Die Besatzungs-und Räumungsfrage

TU. Paris, 20. Aug. An zuständiger Stelle hüllt man sich über den Inhalt der nach London abgesandten fran­zösischen Note in Stillschweigen. Die Presse spricht nur davon, daß die von der französischen Negierung ins Auge gefaßte Truppenverminderung sich stark unter den von England vorgesehenen Ziffern halten wird, sucht aber den Glauben zu erwecken, als ob die öffentliche Meinung Eng­lands sich in den letzten Tagen der französischen These stark genähert hätte. Ei» parlamentarischen Kreisen nahestehen­des Blatt glaubt zu wissen, daß man sich in dem kleinen Komitee zwar mit der Frage der Verminderung der Be­satzungstruppen, nicht aber mit derjenigen der Rheinland­räumung befassen werde. Letztere soll nach Informationen zuständiger Kreise erst im Laufe des nächsten Sommers und insbesondere erst nach den Kammerneuwahlen tn Angriff genommen werden.

Deutschland und Jugoslawien

TU. Berlin, 20. Aug. Der südslawische Außenminister Martnkomitsch, der sich beim König tn Bleb befindet, äußerte sich über die Beziehungen zu Deutschland, daß Südslawien bereit sei, alle Beziehungen mit Deutschland aufzunehmen, die seinerzeit abgebrochen wurden. Der Handelsvertrag sei fertiggestellt. Es sei nur noch die Zustimmung des Minister, rats erforderlich. Die Hauptsache sei, daß die südslawische und die deutsche Delegation in allen Punkten ein Einver­nehmen erzielten.

Marinkowitsch besprach sich in Bled auch mit dem italieni­schen Gesandten. Die direkten Verhandlungen über alle noch strittigen Pniiktc würben nach den Neuwahlen beginnen.

Um die Rückgabe

des deutschen Eigentums in Amerika

TU. Berlin, 20. Aug. Am 9. August wurde eine Erklä­rung des amerikanischen Senators Smout über die Aus­sichten der Freigabe des beschlagnahmten deutschen Eigen­tums in Amerika während der nächsten Sitzung des Kon­gresses verbreitet. Darnach hat Senator Smout sich u. a. dahin geäußert, daß die deutschen Interessenten mit der Zu­rückhaltung von 40 Prozent ihres Vermögens einverstanden seien. Rechtsanwalt Dr. Messclbach, der allein berechtigt wäre, für den größten Teil der Eigentümer zu sprechen, hat auf Anfrage erklärte, daß er niemals weder unmittelbar noch mittelbar ein derartiges Einverständnis ausgesprochen habe und überhaupt nicht darum befragt worden sei.

Um den Dreibund der Randstcmlen

TU. Berlin, 20. Aug. Wie die Blätter aus Kowno mel­den, erklärte der lettländische Minister des Aeußern, ZeelenS, der zurzeit dort weilt, Pressevertretern, seine Reise nach Litauen bezwecke, die Bande zwischen den beiden Nachbar­staaten zu befestigen. Diese Bande würden noch durch den bevorstehenden Abschluß eines Freundschafts- und Handels­vertrages erheblich enger werden.

"Ich bin" sagte der Minister,ein warmer Anhäger eines baltischen Dreibundes". Lettland sei bereit, analog, wie mit Estland, auch mit Litauen, in einen politischen und wirt­schaftlichen Bund einzutreten.

Englisch-chinesischer Zwischenfall

Englische Sauktionsmaßnahmen.

TU. Peking, 20. Aug. Die Weigerung der Nankinger Behörden, ein auf chinesischem Gebiet notgelandetes eng­lisches Flugzeug wieder herauszugeben, droht einen äußerst ernsten politischen Zwischenfall herbetzuführen. Der eng­lische Botschafter Lampson hat sofort seinen Urlaub abge­brochen und ist nach Peking zurückgekehrt. Biel zur Bcr. schärfung dieses Konfliktes trägt die Tatsache bei, daß der Oberkvmmandeur der englischen Truppen, Sir Dnncan, auf den ablehnenden Bescheid der Nanking-Behörden hin die Be­setzung der strategisch wichtigen Eisenbahnlinie Schanghai- Hangtschau angeordnet hat. Dieses Vorgehen, das ohne vorherige Fühlungnahme mit den fremden diplomatischen Vertretern erfolgt ist, bedeutet eine Verschärfung der Lage am Uangtse.

Bombardement auf Nanking.

