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Amis- und Anzeiaeblatt für den Bezirk Lalw.
7Ü. Iahrgaag.
Erscheint Dienstags, Donnerstags und SamStags. Die ^inrÜckungSgebühr beträgt im Bezirk und in nächster Umgebung s Psg. di« Aeile, sonst 12 Pfg.
LbonnementSpreil vierteljährlich in d« Stadt -S Pfg. »_
W Pfa. Trägerlohn, durch die Dost bezogen ML 1. Id, so«H i» gan> Wstrrtembero Mr. i. SL
Deutsches Reich.
Stuttgart, 6. März. (Kammer per Abgeordneten.) Die Diskussion beginnt bei der Lim Schluffe der gestrigen Sitzung verlassenen Frage der Verfassungsrevison. v. Schad bringt eine Erklärung der Ritterschaft zur Verlesung, wornach die ritterschaftlichen Abgeordneten in dem Ersatz der Privilegierten der Abgeordneten, welche in größerem Kreise durch das allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime Stimmrecht gewählt werden, eine geeignete Grundlage für die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses nicht zu erblicken vermögen. Dieselben seien genötigt, demgemäß gegen den Adreßentwurf zu stimmen. Kanzler v. Weizsäcker erklärt, die Gutheißung des allgemeinen Stimmrechts sei eine notwendige Folge des Begriffes des Hauses als Volkswahlkammer. Für ihn gebe es in der Adresse drei feste Punkte. Das Königtum, das deutsche Reich und der Rechtsstaat. Ein mehreres brauche er nicht. Prälat v. Lechler erklärt naniens der Prälaten, daß diese den Grundlagen des Entwurfs nicht zustimmen könnten. Die Prälatenbank halte es angesichts der Stellung der K- Staatsregierung für ihre Pflicht, darauf zu bestehen, daß die Vertreter der Kirche in der zweiten Kammer beibehalten würden, v. Geß bedauert das Ausscheiden der Privilegierten, allein es sei das eine politische Notwendigkeit. Es handle sich um eine unleugbare Forderung des Volkes, die auch die Staatsregierung anerkannt habe. Nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. v. Schad gegen den Vorredner -führt Kloß aus, die Sozialdemokratie huldige dem Grundsatz, daß der Wille des Volkes als das höchste Gesetz zu betrachten sei. In logischer Folgerung halte sie es deshalb nicht für nötig, daß zwischen der Regierung und der reinen Volkskammer ein weiterer gesetzgebender Faktor sich befinde. Sie wolle auch keinen Ersatz der Privilegierten durch Abgeordnete, die nach einem besonderen Wahlmodus gewählt würden. Der beste Ausweg sei eine Einteilung des Landes in gleichmäßige Wahlkreise. Er werde gegen den Adreß- «ntwurf stimmen. Domkapitular v. Linsemann glaubt, daß es im Lande keinen Anstoß erregen werde, wenn er als Vertreter der katholischen Kirche der Verfaffungsrevision kein Hindernis in den Weg lege. Im übrigen denke das bischöfliche Ordinariat gleich den Prälaten seine Rechte geltend zu machen. Hauß - mann-Gerabronn konstatiert, daß nur von Seiten der Ritter- und Prälatenbank ein wesentlicher Widerstand gegen den Adreßentwurf bekundet worden sei. Er zweifle nicht, daß das Haus mit bedeutender Mehrheit den Beschlüssen der Kommission zustimmen würde. Es folgt die Abstimmung über die Verfaffungsrevision. Der Satz: „Eine Revision der Verfassung ist zeitgemäß und geboten" wird mit großer Mehrheit angenommen. Für den Satz: „Als geeignete Grundlage erachten wir für die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses eine Aufhebung der Vorrechte der Geburt und des Amtes und einen Ersatz der hienach ausscheidenden Mitglieder durch Abgeordnete, welche in größerem Kreise durch das allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime Stimmrecht gewählt würden" stimmen 64 mit ja und 18 mit nein. Der Satz: >»Dem Vorschlag zum Schutze der Minderheiten diese
