424

Verwundete hatten die Deutschen zu beklagen, während die Franzosen einen Verlust von 249 Offizieren und 3829 Mann an Toten und Verwundeten hatten, außerdem verloren sie 1500 Gefangene, eine Menge Armeevorräte u. s. w. Deutscherseits beklagte man am meisten den General von Francois, welcher bei dem Sturmangriff von einer Kugel tätlich getroffen worden; unvergeßlich bleiben seme schönen Worte, die er im letzten Augenblick seines Lebens äußerte: Es ist doch ein schöner Tod, ver auf dem Schlacht­felde; ich sterbe gern, da ich sehe, daß das Gefecht vorwärts geht!"

Zwei Niederlagen an einem Tage waren hin­reichend, Frankreich zur Verteidigung auf seine Fest­ungen zurückzudrängen, während die deutschen Heere nunmehr in Feindesland standen und zu weiteren Angriffen vorschroiten konnten. Ein großes Stück französische Selbstüberschätzung war mit dem 6. August begraben worden. Viele tausend Hände falteten sich am Abend dieses herrlichen Tages zu innigem Dankgebet.

Nachdem so die Grenzen vom Feinde befreit waren, konnten die deutschen Truppen unbehindert in Frankreich ihren Vorbeimarsch fortsetzen. Die fran­zösische Heeresleitung sah sich nach den für sie höchst ungünstigen Anfängen gezwungen, ihren ganzen Feld­zugsplan zu ändern: ihre Hoffnung konnte eigentlich nur noch darauf basiren, die eigentliche Hauptarmce, welche noch vollständig unversehrt unter dem Ober­befehl des Marschalls Bazaine in der Nähe der starken Festung Metz stand mit der Armee Mac Mahons, die sich nach dem Verlust der Schlacht von Wörth wieder einigermaßen gesammelt und in operations­fähigen Zustand gesetzt, zu vereinigen.

Die Deutschen erkannten diese Absicht wohl noch zur rechten Zeit, um ihre weitere Kriegsführung danach einzurichten; es fiel den deutschen Heerführern danach die Aufgabe zu, danach zu trachten, diese Ver­einigung der französischen Heeressäulen zu verhindern. Hierdurch kam es in der Gegend von Metz zu ver­schiedenen blutigen Schlachten und Gefechten.

Zuerst am 14. August bei Colomby, wo die Franzosen sich an den Rändern der Wälder, welches Metz umgeben, sich vortrefflich verschanzt halten, doch trotz aller Verschanzung wurden sie von der Armee, die unter dem Commando des Prinzen Friedrich Karl stand, von einem Abschnitt zum andern zurückgeworfen. Mit hereinbrechender Dunkelheit befand sich die fran­zösische Armee auf der ganzen Schlachtenlinie im vollen Rückzuge nach Metz und der Mosel. Die nachrückenden Preußen mußten indessen die Verfolgung aufgeben, da von Metz, vom Fort St. Julien aus das Feuer aus den weitreichenden Geschützen gegen die Verfolger gerichtet wurde und auch die herein­brechende Nacht der Verfolgung ein Ziel gesetzt hatte. Bazaine erklärte sich in seinem Schlachtenbericht an Kaiser Napoleon fürunbesiegt" und erhielt hiefür von seinem Souverain ein schmeichelhaftes Schreiben, in welchem es u. A. hieß:Sie haben den Bann gelöst!"

Der Tod hat wiederum bei Fr-- "d und Feind reiche Ernte gehalten und auch die Verwendeten waren sehr zahlreich. Der Verlust der Preußen es hatten bei Colomby nur preußische Truppen gekämpft betrug einschließlich der 222 Offiziere fast 5000 Mann.

