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Hat zwar ein spätes Frühjahr lieber als ein allzu frühes, und wenn nun die Frühlingswärme kräftig kommt, so wird die Entwicklung der Vegetation um so raschere Fortschritte machen.
Berlin, 8. April. Die „Nordd. Allg. Ztg." bestätigt, daß der Kaiser Franz Josef den Kaisermanövern bei Stettin beiwohnen werde. Der Zeitpunkt des Eintreffens und die Dauer der Anwesenheit in Stettin sei noch nicht sestgestellt.
Berlin, 9. April. Der Präsident des Reichstages, Freiherr von Busl, gedenkt in einigen Tagen, nachdem er die laufenden Amtsgeschäfte erledigt hat, Berlin zu verlassen und sich nach seiner badischen Heimat zu begeben. Nach seiner Rückkehr wird er die Präsidialwohnung am Pariser Platz beziehen. Herr von Levetzow räumt in diesen Tagen die bisher von ihm inne gehabte Wohnung.
Berlin, 9. April. Das Befinden des Freiherrn v. Stumm läßt noch zu wünschen übrig. Herr v. Stumm ist im Kaiserhof von seinen Leiden noch immer hart mitgenommen. Sobald eine Besserung eintritt, wünscht er nach Hause zurückzukehren, während die Aerzte für eine Badereise sind.
Berlin, 9. April. Das Panzerschiff „Odin", das unmittelbar zum Schutze des Nordostseekanals bestimmt ist, wird noch in diesem Monat mit Probefahrten beginnen. Gegenwärtig werden noch die letzten Ausrüstungsarbeiten fertig gestellt.
Friedrichsruh, 9. April. Gestern Mittag fand der Empfang der 400 Lehrer höherer Lehranstalten durch den Fürsten Bismarck statt, welche ihm eine Adresse überreichten. Der Fürst dankte in einer Ansprache und brachte ein Hoch auf die deutsche Lehrerschaft aus.
Hamburg, 9. April. Bei Helgoland scheiterte das Hamburger Segelschiff „Johanne Krenzien". Die Mannschaft ist gerettet.
Paris, 9. April. Die Regierung erteilte den Befehl, alle Personen, welche an, Sonntag in Nimes am Stiergefecht teilgenommen haben, gerichtlich zu verfolgen.
London, 8. April. Wie aus Shanghai gemeldet wird, haben die chinesischen Generäle, welche in der Mandschurei operieren, immer noch nicht die Meldung von dem Waffenstillstand erhalten und führen dort den Feldzug gegen die Japaner fort.
London, 9. April. „Daily Chronicle" meldet aus Berlin, Kaiser Wilhelm werde am Sedantage eine bedeutende militärische Broschüre herausgeben.
London, 9. April. Nach einer Meldung der „Times" aus Shanghai schreiten die Friedensverhandlungen mit befriedigender Schnelligkeit fort. Man glaubt, China werde alle Forderungen Japans annehmen.
Dermischtes.
Ausstellung für Elektrotechnik und Kunstgewerbe, Stuttgart 1896. Im Laufe der vergangenen Woche wurden von Seiten der Aus
stellungskommission in einer Reihe öffentlicher Blätter Aufrufe zur Beschickung der Ausstellung erlaffen und außerdem besondere Einladungen in großer Anzahl an die Gewerbetreibenden des Landes hmausgesandt, je unter Beifügung des in der Sitzung vom 4. März d. I. festgestellten Ausstellungsprogramms. Mit erfreulicher Raschheit sind darauf für beide Abteilungen der Ausstellung bereits eine ganze Reiye von vorläufigen Platzanmeldungen, zum Teil bedeutenderen Umfangs, eingelaufen. Für die Ausstellungskommission wäre es von größtem Werte, wenn dieses gute Beispiel eines raschen Bescheids ausgiebige Nachahmung fände, weil der Kommission daran liegen muß, möglichst früh eine Uebersicht über die Raumbedürfnisse zu gewinnen. Nachdem der Stuttgarter Gemeinderat in dankenswerter Weise die Strecke der Kanzleistraße von der Alleen- bis zu der Kriegsbergstraße kostenfrei zur Verfügung gestellt, sowie das Gesuch der Ausstellungskommission um Ueberlassung des Stadtgartens für das Jahr 1896 zu befürworten beschlossen hat, ist in sichere Aussicht zu nehmen, daß den weitestgehenden Anforderungen wird Genüge geleistet werden können. — Von dem Bureau der Ausstellungskommission in der Gewerbehalle wird auf etwaige Anfragen mündlich oder schriftlich bereitwilligst nähere Auskunft erteilt.
