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Amts- UN- Anzeigeblatl für den Bezirk Lalw.
70. Jahrgang.
Erscheint Dienstag-, Donnerstags und Samstags. Die EtnrückunaSgebüdr beträgt tm Bezirk und in nächster Umgebung s Pfg. die Zeile, sonst 18 Pfp.
Dienstag, den 23. April 1895.
Lbomremrntsprets vterteljLhrttch in der Stadt -0 Psg. i SV Pfa. Trägerlohn, durch die Post bezogen ML 1. 15, sanft aaru Württemberg Mk. 1. Sb.
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Amtliche HSekauvtMachvnge«.
An die Grlsbehsrden.
Da für die staatliche Bezirks^ Vieh Prämierung ganz wenige Anmeldungen eingekommen sind, werden die Ortsbehörden hiemit veranlaßt, die betreffenden Viehbesitzer hierauf aufmerksam zu machen.
Der Termin zur Anmeldung lauft mit dem 1. Mai ab. Vergl. oberamtl. Erlaß vom 22. März d. I. Wochenbl. Nr. 37.
Calw, 20. April 1895.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeiten.
X. Calw. Der evangelische Männerverein hat Sonntag, den 21. d. Mts., nachmittags von 4 Uhr an, sein Jahres fest mit einer Fa- milrenzusammenkunft im badischen Hof gefeiert. Der Vorstand, Herr Dekan Braun, erstattete Bericht über den Stand des Vereins, woran sich eine Umschau auf sozialem, politischem und kirchlichem Gebiete schloß. Hinsichtlich der Zukunftswünsche unserer sozialdemokratischen Mitbürger wurde auf ein lehrreiches.Experiment hingewiesen, welches China in Zeiten schwerer Zerrüttung schon im 11. Jahrhundert mit der Aufhebung des Privateigentums an Grund und Boden, sowie an Kapitalvermögen gemacht hat. Die Lust zur Arbeit ließ merklich nach. Namentlich verloren die Bauern das Interesse an der Bebauung des Bodens, da sie die ganze Ernte an den'Staat -abzuliefern hatten. So verzehrten sie die vom Staat
gelieferte Saatfrucht lieber, als daß sie sich mit der Aussaat bemühten. Weite Strecken wurden gar nicht mehr angebaut. Die Folge war Hungersnot, bei welcher nur die neuen Machthaber sich zu bereichern wußten, so daß die Ungleichheit bald wieder da war. Endlich, nachdem das Chaos 15 Jahre lang gedauert hatte, kehrte man wieder zu vernünftigeren wirtschaftlichen Grundsätzen zurück. Im weiteren Verlauf der Feier erfreute Herr Rektor a. D. vr. Müller die Versammlung durch ein sinniges Gedicht, ferner Herr Kaufmann Leukhardt durch den schönen Vortrag einer Gerok'schen Dichtung. In höchst dankenswerter Weise spendete ein Sängerchor mehrere gut vorgetragene Lieder. Mit gemeinsamem Schlußgesang endigte die anspruchslose Feier.
* Calw. Wie wir hören, ist Hr. Schullehrer Bachtel er als Hausmeister und Lehrer an die Verbefferungsanstalt für Mädchen in Rottenburg berufen worden und wird derselbe in 14 Tagen seine neue Stelle antreten.
ZZ Calw, 22. April. Zur Weiterbildung der männlichen und weiblichen Jugend sollen laut Gesetz in sämtlichen Gemeinden des Landes Sonntags- und Fortbildungsschulen schon in allernächster Zeit eingerichtet werden. In der Sonntagsschule sind 40 in der Fortbildungsschule 80 Unterrichtsstunden zu geben. Für die männliche Jugend muß eine allgemeine Fortbildungsschule, für die weibliche kann eine solche errichtet werden. Der 80 ständige Unterricht darf das ganze Jahr hindurch oder im Winterhalbjahr stattfinden.
Die Verpflichtung zum Besuche der allgemeinen
Fortbildungsschule erstreckt sich nur auf die aus der Volksschule entlassene Jugend, nicht auf diejenige, welche zuvor eine Real- oder Lateinschule besucht oder überhaupt eine über die Volksschule hinausgehende höhere Bildung erlangt hat.
Ferner erstreckt sich die Verpflichtung zum Besuch der allgemeinen Fortbildungsschule nur auf diejenige männliche Jugend, welche nach ihrer Entlastung aus der Volksschule nicht eine höhere Lehranstalt oder eine gewerbliche Fortbildungsschule besucht.
Die Schüler des Reallyceums, der gewerbl. Fortbildungsschule, der Handelsschule und ebenso die Schülerinnen der Töchtermittelschule hier, sind demnach von der Verpflichtung zur Sonntags- oder Fortbildungsschule befreit.
Die Sonntagsschule muß 3, die Fortbildungsschule 2 Jahre besucht werden.
Von dem Recht der Verlegung eines 2stündigen Unterrichts auf den Sonntag soll nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht werden.
Als Schulstrafen dürfen gegen Schüler der allgem. Fortbildungs- und Sonntagsschulen neben Ermahnungen, Warnungen. Noten, Verweise, der Auflage Schularbeiten nachzuholen noch in Anwendung kommen 1) Verweis von der Schule, 2) Verweis von der Ortsschulbehörde und 3) strengeren Schularrest bis zu 12 Stunden.
