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Hr. Oberamtmann Maier in ebenso herzlichen wie beredten Worten dem verehrten Jubilar seine Glück­wünsche dar. Ein Ortsvorsteher habe kein beneidens­wertes Los, er stehe mitten im Leben und es treten die Anforderungen von allen Seiten an ihn heran. Wenn nun ein Ortsvorsteher auf sein 25jähriges Jubiläum mit solchem Erfolg zurückblicken könne, wie der Jubilar, so müsse man sagen:alle Verehrung, alle Hochachtung." Es sei gewiß ein Schönes und ein Großes, wenn dem Jubilar das Zeugnis gegeben werden kann, daß er alles das gehalten, was er vor 25 Jahren als charaktervoller Mann versprochen: Treue zu Seiner Majestät dem König, Treue zu den Bürgern und Vorgesetzten. Und in stets schlichter und bescheidener Weise sei Hr. Schultheiß Bertsch seinen Pflichten nachgekommen, er sei immer derselbe ehrenwerte Mann geblieben. Seine Pflichttreue habe vor 2 Jahren von Seiten der Kgl. Oberregierung und des Ministeriums durch Verleihung der silbernen Verdienstmedaille schon im Voraus die König!. An­erkennung gefunden. In der heutigen Zeit, wo Alles aus den Fugen zu gehen und zu wanken drohe, gelte es um so mehr fest auf seinem Posten zu stehen. Wenn das Wohl des Staates gedeihe, könne auch nur das Wohl des Einzelnen gedeihen. Der Hr. Schultheiß habe als Seele der Gemeinde immer das richtige Wort am richtigen Ort gefunden. Möge es immer so sein in Jgelsloch! Beide eindrucksvollen Trinksprüche wurden mit Dank und Beifall aus­genommen und sodann mehrere Glückwunschschreiben bekannt gegeben, so das von Regierungspräsident v. Luz in Reutlingen, die von Präsident v. Gaupp, Oberregierungsrat Nestle und Regierungsrat Hof­mann in Stuttgart, welche Herren bekanntlich der Reihe nach dem hiesigen Oberamt vorgestanden. Auch mit einem warmempfundenen Glückwunschschreiben des Hm. Dekan Cranz von Neuenbürg, sowie mit einem Begrüßungstelegramm von 19 Ortsvorstehern des Nachbarbezirks Calw, welche anläßlich der Musterung in Neuweiler beisammen, ihres befreundeten Kollegen gedachten, wurde der Jubilar erfreut. Hierauf folgten noch Trinksprüche von Hrn. Sonnenwirt Zelt mann von Dobel und Hrn. Schultheiß Häberlen von Calmbach. Der so Gefeierte, tief gerührt durch so viel Beweise von Liebe und Wertschätzung, richtete hierauf schlichte Worte herzlichen Dankes an die Festgäste. Vor allem sei er von ganzem Herzen dankbar Gott dem Herrn aller Herren, der ihn die ganze Zeit so gnädig geführt und geleitet und ihm die nötige Kraft des Geistes und Leibes verliehen. Eine große Freude sei es für ihn, die Anerkennung feiner geehrten Vorgesetzten zu hören; er werde den Rest seines Lebens dazu benützen, immer treu und gewissenhaft sein Amt zu versehen; die Treue gegen Gott, Treue gegen König und Vaterland, Treue gegenüber seiner lieben Gemeinde werde seine Richt­schnur sein. Der Ortsvorsteher sei vor allem berufen, den starren und kalten Buchstaben des Ge­setzes in die Gemeinde zu tragen und da gelte es ihn zum praktischen Gebrauch herzurichten, da man sonst überall anstoßen würde. Es waren eindrucksvolle, von Herzen kommende und zu Herzen gehende Worte, die der verehrte Jubilar^gesprochen hatte. Weitere Trinksprüche brachten noch aus Hr. Schullehrer Mayer, der das so schöne und friedliche Zusammen­wirken der Gemeindebürger rühmte, ferner Hr. Ober­amtspfleger Kübler, welcher der Frau Schultheiß ehrend gedachte. Da das heutige Jubiläum fast zusammentrifst mit dem Geburtstag des greisen Patrioten, der in diesen Tagen Gegenstand so großer Begeisterung ist, so nahm Hr. Römpler von Schöm­berg Veranlassung, des großen Mannes zu gedenken, indem er das schwungvolle Gedicht des Studenten Paul Warncke, in welchem unser Altreichskanzler Fürst Bismarck gefeiert wird, zum ausdrucksvollen Vortrag brachte. Abends, als die auswärtigen Gäste uns verlassen hatten, versammelten sich noch weitere Bürger zur geselligen Unterhaltung um ihren Orts­vorstand, der heute mit seinen zahlreichen Freunden und Gönnern einen so schönen Tag erleben durfte. Gewiß wird dem verehrten Jubilar die heutige Frier unvergeßlich bleiben. Auch wir schließen uns dem allseitigen Wunsche an, daß ihm noch lange Jahre gleich guter Gesundheit und geistiger Frische zum Segen seiner Familie und der ganzen Gemeinde be- schieden sein mögen. (Enzth.)

