95. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw. 70. Jahr-IM-

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Erscheint DienStagS, Donnerstags und SamStagS. Die Einrückungtgebühr beträgt im Bezirk und in nächster Um» .Aebuug S Pfg. die Aeile, sonst iS Pfg.

Amtliche Aekanutmachuugeu.

Die Ortsbehörden

Werden beauftragt, anher anzuzeigen, wann letztmals die Wahl des Feuertvehrkommandanten und seines Stellvertreters vorgenommen und sb und wann solche vom Oberamt bestätigt worden ist; eventuell ist Neuwahl des Kommandanten und seines Stell­vertreters in Gemäßheit der Bestimmungen des Art. 17 der Landesfeuerlöschordnung vom 7. Juni 1885 Regbl. S. 242 und des 8 ? der Lokalfeuerlösch­ordnung auf die Dauer von 5 Jahren einzuleiten und dem Oberamt Vorlage behufs Bestätigung zu machen. Bemerkt wird, daß bei jeder Neuwahl Be­stätigung einzuholen ist.

Die Abteilungsführer sind vom Gemeinderat zu bestätgen.

Calw, 8. August 1895.

K. Oberamt. ^ Voelter.

Den KrtsbeHöröen läßt inan mit nächster Post Formulare zu QuittungS- bogen über Staatsbeiträge zu den Gehalten -er Lehrer behufs Zustellung an die betr. Gemeinde­pfleger, welche die Lehrersgehalte zu verrechnen haben, zugehen.

Calw, 8. August 1895.

K. Oberamt. Voelter.

Bekanntmachung.

Da die Einleitungen zu der Jahresschätzung -er Gebäude und ihrer Zubehörden und der hienach ouf den 1. Januar 1896 zu vollziehenden jährlichen

Dienstag» den 13. August 1895.

Aenderungen der Feueroersicherungsbücher nunmehr wieder zu beginnen haben, und hiebei zunächst die Schätzungen derjenigen Aenderungen in Betracht kom­men, welche sich an Fabriken oder sonstigen größeren gewerblichen Anlagen nebst ihren Zubehörden (nament­lich Maschinen) durch Neubauten oder sonstige Bau­ausführungen beziehungsweise durch Abgang, Zuwachs oder Wertveränderung von Zubehörden feit der letzten Schätzung ergeben haben, so erhalten die Gemeinde­behörden Ulster Hinweis auf Art. 12 des Ges. v. 14. März 1853 und Ziff. 9 Abs. 1-5 des Normal- erlasseS vom 16. März des gleichen Jahres (KlumppS neueste Handausgabe S. 18 lit. s.) den Auftrag, die Besitzer derjenigen Fabriken oder gewerbl. Anlagen, bei welchen die bezeichnet«» Voraussetzungen zutreffen, zu «»verweilter Anmeldung der eingetretenen Aende­rungen nach Maßgabe der Ziff. 1 und 2 des Erlasses des Verwaltungsrats vom 9. Juli d. I. (Amtsbl. S. 294) bei der Ortsbehörde aufzufordern» hierauf die Durchsicht der auf Fabriken und ähnliche Gebäude bezüglichen Einträge des Feuerversicherungsbuchs vor­zunehmen und von den hienach sich ergebenden Aende- rungsanträgen dem Oberamt Anzeige zu machen, wo­bei die vom Verwaltungsrat in dem schon erwähnten Erlaß aufgestellten Vorschriften zu beobachten sind. Formulare zu den Anmeldungen können dis Orts­behörden vom Oberamt beziehen.

Calw, den 9. August 1895.

K. Oberamt.

Gottert, A.-V.

Bekanntmachung.

In Stammheim ist die Maul- und Klauen­seuche erloschen und damit der Bezirk wieder

SbonnnneniSpreil vierteljährlich in der Sticht Sv Pig. und « Pfa. rrägerlohn, durch di« Po- bezog«» «k. 1.» sonst i» ganz Württemberg Vtt. L..

seuchenfrei. Die s. Zt. verhängten Sperrmaßregel» sind aufgehoben.

Calw, den 12. August 1895.

K. Oberamt.

Gottert, A.-V.

Gin Auhmesölatt deutscher Geschichte.

Zur Erinnerung an den deutsch-französischen Arieg von (870/7( von Gustav Lange.

(lloicrrSligtrr verk-Inl.)

(Fortsetzung.)

Nachdem am 2. August die Franzosen die kleine Abteilung der Hohenzollernschen Füsiliere aus Saar­brücken mit großer Uebermacht verdrängt, hatte seit dem 5. August das Froffard'sche Corps von der Saar südlich St. Arnual bis zur Eisenbahn zwischen Stiring-Wendel und Forbach auf den Spichrrer Höhen Stellung genommen. Es war keine leichte Aufgabe für die deutschen Truppen diese größtenteils steil abfallenden, bewaldeten Höhen, die von de» Franzosen durch Schützengräben und Batterieeinschnitte in vorzüglichen Verteidigungszustand versetzt worden waren, im Sturm« zu nehmen. Vielfach gingen sie unter verheerendem Feuer ohne selbst einen Schuß zu thun vor und unaufhaltsam vorwärts stürmend, trieben sie mit den Gewehrkolben die Franzosen aus ihren Stellungen, die sich in Folge dessen mehr und mehr zurückzogen, bis schließlich das ganze Frosiatzd'sche Corps in's Wanken geriet und den Rückzug auf der ganzen Linie antrat, diesmal etwas mehr in Ordnung, da m Folge der eingetretenea Dunkelheit deutscher­seits eine nachdrückliche Verfolgung des Feindes nicht ausgenommen werden konnte.

