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doch mit der Ausdehnung, daß dem Lehrer ein ziemlich weiter Spielraum in der Auswahl des Stoffs gegeben ist.
Die hiesige Ortsschulbehörde hat in Ausführung des Gesetzes beschlossen, an die bürgerlichen Kollegien das Ersuchen zu richten, es möchte sowohl für die männliche als für die weibliche Jugend eine allge» meine Fortbildungsschule errichtet werden. Da bei den Mädchen nur ein Ljähriger Besuch in Uebung war, nach den jetzigen Bestimmrkngen aber für die Sonntagsschule ein 3jähriger Besuch vorgeschrieben ist, so wird die Einführung der Fortbildungsschule auch für die Mädchen die einfachste Lösung sein. Der Unterricht bei den Knaben soll am Abend, der Unterricht bei den Mädchen bei Tag und zwar wahrscheinlich am Mittwoch nachmittag abgehalten werden.
Sehr wünschenswert wäre es, wenn der Abendunterricht schon etwa um 6 Uhr beginnen könnte; für Schüler und Lehrer wäre dies eine willkommene Erleichterung ; eine spätere Zeit bringt manche Unzuträg- lichkeitcn mit sich.
Bei der weiblichen Jungend sollen 2, bei der männlichen wegen der kleinen Schülerzahl, da die meisten Schüler die gewerbl. Fortbildungsschule besuchen, 1 Abteilung gebildet werden.
Stuttgart, 20. April. Ueber das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs Albrecht ist heute kein Bulletin mehr ausgegeben worden, da es dem hohen Patienten fortwährend gut geht.
Stuttgart. Ausstellung für Elektrotechnik undKunstgewerbei. I. 1896. Wie wir hören, beanspruchen die bis jetzt eingelaufenen zahlreichen Anmeldungen bereits ein Drittel des verfügbaren Raumes. Erfahrungsgemäß lassen sich Interessenten in Ausstellungsangelegenheiten gerne Zeit, bedenken aber nicht, daß das Komite nur bei frühzeitiger Anmeldung seine Dispositionen treffen und namentlich etwaige Spezialwünsche berücksichtigen kann. Es ist deshalb sowohl im eigenen Interesse der Herren Aussteller, als auch in demjenigen des ganzen Unternehmens gelegen, beabsichtigte Anmeldungen schleunigst zu bewirken.
Feuerbach, 20. April. Im hies. Gewerbe- verein hielt dessen Vorstand vr. Hesse am Freitag einen Vortrag über Butter und Margarine. An der Hand von Tabellen und Zeichnungen, an den aufgelegten Proben von Kunstbuttsr, Margarine und verschiedenen Fettstoffen und Oelen wurden die Anwesenden über die Verschiedenheit der einzelnen Produkte sowohl hinsichtlich ihres Nährwertes als hinsichtlich ihrer Einwirkungen auf die Gesundheit aufgeklärt. Zum Schluffe sprach der Vortragende seine Ansicht dahin aus, daß die m Deutschland bestehenden 80 Kunstbutter- und Margarine-Fabriken den Preis des Naturbutters nicht wesentlich beeinflussen, auch für die Landwirtschaft nicht schädlich wirken. Durch lebhaften Beifall wurde dem Redner der Dank der Anwesenden ausgesprochen.
Hohenheim, 18. April. Das ausgedehnte Erdbeben, welches in der Nacht vom Ostersonntag auf den Ostermontag im südlichen Teil von Oesterreich und im östlichen Oberitalien aufgetreten ist, wurde auch hier in Hohenheim wahrgenommen. Mit der hier befindlichen meteorologischen Station I. Ordnung ist eine Erdbebenbeobachtungsstation verbunden, welche eine größere Anzahl von zum Teil sehr empfindlichen Seismometern enthält. In der genannten Nacht um 11 Uhr 18 Min. 30 Sek. wurde durch eines der Instrumente, welches mit einem selbstthätigen elektrischen Läutwerk versehen ist, der meteorologische Beobachter alarmiert, und es ergab sich, daß drei von den Seismometern übereinstimmend einen in südnördlicher Richtung verlaufenden Erdstoß ausgezeichnet hatten. Der angegebene Zeitpunkt ist in guter Ueber- einstimmung mit den vom Herde des Erdbebens mitgeteilten Zeiten.
