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«NS 67. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 70. Jahrgang.

Erscheint D-ien-tagS, Donnerstags und SamStags. Die Einrückung-gebühr beträgt ,m Bezirk und in nächster Um­gebung 9 Pfg. die Heile, sonst 12 Psg.

Samstag, den 8. Juni 1895.

Sdonnementspreiß vierteljährlich in der Stadt SO Pfg. «»A L0 Pfg. Lrägerlohn, durch die Kotz bezogen M. l. tk, sonst t» ganz Württemberg Mk. 1. SL.

Tagesneuigkeiten.

Calw, 6. Juni. In Zavelstein brannte gestern das Haus der Witwe Magdalene Wei man nieder. Der Brandstiftung verdächtig wurde heute deren 44 Jahre alte TochterBarbara" durch den .Landjäger von Neubulach an das K. Amtsgericht eingeliefert. Dieselbe gestand diesem, daß sie das Haus ihrer Mutter absichtlich in Brand gesteckt habe.

* Calw. Das Anwesen von Oekonom Köhler in der Ledergasse ist um 7200 ^ von A. .Ziegler z. alten Post gekauft worden. Der neue Besitzer beabsichtigt, das Gebäude abzubrechen und «in neues Wohn- und Oekonomiegebäude aufzuführen. In das Wohnhaus soll Metzgerei und Wirtschaft ckommen.

* Calw. Auf der am 1.-4. Juni vom Verband kynologischer Vereine veranstalteten Hunde­ausstellung in Straßburg erhielt unter anderen Württembergern G. Pfau in Calw einen I. Preis für seinen jungen blauen DoggenrüdenNero" und einen I. Preis für seine TigerdoggenhündinWanda".

Calw, 8. Juni. Infolge mehrerer Gewitter, welche in vergangener Nacht über das Thal zogen und den Niedergang großer Regenmengen im Gefolge hatten, ist die Nagold aus den Ufern getreten und überschwemmte in breiter Ausdehnung da und dort die Ufer. Heute vormittag trat das Wasser auf die Straßen des unteren Stadtteils und erreichte einen höheren Stand als wir einen solchen zur Zeit des Schneegangs zu verzeichnen hatten. Von 11 Uhr ab war der Rückgang wahrnehmbar. Außer der leidigen Versandung der Wiesen und dem Stillstand der Wasserwerke dürfte durch das Anschwellen kein nennens­werter Schaden entstanden sein.

ZZ Calw, 8. Juni. Als in verflossener Nacht ein schweres Gewitter mit strömendem Regen -sich über der Stadt entlud, machte sich wieder unan­genehm bcmerklich, daß weit und breit keine Gas­laterne brannte. Inwiefern diese Sparsamkeit schlimme Folgen haben könnte, soll hier unerörtert bleiben, es bedarf wohl nur dieses Hinweises, um in dieser Richtung eine Besserung zu erreichen. Namentlich die Nagoldübergänge sollten in jeder dunklen Nacht be­leuchtet sein.

HI Calw, 8. Juni. (Kunstanzeige.) Morgen Samstag abend, sowie Montag abend je von '/-9 Uhr ab wird die Komiker- u. Sängergesellschaft Kome 1" in der Brauerei Haydt concertieren. Die Leistungen der Truppe, welche aus 3 Personen be­steht, sind nach uns vorliegenden Zeugnissen vorzüglich und ist der Besuch allen Freunden gesunden Humors bestens zu empfehlen. Das Programm ist dezent und der Besuch auch Familien ermöglicht. Am Sonn­tag findet das Concert in Hirsau in der Restauration I. Mohr statt, von 3 Uhr nachm, bis abends II Uhr. Eintritt frei.

