^2 41. Amts- und Anzeigeblatl für den Bezirk (Lalw. 7V. Jahrgang.

Erscheint Dienstags, Donnerstags und SamStags. Die EinrückungSgebühr bettäat im Bezirk und in nächster Um­gebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.

Amtliche Aekanutmachttnge».

Bekanntmachung,

betreffend die staatlicheBezirks-Rindviehschau.

In Gemäßheit der im Staatsanzeiger vom 24. Juni 1891 No. 143 und im Wochenblatt für Landwirtschaft vom 28. Juni 1891 No. 26 veröffent­lichten Grundbestimmungen für die staatliche Bezirks- Nindoiehschauen in Württemberg findet in

Calw auf dem »Brühl"

am Samstag den 11. Mai 1895 morgens 8'/- Uhr

«ine staatliche Bezirks-Rindviehschau statt.

Zugelassen werden zu der Schau:

Zuchttiere des roten und Fleckviehs, nämlich

a) Farrren, sprungfähig mit 24 Schaufeln,

b) Kühe, erkennbar tragend oder in Milch mit höchstens 3 Kälbern.

Preise können bei der Schau in nachfolgenden Abstufungen zuerkannt werden: n) für Farren zu 140, 120, 100, 80 b) für Kühe zu 120, 100, 80, 60

Uebrigens wird bemerkt, daß die Höhe, wie auch die Zahl der zu vergebenden Preise jeder Ab­stufung erst bei der Schau selbst, unter Berücksichtigung der Beschaffenheit der vorgeführten Tiere endgiltig festgesetzt wird.

Diejenigen, welche sich um Preise bewerben wollen, haben ihre Tiere spätestens bis 1. Mai bei dem K. Oberamt unter Benützung der von diesem zu beziehenden Anmeldescheine anzumelden und spätestens bis zu der oben angegebenen Zeit auf dem Musterungs- Platz aufzustellen. Farren müssen mit Nasenring versehen sein und am Leitstock vorgeführt werden.

Calw, den 22. März 1895.

K. Oberamt.

Voelter.

Tagesneuigkeiten.

* Calw, 2. April. Zu Ehren des Ge­burtsfestes des Fürsten Bismarck hatte die Stadt gestern festliches Gewand angelegt. Die Staats­gebäude, sowie das Rathaus und eine große Anzahl von Privathäusern waren mit Flaggen geschmückt. Schon in der Frühe kündeten die Klänge eines Chorals und des LiedesDeutschland, Deutschland über alles* und der Donner der Böller den Tag an, der in allen 5 Weltteilen zu einer Huldigung für den Altreichs­kanzler werden sollte. Auch die Witterung schien der festlichen Stimmung entgegenzukommen, denn die Sonne brachte eine solch warme Temperatur hervor, daß der 1. April zu einem der schönsten Frühlings­tage wurde. Abends '/-8 Uhr versammelten sich die Verehrer Bismarcks im bad. Hofe. Der Saal war sehr geschmackvoll ausgestattet worden. Inmitten eines Hains von Blumen und Tannenreis stand die Büste des Fürsten, flankiert von den Fahnen des Veteranen- und Militärvereins und des Liederkranzes; über dem Haupte schwebte eine Krone in den Farben des deutschen Reiches. Den Vorsitz führte Herr Stadtschultheiß Haffner. Den musikalischen Teil hatte der Liederkranz und die Stadtkapelle übernommen. . Nach einigen Musikstücken und dem Vortrag vonUnd hörst du das mächtige Klingen" ergriff der Vorsitzende das Wort, um die Versammlung zu begrüßen und sie auf die Bedeutung und Wichtigkeit des Tages hinzuweisen. Die treffliche und zündende Festrede auf den Fürsten v. Bismarck hielt Hr. Prof. H aug. Sie lautete:

Bonnerstag» den 4. April 1895.

Hochverehrte Festversammlung!

Es wird die Spur von deinen Erdenragen

Nicht in Aeonen unlergehn."

