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gegen die Sittlichkeit wurde ein hiesiger Schneider nebst seinem Sohne in Haft genommen.

Rottweil, 82. April. Gestern, Sonntag abend, brach in Schwenningen ein Brand aus, dem vier Wohn- und Oekonomiegebäude zum Opfer fielen, fünf weitere wurden mehr oder weniger be­schädigt ; es ist nur der herrschenden Windstille sowie der energischen Thätigkeit der Feuerwehr zu verdanken, daß nicht größeres Unglück eintrat. Die Versicherungs­verhältnisse sind meist schlecht; die vier abgebrannten Gebäude sind zusammen nur um 15 000 versichert. Als Brandursache ist unzweifelhaft vorsätzliche Brand­stiftung anzunehmen.

Berlin, 23. April. Ueber die weitere Ent­wicklung der Angelegenheit Kotze bestehen laut demLokalanz." zwei Versionen. Nach der ersten soll Kotze unmitelbar nach der baldigst erfolgenden Entlassung aus der Klinik ein Bad aufsuchen. Dem­gegenüber steht die zweite Version, wonach der Zere­monienmeister v. Schräder seitens Kotze eine Heraus­forderung erhalten hat, welche nach der Genesung Kotzes sofort ausgetragen werden soll.

Berlin, 23. April. Der Lokalanzciger meldet aus Krakau: Die berühmte Schauspielerin Moder- zjewska erhielt den polizeilichen Befehl Warschau sofort zu verlassen und darf russisches Gebiet nicht mehr betreten der Grund für diese Maßregelung ist ein antirussischer Vortrag, den die Schauspielerin in Chicago gehalten hat. Dieselbe ist bereits nach Berlin abgereist.

Wie dasWochenblatt für die Landwirt­schaft* mitteilt, hat in Berlin u. a. Städten eine Schwindlerbande an die Molkereien in Württem­berg die Anfrage gerichtet, ob man nicht in der Lage sei, größere Quantitäten Butter zu liefern. Bei dem hohen Preise ließen sich viele Molkereien zu Lieferungen veranlassen, die 1 bis 3 Monate pünktlich bezahlt wurden. Nachher wurde unter allerlei Vorwänden nichts mehr bezahlt. Prozesse, welche einige Molkereien anhängig machten, hatten nur Kosten, aber keine Be­zahlungen zur Folge, so daß die Vereine nun schwer geschädigt sind. Möge diese Erfahrung anderen Ver­einen zur Warnung dienen.

Laibach, 23. April. Gestern Nachmittag um 3 Uhr 50 wurde ein neuer, heftiger Erdstoß verspürt, der 3 Sekunden anhielt. Alles stürzte entsetzt aus den Häusern und die früheren Szenen wiederholten sich.

Paris, 23. April. Ueber 5000 Angestellte der Omnibusgesellschaft striken. Die Polizei ergriff die strengsten Maßregeln, um Ruhestörungen zu verhindern. Gestern Abend war der Omnibus­dienst ganz einaestellt._

Vermischtes.

Das größte Theater der Welt wird gegenwärtig in New-Aork gebaut. Es ist dies das Olympia-Theater, das sich der einstige Miteigen­tümer des berühmten Coster und Bial'schen Etablisse­

ments, O. Hammerstein, errichten läßt. Das Haus soll 10 000 Personen und nicht weniger als 300 Logen mit einem Faffungsraum von je 12 Personen besitzen. Der Riesenbau soll in einem Jahre fertig sein.

Aus einer Verteidigungsrede. Advo­kat :. . . Und dann, meine Herren, bitte ich auch das Verhältnis zu berücksichtigen, in dem Sie zu meinem Klienten stehen; denn es läßt sich doch nicht leugnen: der Angeklagte ist Ihr Arbeitgeber!"

Litterarisches.

Das Jahrhundert des Dampfes und der Elektrizität das ist die richtige Bezeichnung für den jetzt seinem Ende sich zuneigendeir Zeitabschnitt! Was ist Zeit und Raum heute? Eisen­bahnen und Dampfer vermitteln den Verkehr in soviel Stunden, als man früher Tage brauchte, der Telegraph ermöglicht blitzschnell Verständigung von Pol zu Poll All' dies wird uns aber erst so recht klar vor Augen geführt, wenn wir uns die, eben von der unermüdlichen kartogr. Anstalt G. Freytag L Berndt, Wien 7. Jan. deren Erzeugnisse in derkürzlich inParis stattgehabtenExposition du livre" mit der goldenen Medaille ausgezeichnet wurden herausgegebeneWeltverkehrs- karte" etwas näher besehen. Wir finden sämt­liche Eisenbahn-, Dampfer-, Post- und Telegraphen-LinienderErde, die General- Eons u late und Consulate des deutschen Reiches in den verschiedenen Ländern, ferner 4 Kartons die uns in sehr gelungener, vollkommen neuer Darstellung zeigen: die Beförderungs­dauer vonBriefen, Brief-, Packet-, Post- anweisungs- und Telegramm-Gebühren, Daten, die jeder Kaufmann täglich braucht- Aeußerst interessant geben uns weiters Dia­gramme in farbenreicher Ausführung eine vergleichende Uebersicht der Größe und Bevöl­kerung aller Staaten, der Länge der Eisenbahnen und Telegraphen, der Bodenverwertung. Ferner ist gleichfalls in wirklich anregender Form die Entwicklung und gegenwärtige Länge der Eisenbahnen in den Hauptländern der Erde gegeben, die uns die fortschreitende Civilisation in den einzelnen Zeitabschnitten erkennen läßt! Ein sehr hübscher Schmuck der Karte sind die Handels­flaggen aller Staaten, die in den richtigen Farben sämtlich vertreten sind. G. Freytag's: Der Weltverkehr" ist daher, wenn wir das oben Gesagte resümieren und noch den geringen Preis- von ^ 2.. in Betracht ziehen, in jeder Hinsicht eine brillante Leistung der Firma, die volle Aner­kennung verdient und unseren Lesern zur Anschaffung zu empfehlen uns verpflichtet!

