-W 69.

Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

70. IahrgaiH

Erscheint DienStagS, Donnerstags und SamStagS. Die Ernrückungsgebühr beträgt im Bezirk und in nächster Um- Hebung S Pjg. di» Zette, sonst »2 Pfg.

Donnerstag» den 13. Juni 1895.

LbonnrmeMIpretS vierteljährlich in der Stadt dv Pjg. Sv Psg. Lrägerlohn, durch die Post bqogr»

ganz Württemberg Mk. L. SL.

Mk. 1. IS, soMch t»

Amtliche Aekanutmachuvge«.

Die Ortsvorsteher

.Werden auf Ersuchen des Vorstands der Steinbruchs- berufsgcnossenschaft Sektion II. in Karlsruhe ver­anlaßt, die Bstriebsunternehmer gegebenen Falls zur Einsendung einer Abschrift der Unfallanzeige an den ' Aektionsvorstand, nicht etwa nur an die Ver­trauensmänner, anzuhalten und den Vollzug zu über­wachen.

Calw, 7. Juni 1895.

K. Oberamt.

V o e l t e r.

An die Ortsvorsteher.

Da die Kostenzettel über Verpflegung von Transportgefangenen in den Ortsgefängnissen vielfach - unrichtig beim Oberamt einkommen, so werden die zur Anrechnung zu bringenden Sätze hienach zur künftigen Beachtung bekannt gegeben.

Der Kostpreis beträgt: für das Mittagessen ... 26 ^

für das Nachtessen ... 28 ^

für das Frühstück ... 23

»<ek. Min.-A.-Bl. v. 1877 S. 135 und von 1893

S. 225).

Das Einschliest- und Wartgeld beträgt:

über Mittag.20 iZ

über Nacht.35 ^

bei längerem Aufenthalt für jeden

weiteren Tag.15 --Z

(et' Min.-A.-Bl. von 1877 S. 303).

Das Einheizgeld beträgt : l bei ununterbrochenem Aufenthalt des Gefangenen im -Drtsgefängnis

über Mittag und Nacht . 58

über Mittag.29

über Nacht.44

Calw, den 9. Juni 1895.

K. Oberamt. V o e l t e r.

Bekanntmachung.

Nachdem die Maul- und Klauenseuche in Liebelsbera ausgebrocheu ist, wird das Treiben von Rindvieh, Schafen und Schweinen außerhalb der Feldmarkgrenzen und das Durchtreiben dieser Tiere durch Markung Liebelsberg, sowie die gemeinschaftliche Benützung von Brunnen und Tränken daselbst zu­nächst bis zum 25. Juni d. I. verboten.

Dabei wird darauf hingewiesen, daß die Unter­lassung oder Verspätung der Anzeige von Seuchen­ausbrüchen und die Zuwiderhandlung gegen die er­gangenen Anordnungen nicht nur Bestrafung, sondern auch den Verlust der Entschädigung für an Maul­und Klauenseuche gefallenes Rindvieh nach sich zieht.

Calw, den 1l. Juni 1895.

K. Oberamt.

I. V.:

Amtm. Gottert.

Bekanntmachung des Kriegsministeriums be­treffend den Ankauf von Remonten für die Jeldartillerie.

Das Kriegsministerium beabsichtigt, eine Anzahl Zug- und Reit-Remonten für die Königliche Feld­artillerie freihändig durch eine besondere Kommission im Lande aufkaufen zu lassen und zwar am 28. Juni in Ravensburg, im Anschluß an die staatliche Prämierung ausgezeich­neter Zuchtpferde und Fohlen, und ferner je von morgens 8 Uhr ab am 1. Juli in Leutkirch,

am 2. Juli in Waldsee, am 3. Juli in Saulgau» am 4. Juli in Herrenberg unter folgenden Bedingungen:

1) die Pferde müssen als Stangenpferde mindestens 1,60, als Reit- und Vorderpferde mindestens 1,52 in Stockmaß haben, im Alter von 4 bis 6 Jahren stehen und nach Knochenstärke, Form und Gang sich zu Artillerie-Pferden eignen, also Zugfähigkeit mit Beweglichkeit verbinden.

2) Hengste, Spitzhengste, trächtige Stuten, Schimmel und Falben sind vom Ankauf ausgeschlossen.

3) Der Ankauf erfolgt in erster Linie von inländischen Züchtern und Pferdebesitzern. Die Abstammung der Pferde ist durch Deckschein nachzuweisen.

4) Der Verkäufer haftet für die gesetzlichen Gewährs- Mängel (Regierungsblatt vom 4. Februar 1862).

5) Die angekauften Pferde werden sofort gegen bare Bezahlung abgenommen. Jedem Pferd ist eine Trense und ein Halfter mit je 2 Meter langen Stricken mitzugeben.

Stuttgart, den 4. Juni 1895.

Schott von Schottenstein.

Tagesneuigkeiten.

