^ 47. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 7V. Jahrgang.

Erscheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Die EinrückungSgebithr beträgt im Bezirk und in nächster Um- .Hebung 9 Pfg. di, Zeile, sonst 12 Pfg.

Samstag, den 20. April 1895.

SbonnemeMSpreiß vierteljährlich in der Stadt SV Psg. «ch L) Pfg. Lrügerlohn, durch die Post bezogen ML 1. Id. soaK t» ganz Württemberg Mk. 1. KL.

Amtliche Aekauutmachuuge«.

An die Ortsvorsteher.

1) Die Musterung der Polizeidiener, welche durch den Landjäger-Stationskommandant im Ober- amtsbezirk Calw vorgenommen wird, findet in folgender Weise statt.

Donnerstag, den SS. April, vorm. 9 Uhr, auf dem Rathause in Gechingen:

Hiebei haben zu erscheinen: die Polizeidiener -von Althengstett, Dachtel, Deckenpfronn, Gechingen, Holzbronn, Neuhengstett, Ostelsheim, Simmozheim und Stammheim.

Freitag, den ÄS. April, vorm. 9 Uhr, auf dem Rathanse in Liebenzell:

Hiebei haben zu erscheinen: die Polizeidiener von Dennjächt, Ernstmühl, Hirsau, Liebenzell, Monakam, Möttlingen, Ober-Kollbach, Ober-Reichenbach, Otten- bronn, Unterhaugstett und Unterreichenbach.

Montag» den 29. April, vorm. 9'/- Uhr, auf dem Rathause in Teinach:

Hiebei haben zu erscheinen: die Polizeidiener -von Altburg, Altbulach, Emberg, Liebelsberg, Neu­bulach, Röthenbach, Sommenhardt, Schmieh, Speß- hardt, Teinach und Zavelstein.

Donnerstag, den 9. Mai, vorm. 19 Uhr, auf dem Rathause in Neuweiler:

Hiebei haben zu erscheinen: die Polizeidiener von Agenbach, Aichhalden, Bergorte, Breitenberg, Hornberg, Martinsmoos, Neuweiler, Oberhaugstett, Oberkollwangen, Würzbach und Zwerenberg.

2) Die sämtlichen Polizeidiener haben in Uniform zu erscheinen und ihre Mäntel, Dienstbücher und Gelenkfesseln mitzubringen.

Den Polizeidienern ist hievon Eröffnung zu machen.

Calw, 18. April 1895.

K. Oberamt.

V o e l t e r.

Tagesneuigkeiten.

-n. Weilderstadt, 16. April. Am Oster­montag fand in dem benachbarten Schleglerstädtchen Heimsheim derGautag des Strohgäusänger­bundes* statt. Die Verhandlungen fanden in den oberen Räumen des Gasthauses zumWaldhorn" statt und wurden ziemlich lebhaft geführt. Sie dauerten von 1 bis gegen 4 Uhr. Hauptgegenstand der Be­sprechung war die Art und Weise der Abhaltung der künftigen Gausängerfeste. Als Vorort für das nächste Sängerfest am Pfingstmontag 1896 wurde mit großer Stimmenmehrheft Wiernsheim O.A. Vaihingen ge­wählt. Um den regelmäßig wiederkehrenden, fast unvermeidlichen Mißstimmungen zwischen den einzelnen preissingenden Vereinen vorzubeugen, soll künftig eine Aenderung in der Weise eintreten, daß beim Preis- singen 3 Klassen unterschieden werden, so daß also verschiedene Vereine einen I-, II. oder III. Preis erringen können. Der Tag hatte für Heimsheim auch eine historische Bedeutung in mehrfacher Be­ziehung. Nach den Verhandlungen des Gautages vereinigten sich die meist vollzählig erschienenen Ver­eine von Leonberg (Liederkranz" undFrohsinn"),

Rutesheim, Ditzingen, Weilimdorf, Merklingen, Möns­heim rc. zu einem kleinen Festzug. Der Zug bewegte sich unter Vorantritt der Heimsheimer Musik durch die zum Teil beflaggten Straßen zu der am nördlichen Ende des Städtchens, amSee" stehendenUhlands- linde". Dieselbe von Redakteur Lindenberger gestiftet, wurde im Jahr 1887 hieher gepflanzt und erhielt nun durch Gesang und Rede eine einfache Weihe. Hierauf ging der Zug zum reich und sinnig ge­schmückten Schlegler schloß (Schleglerturm), auf dessen hohem Dach die deutsche und württembergische Flagge im Winde lebhaft wehte. Hier wurde in einer feurigen Rede von H. Redakteur Lindenberger aus Leonberg (Vorstand des Strohgäusängerbundes) die Bedeutung von Stadt und Burg Heimsheim zum Ausdruck gebracht. Bekanntlich werden es im Sep­tember ds. Js. 500 Jahre, daß Graf Eberhard III von Württemberg die 3 Schleglerkönige gefangen nahm und ihre Burg niederbrannte. Auch die schweren Geschicke des Städtchens während des 30jährigen Kriegs und während der französischen Raubkriege wurden berührt. Zum Schluß sang derHeimsheimer Liederkranz" das StrohgäusängerliedZum letztenmal ein volles Lied", und so fanden auch diese beiden festlichen Akte einen würdigen und schönen Abschluß. Die Sänger zerstreuten sich dann in ihre Ouartiere und verließen dann bald mit den Gefühlen des Dankes die freundliche Schleglerstadt.