Ravensburg, 4. April. Die gestrige lZchwur- gerichtsverhandlung endete mit folgendem Urteil: Frau Elise v. Riß aus Biberach wurde wegen Mords ihres Ehemanns, den sie am Fastnachtmontag im Schlaf erschossen hatte, zum Tode verurteilt. Das gleiche Urteil traf ihren Zuhälter Römer. Die alte Mutter der Frau v. Riß erhielt wegen Beihilfe 15 Jahre Zuchthaus. _

Kiel, 3. April. Bei dem Taufakt des Panzer­schiffes 1 hielt der Kaiser eine Rede, in welcher er betonte, daß das Schiff an die graue Vorzeit unserer

Ahnen erinnern solle, an die gewaltige Gottheit, die von allen germanischen meerfahrenden Vorfahren angebetet und gefürchtet wurde und deren gewaltiges Reich bis an den eisigen Nordpol und den fernen Südpol sich erstreckte, auf dessen Meereswogen die nordischen Kämpfe ausgefochten, Tod und Verderben ins Land gebracht wurde. Dieses großen Gottes gewaltigen Namen, den NamenAegir" soll das Schiff ftihren.

Geisterstimmen

an öes Isürsten Wismavck achtzigstem Hebartstag.

In des Sachsenwaldes Dunkel Führte seltsam mich ein Traum: Sanftes Mondlicht, Sterngefunkel Schimmern durch den hohen Raum, Und ich hört' bei ihrem Glimmen Zarten Laut wie Geisterstimmen.

Ein geheimnisvolles Rauschen,

Das entfernten Stimmen glich,

Zwang mich, ahnungsvoll zu lauschen. Wie es durch die Wipfel strich.

Näher kams mit sanftem Laute,

Und was ists, das ich erschaute?

Von Gewändern weiß umwoben.

Eine weibliche Gestalt,

Tritt, die rechte Hand erhoben.

Grüßend aus dem nahen Wald;

Nach den Fenstern, die dort blinken. Sah ich sie hinüber winken.

Teurer Gatte, laß Dich grüßen," Sprach sie, für den frohen Tag! Mög' Erinnrung Dir versüßen Jeden Schmerz und jede Plag'! Herzensgruß aus treuem Munde Zeuge Dir vom alten Bunde,

Von dem Bunde, der uns beide Mehr als fünf Jahrzehnt' umschlang, Da aus Freude wie aus Leide Neue Kraft der Lieb' entsprang.

Neue Tiefe, neue Weihe In der Jahre langer Reihe.

An Dir aufwärts dürft' ich schauen. Deine Größe wachsen seh'n.

Doch auch Deiner Augenbrauen Stolzes Zürnen wohl versteh'n; Glätten dürft' ich Deine Falten In der argen Welt, der kalten.

Drum, wenn oftmals ich die Sorgen Dir verscheucht' an meiner Brust, Glaub', es kommt ein goldner Morgen, Wo in ungetrübter Lust Unsre Herzen ohne Klagen Wieder froh zusammenschlagen."

Also sprach sie. Segnend winkte Sie zum Schloß hin und verschwand. Seitwärts dort ein Wölkchen blinkte. Draus sich vor ein Mantel wand. Und ein Greis mit Marschallstabe Brachte seines Grußes Gabe:

Sei gegrüßt, der noch im Leben Sich von ird'scher Speise nährt;

Sei gegrüßt, der mir gegeben War als Kampfgenosse wert,

Da ich gern als Schlachtendenker Half dem großen Staatenlenker.

Unserm Kaiser treu ergeben Und fürs Vaterland entflammt.

Ging zusammen unser Streben,

Ging zusammen unser Amt.

