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^-2 44. Amts und Anzeigeblcrtt für den Bezirk (Lalw. 70. Jahrgang.
Erscheint Dienstags, Donnerstags und Samstags. Die EinrücknngSgebühr beträgt im Bezirk und in nächster Umgebung s Pfg. die Zeile, sonst 1L Pffl.
Donnerstag» den 11. April 1895.
LdonnementSprriS vierteljährlich in der Stadt 90 Pfg. mck *0 Pfg- Trägerlohn, durch die Post bqogeu ML. 1. 15, sovH i» «am Württemberg Mk. 1. SL.
Tagesneuigkeiten.
Calw, 10. April. Zufuhr zum heutigen Markt: 177 Stück Rindvieh, 10 Pferde, 23 Körbe Milchschweine, 68 Stück Läufer. Da die jüd. Händler fehlten, war der Umsatz gering. Auch auf dem Schweinemarkt wurde weniger wie sonst gehandelt. Milchschweine lösten 15—26 ^ das Paar, Läufer ^36—60 ^ das Stück.
sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.j Zur Vorbildung für den Volksschullehrerberuf mit Aussicht auf Staatsunterstützung sind nach abgehaltener Vorprüfung ermächtigt worden: Bohnet, Gotthold, Don Deckenpfronn, Essig, Karl, von Gechingen, Hirth, Gotthilf, von Ostelsheim.
Freudenstadt, 7. April. Heute früh 4 Uhr brach in der zwischen Reichs- und Badstraße gelegenen Schreinerei und Möbelfabrik von Karl Bothner hier Feuer aus, das in kürzester Zeit das ganze große Gebäude erfaßte und bei starkem Westwind ein daneben gelegenes und drei jenseits der Badstraße gelegene Wohnhäuser ergriff. Alle fünf Gebäude brannten im Lauf von drei Stunden bis zum Grunde nieder, drei andere Wohnhäuser wurden durch Feuer und durch das Wasser aus den Feuerspritzen stark beschädigt. Sieben Familien haben ihr Obdach verloren. Heute nachmittag wurde ein bei Bothner beschäftigt gewesener Schreinergeselle verhaftet, der durch bedenkliche Aeußerungen in einer Wirtschaft starken Verdacht der Brandstiftung auf sich gezogen hat.
Stuttgart, 8. April. Ein schlimmer Mensch, der schon wiederholt unsittliche Attentate -auf schulpflichtige Mädchen teils verübt, teils versucht hat, ist trotz der eifrigsten Nachforschungen der hiesigen Polizei noch nicht entdeckt worden. In sämtlichen Mädchenschulen der Stadt wurden deshalb die Kinder ermahnt, ja mit keinem fremden Mann zu gehen, -Lder sich in ein Haus locken zu lassen, sondern falls
ihnen ein solcher Mensch Geschenke anbiete u. s. w. raschmöglichst einen Schutzmann zu suchen und zur Ergreifung des bösen Mannes das Möglichste zu thun. Unter der jungen Mädchenwelt herrscht hier eine förmliche Panik. Viele Schülerinnen wagen sich kaum mehr auf die Straße; da es leicht möglich ist, daß der Unhold sich nach auswärts wendet, so sei hiemit vor ihm gewarnt.
Stuttgart, 8. April. Im Anschluß an den Pferdemarkt kommen am Mittwoch den 24. April, vormittags 10 Uhr, aus dem Kgl. Marstall 7 und aus den Kgl. Privatgestüten 15 Pferde, unter letzteren ein Vierer Juckerzua zum Verkauf. Am Dienstag den 23. werden die Pferde im Akademiehof vorgeführt werden.