Die Franzosen bezifferten ihren Verlust auf 200 Offiziere und 3408 Mann, darunter General Decaen, welcher später seinen schweren Wunden erlag. Durch diesen Sieg war die große freie Straße auf Paris erzwungen und das französische Heer gewissermaßen in zwei Haufen gespalten, zwischen denen die Deutschen wie ein fester Keil sich hinein gezwängt. _(Fortsetzung folgt.)_

Tagesneuigkeiten.

s:f Calw, 12. Aug. Das am gestrigen Nach­mittag im DreißschenSaale von derKonkordia" gegebene Konzert erfreute sich eines zahlreichen Besuchs. Die unter der Leitung von H. Schull. Vin^on vorgetragenen Männerchöre zeigten, daß die Sänger des Vereins es sich angelegen sein lassen, in der Pflege des vierstimmigen Männergesangs rüstig vorwärts zu streben. Von den gesungenen Chören heben wir hervor:Wir grüßen dich, du Land der Kraft und Treue",Nimm deine schönsten Melodien," Am Waldrand steht ein Tannenbaum",Wenn der Frühling auf die Berge steigt" (Preislied),Mein Vaterland jetzt gilts zu scheiden",Die Schlacht ist aus" undEs steht ein Haus am Rheine". Vor allem aber haben die vorgetragenen Volkslieder von Silcher u. a. gut gefallen und Anklang gefunden, so daß reicher Beifall gespendet wurde. Auch die von einigen Fräulein zu Gehör gebrachten Terzette von Koch (o' treu' Deandl'",Die Schnitterin" undO lieb' so lang' du lieben kannst") wurden beifällig ausgenommen. Eine angenehme Abwechslung des reichhaltigen Pro­gramms bildeten die fein und mit großer Virtuosität ausgeführten Violinvorträge, die von Hrn. Lehrer Totems an der höheren Handelsschule hier in dankenswerter Weise übernommen worden waren. Der Reinertrag des Konzertes wurde einer hiesigen Sammelstelle für die Hagelbeschädigten überwiesen. Möge das gute Gelingen des Konzerts die Sänger des Vereins zu weiterem Streben in der edlen Gesangs- sachs ermuntern!

' ^ x. Unterreichenbach. Als ein Zeichen dankbarer Erinnerung an die verflossenen 25 Jahre gesegneten Friedens haben die bürgerlichen Kollegien dahier jedem Veteranen der hiesigen Gemeinde zum 2. Sept. 5 aus der Gemeindekasse ver- willigt.

Stuttgart, 10. August. Aus Anlaß der Schlacht bei Wörth sandte der Kaiser an den hier noch in bester Erinnerung stehenden früheren kom­mandierenden General v. Schachtmeyer, welcher seit seiner Pensionierung in Celle lebt, von Cowes folgendes Telegramm: Sie führten in der Schlacht bei Wörth die 21. Division zu Ruhm und Sieg. Ich gedenke dessen am heutigen Tage mit besonderer Dankbarkeit und wünsche, daß sie die Erinnerungs­tage noch recht oft feiern mögen.

Ludwigsburg, 8. Aug. Am 6. ds. hat sich auf der Treppe des Monrepos-Sees ein etwa 26 bis 28 Jahre alter Mann erschossen und ist hier­auf in den See gefallen. Der Mann war gut ge­kleidet, hatte Geld, goldene Uhr und Ringe bei sich; es soll in ihm der ledige Kaufmann Schwarzmann aus Pfedelbach erkannt worden sein, worüber Be­

stätigung indessen noch abzuwarten bleibt. Legi-- timationspapiere irgend welcher Art wurden bei dem Toten nicht gefunden.

Ebersberg, OA. Backnang, 10. Aug. Die Ernte ist hier sowie in der ganzen Umgegend in voll­stem Gange. Roggen und Dinkel sind bereits ein­geheimst. Gerste, Haber und Sommerweizen etwa zur Hälfte. Der Ertrag ist reichlich und ausgezeichnet. Die Heuernte war reichlich, der Oehmdertrag wird etwa ein mittlerer. Der Obstertrag ist dagegen, wie überall, sehr gering. Durch den strengen Winter haben die Obstbäume sehr notgelitten. Die Wein­berge stehen prächtig.

