Amts- und Anzeigeblalt für den Bezirk (Lalw

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Hrscheint Die »r stagS, Donnerstags und Samstags. Die lsinrückungSgebühr beträgt rm Bezirk unc in nächster Um- »Hebung S Vfg. die .*etle, sonst 12 Hfg.

Samstag, den 15. Juni 1895.

Sbonnementsprits vierteljährlich tu der Stadt 90 Pjg. «vft 9V Pfg. Lrägerlohn, durch dir voft bezogen ML 1. IS, sauft t» ganz Württemberg Mt. 1. Sb.

Amtliche Nekarmtmachrmge«.

Hie Ortsbehsrden für die Arbeiter­versicherung,

welche mit der Erledigung des vorletzten Absatzes des oberamtlichen Erlasses vom 3. Mai d. I. (Calwer Wochenbl. Nr. 64) betr. die Bestellung von Ver­trauensmännern noch im Rückstand sind, haben die verlangte Eröffnungsbescheinigung binnen zwei Tagen vorzulegen.

Calw, den 13. Juni 1895.

K. Obcramt. Voelter.

6^ Tagesneuigkeiten.

Neiz^nbürg, 12. Juni. Ein gutes Zeugnis für die Vorzüge unseres Schwarzwalds und seines Klimas liefert gegenwärtig unser Nachbarort Schöm­berg. Seit Jahren hat die Zahl der die dortige Heilanstalt für Lungenkranke besuchenden Gäste von nah und fern sich gesteigert; in diesem Jahre hat sie bereits feit 2 Monaten die Höhe von 80 90 Gästen erreicht. Zur Zeit sind in dem alten Kurhaus für Minderbemittelte mehr wie 50, in der Hauptanstalt 3040 Patienten zur Kur. In diesem Jahr sind namentlich viele Fremde aus Baden und Norddeutsch­land vertreten, während Württemberger in der Minder­zahl sind. Auch im alten Kurhaus ist das Verhältnis dasselbe, da ganz besonders die bad. Versicherungs­anstalt in Karlsruhe für rechtzeitige Unterbringung ihrer lungenkranken Versicherten in Anstaltsbehandlung besorgt ist und dabei unserm Kurort Schömberg in erster Linie zur Aufnahme solcher Kranken den Vor­zug gibt. (Schw. M.) ,,

Weißach, 10. Juni. In der Nähe der hies. Mahl- und Oelmühle haben sich am Samstag meh­rere aus fünf Wagen bestehende Zigeunergesellschaften aufgehalten und der Reihe nach in der Mühle ge­bettelt. Einer der sich besonders frech benommen, wurde abgewiesen und war nur mit Mühe aus dem Hofe zu entfernen. Der Mühlenbesitzer fuhr später nach Heimerdingen, wo er sodann auf der Straße von ben Zigeunern förmlich überfallen, geschlagen, sowie mit Gewehr und Dolch bedroht wurde. Die An­greifer haben sich nach verschiedenen Richtungen ent­fernt. Vier derselben sind eingeholt und an das Amts­gericht in Leonberg verbracht worden.

Aus Betzingen weiß derG.-A." fol­gende Maßregelung zu erzählen. Die im Dezember v. I. neugewählten 5 Ausschußmitglieder verweigerten dem Schultheißen den Eid. Ihre Gründe scheinen nun für Eidesverweigerung doch nicht stichhaltig ge­wesen zu sein, denn die 5 wurden auf Weisung des Oberamts in voriger Woche nochmals zur Verewigung vorgeladen. Auf ihre wiederholte Weigerung beschloß der Gemeinderat mit 5 gegen 3 Stimmen, denselben die Stimmberechtigung und Wählbarkeit bei Kommunal- «ahlen auf die Dauer von vier Jahren abzusprechen und eine Neuwahl vornehmen zu lasten.

Am Dienstag wurde in Bückingen der 43jährige Arbeiter Wilhelm Wolf von hier beerdigt. ^Derselbe stand als Pferdeknecht bei Herrn Güter­

beförderer Wüst in Heilbronn in Arbeit und wurde am letzten Freitag von einer Fliege in den Arm gestochen. Obwohl der Arm alsbald anschwoll, setzte er seine Arbeit fort, bis ihm das Bewußtsein schwand und er hieher überführt werden mußte. Unter un­säglichen Schmerzen starb er am letzten Sonntag. Er hinterläßt eine Witwe mit 5 unmündigen Kindern.

Balingen, 10. Juni. Se. K. Hoheit Herzog Albrecht von Württemberg hat 1000 ^ für die Ueberschwemmten gespendet, Herzog Robert sandte 500 der Fürst von Hohenzollern hat 600 die Fürstin-Mutter 200 ^5 und die Fürstin-Infantin 200 ^ übersendet, der Bischof von Rottenburg 400 der Wohlthätigkeitsbazar in Stuttgart hat 7000 ^ abgeworfen, durch den Landtagsabgeordneten sind 6000 durch Oberbürgermeister Rümelin 2300 ^ gesammelt worden. Oberstudienrat Dr. v. Dillmann, Rektor des Realgymnasiums in Stuttgart, hat eine Kollekte unter den Schülern veranstaltet mit dem E r- trag von 575

Hechingen, 12. Juni. In der hies. evang. Kirche wurde in der Nacht vom Montag auf Dienstag eingebrochen und ein Opferstock durch Wegreißen des Einwurfes seines Inhalts beraubt. Der Dieb nahm den Weg durch das am Portale befindliche offen stehende Sakristeifenster, an welchem er das angebrachte Drahtgitter umbog und mit einem im nahen Museums­garten entwendeten Stuhle alsdann einstieg. Ein weiterer Opferstock schien dem Patron entgangen zu sein, wenigstens fand sich gestern früh beim Ent­leeren noch ein größerer Geldbetrag in demselben vor. Von dem Thäter hat man noch keine Spur.