Mir ward Ruh' im ew'gen Frieden, Dir ist Arbeit noch beschieden,

Arbeit wie am Feierabend,

Die man sucht aus freier Wahl; Solche Arbeit sei Dir labend.

Ohne Sorge, ohne Qual;

Jetzt noch willst Du gern Dein Denken Auf des Reiches Wohlfahrt lenken.

Laß die kalten Neider hadern.

Laß die schwarze Rotte dräun!

Doch in wahrhaft deutschen Adern Fließt unwandelbar und rein Frisches Blut, das Dein gedenket Und dem Vaterland sich schenket."

Als der Feldherr so geendet Und im Duft entschwunden war.

Sieh, von allen Seiten wendet Her sich eine würd'ge Schar,

Voll von Narben noch und Wunden,. Mancher Haupt und Arm umbunden.

Nach dem Schlosse hin sich lenken Ihre Blicke und ihr Ruf:

Heil Dir, dessen scharfes Denken Deutschen Reiches Größe schuf,

Dessen starkes, weises Walten Lange fest es hat gehalten!

Ihm zu dienen ohne Klagen,

Haben wir mit freud'gem Mut Wunden in der Schlacht ertragen Und vergossen unser Blut.

Auch Dein Beispiel mußt' uns lehren. Wie das Vaterland zu ehren.

Aber ach. Du hoher Meister,

Wie ganz anders steht es jetzt! Welcher Wahn hat viele Geister So bethört und so verhetzt.

Daß des Volkes bestem Sohne Sie begegnen nur mit Hohne!

Weh' euch Schwarzen, weh' euch Noten!

Schmach habt ihr dem besten Mann, Schmach' habt ihr dem Reich geboten, Schmach, die kein Tag tilgen kann. Doch fürwahr, ihr sollts bereuen.

Nicht lang' euch des Frevels freuen!

Denn es giebt noch andre Richter,

Wenn das Volk, vom Schlaf erwacht. Diesem kläglichen Gelichter Ein verdientes Ende macht.

Denen, die dem deutschen Namen Nur zur Schmach zusammenkamen.

Dir doch, großer Kanzler, bleibe Deutschen Volkes Dank bewahrt; Und der Geist, der ferne treibe Alles, was nur wälscher Art,

Mög' nach Deinem Vorbild wallen Stark den rechten Deutschen allen!"

Also grüßend in dem Haine Schwebt die Schar der Geister fort. Aber sieh, im Mondenscheine,

Was doch nahet schimmernd dort?

Mit dem silberweißen Barte Kommt der Greis, der hochbejahrte.

Sei gegrüßt," spricht er,Du Treuer^ Heut' an Deinem Ehrentag!

Meinem Herzen ewig teuer.

Mehr als ich aussprechen mag.

Bleibst Du, der Du noch hienieden Wandelst, mir im Himmelsfrieden.

Niemals könnt' ich Dein entbehren In der Sorge für das Reich;

Was Dein Wort mir könnt' gewähren^ Galt mir stets dem meinen gleich; Niemals durften wir uns scheiden,

Denn das Reich gehört' uns beiden.

Ohne Deine scharfen Augen Hält' ich niemals ja geseh'n.

Was zur Ein'gung möchte taugen Deutschlands Völkern, was gescheh'ir Mußte, um mit Blut und Eisen Fest zusammen sie zu schweißen.

Mag die Welt mit Undank lohnen. Meinem Herzen bleibt er fern, Jammer droht den Nationen,

Die nicht ihren Gründern gern Die verdiente Ehre geben.

Nicht im Tod erst, nein, im Leben.

Aber Du, Freund, bist erhaben lieber Unverstand und Hohn;

Deine Seele darf sich laben An dem geistig-reinen Lohn,

Den, Dich dankbar zu erheben,

Fürst und Volk vereint Dir geben.

Ja, wohin Du nur magst schauen. Schallt Dir Dank und Jubel zu.

Lebe wohl auf ird'schen Auen In des Alters süßer Ruh,

Bis von Gott zum ew'gen Frieden Dort hinauf Du wirst beschieden!"

Calw, 1. April 1895.

vr. H. Müller.

Obigei Gedicht ist von Milte nächster Woche ad auch in Brochiiren- sonn »an der Druckerei d. BI. ä 10 Psg. zu beziehen. Den Sammlern- lokaler Schöxjungen dürste diese Ausgabe nicht unwillkommen sein. D. R.