Schwab. Gmünd. Am 25. und 26. Juni ds. Js. findet dahier der X. Verbandstag des aus ca. 70 Wirthsvereinen bestehende Landesverbands der Wirte Württembergs statt und wird, wie in früheren Jahren mit demselben eine Ausstellung von Erzeugnissen, Maschi-nen, Gerätschaften und Bedarfsartikeln für das Wirtsgewerbe hiemit verbunden werden, welche vom 23. bis 30. Juni dauern soll. Um die Aussteller für ihre Mühe zu entschädigen, wird mit der Ausstellung eine Lotterie verbunden sein und werden sämtliche Gewinne im Betrage von über 3000 Mk. ausschließlich in der Ausstellung gekauft und soll ferner, und zwar zum ersten Male, eine Prämiirung hervorragender Leistungen mit goldenen, silbernen und broncenen Medaillen stattfinden. Zur Beteiligung an dieser, die günstigsten Cha-.cen bietenden Ausstellung, werden die Herren Fabrikanten rc. zu zahlreicher Beteiligung eingeladen mit dem Bemerken, daß die Anmeldeformulare von der „Deutschen Wirlszeitung in Stuttgart" zu beziehen sind. Daß bei der riesigen Ausbreitung und der zunehmenden Bedeutung der Wirtsorganifation in Württemberg der Besuch des Verbandstages ein sehr zahlreicher werden wird, ist nicht zu bezweifeln, umsomehr als der sehr rührige Wirtsverein in Gmünd jetzt schon olles aufbietet, dem X. Verbandstag eine würdige Stätte zu bereiten.
Heilbronn, 18. April. Der Verein der mittleren Stadt hatte für gestern abend seine Mitglieder und weitere Interessenten zu einer öffentlichen Besprechung 1) der Ueberbürdung der Schüler an den höheren Lehranstalten und 2) einer Aenderung der Unterrichtszeit an der kaufmännischen Fortbildungsschule eingeladen, welcher Einladung indessen nur 24 Herren Folge leisteten. Der Vereinsvorstand, Herr Bankdirektor Fuchs, eröffnete die Versammlung und besprach an Hand der bekannten Eingabe von Professor G- Jäger in Stuttgart, welcher die Hausaufgaben abgeschafft wissen will, eingehend das elftere Thema. Redner führte aus, daß die Forderungen
Jägers zu weit gingen, daß eine Ueberbürdung der Schüler durch die Hausaufgaben jedoch faktisch vorhanden und es wünschenswert sei, wenigstens für die untersten Klassen die letzteren ganz abzuschaffen, für die oberen Klassen zu ermäßigen. Bei der sich lange hinziehenden Diskussion ergab sich, daß viele der Anwesenden mit der Ansicht des Vorsitzenden einverstanden waren, wogegen Professor Dürr erklärte, die Hausaufgaben könnten nicht entbehrt werden, schon um die weniger strebsamen Schüler zur Arbeit und zum Lernen anzuhalten. Würde eine Eingabe für Abschaffung der Hausaufgaben gemacht, so sei er überzeugt, daß es an einer Gegeneingabe seitens vieler Eltern für Beibehaltung derselben nicht fehlen werde. Auch Professor Knapp stellte sich auf diesen Standpunkt. Die Hausaufgaben dienten namentlich dazu, die Schüler zum selbständigen Arbeiten heranzuziehen. Man sei indessen beim Gymnasium längst damit beschäftigt, die Hausaufgaben auf das äußerste Mast zurückzusühren. Auch sorgten bestimmte Vorschriften dafür, daß ein gewisses Maß eingehalten werde. Freilich werde es weniger begabten oder strebsamen Schülern schwerer, die Aufgaben in gleicher Zeit zu erledigen, als den begabteren und strebsameren. Dev Vorsitzende betonte nochmals, daß es wünschenswert sei, daß eine Verminderung der Hausaufgaben sich ' ermöglichen ließe, und ersuchte den anwesenden Gemeinderat Schmidt, dis Angelegenheit in der nächsten- Sitzung der betr. G.-R.-Kommission zur Sprache zu bringen, was derselbe zusagte.
Weinsberg, 19. April. Auf der am Ostermontag in Heilbronn stattgehabten Ausstellung hatte Herr Stadtschultheiß Seufferheld von Weinsberg zwei deutsche Jagdhunde ausgestellt, wovon der eine (2 jährig) von der Ausstellung weg entwendet wurden Der Hund ist etwa 150 Mark wert. Von dem Dieb fehlt jede Spur.
Ebingen, 20. April. Den Hauptgewinn der Fachsenfelder Lotterie von 15000 Mark hat, wie jetzt bekannt wird, Wilh. Landenberger, Strumpfweber b. Becher hier gewonnen, ein Mann, der das Geld recht gut brauchen kann und dem es zu gönnen ist. Landenberger und einige seiner Kinder sollen das Geld zum Loos, welches kurz vor der Ziehung gekauft wurde, zusammengelegt haben.
München, 20. April. Dem Vernehmen nach wurde gestern Abend der Einbrecher, der bei dem Juwelier Fix für 30 000 Waren gestohlen hatten verhaftet. Derselbe wollte sich mit seinem Raube nach Australien flüchten.
Amsterdam, 21. April. Einem Gerücht zufolge soll der deutsche Kaiser in den ersten Tagen des. August zu einem 8tägigen Besuche der königlichem Familie hier eintreffen.
Paris, 20. April. Gestern abend fand hier, eine Versammlung statt, um gegen die Entsendung französischer Kriegsschiffe nach Kiel zu protestieren..
Elisabeth schlang die Finger ineinander, dunkle Röte stieg in ihre Wangen, und atemlos fragte sie: „Und Kurt Waldau?"