Abgeordneten durch Proportionalwahlen zu berufen, hätten wir, wenn er von der K. Staatsregierung als Voraussetzung einer solchen Verfassungsänderung erklärt würde, einen grundsätzlichen Widerspruch nicht entgegenzustellen" erfährt auf Antrag Haußmann insofern eine Aenderung als statt „hätten wir" gesetzt wird „haben wir". Im Uebrigen wird der Passus mit 63 gegen 19 Stimmen angenommen. Ferner wird mit großer Mehrheit angenommen der Satz: „Der Anspruch der Stadt Stuttgart auf eine verstärkte Vertretung nach Maßgabe ihrer Wählerzahl anerkennen wir als berechtigt." Im Sinne des Adreßentwurfs werden nach längerer oder kürzerer Debatte die folgenden Kapitel genehmigt: Wiedereinführung der Wahlkouverte und Schaffung eines Jsolierraums im Wahllokal. Aufhebung der Lebens- länglichkeit der Ortvorsteher und Erhaltung der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Sodann werden noch genehmigt die Sätze, welche sich über die von der evangelischen Landessynode beschlossenen kirchlichen Ver- fassungsgrsetze, sowie über den Volksschulgesetzentwurf aussprechen.
Stuttgart, 7. März. (Kammer der Abgeordneten.) Spezialdiskussion über den Bericht der Adreßkommission. Die Diskussion beginnt bei dem Satz: Ziff. 13. Nach der Begründung durch den Berichterstatter Haußmann - Gerabronn dankt Finanzminister v. Riecke der Kommission für ihr Einverständnis mit dem Grundgedanken der progressiven Besteuerung. In wenigen Wochen schon würden die Gesetzentwürfe dem Hause zugehen. Der Minister sieht dann auch der Aeußerung der öffentlichen Meinung entgegen. Henning führt aus, Steuerreform heiße sonst Umänderung, Verbesserung. Leider verstehe die neuere Gesetzgebung meist nur Erhöhung darunter. Für solche grundsätzliche Erhöhung wäre er nicht zu haben. Die seitherige Art zu fatieren, habe besonders bei der Gewerbebesteuerung Mängel. Die progressive Besteuerung im Rahmen des thatsächlichen Bedürfnisses wäre zu wünschen, so daß die untern Einkommen ganz steuerfrei bleiben. Haußmann-Gerabronn betont, daß Einzelfragen, wie das Umgeld und die fachmännische Schulaufsicht in dem Entwurf nicht besonders behandelt seien! Daraus dürfe nicht der Schluß gezogen werden, daß sich die Mehrheit auf einen anderen Standpunkt stelle als in ihren Programmen. Der Satz wird angenommen. Bei Ziff. 17 nimmt Sachs den Hausierhandel in Schutz und bittet denselben nicht zu sehr zu belasten. Minister des Innern v. Pischck erklärt, die Besteuerung sei nicht so aufzufafsen, als ob das Wandergewerbe doppelt besteuert werden sollte. Nußbaumer richtet die Bitte an die Regierung, auf solche Hausierer Rücksicht zu nehmen, welche ihre Waren selbst Herstellen. Kloß kann nicht dafür sein, daß das Hausiergewerbe stärker besteuert werde als die ortsansässigen Gewerbe. Hoffner wünscht, daß die neue Besteuerung im Einklang sei mit derjenigen der Nachbarstaaten, welche das Land besonders mit Hausierern überschwemmten. Egger erklärt, er würde jede stärkere Besteuerung der Hausierer unterstützen. Nußbaumer ist für die Ansicht Haffners, der auf eine stärkere Besteuerung des ausländischen Hausierhandels