sReichsmarine und Handelsmarine.^ Nach den bis jetzt getroffenen Bestimmungen werden bei der Eröffnung des Nordostseekanals von Schiffen der deutschen Reichsmarine den Kanal passieren: Die Kais. Dacht Hohenzollern, S. M. Schiff Kaiseradler und S. M. Panzerschiff Wörth. Die zur Kanaleröffnung geladenen fürstlichen Gäste werden auf dem Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd, Kaiser Wilhelm II. untergebracht werden, welcher zu diesem Zwecke vom Norddeutschen Lloyd in Bremen zur Verfügung gestellt ist. Schnelldampfer Kaiser Wilhelm II. ist in der Linie Genua—Gibraltar—New- Dork beschäftigt. — Der Norddeutsche Lloyd hat bekanntlich zum Zwecke der Ausdehnung des Verkehrs mit Brasilien 4 neue Dampfer in Bau gegeben, welche der Zwischendecks- und Frachtbeförderung dienen sollten. Die betreffenden Schiffe nehmen keine Kajütpassagiere, so daß den Zwischendeckpaffagieren das ganze Promenadendeck zur Verfügung bleibt. Die Schiffe werden mit den neuesten Einrichtungen für Tropenreisen versehen. Der erste dieser Dampfer lief am 23. März auf der Werft des Vulkan vom Stapel und erhielt den Namen „Crefeld". Dampfer Crefeld wird seine erste Reise von Bremen nach Brasilien am 11. Mai antreten.
— Am 3. April ist das am nördlichen Rande des Walensees einsam gelegene Dörfchen Quinten mit der anderen Seite des Sees telephonisch verbunden worden. Zu diesem Zwecke war ein Draht über den See zu spannen. Diese schwierige Arbeit, an der sich ein größeres und sechszehn kleine Schiffe sich beteiligten, gelang vollständig. Quinten liegt am Fuße des Leistkamms, dessen Wände sich fast senkrecht aus dem See erheben. Der Stützpunkt des Drahts liegt hier 360 Meter über dem Seespiegel, auf der anderen Seite, in Murg, nur 130 Meter. Die Spannung über den See ist 2400 Meter lang. Das ist wohl die größte Drahtspannung der Welt. In der Schweiz hat man bis jetzt nur Spannungen bis zu 1100 Meter gehabt. Der Draht von Murg nach
Quinten ist zwei Millimeter dick und hängt an seiner tiefsten Stelle noch 40 bis 50 Meter über dem Wasser„ so daß er die Schiffahrt nicht behindert. Ob er den Stürmen und dem Schneedruck trotzen kann, muß sich» erst erproben.
x. Ein Japaner, der der deutschen Sprache noch nicht ganz mächtig war, sandte einst einem Universitätsprofessor in Tokio einen Entschuldigungsbrief folgenden Inhalts: Leidet kann ich heute nicht kommen, da ich mein liebes Vateraas begraben muß. Mit Verachtung!