Aus dem Oberamt Böblingen. Der Gewitterschaden, von welchem der nordwestliche Teil des Bezirks am 25. Mai betroffen wurde, laßt sich jetzt genauer übersehen. Das Doppelgewitter nahm in nordöstlicher Richtung seinen Weg über Döffingen, ,Darmsheim, Maichingen nach Magstadt,

wo es den Bezirk verließ und der neuen Stuttgarter Straße entlang weiter zog. Hatte der wolkenbruch­artige Regen vermischt mit dichtem Hagel schon den Markungen Döffingen und Darmsheim großen Schaden zugefügt, so sollte Maichingen noch viel schwerer ge­troffen werden. Hier hauste das Unwetter IStunden lang. Unter furchtbarem Tosen und Rauschen pras­selten die zackigen Schlossen nieder, Menschen und Tiere verwundend, Garten und Feldfrüchte vernichtend, Scheiben und Glasziegel zerschmetternd. Die Feld­arbeiter, welche infolge des Wolkenbruchs teilweise in Gefahr waren, vom Wasser fortgerissen zu werden, mußten auf Fuhrwerken hereingeholt werden. Nicht wenige Hühner und Katzen fanden ihren Tod in den Wellen. Keller und nieder gelegene Ställe füllten sich mit Wasser; nur mit großer Anstrengung konnten die Schweine geborgen werden. Beim Rathaus mußte die Passage durch Fuhrwerke vermittelt werden. Der Blitz schlug dreimal ein: zuerst in den Rain eines Hohlwegs, ein tiefes Loch zurücklaffend, hernach in einen Gartenzaum, denselben in unzählige Stücke zersplitternd, endlich in ein Wohnhaus, ohne jedoch dasselbe bedeutend zu beschädigen. Eben hatte der Eigentümer sich vom Sopha erhoben, da zuckte ein Blitzstrahl durchs Zimmer, fuhr am Sopha nieder, durchschlug den Fußboden und nahm seinen Weg durch den Stall in die Erde. Die herbeieilenden Nachbarn fanden sämtliche Familienglieder betäubt am Boden liegen; irgend einen Schaden hatten die­selben indes nicht genommen. Als das Unwetter endlich zu Ende ging, mußten zuerst die Schloffen- wälle auf den Straßen beseitigt werden. Noch am Montag vormittag waren die Felder in eine Eisdecke gehüllt; erst die heiße Mittagssonne brachte die Schlossen vollends zum Schmelzen. Die zuvor so üppig gestandenen Fluren bieten einen traurigen An­blick; am übelsten wurden die Hopfenpflanzungen so­wie die Obstbäume zugerichtet. Auch ein Teil der Markung Magstadt wurde geschädigt. Zum Glück nahm jedoch das Unwetter hier seinen Weg haupt­sächlich über das Brachfeld, sowie über die im Hölzer­thal gelegenen Wiesen.

Tübingen, 31. Mai. Auszug aus der Geschworenen liste für das II. Quartal 1895. E. Blumenthal, sen., Photograph in Wildbad; N. Eisenbach, Oberförster in Enzklösterle; Joh. Gg. Großhans, jr., Bauer in Beuren, O.A. Nagold; Matth. Keppler, Gem.-Rat in Zumweiler, Gde. Ueber- berg, O.A. Nagold; Seb. Leins, Kaufmann in Ergenzingen; Gg. Jak. Luz, alt Schultheiß Sohn, Bauer in Deckenpfronn; C. Metzger, Dr,, Apotheker in Wildbad; Otto Rettich, Apotheker a. D. in Herren­berg; Gottl. Schmid, Gem.-Rat in Nagold; G. Veil, Kaufmann in Liebenzell; Otto Wagner, Fabr. in Calw.

Ludwigsburg, 5. Juni. Im Barraken­quartier beim Schlachthofe wurden vor ca. 14 Tagen in der Nacht vom Sonntag auf Montag an den schlafenden dort internierten Soldaten mehrere raf­finierte Diebstähle ausgeführt und über 1 Dutzend Uhren und das Geld aus dem Brustbeutel heraus­gestohlen. Die Thäter sind nun ermittelt und fest­genommen. Ein Teil der gestohlenen Uhren konnte wieder beigebracht werden. Die Diebe sind Soldaten

die in der Barrake einquartiert waren, ein Spielmann und ein Musketier.