* Calw. Durch die fortwährend nieder­gehenden Regengüsse muß die Heuernte immer weiter verschoben werden. Für Kleeheu ist dies ein großer Nachteil, da der Klee bereits anfängt umzustehen und in Fäulnis überzugehen. Bei Wiesenheu macht sich bis jetzt der Schaden noch nicht so bemerkbar, doch wäre trockenes und sonniges Wetter auch hier sehr zu wünschen. Für die Kartoffeln, die be­kanntlich Nässe nicht gut ertragen können, sollte gleich­falls bessere Witterung eintreten, während für die übrigen Gewächse namentlich für Setzwaren, das

N» ^Nachdruck onbotm-I

Der Gröe von AalLingen.

Novelle von Wilhelm Berger.

(Fortsetzung.)

Freilich; ich verstehe. Sie hassen also Ihre frühere Geliebte?"

Ob ich sie hasse!" brach er los. »Hat sie mir nicht mein ganzes Leben ver­dorben durch ihre Treulosigkeit?"

»Dahinaus wollen Sie? Allerdings, für Sie, Herr Gruber, hat die Freiin von Rattingen schlecht gesorgt."

Er merkte meinen Spott nicht; eifrig fiel er ein: »Nicht wahr? WaS wär' ich heute, wenn sie sich in dem alten Waldneste weniger gelangweilt hätte bei Jette und Rieke und dem bornierten Eberhard?Kannte ich denn damals die Natur der Frauenzimmer? Wußte ich denn, daß sie dreimal täglich eine Schüssel Neuigkeiten nötig haben, und die Liebe ihnen nur als Näscherei nebenher gilt? Ich war der Vertrauensvolle und dafür natürlich auch der Geprellte . .

Diese Auseinandersetzung hatte einen widrigen Beigeschmack; ich beeilte mich, dem Selbstgerechten in daS Wort zu fall.».

»Es ist Ihnen also nicht in den Sinn gekommen, von dem Vorhaben deS Herrn von Altmühl seiner Mutter Nachricht zu geben? Sie haben nicht den Wunsch, daß ich dies übernehme, da es für Sie unstatthaft sein würde?*

Gruber sah mich groß an. »Ihr Nachricht?" sagte er höhnisch. »Damit sie dem Jungen sein Vergnügen stört? Daß ich ein Narr wäre ! Von dem Franz, dem Diener, werd' ich noch erfahren, wohin die Reise geht. Und dann, wenn Sieg­fried draußen ist, und das gnädige Fräulein sich beikommen lassen sollte, die Tasche -egen ihn zu schließen dann schreib' ich ihm, daß es seine leibliche Mutter ist, die ihn darben läßt. Und wenn er nicht auf den Kopf gefallen ist, so wird er aus » dieser Information eine schöne Rente zu ziehen wissen."

Ich hatte Mühe, an mich zu halten. Leider durste ich ihm nicht ins Gesicht sagen, daß er ein Schuft sei.

»Sie haben wohl nicht daran gedacht, Herr John Parker," sagte ich,daß ich mich gedrungen fühlen könnte, Ihnen durch Ihre menschenfreundlichen Pläne einen Querstrich zu machen?"

Er stutzte. An meinem Tone konnte er merken, was ich über ihn und seine Eröffnungen dachte.

»Pah!" sagte er nach einigen Sekunden patzig. »Mischen Sie sich doch immer­hin hinein. Viel bessern werden Sie auch nicht. Und ich weiß, was ich zu thun habe."

Während er sprach, hatte ich draußen einen Wagen Vorfahren hören. Ich erhob mich.

Sie haben eS nicht für der Mühe wert gehalten, Herr Parker," redete ich ihn an, »mich zu fragen, welche Mitteilung ich Ihnen zu machen gedachte. Trotz­dem will ich Ihnen dieselbe nicht vorenthalten. Sie erinnern sich ohne Zweifel der Begegnung, welche wir gestern Mittag hatten, als wir aus dem Hotel auf die Straße traten?'

Auch Konrad Gruber war aufgestanden. Er antwortete mir nicht; nur ein ungeduldiges Nicken seines Kopfes verriet, daß seine Neugier erregt worden war.

Langsam fuhr ich fort: »Die Freiin von Rattingen hat Sie erkannt."

Gruber stieß einen englischen Fluch aus.

»Und ich kann Ihnen noch mehr sagen: sie hat mich zu sich geladen und mich nach Ihnen gefragt. Und ich habe ihr von Ihnen erzählt, was ich wußte, und ihr auch nicht verschwiegen, wo Sie wohnen . . . und hier ist sie."

Ich öffnete die Thür; Hulda erschien auf der Schwelle; hinter ihr war Sieg­fried sichtbar, der verwundert zu uns hereinspähte.

Für Gruber war die Überraschung so groß, daß er wie gelähmt auf dem Fleck verharrte. Die Cigarre war ihm entfallen; er starrte Hulda an, als ob er einen Geist sähe.

Siegfried war der erste, der sprach. »Aber, bestes Tantchen, in welche Höhle