Stuttgart. Se. Kgl. Hoheit Herzog Alb recht von Württemberg haben durch den Sturz vom Pferde keinen Schaden genommen, der zu ernster Besorgnis Anlaß gäbe. Das gestern ausgegebene Bulletin lautete:Die Besserung hat weitere Fort­schritte gemacht."

Rottweil, 17. April. In der hies. Fisch­zuchtanstalt, die über die Feiertage dem Publikum offen stand, wurde am Montag Abend böswilliger Weise ein Wasserhahn zugedreht, wodurch dann 30000 junge Forellen zu Grunde gingen.

Aus purem Uebermut rempelte inKarls - ruhe der Buchbinderlehrling Robert Müller aus Heidelberg einen Schüler namens August Heinz auf der Straße an und brachte ihm einen Stich mit einem Dolch in den Unterleib bei, daß das Netz hervortrat. Der Gestochene wurde, tätlich getroffen, in das Kranken­haus verbracht, wo er am andern Tag gestorben ist. Müller wurde in Haft genommen. Welches Unheil durch eine Kartenschlägerin angerichtet werden kann, hat sich kürzlich in Gaggenau in einem Fall gezeigt. Ein Herr T. lebte mit seiner Frau in bestem Einvernehmen, bis er einer Kartenschlägerin in die Hände fiel. Eines schönen Tages erscheint die Karten­schlägerin bei dem Hauseigentümer und schlägt auch der Frau T. die Karten, aus denen sie ihr verkündet, daß sich ihr Mann anderen weiblichen Schönheiten herumtreibe und sie eines TagS verlassen werde. Frau X. von Eifersucht ergriffen, verfolgt und belauscht nun ihren Mann tagtäglich und malt sich die schlimmsten Bilder aus, die Gatten verwerfen sich und eines schönen TageS läßt Frau L. ihrem Mann durch einen Dritten den Schlüssel der Wohnung überreichen mit dem Bemerken, sie sei mit dem Kinde verreist. Jetzt lebt jedes für sich.

Heidelberg, 10. April. Eine originelle Wette kam dieser Tage in einer Wirtschaft der Heidel­berger Altstadt zum Austrag. Einer der fröhlich beisammen sitzenden Gäste, der Besitzer eines größeren Anwesens behauptete im Laufe des Gesprächs, man könne in ein bis zum Aichstrich gefülltes Viertelliter- Weinglas 1800 ^ in Gott» legen, ohne daß dasselbe überlaufe. Da diese Behauptung angezweifelt wurde, so kam es zur Wette um sechs Flaschen Sekt. DaS Experiment wurde gemacht, Goldstück auf Goldstück in das Glas versenkt, bis sogar 1900 ^ als ei» anderer Nibelungenhort im goldenen Naß ruhten. Kein Tropfen war übergelaufen und die Wette von dem kundigen Thebaner, der mit großer Schläue das Gespräch auf dieses Thema zu lenken gewußt hatte, glänzend gewonnen worden.

München, 18. April. Heute Nacht wurde ein Juwelierladen in der Bayerstraße vollständig ausgeraubt. Der Schaden beträgt ca. 30 000 vB. Von den Thätern hat man noch keine Spur.

Friedrichsruh, 17. April. Heute Mittag hat Hierselbst der Empfang der Innungen durch den Fürsten Bismarck stattgefunden. Auf die Adresse der Oberinnungsmeister antwortete der Fürst in längerer Rede. Er führte aus, daß er in der letzten Woche viele Huldigungen empfangen habe, aber keine sei so zahlreich, so repräsentativ gewesen, wie die heutige, wie die ihm vom deutschen Gewerbe dargebrachte. Er, der Fürst gehöre als Landwirt dem produktiven Stande an; alle produktiven Stände müßten zusammenstehen gegen die zahlreichen Gegner. Bismarck ging sodann auf seine frühere Amtsthätigkeit ein, wobei er betonte, er habe versucht, gesetzgeberisch dem Handwerk beizustehen. Er sei aber erlahmt an dem Widerstande des Reichstages und lehne alle Verantwortung für das Klebegesetz ab. Für den Gedanken trete er zwar ein, aber die Ausführungen durch den grünen Tisch haben seine Absichten z« Schanden gemacht. Die Handwerker müßten sich organisieren und ihre Vertreter im Reichstage in­struieren, dann würde es möglich sein, die gegen­wärtige antinationale Mehrheft im Reichstage weg­zufegen.

Kiel, 18. April. Zum Präsidenten der Ver­waltung des Nordostsee-Kanals ist der Vorsitzende der Kanalbau-Commission, Geheimrat Loewe in Aussicht genommen. Der Kaiser beabsichtigte zuerst, die Stelle mit einem höheren Marine-Offizier zu besetzen, entschied sich jedoch auf Anraten des Ministers v. Boetticher für die Wahl eines Verwaltungsbeamten.

Berlin, 17. April. Der bisherige Gouver­neur von Ostafrika, Freiherr v. Scheie, ist zum Flügeladjutanten des Kaisers ernannt worden.

Berlin, 17. April. DerNordd. Allg. Ztg." zufolge sind die Arbeiten des Reichstages nach den Ferien derart eingeteilt, daß nach der Er­ledigung des Entwurfs über die Abänderung d«S Zolltarifs die erste Beratung der Gesetzentwürfe betr. die Branntweinsteuer, den Sllavenraub und die süd­westafrikanische Schutztruppe rc. folgen. Sodann werden Initiativanträge u. s. w. beraten. Erst nach Erledigung dieses Materials kommt die zweite Lesung der Umsturzvorlage zur Beratung.