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Amts- und AnzeigeblatL für den Bezirk (Lalw.
70. Iahrgavz.
Erscheint Dienstags, Donnerstags und SamStags. Die EinrürtungSgebuhr beträgt im Bezirk und in nächster Umgebung s Pffl. die Feile, sonst rs Pf-.
Dienstag, den 26. Jebruar 1895
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LbonnementSprei» _
a. Trägerlohn, durch die Württemberg Ml. 1 . SL.
iu der Stobt 90 Pfg. «>» post bezogen Mk. 1. 15, so»st 1»
Amtliche Nekauotmachuuge«.
Die Ortsvorstehee
4»er an der Nagold gelegenen Gemeinden werden bei der durch Eintreten des Tauwetters drohenden Ueber- ischwemmungsgefahr auf genaue Beachtung der Ministerialerlasse vom 15. September 1383, betr. die polizeiliche Fürsorge bei drohender Ueber- fchwemmungsgefahr (Min.-A.-Bl. S. 241), sowie vom 5. Januar 1894, betr. Vorkehrungen in Beziehung auf den Eisgang (Min.-A.-Bl. S. 1), hingewiesen. Namentlich ist auch darauf zu sehen, daß die Flößhölzer, Sägklötze und Brettervorräte so gut verwahrt werden, daß dieselben nicht weggeschwemmt Werden können, sowie daß die Wehr- und Ablaßfallen, soweit nötig, in guten Stand gesetzt und dieselben sowie die Pfeiler und Joche der Brücken vom Eis frei gemacht werden.
Sobald eine Ueberflutung droht, ist dies in der Gemeinde öffentlich bekannt zu machen und sind die unterhalb gelegenen Gemeinden, sowie das Oberamt telegraphisch oder durch reitende Boten von der drohenden Gefahr in Kenntnis zu setzen.
lieber wichtige Borkommnisse beim Eisgang haben die Ortsbehörden an das Oberamt zu berichten.
Calw, den 22. Februar 1895.
K. Oberamt.
Voelter. _
Die Gemeindebehörden
Werden auf den Erlaß der K. Ministerien des Innern und des Kriegswesens, betr. die allgemeine Revision der Servisklafseneinteilung der Orte, wom 4. d. M. (Min.-A.-Bl. Nro. 3) hingewiesen.
Diejenigen Gemeindebehörden, welche auf Grund
der im Erlaß unter Ziffer II. L. bezeichneten Gesichtspunkte eine Aenderung der Klasseneinteilung bezüglich ihrer Gemeinde mit Aussicht auf Berücksichtigung bei Vorbereitung des Reoisionswerks beantragen zu können glauben, werden aufgefordert, ihre Anträge mit eingehender Begründung versehen, unter Anschluß des Steuer - Resolvierungsbuchs und der summarischen Berechnungen über das Steuerabrechnungsbuch pro 1880/81, 1865/86 und 1890/91 spätestens bis 5. März d. I. bei dem Oberamt einzureichen.
Fehlanzeigen sind nicht erforderlich.
Calw, den 22. Februar 1895.
K. Oberamt.
Voelter. ^
Bekanntmachung.
Für den Zeitraum vom 1. Mai 1895 bis 30. April 1898 ist die Oberschaubehörde für den Bezirk des X. landwirtschaftlichen Gauyerbands folgendermaßen zusammengesetzt worden:
Gutspächter Schneider in Georgen«», Vorsitzender,
Privatier Carl Bühler in Freudenstadt,
Sonnenwirt Zeltmann in Dobel.
Als Stellvertreter sind bestellt worden:
Gutsbesitzer Max Walther in Aach,
Privatier Schill in Altensteig,
Oekonom Link in Trölleshof.
Calw, den 23. Febr. 1895.
K. Oberamt.
Voelter.
Beknnntmnchnng.
Durch Entschließung des K. Ministeriums des Innern vom 19. d. M. ist nachgenannten Personen
das Ehrenzeichen für langjährige treu geleistete Dienste in der Feuerwehr verliehen worden:
1) Häußler, Karl, Glasermeister, Mitglied der
freiwilligen Feuerwehr in Calw,
2) Ayafse, Heinrich, Bauer,
3) Ehmert, Christian, Schmied,
4) Ehmert, Jakob, Weber,
5) Ganser, Johannes, Schreiner und Glaser,
6) Maier, Heinrich, Maurer,
7) Möck, Johann Georg, Schneider,
8) Nüßle, jung Johannes, Bauer,
sämtlich Mitglieder der gemischten Feuerwehr in Simmozheim.
Calw, den 24. Februar 1895.
K. Oberamt. Voelter.
Deutsches Reich.