Heilbronn, 9. Aug. Mächtige rotglühende Rauchwolken, die vom Rund'schen Fabrikanwesen ausgingen, ließen gestern abend gegen 11 Uhr auf Großfeuer schließen. Es war daselbst auf bis jetzt unerklärte Weise ein Fabrikgebäude in Brand geraten. Als die Sturmglocke ertönte stand bereits der ganze Dachstuhl in Hellen Flammen. Die an die Wecker­linie angeschlossene Mannschaft war schon in voller Thätigkeit unv hatte durch rasches Einschreiten ein weiteres Umsichgreifen des Feuers verhütet. Ab­gebrannt sind der ganze Dachstuhl des einstöckigen Gebäudes und zum Teil der Dachstuhl eines ange­bauten Wohngebäudes. Der Fabrikbetrieb ist nicht gestört.

Ebingen, 9. Aug. Hier wurde ein Hilfs- komite für Calw-Nagold gebildet.Von den Ober- ämtern Calw und Nagold sagt derNeue Alb- bote" sind schöne Summen nach Balingen ge­flossen, so daß es nur ein Akt der Billigkeit ist, daß wir nun auch den dort Beschädigten zu Hilfe eilen."

Biber ach, 7. Aug. Beim Einfahren von Frucht machte auf dem rückseitigen Brett eines be­ladenen Wagens das 9jährige Söhnchen eines Bauern die Heimfahrt mit. Ein diesem Fuhrwerk folgender Wagen fuhr zu nahe an ersteres heran und die Deichsel traf dtn Knaben, so daß ihm ein Arm abgedrückt und eine erhebliche Verletzung der Brust verursacht wurde.

Ravensburg, 8. Aug. Als diesen Mittag ein hiesiger Weingärtner seine zwei Kühe vom StaL durch den Hausgang treiben wollte, brach die daselbst auf dem Boden angebrachte Kellerthüre ein, und beiden Irere sielen in die Tiefe. Mit Hilfe der Nachbarn gelang es mühevoll, die Vierfüßler aus dem Keller heraufzubringen, die merkwürdigerweise durch dem Fall keinen erheblichen Schaden erlitten haben.

Chur, 10. August. Von 5 Rekruten wurden wegen grober Sittlichkeitsverbrechen vom Militär­gericht zwei zu zehn, einer zu drei, einer zu 5 Jahren, ferner einer zu 4 Monaten Zuchthaus und Tragen der Kosten verurteilt.

Moskau, 11. Aug. Die Krönung des Kaiserpaares wird, wie jetzt verlautet, in der zweiten Hälfte des April nächsten Jahres stattfinden.

Sofia, 11. Aug. Die Organe Nados- lawows besprechen in abfälliger Weise die Nach­richten über die angeblich beabsichtigte Unabhängig­keitserklärung Bulgariens. Die Zeitungen machen die Regierung für die Folgen eines solchen Ereignisses verantwortlich.

Aber, Hermmchen, ich bin cS ja, und ich kam nur, um Dir «in Glas Brause­limonade zu bringen. Sie wird Dir wohlthun, mein Kind! Öffne mir deshalb, Liebchen! Ich bitte darum."

Nur einen Augenblick stand Hermine zögernd, auf ihr unvollständiges Kostüm blickend. Dann eilte sie nach der Thür und schob den Riegel zurück.

Das alte Fräulein hatte die Nichte selbstverständlich oft genug in einem Negligs gesehen, wie das war, in dem Hermine jetzt vor ihr stand. Dennoch blickte Betty in grenzenlosem Staunen m das Gesicht des Mädchens, dessen ganzer Aus­druck vollständig verändert erschien. Wie hinweggrwischt war dis starre Gleichgültig­keit aus den an sich nicht charakterlosen Zügen, und die großen Augen HerminrS, welche gewöhnlich so apathisch blickten, glänzten und verrieten Leben und Bewegung.