Ludwigsburg, 8. April. Einen merkwürdigen Gast beherbergte seit letzten Montag früh ein hiesiger Gasthof. Derselbe schrieb sich als Ingenieur M. aus H. ins Fremdenbuch ein, ging alsbald nach seiner Ankunft zu Bett, von welchem er bis jetzt noch nicht wieder aufgestanden ist. Er ist aber nicht etwa krank, sondern läßt sich Esten und Trinken gut schmecken, namentlich letzteres, da er täglich, 6—8 Schoppen Wein trinkt. Der sonderbare Gast zahlt täglich, verspricht auch stets, am folgenden Tage an der Nable ä'bSte zu erscheinen, fragt wiederholt, wann der nächste Zug nach H. abgehe, mit dem er fahren wolle, war aber nicht einmal zu bewegen, das Bett so lange zu verlassen, bis es wieder „gemacht" ist. Ueber die ganze Zeit seines Aufenthalts beschäftigte sich der Sonderling Tag und Nacht eifrigst mit Zeitungslesen. Nachdem der sonderbare Kauz gestern noch ein ansehnliches Quantum „Pilsener" konsumiert hat, soll er nun heute früh abgereist sein.
Maulbronn, 4. April. Der auf hiesiger Markung gelegene, ca. 53 Morgen große Aalküstensee wurde gestern abgesischt. Da die Witterung dem Abfischen günstig war, so hatten sich viele Freunde des Fischfangs eingefunden, darunter Professoren
vom Stuttgarter Naturalienkabinett, welche eifrig allerlei Seetierlein sammelten. Sehr erfreut wurden dieselben durch den Fang von zwei weißen Hechten, welche lebend nach Stuttgart geschickt und für die Sammlung des Naturalienkabinetts bestimmt wurden. Das Abfischen des Aalküstensees ergab 41'/- Ztr. Hechte, 43 Ztr. Karpfen, 5'/- Ztr. Barsche und Schleien und 1 Ztr. Aale. Das ganze Quantum erstand ein Fischhändler aus Germersheim.
Heilbronn, 7. April. Eine aufregende Scene erlebten gestern Nachmittag die Reisenden des von Weinsberg nach Hellbronn fahrenden Zuges. Ein Bauersmann hatte ersichtliche Mühe sein vor eine Egge gespanntes junges Pferd am Halfter und Zaum festzuhalten, damit es vor dem in einer Curoe heranbrausenden Züg nicht durchgehe, als er plötzlich wahrnahm, daß em etwa 3jShriges Kind unter der herabgelastenen Barriere an dem über die Schienen führenden Feldweg hindurch auf das Geleise gegangen war. Das alsbald das Weite suchende Pferd los lassend, selbst mit einigen mächtigen Weitsprüngen auf den Bahndamm zu eilen und das Kind im letzten Augenblick dem sicheren Tod zu entreißen, war das Werk sehr weniger, aber für die Zuschauer sehr aufregenden Augenblicke. Man konnte nur noch sehen, wie ein andrer Bauersmann, wahrscheinlich der Vater des Kindes, letzteres von seinem Lebensretter in Empfang nahm.
Die Heilbr. Nckztg. berichtet über das Vorjahr: Von Mitte März bis zum 11. April erfreuten wir uns des schönsten Sonnenscheins und die Wärme stieg bis auf -s- 17 Grad. Am 3. April hatten wir den letzten Frost des Frühjahrs, am 4. sah man die ersten Schwalben und am 6. wurde der Kuckuck im Walde gehört. Der Schlehdorn schmückte mit seinen weißen Blüten schon am 5. unsere Hecken, Pflaumen und Pfirsiche und die ersten Kirschen blühten, am 8. brachen die dicken Knospen unserer Kastanien auf, Birn- und Apfelbäume folgten am 10. nach. Der Landmam»
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Die Alanöverstütze.
Novelle von Anna Gnrvkow.
(Fortsetzung.)
