Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw

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Erschrint Dienstags, Donnerstag» nnd SamSlagS. Die EtnrückungSgebühr betrSgt im Bezirk nnd in nächster Um­gebung S Bsg. di, Heile, sonst 12 Psg.

Samstag» den 6. April 1895.

Sbonnemenrtprri» vterteljLhrltch in der Stad» S0 Pfg. mck Sv Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mt. 1. LL, sonst i» qam Württemberg Mk. 1. 85.

Amtliche Aekauutmachttvge«.

Die Ortsbehörden

werden beauftragt, die denselben durch die Post zu­gehenden Losungsscheine den Militärpflichtigen unter Hinweisung auf die jedem Losungsschein bei­gedruckte Belehrung auszufolgen.

Vor der Abgabe der Losungsscheine an die Militärpflichtigen des jüngsten Jahrgangs 1875 sind zuvor die in den Losungsscheinen eingeschriebenen Losnummern in die Stammrolle von 1895 einzutragen.

Wenn ein Militärpflichtiger in eine andere Ge­meinde verzogen ist, so ist die Zustellung durch Ver­mittlung des betreffenden Schulrheißenamts zu be­wirken.

Calw, den 3. April 1895.

K. Oberamt.

V o e l t e r.

Hirsau.

Aufforderung zur Datierung des Kapital-, Kenten-, Dienst- und Berufeinkommens auf 1. April 1895 zur Besteuerung für das Jahr 1. April 1895 bis 31. Mär; 1896.

Nachdem die in Art. 7 des Gesetzes vom 19. September 1852 vorgeschriebene Aufforderung zur Fütterung des Kapital-, Renten-, Dienst- und Be­rufeinkommens auf den 1. April 1895 im Staats­anzeiger vom 1. April d. I. Nr. 76 ergangen ist, werden die Ortssteuerkommissionen und die Steuer­pflichtigen auf diese mit nachstehenden Bemerkungen Hingewiesen:

1) Das Einkommen ist in der üblichen Weise in der Zeit vom 1.25. April d. Js. bei den Ortssteuerkommissionen zu fatieren.

2) Wenn in den Fassionen Wertsanschläge für Naturalbezüge enthalten sind, für die keine festen Preise bestehen, so ist nach Punkt 3 der Aufforderung im Calwer Wochenblatt Nr. 44 von 1891 zu verfahren.

3) Alle männlichen und weiblichen Per­sonen ohne Unterschied des Alters, die

aus persönlichen Leistungen, welche der Ge­werbesteuer nicht unterworfen sind, einen Ver­dienst von über 350 im Jahre beziehen, unterliegen der Dienst-Einkommenssteuer. Bei der Bemessung des Einkommens ist der etwaige Genuß von freier Kost und Wohnung zu be­rücksichtigen.

4) Leibgedinge, Wohnungsrechte, Leibrenten u. s. w. unterliegen gleichfalls der Besteuerung; ebenso sind verzinsliche und unverzinsliche Zieler­forderungen zu fatieren; dagegen brauchen ' 5) Die Einlagen in die Oberamts- und Landes­sparkaffe nicht fatiert zu werden.

6) Die Steuerpflichtigen haben die Fassionen selbst zu unterzeichnen. Die Bevollmächtigten der im Ausland sich aufhaltenden Steuerpflichtigen und die Privatvermögensverwalter haben den Faffionen Vollmachten in Original oder in beglaubigter Abschrift unter Angabe der Giltig­keitsdauer beizuschließen.

7) Wer ein steuerpflichtiges Einkommen ganz oder teilweise verschweigt, hat neben der verkürzte« Steuer den zehnfachen Betrag derselben als Strafe zu bezahlen.

8) Die Ortssteuerkommissionen haben das Ge­schäft genau nach den bestehenden Vorschriften zu vollziehen und sämtliche Akten mit den Kostenverzeichnifsen spätestens bis 1. Mai d. I. hieher vorzulegen.

Hirsau, den 2. April 1895.

K. Kameralamt.

F.-A. Keller, A.-V.

Tagesneuigkeiten.

Calw. Der Bauer Hammann von Röthen­bach , welcher hier in der Stadt von einem seiner Pferde geschlagen wurde, ist in Tübingen, wohin er sich am letzten Montag zu seiner Heilung begeben hatte, gestorben. I. Rentschler von Breiten­berg, welcher in der Teinach verunglückte, konnte bis heute trotz vielen Suchens nicht aufgefunden werden.