Woran erkennt nian das besteMehl? Man wiegt von den zu untersuchenden Sorten je 5—10 Gramm ab, mischt diese mit genau derselben Menge Wasser (am besten mit dem Fingerhut zu messen) und läßt die so entstandenen Teige einige Tage stehen, damit alles Wasser aufgesaugt wird. Da wo der festeste Teig sich gebildet hat, ist die beste Sorte, da wo der dünnflüssigste, dis schlechteste Sorte Mehl.
Linoleum glänzend zu erhalten. Die Verbreitung der Linoleumteppiche und Läufer für Zimmer, Corridore, Treppenhäuser, Geschäftsräume rc. nimmt immer mehr zu, weil dieselben hinsichtlich- der Haltbarkeit, Bequemlichkeit und Reinlichkeit große Vorteile bieten. Dabei sind die Unterhaltungskosten geringfügig. Will man Linoleum glänzend erhalten, so bediene man sich folgender einfacher Mittel, welche Jedermann leicht anwenden kann. Eine Abwaschung, mit gleichen Mengen Milch und Wasser sollte regelmäßig alle 2—3 Wochen stattfinden; nach Verlauf von 3—4 Monat, also jährlich etwa dreimal, hat ein Abreiben mit einer schwachen Lösung von Bienenwachs in Terpentinspiritus stattzufinden; bisweilen wird auch Leinöl hiezu verwendet. Die Teppiche und Läufer bleiben bei diesem Verfahren immer rein und glänzend^ d. h. sie sehen stets sauber und wie neu aus.
R-klameteil.
Am nächste« Zahltag
versäume doch kein Arbeiter seiner Frau ein Paquet der vortrefflichen Perl-Seife mit nach Hause zu bringen. Sie wird sich nicht allein über die ihr erwiesene Aufmerksamkeit freuen, sondern sie wird auch sehr froh darüber sein, daß sie unverhofft in den Besitz einer der besten Seifen gelangt, die existieren, und daß sie damit nicht allein sich, sondern auch ihre Kinder, ganz besonders aber die Kleinen in der Wiege so recht nach Herzenslust waschen kann.
Leils ist eine Seife, wie sie gerade in die Familie paßt, außerordentlich fettreich, unverfälscht, mild, sparsam im Verbrauch, von der denkbar günstigsten Wirkung auf die Haut und dabei wahrhaft billig. 3 8tü«It kosten nur 55 das ist etwa 19 ?Lg. per
Stück und das kann doch jeder Arbeiter für seine Familie ausgeben. Zu haben ist sie in Calw bei Wieland L Pfleiderer (Federhaff'sche Apotheke)^ I. C. Meyer'Ä Nachf., Emil Sänger am Markt, A« Schaufler, Kaltenmark in Gechingen.
Die Broschüre „Heisterstimmen an des- Fürsten Msmaräl's achtzigstem HeSurtstage", Verfasser Hr. Rektor a. D. vr. Müller, ist L 10 H zu haben in der Druckerei d. Bl.
Erna und Linda amüsierten sich köstlich; sie nippten von dem duftenden Mokka, gestanden ein, solch einen Biwakabend fast einem Ballabende gleichzustellen, «ahmen die Huldigungen der jungen Lieutenants, die flüsternd beteuerten, die Tage in Schloß Ellerstädt auf Ehre nie zu vergessen, gnädig hin und lachten zuweilen so herzlich, daß eS bis hinaus klang zu den Soldaten, die an den Lagerfeuern hockten und emsige Beratungen mit einander hielten. Leonore blieb ernster; sie hatte nur wenige Worte mit dem Hauptmann Erbach gewechselt und war dann von Kurt, der neben ihr saß, in ein Gespräch gezogen worden, und die Baronin, die von dem nahen Feuer her angenehm durchwärmt wurde und sich durch einen Blick auf Herrn von Waldau und ihre Tochter sehr befriedigt fühlte, wandte sich lächelnd Hugo Erbach ,u, mit ihm über seine Garnison, seine dienstlichen Verhältnisse und so weiter zu plaudern. So mochte es ein Weilchen gegangen sein, als plötzlich ein Teil der Soldaten, meist ältere Männer, aufsprangen, ihre Blechlöffel, mit denen sie gegessen, klirrend auf einen Hausen warfen, auS den Bunden Stroh, die zu ihrer Nachtruhe bestimmt waren, große Büschel herausrissen und daraus mit Hilfe einiger Stangen eine hohe, kreuzförmige Figur formten, an die sie. mit lauter Lust, lautem Lachen, blitzgeschwind die Löffel befestigten. Während des ganzen Manövers, ja, während der ganzen Zeit, wo sie eingezogen gewesen, hatten ihnen diese kleinen, blechernen Dinger die besten Dienste geleistet, aber mit dem heutigen Abend wurden sie ja überflüssig, die Freiheit war vor der Thür und deshalb eine feierliche Bestattung der Löffel am Platze.