Die Dunkelheit war früh hereingebrochen, der Abend da, aber das Mondlicht hatte sich eingestellt, es flimmerte und glänzte auf den kleinen, krausen Wellen des nahen Weihers, mischte sich seltsam mit dem grellen Feuerschein und war wie zugehörig zu den leisen Tönen und Accordcn der Regimentsmufik, die von einem andern Biwakfelde aus, wo der Stab liegen mußte, gedämpft herüberschollen. Beide Herren, Kurt sowohl wie sein Freund, folgten ihren eigenen Gedanken und doch mochten sich diese auf dem Punkte „Ellerstadt" begegnen, galt es doch mit dem heutigen Abend Abschied von dessen Bewohnern zu nehmen, Abschied auf immer, wie sich dies Hauptmann Erbach mit festem Entschlüsse zugestand. Und nun waren sie alle da, der alte Baron und Leonore zu Pferde. Erna und Linda mit der Mutter im offenen Wagen, und nur Elisabeth fehlte, die kleine Manöverstütze, die doch so gut noch als vierte in der Equipage Platz gefunden hätte, und deren Fehlen Kurt einen leichten Ruf des Bedauerns entlockte, während er schnell herzusprang, Lori vom Pferde zu heben, und Hauptmann Erbach an den Schlag des Wagens herantrat.
„Fräulein Hallig ist nicht mit?" hörte der junge Gutsherr den Freund, der sein Interesse für Elisabeth gar nicht verbarg, dann noch fragen, und er lauschte so angestrengt auf das, was die Damen erwidern würden, daß ihm eine Frage LeonorenS, die an seiner Teste dahinschritt, völlig entging.
„Fräulein Hallig war von den vorhergehenden Tagen so ermüdet," erklärte die Baronin mit ihrer kalten, klaren Stimme, „daß ich ihr felbst den Rat erteilte,
2M" Das nächste Blatt erscheint der Festtage wegen am
daheim zu bleiben und sich auSzuruhen," und dann griff sie nach dem Arme deS Hauptmanns und lenkte so schnell auf ein anderes Gesprächsthema hinüber, daß man ihr die Unlust anmerkte, noch weiter über »ine so untergeordnete Sache zr» sprechen.
Zwischen den Reihen der essenden Mannschaften hindurch geleiteten die Herren hierauf ihre Damen und fühlten sich doch befriedigt, wenn je zuweilen ein lautes: „Ah" der Bewunderung beim Anblick der lieblichen Mädchen auf die Lippen der bärtigen Krieger Kat.
Den Baron belustigte eS aber auf das höchste, den emsig essenden Leuten -uzusehm, und mehr als einmal beteuerte er lachend, es sei ein famoser Einfalk, dies Biwak besucht zu haben, und er würde bei sich daheim auch einmal eine solche Lagersuppe bereiten lassen, um zu sehen, wie solch eine Kost seinen Damen munde. Als er dann aber bemerkte, wie der Marketender einigen der Soldatm für drei Pfennig Schmalz zu ihrem Kommißbrot verkauste, rief er mü seiner dröhnende», gemütlichen Stimme: „Was, Leute, das habt Ihr nicht alle, eine solche Delikatesse sollte einer entbehren?" und kommandierte für jeden ein Seidel und Fett aufs Brot aus dm Wagen der Händler, die deren Inhalt lockend ausgestellt hatten.
DaS war etwas für die Leute, in denen das Schlußbiwak schon alle Geist« deS Übermuts und der Ausgelassenheit geweckt. Mit den Gläsern klirrten sie aneinander, an den improvisierten Kaffeetisch, auf dem der braune Labetrunk dampft«^ dm die Herren den Ellerstädt'schen Damen eigenhändig serviert, traten sie in große» Trupps heran, und einer ihrer Kameraden, urwüchsig zwar und ungeschlacht, ab« doch von unwiderstehlicher Komik, brachte ein Hoch auf den freigebigen alten Herr» aus. der sich ihrer so freundlich angenommen, und verhieß zugleich, zum Ergötze» der Herrschaften, die üblichen Reservistenvergnügungen noch am heutigen Abmld vom Stapel laufen zu lassen.
Samstag vormittag. Das Dienstagsblatt fällt aus. "ML