Momente lang stand die Alte reglos auf der Schwelle des Gemachs. Dann zog sie die Thür wieder in das Schloß, und als sie Hermine in das Innere des Gemachs gefolgt, schlang sie plötzlich beide Arme um den Hals des Mädchens, herminchen," flüsterte sie dabei,es waren nicht Kopfschmerzen, die Dich hier herauf trieben; in Deine junge Seele ist urplötzlich ein Feuerbrand gefallen, der sie geweckt hat aus dem unnatürlichen Schlaf, in welchem dieselbe seit Jahren lag."

DaS Mädchen errötete. Mit Aufgebot seiner ganzen Kraft wollte es die alte Starrheit wieder über feine Züge breiten, aber eS gelang Hermine nicht. Die innere Aufregung ließ sich nicht so leicht dämmen. Um so weniger, als die Tante mit der vollen Innigkeit ihres treuen, braven Herzens auf den Liebling einredete.

herminchen, so sprich Dich doch aus!' flüsterte sie immer wieder.Denke daran, wie großes Vertrauen Du zu mir gehabt, als Du noch mein kleines Herz­blättchen warst, für das ich Puppenkleidchen nähte und dessen Spiele ich leitete. Sei gut," setzte sie hinzu, als das Mädchen den Blick senke,und suche mir nicht zu verbergen, wa« ich offen auf Deinem Gesicht lese: Dir ist etwas passiert, irgend etwas Erschütterndes. Glaub« mir, Du selbst wirst Dich wohler fühlen, wenn Du Dein Geheimnis mir offenbart hast. Ich meine e- ja so gut mit Dir und denke »ur an Dein Glück."

Wie lange war eS her, daß Hermine irgend jemand einen Einblick in ihre

Empfindungen gestattet? Die Stiefmutter hatte auch in dieser Beziehung erreicht,, was sie erreichen wollte, ohne einen Begriff davon zu haben, wie grausam sie handelte. Heute aber fielen die Worte der Tante endlich auf den rechten Boden, denn plötzlich schlangen sich Hermincs Arme um den Hals der alten Tante. Mit sanfter Gewalt zog die Mattone sie aui das Sofa.

Tante!" kam eS flüsternd über ihre Lipp-n.Ja, Du sollst wissen, was mir widerfahren, schon damit Du mir raten, sagen kannst: So mußt Du sein, Dich gebärden und kleiden, wenn Du den Leuten nicht länger eine Zielscheibe des Spottes sein willst, die Karikatur und der Dragoner vom Rosenhof."

Ausschluchzend waren die letzten Worte über ihre Lippen gekommen. Und nun begann sie mit fliegender Hast zu berichten, was ihr begegnet, daß man sie verhöhnt Habs vor den Ohren ihres Bräutigams und wie dieser sich ihrer geschämt hätte. .Ohne alle Frage geschämt. Tante," wiederholte das Mädchen und preßte die Hand des Fräuleins an seine Brust,geschämt um so mehr, als er sich in der Gesellschaft der reizenden Pflegetochter Gerhard Barnstedts und der Rätin be­fand. O, Liebe, Teure, und ich kann ihn nicht einmal schelten, daß er nur widerwillig den Hut vor mir zog. Denn als ich mich hier vor den Spiegel stellt«, fand ich ja silbst, wie ich viel mehr einer Vogelscheuche glich als der Tochter eines reichen Mannes."

Gott sei Dank, daß sich endlich Dein Blick geklärt hat!" rief Tante Betly. j tzt. DaS Gesicht der Nichte zärtlich streichelnd, setzte sie hinzu: .Nun wird noch alles gut werden und aus Dir eine glückliche Frau. Aber sagte ich Dir eine solche Stunde nicht' längst voraus, mein Liebling?" fuhr sie dann eifrig fort. Immer"

Ja, ja, Tante! Aber um Gottes willen, was kann ich run thun? In wenigen Stunden kommen unsere Gäste! Soll ich mich noch einmal als Karikatur vor ihnen präsentieren? Noch einmal Guido vor mir erröten machen?"

Auf keinen Fall!"

.Dcch was dann? Ich habe nicht ein einziges Kleid, welches anders gemacht: ist als nach den Modellen der Mutter(Forts, folgt.)