Auf wen unter den jetzt lebenden Deutschen sollte dieses stolze Dichterwort mit größerem Rechte angewendet werden können, als auf den Mann, der heute auf 8 Jahrzehnte eines Lebens zurück­blickt, dessen beste Kraft er in den Dienst des deutschen Volkes gestellt hat. Giebt es seit mehr als 30 Jahren irgend ein Blatt, irgend ein be­deutendes Ereignis in der Geschichte unseres großen Vaterlandes, mit dem nicht der Name Bismarck aufs innigste verknüpft wäre. War es nicht viel­mehr erst der Helle, kräftige, schneidende Klang dieses Namens, der Deutschland und sein Volk erst bekannt gemacht hat bis in die fernsten Winkel des Erdballs und an Orten, wo man vorher vielleicht von Preußen und Baiern, Sachsen und Württem- bergern hatte reden hören, wo das Wort Deutsch aber höchstens gebraucht wurde, um die tiefste Stufe politischer Ohnmacht und Zerrissenheit zu kennzeichnen. Schämte sich doch in den Zeiten des glorreichen deutschen Bundes der Deutsche im Aus­lande selbst seiner Nationalität und zur Beurteilung des Ansehens, das Deutschland damals genoß, ge­nügt die eine Thatsache, daß das übermütige Eng­land ungestraft drohen konnte, es werde die deutsche Flagge, wenn sie sich auf dem Meere zeige, als Seeräuberfahne behandeln, d. h. die Bemannung an den Masten aufknüpfen. Und heute weht die schwarzweißrote Fahne auf allen Meeren und eine Handelsflotte, die l'/smal so groß ist, als die französische, trägt die Erzeugnisse deutschen Jn- dustriefleißes in aller Herren Länder. Das deutsche Volk aber sollte des Mannes vergessen, der Deutsch­lands Weltmachtstellung geschaffen hat, es sollte ihn nicht ehren, dessen unübertreffliche Genialität und dessen eiserne Faust erst die einzeln für sich nichts bedeutenden deutschen Stämme zusammengefaßt hat zu der Einheit, die unüberwindlich macht, wenn sie nicht mutwillig ihrer selbst vergißt. Oder ist es etwa nicht Bismarck gewesen, der mit Eisen und Blut die Krankheit seiner Volksgenossen kuriert hat, so daß sich der schlafende Riese seiner Kräfte bewußt ward und aufwachte aus dem ewigen Traume längst vergangener Herrlichkeit zur größeren herrlicheren Gegenwart?

Rufen wir uns doch die Thatsachen ins Gedächtnis! Denken wir zurück um 3 Jahrzehnte, zurück bis zu jenem Septembertag des Jahres 1862, wo im Schlöffe zu Berlin Otto von Bis­marck seinem Könige in kritischer Lage als die letzte Hilfe erschien, so sehr daß, wenn Bismarck seine Dienste verweigert hätte, der Monarch nur noch die schon bereit liegende Abdankungsurkunde zu unterschreiben brauchte. Denn König Wilhelm war es müde, ganz allein den Kampf weiter­zuführen, den er unternommen hatte, um sein Land zu nötigen, eine Rüstung anzulegen, deren es um seiner ganzen Zukunft willen bedurfte. In jener ernsten Stunde, wo BiSmarck seinem Fürsten das Versprechen gab, mit ihm den Kampf für Preußens Ehre aufzunehmen, da wurde zwischen Herrn und Diener der Grund gelegt zu einem Bund, der Not und Tod überdauem sollte. Und jetzt als preußi­scher Premierminister hatte Bismarck das Arbeits­feld gefunden, auf dem «r seine Kraft entsaften konnte und er säumte nicht den Gegner anzugreifen, wo er ihn fand. Was für Preußen und Deutsch­land von Oesterreich zu erwarten war, wußte Bis­marck ganz genau, nicht umsonst hatte er eine lange

AbonnemenUpretS vierteljährlich in der Stadt SO Pfg. n«d SV Pfg. Trägerlohn, durch di« Potz bezogen Mk. 1« 15, sonst t» ganz Württemberg Me. 1. 35.