Der Unterricht erstreckt sich in der Fortbildungsschule auf Religion (10 Stunden), Aufsatz (20 St.), Rechnen (20 St.) und Realien (30 St.) Das Lehrpensum, welches ganz dem praktischen Leben angepaßt ist, ist von der Oberschulbehörde genau festgesetzt, je-
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Die Manöverstütze.
Novelle von Anna Gnevkow.
(Fortsetzung.)
Am Bette hingesunken lag wieder das Mädchen, das dunkle Haupt dicht neben der einen verwundeten Hand des Mannes, die Augen mit einem herzzerreißenden Ausdruck zu dem Gesicht des Kranken erhoben. Er fieberte, sicher fieberte er, Elisabeth nur meinte er, konnte er meinen, wann hätte er ihr je Liebe gezeigt, wann wäre er ihr je etwas anderes gewesen als der treue Freund, wann hätte er ihr je Anlaß gegeben, über ihn zu triumphieren, wie sie sich dies früher so sehr, so heiß ersehnt?
Aber es war süß, seinen LiebeSworten zu lauschen, eine kurze Minute hindurch zu wähnen, daß man selbst damit gemeint sei, und ihre Augen ließen nicht ab von dem Gesichte des Mannes, sie lauschte angestrengt auf das leise Gemurmel des Kranken: „Ich habe Dich so geliebt, Leonore, daß ich Dich für dies schönere, bessere Leben erkauft, wenn ich Dich auch auf Erden einem andern überlasten mußte. Aber Kurt wird es einsehen, daß so viel Liebe, Treue und Leid auch ihren Lohn haben wüsten, denn ich habe um Dich gelitten, gelitten im Park, als Du nur Augen für ihn zu haben schienst, aus dem Biwak, als Du Dich ihm wohl angelobt, und nun bist Du gern zu mir gekommen, nicht, Leonore, Du kamst gern?"
Ein Heller Glanz, der Glanz wie von etwas Überirdischen! legte sich über das bleiche Männerantlitz, es sah aus, als wolle der Tod in diesem Augenblick Besitz davon ergreifen, aber dicht neben ihn, Wange an Wange, schmiegte sich jetzt das leicht erglühte Gesicht Loris, aus ihren Augen strahlte kein Triumph, strahlte nur die Wonne über das Geständnis des Mannes, an dem es, seinen letzten Worten nach, ja nichts mehr zu zweifeln und zu deuteln gab, das ihr sagte, er liebe sie, sie nur allein, und mit bebenden Lippen flüsterte sie ihm zu: „Gern bin ich gekommen, o, so gern, weil es allein mein Glück ausmacht!"
„Leonore!" — Die Lider des Mannes schloffen sich wieder, eine zuckende Bewegung des Armes schien anzudeuten, daß der Kranke gern nach der Hand der Geliebten gegriffen, und das Mädchen legte deshalb die feinen Finger leise, leise um die verhüllte Hand des Mannes. Gleich darauf hörte man die festen ruhige« Atemzüge eines Schlafenden durch die stille Stube, der Sonnenstrahl spiegelte sich in einem Paar leuchtender, glückseliger Mädchenaugen.
Eine halbe Stunde später kam Elisabeth, um ihren Platz am Krankenbett wieder einzunehmen, und sie sah mit so ängstlich forschenden Augen nach Leonore hinüber, daß diese sich fast unhörbar von ihrem Platze erhob und ihre Hand vo» der des Geliebten zurückzog.
„Er schläft, Lieselchen, er schläft," sagte sie dabei in fast jauchzenden Töne« zu der kleinen AmtmannStochter, „geben Sie acht, nun geht's der Genesung entgegen, auch sein Augenlicht hat nicht gelitten, und wenn er dann gesund wird, werde ich triumphieren und dem Doktor sagen, daß meine Nähe ihm die wahre Heilung gebracht."
„Und er hat nichts gesprochen, nicht phantasiert, Sie nicht durch wirre Rede« und Ausbrüche erschreckt und geängstigt?" fragte Elisabeth dringend und sah Lori in das seltsam veränderte, leuchtende Antlitz.
„Er hat gesprochen, hat mich angesehen, mich erkannt und, wenn er auch noch in halbwachem Zustand wähnte, daß wir beide gestorben, so hat er mir doch gestanden-"
„O, dann phantasierte er auch noch," schnitt Elisabeth in jammerndem Tone die Worte Loris ab, „denn, wenn er sich in seinen Jrrreden mit Ihnen beschäftigt«, kam alles, wa» er sprach, so wirr und kraus, so unverständlich heraus, daß man'A empfand, nur das Fieber gebe ihm die wunderbaren Bilder ein, und im wachen Zustande würden sie alle wieder verschwinden."
Leonore schüttelte den Kopf, ein siegreiches Lächeln teilte die rosigen Lippen, und abwehrend hob sie die Hände: „Nichts wird verschwinden, Lieselchen, nichts, denn wenn der Hauptmann erst wieder gesund ist, werde ich ihn fragen, ob ich ihn durch Hingabe meines ganzen Lebens die Leiden vergessen machen kann, die er jetzt um meinetwillen erduldet."