„Wird sich trösten," erwiderte Leonore ernst und wandte sich dann schnell wieder dem Kranken zu, der eine leise Bewegung gemacht.
Ein langer Abend und eine lange Nacht kamen dann noch, welche die kleine Manöoerstütz« am Lager des Verwundeten zubrachte, nicht mit der Ruhe, mit der sie sonst dort gesessen, mit tosenden, stürmischen Gedanken, die ihr den Schlaf fern gehalten hätten, auch wenn sie es sich nicht vorgenommen, für den Leidenden zu wachen und zu sorgen.
Morgen sollte er ja kommen, der Mann, mit dem sich ihre Gedanken in all den verflossenen Tagen so viel beschäftigt, auf dessen Ankunft sie sich so gefreut, der ihr so lieb und freundlich begegnet war, fast so gut, wie die Brüder, nein, rücksichtsvoller noch als diese, denn Fritz und Richard neckten doch oft auf eine so häßliche, unangenehme Wesse. Und wenn dann Kurt kam. an den sie nicht zu denken vermochte, ohne daß es ihr in der Brust seltsam pochte und hämmerte, wenn er Leonore entgegentrat, wenn er ihr sein volles, warmes Herz anrrug und mit einem „Nein" lortgeschickt wurde, weil sich Lori ihrem Pflichtgefühl zu opfern und den Hauptmann zu heiraten dachte, was dann ? — Dann würde die Zukunft für den jungen Landwirt eine endlose Kette trauriger Tage bringen, fahl und bleich würde sein sonst so blühendes Gesicht werden, der Glanz der Augen erlöschen und kein Lächeln mehr die roten Lippen unter dem blonden Bärtchen teilen. Elisabeth schauerte in sich zusammen, nein, sie konnte es nicht mit ansehen, wenn das Verhängnis herembrach, konnte nicht dabei sein, wenn Kurt, resigniert und traurig. Schloß Ellerslädt den Rücken kehrte; trug sie doch die Schuld daran, baß Leonore hinter Hugo Erbachs Geheimnis gekommen, mußte sie doch am Lager des Kranken fest verharren, wenn Fräulem von Ellerstädt auch noch so dringend gebeten, sie mit dem Hauptmann allein zu lassen.
Am andern Morgen stand sie deshalb auch vor der Baronin und bat nun, wo der alte Arzt am gestrigen Abend noch erklärt, daß Herr von Erbach bald ge
nesen. und sein Freund Waldau ja zur Pflege da fein werde, sie nach Hause fahren zu lassen; aber Frau von Ellerstädt schüttelte mit einem beinah liebreichen Lächeln das Haupt und hielt mit sanftem Druck die Hand der kleinen Manöverstützs fest.
„Was glauben Sie denn von uns, L>esel, der km Sie denn, daß wir Sie nur für die Tage der Not bei uns haben wollen und Sie in dm Tagen der Freude ziehen lassen würden? Und Freude und Lust werden doch hoffentlich nun wieder bei uns einkehrrn und darin gipfeln, daß es, wie ich Ihnen im Vertrauen Mitteilen will, eine Verlobung giebt, zu der nur noch der Schlußakt fehlt, denn die Herzen der beiden jungen Leute haben sich längst gefunden."
Auch hier eine Enttäuschung, ein Fehlschlag, der wie der frostige Reif alle Blüten des Glücks zerstören würde; Elisabeth seufzte tief und sprach mit einer an ihr nie gekannten Heftigkeit noch einmal die Bitte aus. abrcisen und heimkehren zu dürfen.
Prüfend ruhte das kluge Auge der Baronin auf dem leidenschaftlich erregten Gesichtchen des Mädchens, und dann senkte sie ihre Stimme ein wenig, um flüsternd zu sagen: „Ei, ei, Elisabeth, so bar aller Fassung! Hat meine kleine, vernünftige Stütze etwa auch ein Herzensgehennnis zum Mütterchen zu tragen, sollte sich das Bild des Schützlings da oben in unsorm Erkerzimmer der jungen barmherügen Schwester in dte Seele geschlichen haben und sich dies Geheimnis mit den Reden d:s Hauptmanns Erbach decken, der mir in seinen gesunden Tagen so oft erzählt, er halte es für daS größte Glück, einen ekgenen Heerd, eine traute Häuslichkeit zu besitzen, in dcr das Weib seiner Wahl schalte und walte? Nun, nun, Elisabeth, Sie. brauchen nicht so erschreckt ouszusehen," fuhr sie lächelnd fort, „ich habe cs wohl bemerkt, daß der Herr Hauptmann großes Gefallen an dem Liesclchen fand, ganz abgesehen davon, daß er Ihrem P.pa sein Leben schuldet, und es sollte mich freuen, nähme er für den Unfall, der ihn durch Loris Rettung getroffen, aus unserm Hause die Aussicht auf ein häuslichcs Glück mit fort, das er sich so heiß ersehnt."
(Fortsetzung folgt.)