Kopf und lehnte das Haupt zurück, als wollte er. während er dem jungen Mädchen die Geschichte ihrer Herkunft erzählte, immerfort in den klaren, wolkenlosen Äther sehen. Aber auch diese Stellung veränderte er bald, und als er endlich zu erzählen anfing, hatte sein Blick sich auf das Grab gesenkt.

.Sie wissen, Clemence," begann er mit leiser, aber fester Stimme, »daß ich als ganz junger Mensch nach Australien auSgewandert bin. In Adelaide trat ich in ein größeres Handelshaue ein. Der Chef desselben war eia Holländer namenS van Hörsen. Er befaß eine einzige Tochter, zu der ich sofort in ein freundschaft­liches Verhältnis trat. Wir beide waren damals sozusagen noch Kinder. Atter geworden, kamen wir zu der Erkenntnis, daß unsere Herzen sich gehörten, und ver­lobten uns heimlich mit einander. Um diese Zeit war eS, daß mein Chef mir er­öffnet?, er habe den Beschluß gefaßt, mich in Geschäften auf Reisen zu schicken, so

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