TU. London, 20. Aug. Wie aus Schanghai berichtet wird, haben die Norbtruppen die Stadt Pukan eingenommen und bombardieren zurzeit Nanking. Fünf Kolonnen der aufge­lösten Südtruppen sollen sich auf der Flucht nach Schanghai befinden, wo die Freiwilligen mobilisiert worden sind. DaS englische Expeditionskorps in Schanghai hat VertcidigungS- stellungen besetzt. Die Eisenbahnverbindung ist unterbro­chen. Die Meldung vom Rücktritt Tschiangkaischekö ist noch immer nicht bestätigt. Es wurde sogar erklärt, daß der Ge­neral nicht geflohen sei. Ein weiterer Bericht aus Schang­hai meldet, daß britische Einwohner Nankings an Bord eng­lischer Kriegsschiffe abtransportiert worden seien, da in der Stadt gegenwärtig Plünderungen erfolgten.

Kleine politische Nachrichten

Regierungskrise in Danzig. Der Vorsitzende der deut­schen Liberalen Partei, Senator Ernst, hat dem Senat ^Präsi­denten Dr. Sahm ein Schreiben der deutschen Liberalen Par­tei überreicht, tn dem von dem Beschluß des Hauptvor.'andes

der deutschen Liberalen Partei über bas Ausscheiden der liberalen Senatoren aus dem Senat Mitteilung gemacht wird. Der eigentliche Streitpunkt, der zu der Krise führte, ist die Frage der neuen Ohraer Gemeindeschule. D>e Libe­ralen bestehen ans Einrichtung der Schule auf simultaner Grundlage, während das Zentrum au iee lvusejliauelleu schule festhalteu will. Da hierüber eine Einigung nicht er­zielt werden konnte, ist nunmehr der Austritt der Liberrlen aus der Rechtskoalition erfolgt.

Wieder ein oberschlesischer Gemeinderat von de» Pole» aufgelöst. Der Geuieinderat von Gaseowice (Kreis Rybnik), in dem die deutschen Vertreter bei den letzten Wahlen eine große Mehrheit errungen hatten, wurde infolge der Un­gültigkeitserklärung der letzten Wahlen durch die Woje­wodschaft in Kattowitz aufgelöst. Es wurde eine kommissa­rische Verwaltung eingesetzt.

Drei Opfer eines Blindgängers aus dem Kriege. In der Nähe Schwabs in Südtirvl, wo das 9. italienische Artillerie- Regiment zurzeit seine Schießübungen durchführt, ereignete sich ein schwerer Unfall. Drei Kanoniere fanden eine nicht explodierte alte österreichische Granate und hantierten an­scheinend unvorsichtig damit herum, so baß das Geschoß plötz­lich explodierte. Die drei Kanoniere wurden auf der Stelle getötet.

Italien und der Erbauer der Brcnncrbahn. Während Nordtirol das sechzigjährige Bestehen der Brennerbahn feiert, benutzen die Italiener diese Tage um bas auf der Paßhöhe des Brenners stehende Denkmal des Erbauers der Bahn, des Württembergers Karl von Etzel, abzutragcn. An dessen Stelle soll zur Erinnerung an die italienische Tat (die Elektrisierung der Bahnj ein Denkmal treten, das allen Reisenden schon bei ihrem Eintritt nach Italien die Größe und Macht des neuen Italien zeigen soll.

Das Munitionsdepot in Galatz explodiert. Im Hofe der Kaserne des 1l. Infanterieregiments in Galatz explodierte das dort befindliche Munitionsdepot. Die Explosionen dauerten fünf Stunden. Dank sofort ergriffenen Sicherheits­maßnahmen wurde größeres Unheil verhütet. Lediglich ein Offizier und ein Soldat sind schwer verletzt. Die einge- leitcte Untersuchung soll ergeben haben, daß die Explosion durch verbrecherische Hände herbeigcführt wurde.

Die Kosaken rebellieren gegen Moskau. Nach Meldun­gen aus Moskau haben in der Stadt Gevrgiewsk im Gebiet der Terekkosaken Aufständische das Gebäude der Kommu­nistischen Partei überfallen. Nach Niederschiebung von drei Kommunisten und dem Raub der Parteikasse verschwanden die Aufständischen wieder aics der Stadt.

Moskans Kampf gegen die Opposition. Ans Moskau wird gemeldet, daß trotz des eingegangencn offiziellen Kompro- Misses zwischen dem Zentralkomitee und der Opposition in der kommunistischen Partei der Kampf fortgesetzt wirb. In Leningrad, Moskau, Kiew, Charkow wie in Nordwestrußland sind in den letzte» vier Tagen, somit nach der offiziellen Be­kanntgabe des Kompromisses Haussuchungen bei Oppositi- vnSangehörigen vorgenomme» worden.

Neues Bombenattentat bei Boston. Wie man aus Bo­ston meldet, ist bei der Bostoner Polizei eine Meldung aus Eeast-Milton eingelaufen, wouach das Haus von Lewis Me. Hardy, der als Geschworener in dem 7 Jahre zurückliegen­den Prozeß gegen Sacco und Vanzctti tätig war, durch eine Explosion zerstört worden ist. Verletzt wurde niemand.