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HUILVI tLVL U h. schutzgesetz in Kraft getreten ist, fordern wir alle Diejenigen auf, die unsere ächte Toering's Seife mit der Eule verlangt haben, und denen von gewissenlosen Verkäufern eine wertlose Nachahmung aufgedrängt wurde, uns die Namen solcher Quellen zu nennen, damit wir mit aller Schärfe gegen diese Elemente Vorgehen können, voening L Li«., fransifurl s. IVI.

zur Prämierung beim Pferdemarkt wie alljährlich veranstaltet war. Während des Mahles toastete Se. Hoh. Prinz Herrmann zu Sachsen-Weimar-Eisenach auf Seine Majestät den König, worauf Allerhöchst» derselbe das Wohl des Prinzen ausbrachte, der seit langen Jahren in verdienstvoller Weise seine Kraft den Pferdemarktbestrebungen widme. Nach Beendigung des Diners begaben sich Seine Majestät in Begleitung des Oberstallmeisters zu der städtischen Reithalle und ließen sich sämtliche von der Kommission prämierte Pferde, sowie die mit Reise- und Vorführungsver- gütungen bedachten Pferde inländischer Zucht vorführen, wobei sich der König mit den Besitzern unterhielt. Hierauf besichtigten Seine Majestät die weiteren Pferde in den Stallungen, sowie die Ausstellung von Wagen, Geschirren und Sattlerwaren in der Gewerbehalle.

Stuttgart, 22. April. (Pferdemarkt.) Die Zufuhr erreichte am heutigen ersten Markttag die Zahl von 1200 Stück. Der Handel war lebhafter als im Vorjahr, die Preise sind im allgemeinen als gut zu bezeichnen. Am Nachmittag besuchte Seine Majestät der König in Begleitung des Oberstallmeisters Frhr. Geyr v. Schweppenburg die städt. Reithalle, die Wagenausstellung in der Ge­werbehalle und den Hundemarkt und ließ sich die von der Kommission zur Prämierung vorgeschlagenen Pferde vorführen. Das Resultat der Prämierung wurde abends 5 Uhr den Pferdebesitzern in der Reit­halle und abends 6 Uhr den Wagen- und Sattler­waren-Fabrikanten in der Gewerbehalle unter Ein­händigung der Prämien und Entschädigungsgelder bekannt gegeben.

Stuttgart, 23. April. Die III. Inter­nationale Jagdhunde-Schau im königl. Schloß­garten, welche von gestern früh 8 bis nachmittags 4 Uhr stattfand, erfreute sich recht lebhaften Besuchs. Um 12 Uhr erschien Seine Majestät der König und wurde von Oberjägermeister Frhr. v. Plato durch die Ausstellung geführt. Die Prämierung ergab folgendes: I. Preis mit dem Königspreis: Gerhäuser- Solitude, mit dem Ehrenpreis des Prinzen Weimar Reviercuntsassistent Majer-Backnang; ferner Donner- Backnang , Gutmann-Göppingen, Langer-Heilbronn, Scharrer, königl. Hofjagdamt. II. Preis: Bauer (mit-Ehrenpreis), Hauptmann Stimme!, Scheurlen, General Graf Scheler (mit Ehrenpreis), Essig (mit Ehrenpreis), Graf Westerhold, Komm.-Rat Hauck, Hauptmann Landauer, Frhr. v. Palm, Emil Teuffel. III. Preis: Major Frhr. v. Soden. Ferner erhielten 16 Aussteller höchst lobende und 13 lobende Erwähnungen. Darunter mit dem Ehrenpreis Ihrer Majestät der Königin Major v. Ferrier. Mit dem Ehrenpreis des Herrn Oberjägermeisters: Frhrn v. Crailsheim. Mit dem Ehrenpreis des Fürsten zu Hohenlohe-Langenburg: Major v. Brünau; gleichfalls Ehrenpreise erhielten Graf Pückler-Limpurg und der Aussteller Reinhold.