Lauch heim, 5. Juni. Ueber Lauchheim und nächster Umgebung entlud sich gestern mittag ein furcht­bares Gewitter. Der Blitz schlug ein im Kameral- amt, ferner in Hülen und in Westerhofen, ohne irgend­wo zu zünden. An einem Hause riß er den Giebe! herunter, an andern zertrümmerte er die Fenster; die Bewohner kamen mit dem Schrecken davon. Felder und Wiesen leiden durch die Ueberschwemmung.

Balingen, Donnerstag, 6. Juni, vorm. 10'/- Uhr. Fast sträubt sich die Feder, über alle die Schauerlichkeiten und Schreckensszenen zu be­richten, die sich heute Nacht hier ereigneten. Nach­dem sich gegen 8 Uhr gestern Abend ein sanfter Regen eingestellt hatte, zogen gegen '/,9 Uhr heftige Ge­witter über die hiesige Gegend, die wieder mit wolken­bruchartigem Regen niedergingen. Die ohnehin schon stark angeschwollene Eyach lief rasch an, so daß sich um '/-II Uhr ein brausendes Getöse bemerkbar machte, das, kaum vernommen, das stärkste und heftigste Hochwasser mit sich führte. Ein Krachen und Dröhnen ließ Unheilvolles ahnen. Sofort erscholl aus allen Ecken von den Wohnungen am Mühlkanal verzweifeltes Hilfegeschrei. Nichts Böses ahnend, hatten sich die Bewohner zur Ruhe begeben und wurden so von der Sturmflut überrascht. Ein Klirreir von Dachziegeln und das Einsturzgetöse zeigte das Wegschwemmen einer Gerberrindenscheuer an; fast gleichzeitig wurde das Wohn- und Oekonomiegebäude eines ärmeren Fuhrmanns weggerissen, die Frau des­selben und 6 Kinder nebst den Pferden und Ziegen wurden mit fortgerissen, während der Ehemann sich noch retten konnte; heute ist er geistesverwirrl. Andere Familien mußten durch das Dach mit über den Kanal gelegten Feuerwehrleitem gerettet werden. Der Leichnam der Frau des erwähnten Fuhrmanns wurde heute Morgen, an einem Pfosten sich anklam- wernd und mit den Haaren verwickelt, fast ganz ent- blöst aufgefunden. 3 von den Kindern wurden gestern Nacht bezw. heute gegen Mittag zum Teil in ziem­licher Entfernung geländet. Etwa 100 m unterhalb der Stätte dieser Katastrophe befindet sich das Boden­häuschen des vorgestern ertrunkenen Mannes; auch hier spielten sich Schreckensszenen ab. Die Frau wurde im Bette liegend vom Hochwasser überrascht. Trotz jämmerlicher Hilferufs konnte ihr keine Hilfe gebracht werden, da das Wasser sich über den Kreuz­stücken staute. Sie ertrank dann auch mit 2 Kindern, während zwei dem Anscheine nach im Bühnenraume schlafende Kinder noch gerettet werden konnten. Ein weiteres Kind dieser Frau wird zur Stunde noch ver­mißt. Etwa 50 Meter wieder weiter unterhalb dieser Unglücksstätte ist die Kirchhofbrücke gelegen. Hier stauten sich Langholz, Bretter, Balken, Gartenzäune u. s. w. im Längedurchmesser von ca. 10 Meter und hinderten so den raschen und regelrechten Abfluß deS Wassers. Dasselbe nahm den Weg nach rechts, zer­störte das Anwesen eines Kunst- und Handelsgärtners, ging durch den Friedhof, Pappel- und Akazienbäume mit sich führend, durchbrach die Umfassungmauern an 3 Stellen, riß Grabdenkmale um und schwemmte selbst Särge aus dem Boden fort. Daß die an der Eyach gelegene Straße einem Gebirgsbachbette gleicht, wird kaum erwähnt werden müssen. Eine oberhalb des Wasserturmes gelegene Sägemühle wurde voll­ständig weggeschwemmt; deren Räder stehen mitten auf der Straße. Hier ist der Schaden ein unberechen­barer, da dem Besitzer desselben neben dem vielen Sägholz- und Brettervorrat auch dessen Wehr weg-