Der Jndianeranfstand in Bolivien. Durch die schnellen Maßnahmen der Ncgierungstruppen ist es gelungen, einen allgemeinen Ansstand der bolivischen Indianer zu verhin­dern. Allerdings ist es den Rebellen geglückt, in zwei Pro­vinzen einzelne Truppenabteilungen zu umzingeln, jedoch scheint es, daß die Gefangennahme zahlreicher Führer und die schweren Verluste der Rebellen sich bereits als wirksam erwiesen habe». Die Indianer kehre» zu Tausenben zu ihrer gewöhnlichen Beschäftigung zurück.

Alls Württemberg

Die Herstellung eines Landeskultnrfilms abgelehnt.

Die Deultg-Film A.-G. in Berlin hat sich an die frü­heren Negierungen des Neckar-, Schwarzwald-, Donau- und Jagstkreises gewandt mit dein Vorschlag, über die Sehens­würdigkeiten und landschaftlichen Schönheiten jedes der Kreise einen werbende» Landeskulturfilm Herstellen zu las­sen. Ein derartiger Film sei zur Förderung des Fremden­verkehrs besonders geeignet. Das württ. Innenministerium übergab die Anträge dieser Filmgesellschaft den Amtskörper- schaftcn mit der Anheimgabc, im Benehmen mit den in Be­tracht kommenden Vereinen und sonstigen Organisationen die Angelegenheit zu prüfen und gegebenenfalls bas weitere einznleiten. Der Verkehrsvcrband Württemberg-Hohenzol- ler» c. V. tn Stuttgart hält eine eingehende Prüfung der Frage nach allen Seiten für erforderlich, da es heute sehr viele derartige Filme gebe, für welche sich die Herstellungs­kosten nicht lohnten. Der Ausschuß des Landesverbandes der Amtskörperschaftcn beschloß, das Angebot der Deulig-Ftlm A.-G. nicht iveiter zu verfolgen. Die Herstellung eines Lan­deskulturfilms kann nicht Aufgabe des Landesverbandes sein, auch für die einzelnen Amtskörperschaften kommt die Herstellung eines derartigen Films nicht in Frage, da die mit der Vorführung eines derartigen Films verfolgten Zwecke den Geschäftskreis der Amtskörperschaften nicht be­rühren.

Sitddeutschlands Elektrizitätsversorgung.

Die Verhandlungen, die zwischen Baben und Württem­berg über den Zusammenschluß der Leitungen des Baden­werks und -er Württ. Landeselektrizitäts - A.-G- En Gang

waren, haben zu einer Verständigung geführt, auf Grund deren die noch fehlende 100 000 Vvltleitnng zwischen dem ba- bischen Pforzheim und dem württembergischcn Obcrtürkheim hcrgestellt wird. Die beiden Leitungen werden sich bei Pi­nache au der badisch-mürttcmbigischen Grenze treffen. Bis zum 1. Oktober nächsten Jahres soll der Zusammenschluß durchgeführt sein. Es wird daun eine durchgehende 570 km lange 100 000 Voltleituug vom Oberrhein bis zu den ober- bäuerischen Wasserkräften des Walchensees bestehen, an der sämtliche bedeutenden Großkraftwerke Süödcutschlands lie­gen. Die Koste» der neuen Verbiuduugslcitung werden für die württ. Strecke auf 22,5 Millionen Mark geschätzt. Sic solle» durch eine Erhöhung des Grundkapitals der Württ. Landeselektrizitäts A.-G. von 5 auf 7,5 Millionen Mark auf­gebracht werden. Eine außerordentliche Generalversamm- lung der Gesellschaft im September wird hierüber zu be­schließen haben. Dagegen ivcrdcn die Kosten für das Baden­werk, das nur auf einer Strecke von 10 Klmtr. seine Leitung zu verlüug.-n haben wird, nicht sehr beträchtlich sein, svbaß eine Kapltalcrhvhuug nicht in Frage kommt.

Zwei Raubiibersälle.