Stuttgart, 23. April. Wegen Verbrechens

Wenige Stunden später, war sie auf der Heimfahrt und gegen Abend auf dem Bahnhof, der dem väterlichen Gute zunächst lag, und wo sie der Wagen erwartete, den sie sich telegraphisch bestellt; aber nicht der Wagen allein, auch der gute Papa, der gekommen, sein Töchterchen abzuholen, und dem sie so stürmisch um den Hals flog, als wäre sie jahrelang von ihm getrennt gewesen. Als der Vater sie dann aber mit seinen großen Händen ein Stückchen von sich fort schob, um sein Blitzmädel so recht bettachten zu können, da deckte sie ihm die kleinen Finger schnell über die Augen und der Herr Oberamtmann, der dies für einen kapitalen Witz hielt, lachte und hob die zierliche Gestalt leicht wie eine Feder in den bereitstehenden Wagen.

Die Mama hatte nun freilich andere Ansichten über die kleinen Manöver Elisabeths, sich nicht in die Augen sehen zu lassen; sagte sie doch sehr ernsthaft abends beim Schlafengehen zu ihrem Gatten:Wir hätten das Kind nicht zu Barons lasten sollen, es ist anders zurückgekehrt als eS hinausgegangen," aber auch sie beruhigte sich, als das Mädchen nach gewohnter Art kräftig in das Getriebe des Haushalts eingriff, ja, daß es rastloser thätig war als je vorher.

Was sich unter dieser Rastlosigkeit verbarg, das wußte und empfand die kleine Manöverstütze allein, drückende Furcht vor dem. was die Frau Baronin mit ihrer Klugheit, ihrer Überredungskunst bei dem Hauptmann ausrichten würde, brennende Angst vor jeder Postsendung, die der Papa de» Morgens immer erhielt und unter der sich doch eir mal die Verlobungsanzerge Leonorens mit Kurt Waldau, der Heirats- anttag des Hauptmanvs befinden konnten, und das kleine Landmädchen, das nie seine Nerven gekannt, verbrachte schlaflose Nächte und fühlte die Gedanken am Tage wie ein Mühlrad im Kopfe herumgehen, bis dieser zum Zerspringen schmerzte und brannte.

Ader eine Woche verging, und nichts von all dem Gefürchteten geschah, so daß das Lieselchen anfing freier aufzuatmen und nur noch einen dumpfen Druck in der Gegend des Herzens zu verspüren vermeinte, wenn es an das Glück des jungen Gutsherrn und seiner Erkorenen dachte, die sich sicher in dieser Zeit schon gefunden.

Da gab es eines TageS in der stillen Dorfstraße, die man durchfahren mußte, um zu dem Gute des Herrn OberamtmannS zu kommen, ein sittsames Rollen und Klingen; mit lautem Trara stieß der Postillon in das an schwarz-weißer Schnur hängende blanke Horn, und die gelbe Chaise, mit den rasch ausgreifenden P'erden, die von den Dorskindern mit offenen Mäulchen angestarrt wurde, fuhr geradewegs hinauf bis vor die Thür des Herrenhauses.

Elisabeth hatte am Fenster gestanden, halb gedeckt durch die langen, faltigen Vorhänge, und als sie den Wagen halten, als sie die Thür sich öffnen und den Gast heraussteigen sah, fühlt« sie ihren Herzschlag stocken, und ein halblauter Schrei teilte die farblos gewordenen Lippen.

Der dort auSstieg, war Kurt Waldau, Kurt Waldau, der gekommen sein würde, um sie für seinen Freund zu werben, der als glücklicher Bräutigam Leonorens auch andere glücklich sehen wollte und sie glitt lautlos aus dem Zimmer, eine Hintertreppe hinab, durch den Garten und hinein in ein Wäldchen, das sich diesem unmittelbar anschloß.

Hier hatte sie als Kind am liebsten gespielt, hier war sie mit den wilden Brüdern am meisten gewesen, und hier hatte sie auch ihr Lieblingsplätzchen, in einem dichten Buchengebüsch, in dem ihr die Jungen ein schmuckloses Bänkchen ge­zimmert. Atemlos sank sie darauf nieder, lehnte den Kopf gegen einen hinter ihr stehenden Buchenstamm und schloß die Augen, als könne ihr das gegen alle Unbill von außen helfen. O, nur so lange wie möglich das unvermeidliche Geschick hinaus- zögern, nur so lange wie möglich frei von der Feste! bleiben, die sie zu Gunsten dessen gewillt war auf sich zu nehmen, der nun gekommen, ihr solche im Namen des Freundes anzulegen, und sie sprang auf, als sie Schritte näher kommen hörte und stante Kurt Waldau wie ein erschrecktes Reh aus großen, weit geöffneten Augen entgegen:Warum nur so bald, ach, warum muß es denn so bald sein?"

(Schluß folgt.)