Der glorreiche Tag hatte schwere Opfer ge­fordert: 223 Offiziere und 4648 Mann Tote und

^ 11. >NachLr»ck «erboten-I

Onkel Gerhard.

Erzählung von Marie Widdern.

(Fortsetzung.)

In unverhältnismäßig kurzer Zeit erreichte Hermine auf diese Weise den Rosenhof. Das gußeiserne Gitterthor stand weit offen, und so konnte sie ohne Aufenthalt um den Vorgarten hemm nach dem WirtlchaftShof fahren. Hier warf sie einem Knecht die Zügel zu und sprang eilfertig vom Wagen. Anstatt wie sonst mit eigenen Händen die gemachten Einkäufe nach dem Hause zu tragen, um sie dort vorsorglich in Kammer und Keller zu bergen, deutete sie jetzt nur mit der Hand nach dem Wagen zurück und rief dem Knecht zu: .Nimm den Korb unter dem Sitz hervor und trage ihn nach der Küche zu dem alten Fräulein. Sage da­zu, daß ich mit heftigen Kopfschmerzen heimgekommen und gezwungen wäre, mich sofort auf mein Z mmer zu begeben."

Ohne die gewohnte Abgemesienheit in jeder ihrer Bewegungen, war Hermine danji in das HauS getreten. Hier stürzte sie fast die Treppe hinauf. Im Giebel­stübchen angelangt, riß sie fliegender Hast die Thür zu dem Zimmerchen auf. das dem gegenüber lag, welches man Guido angewiesen. Jetzt stand sie tief auf­atmend in dem niederen, «puritanisch einfach eingerichteten Raum und preßte die Hand auf das wild schlagstde Herz. Dann schob sie den Riegel vor. Noch einen Augenblick schmerzhafter Erinnerung, und sie ritte mit großen Schritten der Wand zu, an welcher der Spiegel hing. Kerzengerade stand die große Gestatt jetzt vor dem schmalen Glase mit. d»n glatten, wurmdurchfreflenen Rahmen von Birkenholz. Sie schaute stumm aufHhrEigenes Bild. Zum ersten Mal, so lange sie denken konnte, stellt« Hermine Betrachtungen über ihr« äußere Erscheinung an. Immer War eS ihr dabei, als stände neben ihr eine schlanke Mädchengestatt in duftigem

Sommerkleide, das holde Gesichtchen m t dem zarten Theerosenteint von einem ent­zückenden weißen Hütchen beschattet.

.Bei Gott, im Vergleich mit ihr mußte ich auch ihm wie eine Karikatur erscheinen," stöhnte Hermine, während sie unausgesetzt in den Spiegel sah. Mit heftigem Ruck riß sie sich den Hut vom Kopf und warf ihn auf den Fußboden, ohne daran zu denken, daß sie damit die Pietät gegen eine Verstorbene verletzte. War es doch die Stiefmutter gewesen, welche mit eigenen Händen den breiten Bändern in einer Auflösung von Ocker die leuchtende Farbe gegeben. Noch nicht genug damit, entledigte die Aufgeregte sich auch noch mit zitternden Händen de! bunten Gewandes. Erst als sie auch dieses zu ihren Füßen sah, wurde sie ruhiger und kreuzte tiefatmend die Arme über der Brust. Wie sie so dastand in der sauberen Unterkleidung, die den weißen Hals und die vollen Arme frei ließ, erschien sie mit einem Male als eine ganz andere. Ihre Figur sah schlank, fast grazws aus. Tante Betty hatte recht, diese Formen waren keineswegs unschön, sondern wurden nur entstellt durch die allzu weite Gewandung. Wieder traf Hermines Blick sitzt den Spiegel.

»Aber bin ich denn thatsächlich so häßlich?' flüsterte sie dabei. Dem Im­pulse deS Augenblicks folgend, zog sie nur die Nadeln au« dem Haar, löste die Flechten auf und ließ den köstlichen Reichtum an ihrer Gestalt niederfallen. Wie ein langer Seidenmandel, der fast bis mr Erde reichte, umgab es sie nun und ver­lieh der ganzen Erscheinung einen eigentümlichen Reiz. .Wenn er mich so fährt* kam es unwillkürlich über die L ppen des Mädchens. ,O, pfui, wie kam ich nur zu solchem Wunsch? Und doch und doch' Hermine preßte wieder die Hand gegen di« Schläfe, und dann schrie sie fast in das kleine Gemach hinein: .Aber ich will nicht länger eine Karikatur sein, er soll sich nicht noch einmal meiner schämen."

Ein leises Klopfen unterbrach in diesem Augenblick den Gedankengang Hrr- mines. Als sich dasselbe wiederhotte, rief sie dem Draußenstehenden ein unmutige«: »Ich habe Kopfweh und will nicht gestört sein!" zu.