Berlin, 22. Febr. (Deutscher Reichstag.) Tabaksteuervorlage. Abg. Bassermann (natl.) ist nicht der Meinung, daß diejenigen, welche die Militärvorlage bewilligt haben, auch die Tabaksteueroorlage annehmen müßten. Redner empfiehlt die direkten Reichssteuern und warnt vor der Tabaksteuervorlage, zumal man jetzt gerade alle Gesetze auf ihre sozialpolitische Wirkung prüfe und dieser Entwurf, wenn man ihn zum Gesetz mache, eine Schädigung des Kleinbetriebes und der Arbeiter bringen würde. Abg. Schädler (Centr.) hält eine Reichserbschaftssteuer für angebracht, erkennt die Vorzüge des jetzigen Entwurfs gegenüber dem 1893er an, will aber, wenn möglich, durch Erhöhung des Zolles die Frage gelöst sehen. Ablehnend stände er jedoch der Vorlage nicht gegenüber. Meiningen'fcher
Pt. l-kachdruck »"boten-I
Dev Sonderling.
Roman von P. Felsberg.
(Fortsetzung.)
Es trieb ihn, den Arzt zur Rede zu stellen, ihn tödlich zu beleidigen, sich nicht wie ein Knabe von ihm aushorchen zu lassen. Sein Zorn stieg mächtig, je mehr er einsah, daß er sich Blößen gegeben, nicht schlau und vorsichtig genug gehandelt und gesprochen hatte in Gegenwart des Vertrauten seines Onkels. Er fühlte sich sehr gedemütigt; er haßte dir Abhängigkeit von seinem Onkel plötzlich, die ihm früher sehr leicht gedünkt, als er noch auf das reiche Erbe hoffte. Jetzt drückten ihn die Wohlthaten, die er empfing, und doch konnte er sie nicht zurück- -weisen, er war nichts ohne die Hülfe seines Onkels. Wenn dieser ihm seine Rente entzog, dann war er ein Bettler. Der Gedanke quälte ihn furchtbar, er kam sich vor wie einer, der Schiffbruch gelitten, der alles verloren hatte und nichts besaß als sein nacktes Leben. Und doch, wie wertvoll dünkte ihm dies Leben jetzt wieder, nun neue Lebenskraft durch seine Adern strömte, ein neues, wunderbares Empfinden ihn beseelte in der Liebe zu Gertrud Felden.
Um ihretwillen, um dieses schönen Lebens willen, mußte er demütig an seinen Oheim schreiben, Wohlthaten erbitten und empfangen mit dem einzigen Recht, das er besaß durch den Besitz des gleichen hochtönenden Namens und durch die Bande des Bluts.
Mit außerordentlicher Erregung erwartete Graf Günther die Antwort. Er mied das Herrenhaus zu Felden, obgleich es ihm eine Pein war, und eine grenzenlose Sehnsucht nach Gertrud ihn marterte; er hätte ihr seine Erregung nicht verbergen können, und was sollte er ihr sagen, da er selbst nicht wußte, wie sein Schicksal sich gestalten werde unter den veränderten Verhältnissen. Wenn er ihr
sagte: .Ich habe keine Hoffnung mehr auf das Erbe von Schönburg," würde sie dann seine Werbung um ihre Hand annehmen mit den unbestimmten Aussicht« eines mittellosen Offiziers, der ihr nichts bieten konnte, als eine Existenz voller Einschränkungen, an die er und sie nicht gewöhnt waren? Er schämte sich seiner Armut vor ihr; er. der bekannt war in der Residenz durch seinen verschwenderischen Übermut, mußte nun sagen: .Ich habe nichts als das, was die Gnade meines OheimS uns giebt."
Aber brauchte er es ihr zu sagen, mußte er so offen und ehrlich sein? Könnt« er sie nicht in dem Glauben lassen, daß er noch Aussicht habe auf seines Onkels Erbe? .Es wäre ehrlos." flüsterte es ihm im Ohr, und Günther verwarf sofort den Gedanken; er hielt auf seine Ehre, sie mußt« makellos sein, war sie doch daS emsige, auf welches er ein Recht hotte, stolz zu sein. Er haßte die Lüge, sie erschien ihm feige und unwürdig eines Mannes.
Unendlich langsam verflossen die Tage, bis die Antwort von Günthers Onkel eintraf.
Wieder war es Justus, der sie brachte.
.Es wundert mich sehr, daß mein Onkel in letzter Zeit nur durch Sie mit mir verhandelt," konnte der Graf sich nicht enthalten zu bemerken.
.Mich auch," antwortete lakonisch Doktor Justus und setzte lächelnd hinzu: »Er ist nun einmal solch ein Sonderling."
.Und welche Antwort bringen Sie mir?' fragte Günther und suchte in dem Gesicht des Arztes etwas von dem zu erforschen, was in dem Briefe stand, den er in der Hand hielt, zögernd, ihn zu öffnen.
.Lesen Sie doch selbst und dann spreche» wir weiter darüber," entgegnet« JustuS.
Nun öffnete Günther das Schreiben seines Onkels und las. Der Arzt betrachtete den Lesenden sehr aufmerksam und sah daS Staunen, welches sich auf seinem Antlitz ausdrückte bei dem Durchlessn des ziemlich kurz gehalten« Briefes»