SCB. Göppingen, 19. Aug. Ucber zwei Raubübcrfälle im Eichert und bei Wiesensteig wird berichtet: Ein junger Mann von Göppingen mit Namen Weber begleitete seine Braut durch das Eichert nach Heilungen. Sie zählten dabei de» eben empfangenen Wochenlohn des Weber nach, als dieser plötzlich von einem Unbekannten von hinten überfallen wurde, der versuchte, Weber sein Geld zu entreißen. Der Ncberfallene setzte sich energisch zur Wehr und zog seine Taschenlampe, mit der er dem Räuber ins Gesicht leuchtete. Der Räuber versuchte zwar, die Lampe dem W. aus der Hand zu schlagen, wogegen W. mit der Taschenlampe als Waffe heftig auf setuen Gegner einhieb und ihn wahrschein­lich im Gesicht verletzte. In einem günstigen Augenblick gelang cS Weber, sich loszureißcn und nach Heiningen z» fliehen, wohin ihm seine Braut schon vorausgelaufe» war. Nun zog der Angreifer eine Pistole und gab mehrere Schüsse auf den Flüchtling ab, von denen einer den Weber in den Unterschenkel traf. Inzwischen scheint Hilfe gekom­men zu sein, denn der Räuber ergriff die Flucht. Er konnte bisher noch nicht ermittelt werden. Weber wurde in das Krankenhaus Göppingen cingcliefert. Die Vermutung liegt nahe, baß der Verbrecher Komplizen hat und es ist nicht ausgeschlossen, daß er mit diesen auch bet dem Ueberfall bei Wiesensteig die Hand im Spiele hatte. Dieser Ucber- sall erfolgte auf der Neidlinger Steige unterhalb des klei­nen Steinbruches auf den Führer des Lastautos der Kunst­müllerei Villsort in Hausen. Als das Auto die steile Steige langsam aufwärts fuhr, sprangen plötzlich vier dunkle Ge­stalten aus dem Gebüsch heraus, zertrümmerten mit Stetn- wttrfen die Lichter nnd Schutzscheiben und fielen über den Führer Wvhnhaas her. Dieser war geistesgegenwärtig ge­nug, sofort den Sinn des Ueberfalls zu erfassen nnd das ihm anvertraute Geld zu verstecken, bevor die Räuber dies gewahr wurden. ES entwickelte sich ein heftiger Kampf, bei dem jedoch Wohnhaas der Uebermacht erliegen mußte und bewußtlos zusammcubrach. Die Täter wurde» an der wei­teren Verfolgung ihrer Ziele in diesem Augenblick aber da­durch gehindert, daß zwei Motorradfahrer des Weges kamen. Die Räuber ergriffen deshalb die Flucht in bas dichte Un­terholz, in dem zur Nachtzeit jede Verfolgung zwecklos er­scheinen mußte. Während sich einer der Motorradfahrer des wehrlosen und verletzten Chauffeurs an der Ueberfallstelle annahm, fuhr der zweite, der Angestellte Dciß des Albwerks Geislingen, nach Hausen, um Hilfe zu holen und benach­richtigte dabei in Wiesenstcig den Landjäger, die Polizei und den Arzt. Der Besitzer des Autos, Villfvrt, konnte seinen Wagen mit einem Hilfsfahrer nachts gegen 11 Uhr nach Hause bringen. Der überfallene Wohnhaas, der nicht un­erheblich verletzt ist, glaubt, baß er einen der Räuber wäh- renb des Kampfes an der Stirne, einen anderen an der Schulter verletzt hat.

Neue Fernslüge

Der Houoluln-Wettslug.

Ju dem Wettflng San Franziskv-Hawai ist nach 20 Stun- den 17 Minuten Flugzeit der EindeckerWoolaroc" mit Be­satzung Goebcl und Dawes als erster auf dem Flugplatz tn Honolulu gelandet nnd hat damit den Dolepreis in Höhe von 25 000 Dollar gewonnen. Als zweiter landete der Ein­deckerAlvha", Besatzung Jenson und Schlüter. Sie ge- wannen 10 000 Dollar. Seine Flugzeit war 23 Stunden 16 Minuten.

Die beiden FlugzeugeGlvden Eagle" undMiß Do- ran", die sich an dem Honolnlu-Flug beteiligt hatten, sind ln Honolulu nicht eingetroffen. Sämtliche Schiffe wurden drahtlos benachrichtigt, daß den beiden Fliegern anscheinend der Betriebsstoff ausgegaugen ist, so daß sie ans das Meer niedergehen mußten.

Im Flugzeug von Ncuyork nach Rom.

Auf dem Neuyorker Flughafen herrscht reges Treiben. Man erwartet den Start des Fliegers Bertaud zum Fluge nach Rom. Mit diesem Fluge hätte Bertaud eine Strecke von 7300 Km. zn überwinden.

Der Alpenslug am Nebel gescheitert.

Die Organisation des Internationalen Alpenfluges teilt mit, daß der Alpenflug, der in Zürich begonnen wurde, wegen Nebels abgebrochen ivcrdcn mußte. Der starke Ne­bel machte ein Ueberfliegen der Alpen unmöglich. Die ge­starteten Flugzeuge sind, soweit sie nicht zu Notlandungen gezwungen waren, nach Zürich znrückgekehrt.