abzielt. Der Satz wird angenommen. Zur Beratung gelangt ferner der Satz: Ziff. 29. Ministerpräsident v. Mitt nacht: Der Rückkehr zu dem frühem Tarif stehe entgegen ein voraussichtlicher Ausfall von 117—120090 Dazu biete die württembergische Post schon jetzt der Bevölkerung Vorteile gegenüber andern deutschen Staaten, die auf 1'/>» Millionen veranschlagt werden dürsten. Durch den Wegfall deS Bestellgeldes allein spreche die Postverwaltung Württembergs einen Verzicht auf eine Jahreseinnahme von 670 000 aus. Man berechnete, ob man nicht statt des Oberamtsverkehrs einen Nachbarschastsverkehr von 15 km einrichten könnte. Die Berechnung habe einen Ausfall von 172000 ergeben. Für eine Erhöhung des Briefgewichts von 15 auf 20 xr. wäre auch die württembergische Verwaltung zu haben. Aber es wäre jedenfalls für den Anfang mit einem Einnahmeausfall von 200—230 000 ^ zu rechnen. Eine Verkehrssteigerung könne nicht sofort erwarteet werden. Vor allem sei der Widerstand der Reichspostverwaltung zu berechnen; denn die Einheitlichkeit des Weltpostverkehrs sei zu wertvoll, um leicyter Hand zerstört zu werden, v. Wöllwarth tritt für eine Zulage an die Postboten ein. Sachs bittet, das Minimalgewicht von 15 auf 20 xr. zu erhöhen. Finanzminister v. Riecke muß betonen, daß man angesichts der Finanzlage nicht an solche Reformen herantreten solle. Haußmann-Gerabronn beantragt, statt „berechtigten" Wunsch zu setzen „vielseitigen" Wunsch. Dieser Satz wird mit dieser Aenderung angenommen.
Berlin, 6. März. (Deutscher Reichstag.) Anträge betr. die Einwanderung ausländischer Juden. Abg. Hasse (Hosp. b. d. Natl.) begründet seinen Antrag. Er erklärt, er sei kein Antisemit, hätte jedoch gern gesehen, daß die Judenfrage aus wirtschaftlichen Gründen schon früher behandelt worden wäre. Den Einwanderern würde die Naturalisation zu leicht gemacht, während im Auslande wohnende Deutsche schon nach lOjähriger Abwesenheit ihre Reichsangehörigkeit verlieren. Redner empfiehlt sei.,en Antrag, wodurch der Verlust der Reichsangehörigkeit, sowie andererseits die Erwerbung derselben durch Naturalisation erschwert werde. Diesem Antrag tretm entgegen die Abg. Rickert, Lieber, Hermes. Abg. v. Langen (cons.) kritisiert unter andauernder Heiterkeit die Ausführungen der Gegner, kommt auf die Eigenschaften der Juden zu sprechen, die als Hosen verkaufende Jünglinge nach Deutschland kämen und als Bankiers endeten. Abg. Schmidt-Elberfeld u. Gen. (Soz.) stellen einen Antrag auf Ucbergang zur Tagesordnung. Abg. Ahlwardt (Antis.) erklärt, die Juden seien in der That Raubtiere. An dieser Thatsache sei nicht zu rütteln, er erwarte mit Sicherheit, daß man mit der Zeit zu dieser Ansicht kommen werde. Seit 800 Jahren seien die Juden in Deutschland; gleichwohl hätten sie sich niemals auf den Kulturboden der Arbeit gestellt. Wenn der Abg. Rickert sage, wir brauchten uns nicht vor de« paar Juden zu fürchten, so antworte ich ihm, daß er einem einzigen Cholera-Bazillus sicher aus dem Weg gehen würde. Wie viele tausende fleißiger Deutschen mögen sich erhängt, erschaffen, ersäuft haben, ehe die Hunderte von Millionen zusammengebracht wäre«, welche sich jetzt in den Händen jüdischer Bankier-