Hoch in der Luft schwankten und Hinten die kleinen Dinger, zwei Reservisten trugen das hohe Strohgebäude, und der Spaßmacher von vorhin trat wieder an das Zelt Kurt Waldaus heran, die Herrschaften in feierlichster Weise einzuladcn. dem Begräbnisse beizuwohnen.
„Mit gefangen, mit gehangen." lachte der Baron und erhob sich. Erna und Linda hängten sich sofort an seine Arme und, wenn auch die Frau Baronin mehr für em ruhiges Bleiben auf dem feuerwarmen Plätzchen gewesen wäre, so konnte
sie doch nicht umhin, sich dem allgemeinen Vorgehen anzuschließen und den übrigen mit dem Hauptmann zu folgen.
Ein gewisser Trost blieb es dabei für sie, daß Leonore und Kurt Waldau das letzte Paar bildeten, denn so viel Lärm es auch ringsherum gab, diente doch- dieser gerade dazu, den einzelnen so abgeschieden zu machen, wie er es wünschte, und die Gelegenheit zu einer Aussprache fand sich so günstig wie nur irgend möglich.
Und die Baronin sehnte diese Aussprache herbei; nicht, daß sie ihr Kind gern aus dem Hause gehabt hätte, aber Leonore, die vergötterte Leonore. von der man gedacht und fest erwartet, daß sie mit siebzehn Jahren schon durch eine glänzende Partie den Ruhm des alten Hauses noch erhöhen und festigen würde, war schon - fünfundzwanzig Jahre alt geworden, hatte in unergründlichen Launen die besten Partien ausgeschlagen, und man wollte doch auch gern an die Aufgabe Herangehen können, Erna und Linda ein möglichst glänzendes Lebensglück zu begründen. Wem anders könnte auch wohl Loris Denken und Sinnen gehören, als dem ritterlichen, gewandten, liebenswürdigen Kurt Waldau? Schrieben sich ihr verändertes Wesen, eine gew sse Weichheit und Gefühlswärme doch von jener Zeit her, wo sie nach einem längeren Aufenthalt in der Residenz beim Onkel mit den Ettern im Seebade gewesen und dort den jungen Gutsherrn kennen gelernt hatte. O gewiß, es mußte ein glückliches Paar geben und diese Manövcrtage volle Klarheit, eine harmonische Entwickelung des Ganzen bringen. Daß sie es bisher nicht schon gebracht, das war nur dem vielen Treiben, der großen Anzahl Menschen, dem nicht endenden Vergnügen in Schloß Ellerstädt zuzuschrerben, und hier war, wie es di« Baronin mit einem kaum eingestandenen Gefühl des Ärgers empfand, auch Elisabeth Hallig eine viel zu große Beachtung geworden; überall hatte man sie gesehen, sie überall dm Kindern des Hauses fast gleichgestellt, und sie war hübsch, unleugbar hübsch, wie klug also von ihr, daß sie das Mädchen trotz der Bitten der Töchter, trotz des Zuredens ihres ManneS bei der Fahrt zum Biwak daheim gelassen.
(Fortsetzung folgt.)