Augsburg, 12. Juni. Eine sehr empfind­liche, wenn auch nicht unverdiente Strafe erhielt ein CasS- und Hotel Garni-Besitzer der von der Straf­kammer des K. Landgerichts wegen Vergehen wider das Nahrungs- und Genußmittelgesetz zu­gesprochen. Derselbe war beschuldigt, monatelang sein zum Ausschank gebrachtes Bier dadurch verschlechtert zu haben, daß er die von den Gästen stehen gelassenen Bierreste und das sogen. Abtropf- oder Brettlebier in sogen. Tulpengläser oder in besondere Fäßchen zu­sammenschüttete und dieses Bier den Gästen wieder vorsetzte. Ein Komiker, der bei ihm konzertierte, fand einmal in solchem ihm Vorgesetzten Bier einen Regen­wurm, worüber er solchen Ekel empfand, daß er heftiges Erbrechen bekam. Der Wirt wurde zu 3 Monaten Gefängnis und 300 ^ Geldstrafe ver­urteilt und beim Strafausmaß namentlich in Betracht gezogen, daß er wegen ähnlicher Vergehen schon vor­bestraft war.

München, 9. Juni. Am heurigen Bismarck­tag, der zugleich der Tag der Aprilscherze ist, hatte ein hiesiger Hausbesitzer sein Haus überreich mit Flaggen geschmückt. Dies und der Tag des 1. April veranlaßte einen Freund, dem Hausbesitzer durch einen Livreebedienten mündlich die Mitteilung machen zu lasten, er werde auf Nachmittag zum Minister gebeten, um eine Auszeichnung für seinen Bismarck-Enthusias­mus zu erhalten; die Kutsche des Ministers werde ihn abholen. Die Kutsche kam, der Hochbeglückte stieg schwarzbefragt ein. Die Kutsche fuhr davon, und als

sie wieder hielt und ihr Jnsatze voll Andacht und Erregung ausstieg, befand er sich vor dem Portal der Kreisirrenanstalt. Der Gefoppte stellte Anklage und das Schöffengericht verurteilte den Spaßvogel zu 50 ^5 Geldstrafe.

München, 12. Juni. DaS Oberbayr. Schwur­gericht hat gestern den Gastwirt Xaver Daxel, welcher am 4. April d. I. in begründeter Eifersucht seine Ehefrau mit 6 Revolverschüfsen tätlich verwundete unter lebhaftem Beifall des Publikums auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen von Schuld und Strafen freigesprochen.

Beim Schwurgericht Würzburg kam am Samstag in einem Meineidsprozeß der gewiß seltene Fall vor, daß ein als Zeuge geladener Bauersmann sich weigerte, den Eid zu leisten. Nachdem der Vor­sitzende ihn über den Eid belehrt und aufforderte, die rechte Hand emporzuheben, erklärte der Zeuge:i schwör net!" Vorsitzender ermahnt ihn und ersucht ihn nochmals, die Eidesformel nachzusprechen. Zeuge: i schwör net!" Vorsitzender macht den Zeugen auf die Folgen aufmerksam und verliest die GesetzeS- paragraphen, dann versucht er es nochmals mit dem Zeugen den Eid zu leisten. Zeuge:i schwör net, mag's geh' wie's will!" Vorsitzender:Weshalb wollen Sie den Eid nicht leisten?" Zeuge:Wir haben bei uns z'Haus damit traurige Erfahrungen g'macht; i will net a nei!" Vorsitzender:Sie brauchen nur die Wahrheit zu sagen, dann kommen Sie nicht ins ZiMhaus." Zeuge:Wenn ma a die Wahrheit sagt, hinMmäch kömmt doch was raus; denn da lügen die Einen 'rüber, die Andern 'nüber und dann kommt ma doch in's Zuchthaus, i schwör net." Der Ge­richtshof zieht sich darauf zurück, um das Urteil über den unfolgsamen Zeugen zu beraten. Inzwischen ließ der Verteidiger erklären, daß er auf diesen Zeugen verzichte und so kam derselbe ohne Strafe davon.

Berlin, 12. Juni. Der Kaiser hat, nach Meldung desReichsanzsigers" anläßlich der Ein­weihung des Luther-Denkmals dem Vorsitzenden des Comites zur Errichtung des Denkmals, Kammer­gerichtsrat Schröder den roten Adlerorden 3. Klasse mit der Schleife verliehen. Kammergerichtsrat Schröder ist Reichstagsabgeordneter und gehört der freisinnigen Vereinigung an.

Berlin, 12. Juni. DerBerliner Korrsp." zufolge ist von dem Kultusminister und dem Minister des Innern die Schließung der Krankenanstalt des Alexianerklosters Mariaberg angeordnet worden.

Berlin, 12. Juni. Wie die Abendblätter melden, hat der Berliner Magistrat infolge eines kürzlich veröffentlichen Artikels in derKölnischen Volkszeitung", in welchem unter Bezugnahme auf die Vorgänge im Alexiskloster in Aachen be­hauptet war, inDalldorf wäre es auch nicht anders, beschlossen, gegen die Kölnische Volkszeitung Straf­antrag wegen Verleumdung und Beleidigung zu stellen.

Berlin, 12. Juni. In dem Verfahren gegen den Baron von Reischach und den Freiherrn von Kotze wegen des Duells hat, wie der Lokalanzeiger meldet, heute vor dem Militärgericht der Haupttermin