Lehrzeit als Gesandter beim Bundestag in Frank­furt durchgemacht. Vor seinen Augen hatte sich das ganze Ränkespiel der deutschen Großmacht ent­rollt, die ihren Schwerpunk: gar nicht auf deutschem Boden hatte, alle die diplomatischen Künste, die nur darauf ausgingen, den unseligen Hader der deutschen Bruderstämme nicht erlöschen zu kaffen, bei dem das Haus Habsburg am besten seine eigene Rechnung fand. Tiefe Blicke hatte er gethan in die habsburgische Politik, die von einem Fürsten Schwarzenberg geleitet wurde, dessen Wahlspruch lautete: Man muß Preußen zuerst erniedrigen und es dann vernichten. Diese Kenntnis der Dinge verlieh dem Minister den Mut und die Kraft, doZ preußische Volk zu zwingen, sich in eine Militär­macht umzuwandeln, die den kommenden Ereignissen gewachsen war. In dem Jahre lang tobenden Streite zwischen dem Minister und dem Landtage, ja dem ganzen Lande, war die Stellung des ersteren um so schwieriger, je weniger er das Ziel verraten durfte, dem diese erzwungene Rüstung galt. So kam es, daß Bismarck die allerschimpflichsten Vor­würfe über sich ergehen lasten mußte, daß er es dulden mußte, wenn man ihn bald russischer, bald englischer, bald französischer Politik verdächtigte, ja ihn direkt des Landesverrats bezichtigte. Diesen Anklagen konnte Bismarck mit bestem Gewissen die Versicherung entgegensetzen, seine Politik sei die, daß kein Fußbrest deutscher Erde verloren gehen, kein Titel deutschen Rechts geopfert werden solle. Bald mußten denn auch die erbittertsten Feinde des Ministers erkennen, wie Unrecht sie dem Viel» verläumdeten gethan hatten. Denn nun folgten sich Schlag auf Schlag die Ereignisse von 64, 66 und 70! Zuerst die Lösung der schleswig-holstei- nischen Frage. Die Befreiung der deutschen Brüder in den Herzogtümern Schleswig und Holstein.vom dänischen Joche war schon längst die populärste Sache in ganz Deutschland. Auf allen patriotischen Festen, von allen Gesangvereinen ertönte das Lied:Schles­wig-Holstein meerumschlungen" mit dem Refrain Schleswig-Holstein stammverwandt, Wanke nicht mein Vaterland!" und in allen patriotischen Tages­blättern bildeten die Leiden desverlassenen Bruder­stammes" stehende Rubriken. Aber all' die schönen Reden, all' das Singen, all' das Schwärmen der Gefühlspolitiker konnte den Brüdern unter dänischer Gewaltherrschaft nicht das Geringste helfen, wenn nicht eine starke Hand die Gunst des Augenblicks in Thaten nützte. Dieser günstige Augenblick kam, als König Friedrich VII. von Dänemark im No­vember 1863 starb und sein Nachfolger den völker­rechtlichen Abmachungen zum Trotz die gänzliche Einverleibung der Herzogtümer an das Königreich beschloß. Bismarck war der Mann die Situation zu nützen und jetzt feierte sein aufs Wirkliche ge­dichteter Sinn den ersten Triumph. Wir können 'heute nicht den fast unüberwindlich scheinenden Schwierigkeiten nachgehen, die sich dem Bestreben Bismarcks entgegentürmten, die Verwicklung in wahrhaft nationalem Sinne zu lösen. Es reicht aus zu wissen, daß das Jahr 1864 die Rück­gewinnung der deutschen Stammesgenoffen aus jahrhundertelanger Fremdherrschaft brachte und daß Oesterreich und Preußen, dessen neu organisiertes Heer die Feuerprobe glänzend bestanden hatte, die Herzogtümer in gemeinsame Verwaltung nahmen. Nun aber kam die zweite, die größere Frage, die endgiftige Auseinandersetzung zwischen den beiden Vormächten des Bundes. Das Wiener Kabinet setzte alles daran, um Preußen die Früchte seines