sAmtliches a. d. Staatsanz.j Am 1. April

ist in den Ruhestand versetzt worden: Schullehrer Hahn in Zwerenberg OA. Calw, s ^ Igelsloch, 29. Mär). In unserem sonst - so stillen Ort gab es am heutigen Freitag außer­gewöhnlich lebhaften Verkehr und wohl noch nie dürste man hier so viele Gäste von auswärts, welche zu Fuß und zu Wagen eingetroffen waren, gesehen haben. Es galt, die Feier des 25jährigen Dienst­jubiläums unseres verehrten Ortsvorsteyers, Hrn. Schultheißen Bertsch zu begehen. Die Feier vollzog sich im Gasthaus zum Hirsch; es hatten sich daselbst nicht nur die Amtskollegen des ganzen Waldgangs eingefunden, auch Freunde und Kollegen aus dem Hinteren Bezirk, von Herrenalb, Dobel, Neusatz und Rothensol waren gekommen. In dem Gasthaus war schließlich kaum mehr ein Plätzchen z« finden. Nach einem einfachen aber gut zubereiteten Imbiß erhob sich als erster Redner Hr. Pfarrer Beitler von Schömberg, um in herzlichen Worten zur Feier des heutigen Tages zu sprechen. Als Geistlicher der Filialgemeinde sei es ihm eine herzliche Freude, auszusprechen wie der Hr. Schultheiß ihm und seinen drei Amtsoorgängern stets mit Rat und That zur Seite gestanden und ein wie eifriger An­hänger und Freund unserer Kirche der Jubilar sei. Namens des Kirchspiels, dessen weltl. Vertreter der Jubilar fest Jahren ist, übergebe er zum Zeichen der Anerkennung eine Bibel in großem Format, nut dem Wunsche, die heilige Schrift möge dem Jubilar auch fernerhin zur Erbauung dienen. Aber nicht nur als Geistlicher spreche er, auch namens der Gesamtgemeinde Jgelsloch-Unterkollbach wolle er herzlichen Dank sagen für Alles was der Ortsvorsteher gethan habe. Hr. Bertsch habe wahrhaft wie ein Vater für die Ge­meinde gesorgt; letztere widme ihrem verehrten Jubilar ein hübsch ausgestattetes Diplom in schönem Rahmen, worin Worte der aufrichtigen Dankbarkeit zum bleiben­den Andenken an den heutigen Tag niedergelegt sind. Als weiteres Angebinde übergab sodann der Hr. Pfarrer im Auftrag des Gemeinderats eine goldene Uhr. Hoffentlich werde die Uhr nie stille stehen, und wie sie ihren Gang stets gehen wird, so möge der Hr. Schultheiß seinen Gang als ehrenwerter Charakter auch fürderhin gehen. Hierauf brachte

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Die Alanöverstütze.

Novelle von Anna Gnevkow.

(Fortsetzung.)

Nun er sie in Ellerstädt wiedergefunden, nun mußte er sehen, daß sie vieles -von dem, was er sie gelehrt, mit hinein genommm in das alltägliche Leben, daß daß sie der Armut ein williges Ohr lieh, daß sie Bücher las. die er ihr empfohlen, daß sie im Gespräch oft wiederholte: «Dies oder jene« sagten Sie damals, Herr von Erbach/ und jedesmal mußte er sich selbst im Zaum halten, um durch seine aufflammenden Blicke nicht zu verraten, wie sehr sie ihn beglücke. Das war alles anders geworden, seitdem Kurt gekommen, ja, schon von dem Augenblick an, wo er verraten, daß er der Freund Herrn von Waldaus sei und der Baron sowohl, wie die Frau Baronin, mit einem nicht mißzuverstehenden Blicke nach Leonore hin den jungen Gutsherrn als sich so ungemein nahestehend bezeichnet hatten. Eine seltsame Zerfahrenheit und Ungleichheit hatte sich seitdem Leonorens bemächtigt, bald suchte sie den Hauptmann, um in gewohnter Weise lange Gespräche mit ihm zu führen, bald hielt sie sich in fast auffälliger Absichtlichkeit von ihm fern, begrüßte scherzend und neckend, mit aufblitzenden Augen Herrn von Waldau, sobald er nur in Sicht kam. und Hugo Erbach konnte nur zu dem Schluffe kommen, daß Leonorens Herz sich Kurt zuneige, und daß sie sich den Wünschen der Eltern willfährig zeigen würde.

So saß er jetzt, ein aufgeschlagenes Buch, in dem er doch nicht laS, auf dem Kanapee, in der Nähe des CroquetplatzeS und beobachtete die Spielenden, die sich in Parteien geteilt hatten und mit heiteren Mienen soebm dabei waren, die ihnen zugehörigen Hämmer und Kugeln zu wählen.

Schade/ hörte er die frische Stimme Ernas eben sagen, «daß unserer Partei ein Kopf fehlt und wir, die Reihe herum immer je einer mit zwei Kugeln spiel« müssen, es ist viel hübscher, wenn alles regelrecht hergeht, und Mama könnte u«L Elisabeth wirklich hergeben, wir brauchen sie gerade eben so gut, wie sie im Hause gebraucht wird/

ES war ein gutmütig gemeintes Wort aus dem Munde der jungen Baronesse, aber Kurt WaldauS Ohr berührte eS so empfindlich, daß er sich fast jäh zu Leonore wandte, die an seiner Seite stand, und unvermittelt fragte: «Leben Fräulein Hallig» Eltern denn in so beschränkten Verhältnissen, daß sie gezwungen sind, ihr Kind r» eine gewiss« Dienstbarkeit zu geben?"

«O, nein," lachte Lori heiter, «der Herr Oberamtmann hat im Gegenteil neulich erst dem Papa gesagt, daß er sein Schäfchen ins Trockene gebracht, und sein Töchterchen ist auch nur für die Manöverzeit und zwar zum Besuch bei uns."

«Nur zum Besuche?" wiederholte Kurt mit so ungläubigem Erstaunen, dich das schöne Mädchen belustigt erwiderte: «Und um uns Töchter deS Hauses zu be­schämen, denn, sehen Sie. Herr von Waldau, wir sind alle gar ungewandt in Küche und Keller, und da ist Lieselchen, die mit allem Bescheid weiß, eine treffliche Stütze für Mama, die den jungen Schultern, die sich so willig dazu hergeben, nur oft g« zu viel aufbürdet, wie ich meine/ (Forts, folgt.)